Protokoll der Sitzung vom 04.12.2024

Ich sage Ihnen das in voller Ernsthaftigkeit. Die AfD, sehr geehrter Herr Becker, bezeichnet sich ja als Patrioten. Sie geben mit Ihren Anträgen vor, Pazifisten zu sein. Dieser Krieg richtet sich gegen unser Volk. Wer, wenn eine Aggression, ein Krieg, gegen das eigene Volk stattfindet, sich auf die Seite des Aggressors stellt, der ist kein Patriot, der ist kein Pazifist, der ist ein Vaterlandsverräter wie Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren. Als solche muss man Sie bezeichnen!

(Beifall von der CDU und der SPD. - Zurufe von der AfD. - Sprechen und Unruhe.)

Wenn ich es nicht dürfte, würde ich das Ordnungsgeld mit Liebe bezahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn die Wahrheit darf auch hier nicht sterben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen Satz sagen, und den sage ich in einer anderen Tonlage.

(Abg. Schaufert (AfD) : Sie könnten „vater landslosen Gesellen“ sagen.)

Wenn Sie sich als vaterlandslosen Gesellen sehen, kann ich Ihnen nur recht geben, Kollege Abgeordneter.

(Beifall von der CDU und der SPD. - Abg. Schaufert (AfD) : Das kann doch nicht sein! Ich muss doch nicht alles über mich ergehen lassen.)

Herr Theis, solche Worte sind hier wirklich nicht üblich.

Doch! Wenn Vaterlandsverräter in der Debatte nicht gesagt werden darf, Frau Präsidentin, dann hätte ich das gerne schriftlich.

Okay.

Ich würde gerne nachlesen, dass die Saarbrücker Zeitung schreibt, dass ich Ihnen zugerufen habe, dass Sie Vaterlandsverräter sind, denn als nichts anderes haben Sie sich heute hier wieder dargestellt. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der SPD.)

Danke, Herr Theis, für Ihren Redebeitrag. - Als nächster Redner hat nun das Wort der Fraktionsvorsitzende der AfD-Fraktion, Herr Josef Dörr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um bei diesem wichtigen Thema, bei dem man Scheinheiligkeit vorgeworfen bekommt, noch einmal zur Sachlichkeit zurückzukehren, sage ich Ihnen, Herr Theis, zuerst einmal ‑ ‑

(Zuruf von der CDU. - Lachen bei der CDU.)

Ich weiß nicht, ob Herr Putin die Sowjetunion wiederherstellen will. Ich denke sowieso, dass das ein unmögliches Unterfangen ist. Aber Thüringen hat nie zur Sowjetunion gehört, weder Polen noch Tschechien noch Ungarn. Viele andere Länder haben nicht dazugehört. Insofern können Sie ja nicht sagen, dass dann auch Thüringen angestrebt werden würde.

Aber ich will Ihnen nur eines sagen, wir brauchen hier keine großen Argumente aufzuführen. Die baldige Geschichte wird uns recht geben. Sie wird uns recht geben, indem man am Verhandlungstisch sitzt und dort einen Frieden aushandelt, den Sie dann begrüßen werden, egal unter welchen Vorzeichen. Das sage ich Ihnen schon voraus.

Ich sage Ihnen noch etwas. Wenn Sie die Ukraine unterstützen wollen mit aller Gewalt und mit aller Macht, warum gibt es dann Hunderttausend fahnenflüchtige junge Männer aus der Ukraine - ich habe diese Zahlen irgendwo gehört, vielleicht sind es auch ein paar weniger ‑, die außerhalb der Ukraine Zuflucht suchen? Da denke ich immer an Amerika, als die Amerikaner damals in Vietnam waren, an die sogenannten Draft-Evaders, die nach Kanada oder nach Skandinavien geflüchtet sind und erst Jahrzehnte später begnadigt wurden. Viele sind nicht mehr in ihr Land zurückgekehrt.

Jetzt haben wir dieses Problem in der Ukraine auch. Kennen sie die Ukraine nicht? Wollen sie die Ukraine nicht verteidigen? Ist das nicht ihr Vaterland?

(Abg. Theis (CDU) )

(Zuruf der Abgeordneten Schmitt-Lang (CDU).)

Wollen Sie dorthin gehen und Krieg führen? Wollen Sie Ihren Sohn, wenn Sie einen haben, dorthin schicken?

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) : Das ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die dort zurzeit kämpfen.)

Nein, das ist Kriegshetze. Jeder Tote, jeder Mensch, der heute dort fällt, ist ein Toter, der den Krieg schon verloren hat.

