Protokoll der Sitzung vom 04.12.2024

Wir haben unsere Städte und Gemeinden nicht alleingelassen. Das tun wir auch an dieser Stelle nicht und ich sage mit voller Überzeugung: Das gilt auch in Zukunft! Wir wollen weiterhin alles unternehmen, damit den Städten und Gemeinden im Saarland eine Perspektive wie in den anderen Bundesländern gegeben wird, nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse!

(Beifall von der SPD.)

Es ist am Ende nicht das Einzige, was wir als Problem zu lösen haben, aber es ist mithin das Wichtigste. Ich habe die Hoffnung noch nicht verloren, dass wir uns tatsächlich noch einmal besinnen, dass jeder seinen Beitrag dazu zu leisten hat. Wenn ich höre, wie groß die Zufriedenheit der kommunalen Familie mit den jeweiligen Regierungsebenen ist, dann ist mir nicht bange ob der Zufriedenheit mit der Arbeit dieser Landesregierung und der Zufriedenheit der saarländischen Städte und Gemeinden. Das kann man lesen, das kann man hören, das kriege ich sogar auf Veranstaltungen gesagt. Ja, Guddzjer.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Herr Kollege Theis, die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Partei, Ihrer kommunalen Familie sind mir dankbar für diese vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit und das gebe ich auch gerne zurück. An dieser Stelle etwas Süßes zum Barbaratag!

(Beifall von der SPD.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kollege Theis hat eben in seiner Schaufensterrede - so könnte man sagen - anderen Schaufensterpolitik vorgehalten. Er hat von einem durchsichtigen Wahlkampfmanöver, das mit einem Wahltermin zusammenhängt, gesprochen. Ich weise das voller Empörung zurück, denn das würde bedeuten, dass mein geschätzter Vorgänger im Amt, mein Kumpel Klaus Bouillon, im Januar 2022 - also zwei Monate vor der dann folgenden Landtagswahl - einen Schaufensterantrag öffentlichkeitswirksam an die damalige Bundesinnenministerin geschrieben hätte, darauf hinzuwirken, dass der Bund eine Lösung der Altschuldenproblematik konkret angeht. Ich weise das entschieden zurück. Es geht darum, dass Sie Klaus Bouillon einen Schaufensterantrag unterstellen. Er hat genauso wie andere in diesem Land für die kommunale Altschuldenregelung geworben. Das tun wir auch. - Herzlichen Dank

und - wie sich das am Barbaratag gehört - Glück auf.

(Heiterkeit bei und anhaltender Beifall von der SPD.)

Ich danke Ihnen, Herr Minister. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile für die SPD-Landtagsfraktion das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Ulrich Commerçon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus - da von der CDU keine Wortmeldungen mehr kommen -, dass mittlerweile die Überzeugung gewachsen ist. Deswegen will ich in einem weiteren Wortbeitrag sehr herzlich einladen, sich ein bisschen zurückzunehmen und zu überlegen, in welcher Situation wir uns befinden. Es stimmt, drei Jahre hatte Christian Lindner Zeit, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Offenbar hatte er anderes zu tun, Pyramiden zeichnen oder andere Dinge, jedenfalls offenkundig nicht, dieses Land voranzubringen. Insofern ist es gut, dass Christian Lindner durch einen Finanzminister ersetzt wurde, der versucht, dieses Problem ernsthaft anzugehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Diese Chance sollten wir als Landesparlament nutzen.

(Beifall von der SPD.)

