Protokoll der Sitzung vom 06.03.2008

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Aber Hetzdorf ist so klein, dass Halsbrücke das mit übertüncht. Dann vergleiche ich diese Gemeinde mit Dresden. Dresden hat nur ein B. Sie hatten schon darauf hingewiesen. Das ist für mich das Spannende; als Dresdner interessiert mich: Wieso? Wir haben ein Haushaltskonsolidierungskonzept in Dresden. Das ist hart umstritten, weil manche der Meinung sind, es müsse abgeschafft werden. Wir haben schließlich die WOBA verklitscht, da haben wir doch Geld ohne Ende und keine Schulden mehr! Wozu dann noch ein Haushaltskonsolidierungskonzept?

Jetzt kann ich sagen: Wieso bekommt Dresden nur ein B, trotz Schuldenfreiheit und WOBA-Verkauf? Wieso kann sich auch Dresden nicht alles leisten, was wünschenswert wäre? Die Hauptfunktion dieses Ansatzes sehe ich darin und sage: Nicht der interkommunale Wettbewerb ist mir wichtig, sondern die Nachvollziehbarkeit für die Einwohner, dass sie sich überzeugen können, wie ihre Stadt oder ihre Gemeinde dasteht. Wie wird sie bewertet? Wie sieht es das Regierungspräsidium? Wie sieht man es selbst? Wo liegen, wenn man in die Details einsteigt, die Ursachen und Gründe dafür? Das halte ich für sehr wichtig.

Natürlich schaue ich auch aus reiner Neugier hinein. Was hat Chemnitz? – C, gut, verstehe ich. Was hat Leipzig? – D, na ja. Nun kann ich Dresden nicht mit Leipzig und auch nicht mit Chemnitz vergleichen. Das halte ich auch für unmöglich. Zumindest aber kann ich sagen, wir stehen in der Klasse der Großstädte, relativ gesehen, am besten da. Das ist doch schon etwas.

Dann komme ich zu einem Punkt, in dem ich Ihnen eigentlich auch widersprechen möchte. Sie stellen in der Begründung – im letzten Satz vor allem – darauf ab und auch jetzt noch einmal hier, indem Sie für das FAG sagen: Wir als Gesetzgeber müssen wissen, wie das ist. Dazu sage ich: Okay, die Daten ja, und wenn dann die Möglichkeit besteht, ist das schön. Aber das, was wir hier machen müssen, ist sozusagen nicht auf die Transparenz im Sinne der Veröffentlichung im Internet angewiesen. Ich als Parlamentarier möchte die Daten haben.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Sicher!)

Ich würde zunächst auch damit leben können, wenn diese übers Intranet zur Verfügung gestellt würden. Aber natürlich möchte ich gleiches Recht für alle. Dann sollen sie öffentlich sein für alle. Ich sehe keinen Grund, dass das nicht so ist. Mecklenburg-Vorpommern hat da einen guten Ansatz. Da aber Mecklenburg-Vorpommern immer die Jahresrechnung zugrunde legt, die dann mindestens ein Jahr zurückliegt, scheint mir hier der sächsische Ansatz besser, das aufgrund der aktuellen Haushaltsdaten zu machen.

Es ist schön, wenn das heute beschlossen wird.

Eines möchte ich aber noch nachtragen, was mir auch wichtig ist: Schön wäre auch, wenn man über die Internetpräsentation nicht nur die farbige Darstellung, übers Land verteilt, hinbekäme, sondern wenn man zugleich auch mit Anklicken oder in ähnlicher Form etwas mehr in die Tiefe gehen könnte. Ich kann dann sagen, Dresden hat B, ich klicke rein und sehe die einzelnen Kennziffern in ihrer Wichtung, klicke noch einmal rein und bekomme das Haushaltskonsolidierungskonzept. Dann weiß ich auch, wie das zusammenhängt. Ich halte das, technisch gesehen, für problemlos machbar. Ich verstehe auch nicht, warum das Sachsen bisher nicht gemacht hat. Da das alles heute ein gutes Ende findet, bin ich sehr glücklich und stimme Ihnen aus ganzem Herzen zu.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Wünscht die SPDFraktion das Wort? – Nein. Die NPD-Fraktion? – Auch nicht. Hat die FDP-Fraktion Redebedarf? – Herr Zastrow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht noch zwei oder drei Aspekte, die hier noch nicht angesprochen worden sind. Vorab möchte ich sagen, dass die FDPFraktion natürlich dem Anliegen der GRÜNEN auch zustimmen wird. Wir denken, dass das in die richtige Richtung geht.

Lassen Sie mich nun diese Aspekte ansprechen. Das eine Thema, um das es in dem Antrag geht, ist etwas, das im Moment groß in Mode ist, nämlich das Thema Veröffentlichungspflichten. Inzwischen gibt es sie ja für alle möglichen Dinge, zum Beispiel für Nebentätigkeiten von Abgeordneten; für Managergehälter wird es gefordert, für die Bilanzdaten von Unternehmen im InternetUnternehmensregister seit 01.01. dieses Jahres. Alles wird irgendwie erhoben und veröffentlicht.