(Sprechen.)

Wir führen hier keine Dialoge. Herr Dörr hat das Wort.

Und noch eines sage ich Ihnen. Ich bin hier der Einzige im Saal, der einen Krieg erlebt hat und überlebt hat. Ich habe auch die Nachkriegszeit erlebt, als alles zusammengebrochen ist und niemand mehr etwas hatte. Von nirgendwoher wurde irgendetwas geliefert, aber die Leute haben noch gewusst, wie man auf dem Feld Nahrungsmittel anbaut, wie man sie konserviert, wie man aus ihnen Essen machen kann und so weiter, wie man Kleider machen kann, wie man Wolle herstellen kann. Das wissen Sie alle nicht mehr. Niemand weiß das bei uns oder nur ganz wenige. Wenn uns diese Zeit noch einmal erreicht, werden wir alle verloren sein. Das sage ich Ihnen. Nehmen Sie das bitte ernst!

(Beifall von der AfD. - Zuruf der Abgeordne- ten Schmitt-Lang (CDU).)

Danke für Ihren Redebeitrag. Da keine weiteren Wortmeldungen eingegangen sind, schließe ich die Aussprache. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen, Wahlprüfung, Datenschutz und Informationsfreiheit zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/1275. Ich darf darauf hinweisen, dass nach Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 der Verfassung des Saarlandes ein Ge setz, das die Verfassung ändert, der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages bedarf. Das bedeutet, dass dieses Gesetz nur dann angenommen ist, wenn mindestens 34 Abgeordnete zustimmen.

Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1275 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen, Wahlprü

fung, Datenschutz und Informationsfreiheit ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 17/1275 die notwendige Mehrheit von mindestens 34 Stimmen nicht erreicht hat und somit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion, dagegen gestimmt haben die SPD- und die CDU-Fraktion.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/1276. Wer für die Annahme der Drucksache 17/1276 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/1276 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfD-Fraktion. Dagegen gestimmt haben die SPD- und die CDU-Fraktion.

Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung und weiterer Rechtsvorschriften (Drucksache 17/1268)

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Reinhold Jost das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heute unter dem Tagesordnungspunkt 6 zu behandelnde Gesetzesvorlage der Landesregierung enthält grundlegende Änderungen der Landesbauordnung und weiterer Rechtsvorschriften. Erst vor ungefähr einem Jahr, im Dezember letzten Jahres, wurde hier im Landtag des Saarlandes die letzte Änderung der Landesbauordnung beschlossen, die Vereinfachungen beim Bauen mit sich gebracht hat.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf soll daran angeknüpft und die 2004 in Kraft getretene Landesbauordnung deutlich entschlackt und modernisiert werden. Zu diesem Zweck sollen Anpassungen an die von der Bauministerkonferenz beschlossene Musterbauordnung erfolgen und die Verpflichtungen des Saarlandes aus dem im letzten Jahr beschlossenen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung auch umgesetzt werden.

Zu diesem Zweck, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir vorgesehene Änderungen erarbeitet und auch weitergehende Erleichterungen in den Blick genommen. Ziel der vorgesehenen Änderungen ist es insbesondere, Bürokratie abzubauen, Verfahren zu beschleunigen, das Bauen günstiger und einfacher zu machen, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und beispielsweise auch den Mobilfunkausbau zu fördern. Kurzum, wir wollen schneller, einfacher, aber am Ende auch kostengünstiger das Bauen

(Abg. Dörr (AfD) )

im Saarland ermöglichen. Ich denke, dieser Gesetzentwurf ist dafür eine gute Grundlage.

(Beifall von der SPD.)

Aus dem Bereich der vorgesehenen verfahrensrechtlichen Erleichterungen möchte ich gerne folgende Änderungsvorschläge kurz benennen: Wir wollen zunächst die Verfahrensfreiheit von baulichen Anlagen deutlich ausweiten, damit Bauherren bei kleineren Projekten gar keine Baugenehmigung mehr benötigen. Dies betrifft unter anderem Gartenhäuser, Terrassen, Schwimmbecken, Terrassenüberdachungen, Tiny Häuser und kleinere Anlagen. In der von mir eben erwähnten letzten Änderung der Landesbauordnung wurde die Errichtung von Ladestationen für Elektromobilität und die damit verbundene Änderung der Nutzung in den Katalog der Verfahren in Bauvorhaben aufgenommen. Die vorliegende Gesetzesvorlage sieht vor, dass zusätzlich auch technische Nebenanlagen von Elektroladesäulen vereinfacht und verfahrensfrei werden.