Es gab die Frage, was vorliegt. - Es liegt noch kein Gesetzentwurf vor, er wird aber vorgelegt werden. Wir haben heute eine Plenarsitzung. Deswegen ist es richtig, dass wir uns heute, nachdem dieser Vorschlag gekommen ist, damit beschäftigen, denn es ist existenziell für das, was in unseren Kommunen künftig möglich oder nicht möglich sein wird. Insofern ist es völlig richtig, dass wir uns in der heutigen Sitzung dieses Parlamentes damit beschäftigen. Vorher lag das wie gesagt noch nicht vor. Es stimmt natürlich, dass andere lange auf sich haben warten lassen. Ich will jetzt nicht darüber streiten, ob es eine CDU-geführte Landeregierung gewesen ist, die den Saarlandpakt umgesetzt hat oder nicht ‑ ‑

(Abg. Theis (CDU) : Darüber kann man nicht streiten, das ist ja Fakt.)

Das ist genauso Fakt wie all das, was schlecht gelaufen ist. Das gab es auch bei den CDU-geführten Landesregierungen. Aber lassen Sie uns doch sagen, dass wir diesen Saarlandpakt gemeinsam hinbekommen haben. CDU und SPD haben das gemeinsam hinbekommen, weil wir alle über unseren Schatten gesprungen sind. Ich appelliere an Sie, auch heute über Ihren Schat

(Minister Jost)

ten zu springen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Theis (CDU) : Es ist ja noch nichts da.)

Dann könnten wir uns gemeinsam auf den Weg machen, das zu fordern, was unsere Kommunen und der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Saarbrücken sowie viele in der Kommunalpolitik Verantwortliche wollen. Nur darum geht es, nämlich von Ihnen heute das Signal zu hören. Wenn es einen Gesetzentwurf gibt, dann werden wir ihn ernsthaft prüfen und versuchen, ihn noch vor der Bundestagswahl auf den Weg zu bringen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darum geht es.

(Beifall von der SPD.)

Zur Wahrheit gehört auch, dass das Saarland, Hessen und Rheinland-Pfalz geliefert haben. Bis heute noch nicht ganz geliefert hat ein Land, das lange gebraucht hat, denn bis in den Sommer dieses Jahres hat Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen gebraucht, um etwas vorzulegen und überhaupt die Bereitschaft erkennen zu lassen. Hendrik Wüst hat mittlerweile gesagt, er sei bereit, in dem Land, das ebenfalls besonders betroffen ist, etwas vorzulegen. Andere Länder wie Brandenburg haben ihre Hausaufgaben gemacht. Hendrik Wüst will seine Hausaufgaben jetzt auch machen, denn das ist die Voraussetzung. Die Hälfte müssen die Länder tragen, die andere Hälfte trägt der Bund. Das ist der alte Scholz-Vorschlag, den er im Übrigen schon in Zeiten seiner kommunalpolitischen Verantwortung gemacht hat. Er ist also im höchsten Maße glaubwürdig, weil er das von Anfang an betrieben hat, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das muss gesagt werden.

(Beifall von der SPD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es so ist, dass wir jetzt einen Bundesfinanzminister haben, der einen Gesetzentwurf vorlegen wird, wenn es so ist, dass alle Länder, die in besonderer Verantwortung sind, bereit sind, ihre Kommunen zu entschulden, beziehungsweise bereit für eine Teilentschuldung sind, wenn es so ist, dass wir im Bund sowieso noch vor dieser Bundestagswahl über wichtige Verfassungsänderungen reden müssen, weil wir auch noch andere Dinge auf dem Schirm haben, beispielsweise die Resilienz unserer Demokratie, dann ist das doch eine günstige Gelegenheit. Im Übrigen hängt die Resilienz unserer Demokratie auch von der Handlungsfähigkeit unserer Kommunen vor Ort ab beziehungsweise davon, ob dort etwas Positives entschieden werden kann oder nicht. Reden Sie nicht von Wahlkampf, denn das Gegenteil ist der Fall, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD.)

Wir haben die einmalige Chance, jetzt dafür zu sorgen, dieses große Problem wirklich anzupacken, es ernsthaft anzupacken und dann aus dem Wahlkampf rauszuhalten. Das ist die große Chance, die wir heute haben.

(Zuruf des Abgeordneten Theis (CDU).)

