Wir haben gehört, dass Sie vielleicht bereit wären, darüber zu diskutieren, wenn alle anderen miteinander einig sind. Das nenne ich nicht gerade an der Spitze der Bewegung stehen, wenn es darum geht, für die Interessen der saarländischen Kommunen in diesem Land zu kämpfen.
Sie haben gesagt, es gäbe große Hürden zu nehmen, und haben die Bedenken der GRÜNEN in Baden-Württemberg und all solche Punkte vorgetragen. Wir haben aber nicht erfahren, ob Sie das wollen oder nicht. Ich finde, das ist nicht in Ordnung in dieser Zeit, in der es auf Haltung ankommt. Ich finde auch, dass das eine oder andere mit Blick in die Vergangenheit nicht ganz zutreffend dargestellt worden ist - und ich rede nicht mal über die Geschichte des Saarlandpaktes,
die man sehr intensiv diskutieren könnte, und wie der jetzige Vorschlag, den wir am Umsetzen sind, tatsächlich zustande gekommen ist.
Ich empfehle dazu allen die Lektüre. Reden Sie gerne mit den Regierungsmitgliedern der damaligen Zeit darüber, wie die Debatte gewesen ist.
Ich will auf etwas anderes eingehen, weil Sie gesagt haben, drei Jahre lang sei Zeit verloren gegangen. Ich will in die Jahre 2019 und 2020 zurück, in die Zeit der Großen Koalition auf Bundesebene. Da hat sich schon einmal die Frage gestellt: Macht man das jetzt? Der damalige Finanzminister Olaf Scholz hat dazu einen Vorschlag gemacht - im Übrigen zu einem Zeitpunkt, zu dem es den Bund nicht einmal Geld gekostet und auch die Maastricht-Kriterien nicht beeinflusst hätte, weil die Schulden ohnehin zusammengerechnet worden wären. Olaf Scholz hat der GroKo diesen Vorschlag unterbreitet. Was war die Reaktion der CDU, des damaligen Koalitionspartners, auf diesen Vorschlag? Herr Brinkhaus hat gesagt, der Bund sei für Schulden der Kommunen nicht zuständig.
Was hat Andreas Jung gesagt, der damals für die Finanzpolitik der CDU verantwortlich war? „Aus Altschulden der Länder dürfen nicht einfach Neuschulden des Bundes werden. Denn für Kommunen und ihre Finanzen sind die Länder zuständig.“ Damals, als es bereits die Möglichkeit gab, es in der bestehenden Koalition auf
den Weg zu bringen und damit auch über die notwendigen Mehrheiten zu verfügen, ist es an der CDU-Bundestagsfraktion gescheitert. Das ist nachlesbar die historische Wahrheit!
Zu dieser Wahrheit gehört auch, weil das eine notwendige Bedingung für die Solidarität aller Länder ist - ich halte das auch nicht für unbotmäßig -, dass die Länder, die in besonderem Maße von der Übernahme dieser Altschulden profitieren könnten, selbst ihre Hausaufgaben erledigt haben müssen. Das ist eben angesprochen worden. Das hat Hessen getan. RheinlandPfalz hat das getan. Wir haben das getan. Nur das größte Flächenbundesland, bei dem ebenfalls eine solche Regelung zum Tragen gekommen wäre, hat es bis vor wenigen Wochen nicht getan. Sie haben es wenige Wochen vor der Aufstellung des Bundeshaushalts gemacht und sich dann hingestellt und gesagt: Jetzt muss der Bund das einstellen und dann ist alles gut in dieser Welt. - Gemacht haben sie es allerdings immer noch nicht. Sie haben es nur angekündigt und darüber gesprochen. Auch das gehört dazu. Auch das hat etwas mit dem Verhalten der CDU zu tun.
Deshalb finde ich, dass das jetzt eine besondere Phase für die Kommunen und viele Menschen in diesem Land ist. Die Argumente, warum das nicht nur eine abgehobene politische Debatte ist, sind schon angeführt worden. Gerade wir hier in unserem Bundesland haben Kommunen, die nur bedingt in der Lage sind, ihre Investitionstätigkeiten so durchzuführen, wie es sich die Bürgerinnen und Bürger und wir alle miteinander wünschen. Es gibt bedauerlicherweise einen Zusammenhang zwischen einem finanzschwachen Land und finanzschwachen Kommunen und den Fragen, was die Kommunen erledigen, wie sie ausgestattet sind, was das Land erledigt und was es letztendlich auf seinem Deckel stehen hat und damit auch finanzieren muss.
Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht, dass selbst in dem Fall, dass wir unterstützend ein Landesprogramm aufsetzen, weil wir der Auffassung sind, dass ganz dringend Aufgaben, die eigentlich definitiv in der Verantwortlichkeit der Kommunen liegen, erfüllt werden müssten, von diesem Landesprogramm bisweilen noch nicht einmal Gebrauch gemacht wird, wenn wir nicht mindestens eine Förderquote von 90 Prozent ausreichen.