Eine weitere verfahrensrechtliche Erleichterung betrifft das militärische Bauen. Diesbezüglich ist vorgesehen, dass alle baulichen Anlagen inländischer öffentlicher Stellen auf Militärgelände verfahrensfrei werden. Davon erfasst sind Bauvorhaben der Bundeswehr.

Darüber hinaus sollen mehr Bauvorhaben dem sogenannten Genehmigungsfreistellungsverfahren unterfallen. Bei diesem Mitteilungsverfahren dürfen Bauherren grundsätzlich einen Monat, nachdem sie bei der zuständigen Kommune die erforderlichen Unterlagen eingereicht haben, mit der Bauausführung beginnen. Zukünftig sollen in der Genehmigungsfreistellung auch Änderungen und Nutzungsänderungen von Dachgeschossen zu Wohnzwecken in Gebieten ohne Bebauungsplan abgewickelt werden können. Darüber hinaus sollen der Genehmigungsfreistellung auch die Modernisierung und der Ersatz von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sowie die Errichtung von Solarparks entlang eines Korridors von Autobahnen und bestimmten Schienenwegen unterliegen. Für all diese Maßnahmen braucht es bislang noch eine Baugenehmigung.

Um der neuen Genehmigungsfreistellung für Solarparks eine gewisse Reichweite zu verschaffen, soll auch das Saarländische Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung angepasst werden. Die Anpassung wird es ermöglichen, dass zukünftig für die genannten Solarparks mit einer Gesamtfläche von weniger als 5 ha keine Baugenehmigung mehr erforderlich ist.

Auch im Baugenehmigungsverfahren sind Erleichterungen vorgesehen. So soll für das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren als auch das Baugenehmigungsverfahren selbst eine gesetzliche Vollständigkeitsvermutung des Bauan

trags bei Untätigkeit der unteren Bauaufsichtsbehörden eingeführt werden. Auch dieser Vorschlag dient der Beschleunigung. Seine Umsetzung hätte zur Folge, dass ein eingereichter Bauantrag als vollständig gilt, wenn die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde die Bauherrin oder den Bauherren nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Eingang des Bauantrags zur Behebung von Mängeln aufgefordert hat.

Der Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens soll von Gebäuden mit einer Höhe bis zu 7 m auf alle Gebäude, die keine Sonderbauten sind, ausgeweitet werden. Darüber hinaus soll die Frist für den Eintritt der Baugenehmigungsfiktion im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren auf zehn Wochen verkürzt werden. Das bedeutet, dass die entsprechende Baugenehmigung als erteilt gilt, wenn über den vollständigen Antrag seitens der unteren Bauaufsicht nicht innerhalb von zehn Wochen inhaltlich entschieden wurde.

Weitere Erleichterungen im Baugenehmigungsverfahren betreffen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Diese sollen zukünftig unabhängig davon, ob es sich um Sonderbauten handelt oder nicht, nur noch dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterliegen. Für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, die Sonderbauten sind, soll zudem erstmals ebenfalls eine Genehmigungsfiktion eingeführt werden.

Außerdem soll in die Landesbauordnung eine Regelung zur Typengenehmigung aufgenommen werden. Diese Typengenehmigung dient der Verwaltungsvereinfachung und soll es ermöglichen, dass die gebäudebezogenen Anforderungen des Bauordnungsrechts nur einmal geprüft werden müssen und Gebäude danach in derselben Ausführung an verschiedenen Stellen erleichtert errichtet werden können. Die Einführung der Typengenehmigung kann auch das serielle und modulare Bauen erleichtern und zum schnellen Bau neuer Wohnungen führen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Neuregelung in der Praxis auch entsprechend angenommen wird. Entsprechend wollen wir auch, dass Typengenehmigungen, die in anderen Bundesländern bereits erteilt wurden, ohne inhaltliche Änderungen auch im Saarland gelten werden.

Auch im Hinblick auf die bauordnungsrechtlichen Anforderungen sind Vereinfachungen vorgesehen. Diese sollen sowohl das Bauen insgesamt erleichtern, aber insbesondere auch die Schaffung von Wohnraum beschleunigen. Hervorzuheben ist im Bereich der Prüfung von Brandschutznachweisen die Einführung des Vier-Augen-Prinzips. Das heißt, dass bei bestimmten großen Bauvorhaben der erstellte Brandschutznachweis grundsätzlich nur noch durch eine Expertin oder einen Experten und nicht mehr