Deshalb bitte ich um Unterstützung. Ich würde mich freuen, von Ihnen ein entsprechendes Signal zu bekommen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD.)

Ich danke dem Herrn Fraktionsvorsitzenden. Es wird eine weitere Wortmeldung angezeigt. Ich weise die Kolleginnen und Kollegen darauf hin, Wortmeldungen bitte rechtzeitig anzuzeigen. - Ich erteile für die SPD‑Landtagsfraktion das Wort Frau Abgeordneter Stephanie Meiser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Ich spreche heute nicht nur als Landtagsabgeordnete zu Ihnen, sondern auch - und ganz besonders - als Völklingerin und Kommunalpolitikerin. Ich spreche für eine Stadt und ihre Einwohner, die über Jahrzehnte ein Rückgrat der saarländischen und der deutschen Wirtschaft waren, deren Erzeugnisse und deren Industrie für gute wirtschaftliche Entwicklungen in ganz Deutschland gesorgt haben. In der Blütezeit der Montanindustrie haben hohe Steuereinnahmen nicht nur den Bundeshaushalt gefüllt, sondern auch viele Regionen in ganz Deutschland nach vorne gebracht. Ich spreche für eine Stadt, deren Einwohner genau wissen, was Strukturwandel ist, die auch heute noch leidenschaftlich für ihre Industrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze kämpfen.

68 Millionen Euro Liquiditätskredite - das ist die Last, die wir heute in Völklingen immer noch schultern, und zwar trotz Saarlandpakt. Das ist kein Geld, das wir in die Zukunft investieren konnten beziehungsweise mit dem wir gestalten konnten. Das ist Geld, das wir uns leihen mussten, um unsere laufenden Kosten zu decken, unsere Schulen offen zu halten, die Straßen zu sanieren und soziale Härten abzufedern. Völklingen hat diese Schulden nicht gemacht, weil unverantwortlich gehandelt wurde, diese Schulden sind Erbe eines Strukturwandels, dessen Last wir in den Kommunen meist alleine tragen. Der Rückgang der Stahl- und Kohleindustrie im Saarland war eine nationale Herausforderung. Mit den sozialen und finanziellen Folgen stehen Städte wie Völklingen bis heute fast alleine dar.

(Abg. Commerçon (SPD) )

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage Sie: Ist das gerecht? Ist es gerecht, dass Kommunen wie Völklingen in einer Schuldenfalle gefangen bleiben, während andere Regionen aufblühen können? Ist es gerecht, dass wir jeden Euro - mein Kollege sagte es eben schon - fünfmal umdrehen müssen und wir uns entscheiden müssen zwischen Bildung und Klimaschutz, Kultur und Sport beziehungsweise Infrastruktur und sozialen Projekten? Was ist wichtiger? - Wir brauchen die Altschuldenübernahme durch den Bund. Das wäre nicht nur eine finanzielle Erleichterung, das wäre ein Akt der Solidarität, der Fairness und der Anerkennung.

(Beifall von der SPD.)

Die Altschuldenübernahme würde uns den dringend benötigten Raum geben, in unsere Zukunft zu investieren, in Bildung, Infrastruktur und Lebensqualität. Völklingen ist nicht nur eine Stadt, in der man arbeiten soll oder will. Wir Völklinger wollen wie alle anderen Saarländerinnen und Saarländer auch eine Stadt, in der wir gut leben und gerne leben. Das ist wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Völklingen ist ein Symbol für Herausforderungen und Wandel, wie er in vielen anderen saarländischen Städten und auch in anderen Städten in Deutschland durchaus stattfindet. Völklingen ist aber auch ein Symbol - oder könnte ein Symbol werden - für Aufbruch, für eine Zukunft, in der unsere Städte nicht mehr von der Schuldenlast erdrückt werden, in der wir wieder Möglichkeiten und Spielräume zum Atmen und Handeln haben.