Unternehmen werden mit einer wahren Statistikflut gequält. Monat für Monat müssen sie für viel Geld und oft durch externe Berater den Ämtern für Statistik des Landes und des Bundes jede Menge Daten zur Verfügung stellen. Ob sich diese Datenmengen überhaupt jemals wieder einer anschaut, kann ich mir persönlich nicht so

recht vorstellen. Mich würde schon einmal interessieren, ob Aufwand und Ertrag für die Erhebung und Veröffentlichung von Daten überhaupt noch in irgendeinem angemessenen Verhältnis stehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Mir scheint es so, dass es, wenn es um die Finanzdaten unserer Kommunen geht, ganz ähnlich ist. Auch hier werden permanent Daten abgefragt. Der SSG macht es, das Statistische Landesamt natürlich auch, der Rechnungshof, die Ministerien tun es, und selbst wir als Abgeordnete dieses Hauses wollen auch immer ganz viel von unseren Kommunen wissen. Die meisten dieser Daten werden natürlich auch – –

(Staatsminister Thomas Jurk: Von uns auch?)

Selbstverständlich. Wir lassen Sie nicht laufen, das ist ganz klar.

in Mitteilungsblättern oder auch im Internet veröffentlicht. Ich glaube, dass wir über eine Sache in diesem Land nicht klagen können, nämlich über Datenarmut. Manchmal denke ich mir, dass das alles wie eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme aussieht und hier Bürokratie in Größenordnungen produziert wird. Ob das alles so sinnvoll ist und ob wir all diese Daten tatsächlich brauchen, fragt leider niemand. Auch diese Frage sollten wir aber, wenn wir über Erhebung und Veröffentlichung von Daten sprechen, endlich einmal stellen.

Gleichwohl teilen wir natürlich das Ansinnen, das Frau Hermenau hier vorgetragen hat. Wenn die Daten nun schon einmal erhoben sind, dann kann die Staatsregierung ruhig einmal über ihren Schatten springen und natürlich diese Daten einer aus unserer Sicht wahrscheinlich eher sehr kleinen Gruppe einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, anstatt sie einfach nur zu horten.

Was den Kern des Antrages betrifft, ärgert mich bei den Stichwörtern Transparenz und Frühwarnsystem als Mitglied eines kommunalen Parlamentes allerdings noch eine ganz andere Sache, und zwar die Tatsache, wie in Deutschland seit einiger Zeit mit dem Thema kommunale Haushaltshoheit umgegangen wird. Worum geht es? Da müssen die sächsischen Kommunen dem Freistaat Daten liefern und sich vom Freistaat in bestimmte Risikogruppen eingruppieren lassen. Ich frage mich schon, wer hier eigentlich in Deutschland wem rechenschaftspflichtig sein sollte, oder anders: Wer müsste eigentlich am ehesten kontrolliert werden? Sind das tatsächlich die Kommunen hier in Sachsen?

Wir haben erst kürzlich in den Medien gelesen, dass die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte 2007 weiter gestiegen ist. Wir reden von einer aktuellen Schuldensumme in Höhe von 1,5 Billionen Euro. Das Interessante an der Zahl ist, dass, während der Bund und die meisten Länder, nicht Sachsen, ihre Schulden erhöht haben, die deutschen Kommunen Schulden konsequent abgebaut haben. An den 1,5 Billionen Euro tragen die deutschen Kommunen einen Anteil von nur rund 5 %. Der

Bund alleine trägt an dieser Summe einen Anteil von über 60 %. Wenn man also über ein effektives Frühwarnsystem spricht, dann bitte zuerst beim Bund und zuerst bei einigen Bundesländern und nicht zuerst bei den Kommunen.

(Beifall bei der FDP)

Die meisten sächsischen Kommunen haben sich in der Vergangenheit durch eine eiserne Haushaltsdisziplin ausgezeichnet. Der Freistaat Sachsen ist deshalb auch zu Recht stolz darauf, dass er seit 2006 Schulden tilgt. Aber auch hier – das muss man ganz klar sagen – konnte sich der Freistaat Sachsen einige unserer Kommunen zum Vorbild nehmen. Ich erinnere nur – Herr Weckesser hat es auch schon gemacht – an die erste schuldenfreie Großstadt Deutschlands, meine Heimatstadt Dresden. Ich hoffe auch, dass der Freistaat Sachsen in einer anderen Frage meiner Heimatstadt nacheifert, nämlich wenn es eines Tages um die Verankerung des Nettoneuverschuldungsverbotes in der Sächsischen Verfassung geht.