Wir haben auch festgestellt, dass die Kommunen im Saarland in besonderem Maße schlecht davon profitieren, wenn der Bund Förderprogramme für die Kommunen auflegt, weil auch dabei immer ein Kofinanzierungsanteil zu erbringen ist. Bisweilen können sie auch die bürokra
tischen Hürden nicht überwinden, weil es aufgrund der Finanzschwäche der Kommunen eine Personalisierungsschwäche in den Kommunen gibt, und viele der Kommunen sind allein schon deshalb stark gefordert und manchmal auch überfordert beim Abarbeiten solcher Programme - und sie trauen sich oft gar nicht mehr, ein Programm überhaupt auf den Weg zu bringen.
Wir haben es in den zurückliegenden Jahren geschafft, in diesem Land die Investitionsquote des Landeshaushalts auf ein Rekordhoch zu bringen, und zwar die originäre Investitionsquote dieses Landeshaushalts, also ohne Einrichtung des Transformationsfonds. Das ist gut, weil das Geld, das wir hier im Saarland auszugeben in der Lage sind, gut ausgegebenes und investiertes Geld ist. Das ist gut investiertes Geld, gut investiert in die Infrastruktur, damit auch in die Bürgerinnen und Bürger, die sie letztendlich nutzen, und bestenfalls eben auch in die Wirtschaft, die uns hilft, diese Investitionen umzusetzen. Das sind die Bauunternehmen, das ist die Bauwirtschaft, das ist das Handwerk, das sind alle, die letztendlich auch dazugehören.
Aber auch alle diese Bemühungen des Landes tragen in der Zusammenrechnung des Investitionsvolumens in diesem Land nicht ganz so schwer, wie es sein müsste, um das zu kompensieren, was die Kommunen nicht leisten können. Deshalb stellt sich uns nicht nur die Frage, wie wir mit der Infrastruktur umgehen, sondern eben auch die Frage, wie viel Wirtschaftskraft man auf diesem Wege entfalten kann.
Man kann auch noch viele andere Debatten führen, etwa zur Frage, ob die Überleitung über die Umsatzsteueranteile der richtige Weg ist, weil auch dieser Weg in der Regel eher dazu führt, dass wirtschaftsstärkere Kommunen bevorteilt werden. Diese Debatte würde sicherlich in der Kürze der nun bis zur Bundestagswahl verfügbaren Zeit zu weit führen. Aber in der Kürze der Zeit wäre es sehr wohl möglich, den angesprochenen Weg jetzt zu gehen.
Mir ist nicht einsichtig, weshalb man das Argument, dass man jetzt auf eine Mehrheit setzen müsse, eine demokratische Mehrheit der politischen Mitte, die man haben möchte, die man brauche, auf die man nicht verzichten möchte, wenn es um die Frage der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts geht, nicht auch gelten lässt, wenn es um die Frage der Altschulden geht, wenn es um die Frage der Schuldenbremse geht. Warum gilt dieses Argument nur an der einen und nicht an der anderen Stelle, meine sehr verehrten Damen und Herren? Ich will auch bei der Beantwortung dieser Fragestellung so wenig wie möglich auf diejenigen angewiesen sein, die nichts Gutes für dieses Land im Schilde führen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Deshalb bitte ich wirklich dringend noch einmal, diesen Gedanken zuzulassen und das zu ermöglichen. Die Vertrauensfrage ist angekündigt, sie wird gestellt werden. Das Fenster ist offen. Ich sehe das Fenster der Möglichkeit, Beschlüsse zu wegweisenden Entscheidungen mit einer jetzt noch gesicherten Mehrheit der demokratischen Mitte dieses Landes zu fassen, noch geöffnet. Ich halte dieses Möglichkeitsfenster für offen, und mir erscheint es als Ausfluss der staatspolitischen Verantwortung notwendig, mit diesem Möglichkeitsfenster das Beste für dieses Land und für die Menschen in diesem Land zu erreichen. Die Bitte, die ich habe, ist, das alles mit großer Ernsthaftigkeit zu prüfen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, es ist Wahlkampf, aber das sollte uns nicht hindern, wichtige und richtige Entscheidungen in diesem Land zu treffen.
Ich danke der Frau Ministerpräsidentin. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile für die CDU-Landtagsfraktion das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Stephan Toscani.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir in dieser Debatte noch einige Anmerkungen zu dem, was vonseiten der Landesregierung, insbesondere von der Ministerpräsidentin, hier eben vorgetragen wurde.