Am Ende möchte ich noch eines sagen: Nicht die lauteste Rede am Tag ist die treffendste. Für uns gibt es nur eine Schlussfolgerung: Die Altschuldenübernahme durch den Bund muss jetzt kommen!

(Beifall von der SPD.)

Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Meiser. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile Frau Ministerpräsidentin Anke Rehlinger das Wort für die Regierung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fürwahr ist es nicht üblich, dass die Opposition einer Regierung, die nicht mehr über eine eigene Mehrheit verfügt, eine solche und dann auch noch eine Zweidrittelmehrheit verschafft. Das stimmt. Das ist kein üblicher Vorgang. Allerdings muss man auch sagen: Selbst Regierungen, die gerade über keine eigene Mehrheit mehr verfügen, in denen man aber gemeinsam der Auffassung ist, dass etwas auf den Weg gebracht, verändert, ver

bessert werden muss, wofür es eine Zweidrittelmehrheit braucht, finden gelegentlich Unterstützung aus der Opposition, wenn es darum geht, diese Zweidrittelmehrheit herzustellen. Das ist in diesem Hause oftmals in wechselnden Rollen passiert. Es passiert an vielen anderen Stellen in Deutschland, im Deutschen Bundestag. Das gehört zu unseren demokratischen Spielregeln. Zum Zweiten muss man auch sagen: Wir leben nicht in üblichen Zeiten. Ich finde, diesen Umstand kann man schlicht und ergreifend nicht ausblenden.

Ich habe mir folgende Frage gestellt: Was sagen wohl die Menschen in diesem Land, die Saarländerinnen und Saarländer, ob einer solchen Debatte? Sie fragen sich: Was ist wessen Haltung an welcher Stelle? Welche Haltung hat man vor und nach einer Wahl? Ich frage mich auch: Was sagen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Mitglieder der Räte, der Landkreise, der Gemeinderäte, der Stadträte, der Ortsräte? Sie müssen viele unangenehme Entscheidungen treffen, wenn es um Gebührenerhöhungen geht, die nicht nett sind. Sie haben kaum noch Spielräume in ihren Haushalten, wenn es um freiwillige Ausgaben geht, und müssen eigentlich nur entscheiden, welche der dringendsten Aufgaben jetzt erledigt werden und welche dringende Aufgabe nicht erledigt werden kann. Ich habe mich gefragt: Was denken sie wohl über eine solche Debatte, in der jetzt - und zwar jetzt am verbindlichsten und am allerverlässlichsten - die tatsächliche Möglichkeit einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag besteht, die notwendig ist, um das auf den Weg zu bringen, wenn sie hören, dass einige heute nicht dazu bereit sind, nur weil Wahlen sind? Ich halte das nicht für erklärbar, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von der SPD.)

Es stimmt: Etwas nur zu sagen, weil Wahl und Wahlkampf ist, ist nicht gut. Aber Dinge, die sinnvoll sind, nicht zu machen, weil Wahlkampf ist, das scheint mir auch nicht sonderlich klug zu sein.

(Beifall von der SPD. - Zurufe der Abgeordne- ten Theis (CDU) und Schäfer (CDU).)

Heute geht es im saarländischen Landtag gar nicht darum, dass die Abgeordneten einen konkreten Gesetzentwurf beraten sollen - denn wir werden nicht über diesen konkreten Gesetzentwurf entscheiden -, sondern es geht um einen politischen Vorschlag

(Abg. Schäfer (CDU) : Also geht es doch um Populismus.)

und um die Frage, ob die CDU, ob Sie bereit sind, auf der Grundlage der Eckpunkte dieses Vorschlags, die sehr wohl bekannt sind, zu sagen: Ja, wir würden der CDU-Bundestagsfrakti

(Abg. Meiser (SPD) )

on die Empfehlung geben, einem solchen Vorschlag zuzustimmen. Um diese Frage geht es. Darauf haben die Saarländerinnen und Saarländer heute keine Antwort bekommen!

(Beifall von der SPD.)