Wir als CDU stehen zu unserer Verantwortung für unsere Kommunen. Es gibt auch kein Erkenntnisdefizit zwischen uns: Wir sind uns einig in dieser Debatte, dass unsere Kommunen zu den finanzschwächsten in ganz Deutschland gehören. Das ist unstreitig. Das ist aber nicht erst seit heute unstreitig, das ist seit vielen Monaten und Jahren der Fall. Wir haben doch keinen Streit in der Analyse. - Die Frage ist: Wie seriös ist die Diskussion, die von Ihrer Seite hier heute Morgen geführt wird? Das macht den Unterschied aus, und insoweit haben wir keine neuen Argumente gehört.
Drei Jahre hatte die Ampelregierung Zeit, etwas zu tun, Vorschläge auf den Tisch zu legen. Es kam indes nichts Seriöses. Sie haben es nicht geschafft - Kollege Theis hat darauf hingewiesen -, den Vorschlag des Saarlandes, eine einfachgesetzliche Regelung im Bund herbeizuführen, mehrheitsfähig zu machen. Das ist eine schlichte Tatsache: Die Ministerpräsidentin des Saarlandes hat es nicht geschafft, diesen Vorschlag mehrheitsfähig zu machen und damit unseren
Nun stellt sich die Frage, welchen Sinn es macht, wenige Wochen vor der Bundestagswahl diese Debatte hier noch einmal zu führen. Unser Befund dazu lautet - und dazu haben wir nichts Neues von Ihnen gehört, das ist unwidersprochen geblieben -, dass es hierzu aktuell keinen Vorschlag gibt, über den im Deutschen Bundestag überhaupt abgestimmt werden könnte. Es gibt aktuell keinen Vorschlag!
Ich will Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, die Antwort geben zur Frage, die Sie eben rhetorisch in den Raum gestellt haben: Wieso geht es beim Bundesverfassungsgericht, und wieso geht es bei der Schuldenregelung nicht? Zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts, haben über Monate hinweg die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag verhandelt. Sie haben nach Monaten der Verhandlung jetzt eine Einigung gefunden, sodass es ein Ergebnis gibt. Zur Frage der Altschuldenregelung hingegen gibt es noch nicht einmal einen Vorschlag der Bundesregierung. Das ist schon ein entscheidender Unterschied.
Sie wissen doch genau, dass selbst in dem Fall, dass es einen Vorschlag gäbe, extrem große Interessengegensätze in Deutschland auszuräumen wären, Interessengegensätze innerhalb der Parteien, aber auch Interessengegensätze zwischen den Bundesländern. Meine Vorstellung, wie ein saarländischer Ministerpräsident, eine saarländische Ministerpräsidentin mit diesem Thema umgehen könnte, ist, dass er beziehungsweise sie in Deutschland zunächst einmal Gespräche führt, im Namen des Saarlandes die Initiative ergreift, versucht, die Positionen einander anzunähern, diese Interessengegensätze aufzulösen. Das wäre eine vornehme Aufgabe für eine saarländische Ministerpräsidentin, dazu haben Sie aber jahrelang nichts gemacht!
Es gibt also einerseits keinen Vorschlag, es gibt andererseits leider - aus unserer Sicht: leider! - große Interessengegensätze zwischen den Bundesländern und zwischen den Parteien. Wir sind bei dieser Fragestellung leider bei Weitem noch nicht so weit wie beim Thema Resilienz des Bundesverfassungsgerichts. Dies ist auch deshalb der Fall, weil die saarländische Landesregierung, weil die saarländische Ministerpräsidentin ihre Hausaufgaben in dem Punkt nicht gemacht hat.
Ich danke Ihnen, Herr Fraktionsvorsitzender. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile das Wort der Ministerpräsidentin Anke Rehlinger.
Vielen Dank, Herr Toscani, für Ihre Wortmeldung. Sie haben, als Sie jetzt proaktiv die Gelegenheit noch einmal ergriffen haben, selbst hier zu sprechen, lediglich zwei Tatsachen festgestellt, die unstreitig sind. Erstens: „Wir stehen an der Seite der Kommunen.“ Wer sollte so etwas nicht sagen? Zweitens haben Sie die besondere Finanzschwäche der Kommunen festgestellt.
Was Sie allerdings von dieser Stelle aus nicht benannt haben, ist Ihre Haltung zur Altschuldenregelung. Sind Sie dafür? Sind Sie dagegen?
Sie sollten zudem, um auch das zu sagen, vielleicht gerade den Umstand, dass uns dieses Gutachten vorliegt zur Frage, ob es eine Möglichkeit der einfachgesetzlichen Regelung gibt, als das deuten, was es ist, nämlich tatsächlich der Versuch, eine Einigung herbeizuführen. Insofern steht das im Widerspruch zu den Vorwürfen, die Sie erhoben haben. Das war der Versuch, diesen Weg zu gehen.
Ich will allerdings an dieser Stelle auch festhalten: Die größten Zweifler daran, dass es einfachgesetzlich geht, und diejenigen, die sagen, dass es damit auch die Gefahr gibt, dass dagegen geklagt wird, befinden sich in Ihren Reihen, meine sehr verehrten Damen und Herren!