Auch dabei ist natürlich die Frage: Wer braucht hier eigentlich wirklich ein Frühwarnsystem? Brauchen es tatsächlich die sächsischen Kommunen oder braucht es die Stadt Dresden? Vielleicht brauchen wir viel eher ein Frühwarnsystem für den Freistaat Sachsen, Herr Minister Tillich. Hätte der Freistaat eines gehabt, wäre ihm vielleicht eher aufgefallen, dass er gerade mächtig viel Geld auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt versenkt.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das aber nur am Rande. Herr Tillich, Sie trifft keine Schuld, das war alles vor Ihrer Zeit. Jetzt ist alles besser, und ich wünsche noch einen schönen Abend.

(Beifall bei der FDP)

Die Staatsregierung, bitte. Herr Staatsminister Tillich.

Das war ja eine schöne Debatte, vielen Dank.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich belehren lassen, dass Neugier die Triebkraft jeglichen menschlichen Handelns ist; so habe ich zumindest die Debatte verstanden. Ich möchte sagen, Herr Kollege Rößler, dass die Tatsache, dass ich hier den Kollegen Buttolo vertreten darf, nicht zufällig ist, sondern das SMF darf nicht nur hineinschauen, sondern auch die Daten nutzen. Aber die Firewalls, die natürlich auch in unserem IT-System bestehen, haben uns den uneingeschränkten Zugriff zu den Daten des SMI bislang auch nicht in dem erforderlichen Maße gewährt, wie wir es uns vielleicht gewünscht hätten. Aber wir wussten alles.

Ihr Antrag, Frau Hermenau – Sie sind ja darauf zu sprechen gekommen –, ist eigentlich einer, der, mit Verlaub gesagt, überflüssig ist, alldieweil das SMI ja schon längst daran arbeitet und Ihnen das auch in Ihrer Kleinen Anfrage so beantwortet hat.

Ergänzend ist noch Folgendes zu bemerken: Das Innenministerium hat bereits im letzten Quartal des vergangenen Jahres mit Vorarbeiten für eine Präsentation im Internet begonnen. Das Statistische Landesamt betreut inzwischen eine Diplomarbeit, deren Ergebnis ein Vorschlag für eine Internetpräsentation des Frühwarnsystems sein soll. Eine Umsetzung soll noch zum Jahreswechsel 2008/2009 gelingen. Das ist zumindest das Vorhaben des SMI.

Das SMI hat in den vergangenen Jahren das Verfahren entwickelt, erprobt und benutzt. Im Gespräch mit dem Bürgermeister meiner Heimatgemeinde konnte ich zumindest auch erfahren, dass es die Bürgermeister durchaus als vergleichendes Instrument zwischen den Gemeinden schon längst in der Praxis verwenden bzw. neidisch einer auf den anderen schielt, wie gut oder wie schlecht der eine oder der andere ist. Selbstverständlich kennen die Bürgermeister und ihre Gemeinderäte die Verantwortung, die sie letztendlich für ihren eigenen Haushalt zu tragen haben, und wissen um die Schwächen oder um die Stärken ihrer Gemeindehaushalte Bescheid.

Trotzdem will ich darauf eingehen, wozu Frau Hermenau uns aufgefordert hat. Man kann heute feststellen, nachdem durch dieses Verfahren nach mehreren Jahren in der Benutzungsphase eine Zufriedenheit bei den Kommunen festzustellen ist, das heißt, auch weiterhin Akzeptanz auf der kommunalen Seite zu verzeichnen ist, dass wir nunmehr als Staatsregierung der Auffassung sind, dass dies auch im Internet präsentiert werden kann.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Herr Weckesser, bitte.

Das musste jetzt sein. Danke erst einmal für die Möglichkeit. – Herr Minister, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie hier gesagt haben, an Frau Hermenau gewandt, der Antrag sei überflüssig, weil das Innenministerium das ohnehin vorhabe? Ich lese die Antwort auf die Kleine Anfrage von Frau Hermenau genau anders: dass sie das eben nicht vorhatte.

Ich komme gleich zum nächsten Punkt. Ich habe gesagt, dass man auf der kommunalen Seite dieses Projekt weiterentwickelt hat. Es ist so weit entwickelt, dass man jetzt eine gemeinsame Zufriedenheit feststellt, dass sich dieses System bewährt. Man ist nunmehr zu der gemeinsamen Auffassung gekommen, dass es veröffentlicht werden kann. Deswegen wollte ich eben noch feststellen, Herr Weckesser, als Sie ans Mikrofon eilten, dass das System so weit ausgereift und in der kommunalen Familie eingeführt ist, dass die Daten guten Gewissens im Internet zur Verfügung gestellt werden können und durch Transparenz von Kriterien, Gewichtung und Einzeldaten der konstruktive Wettbewerb unter den Kommunen gefördert werden kann. Das sollte damit erreicht werden.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Staatsministerium des Innern eine Präsentation, vergleichbar RUBIKON, auf der Internetplattform haben wird, allerdings erweitert auch um die Zweckverbände und Doppik buchende Gemeinden. Dies wird mit der Präsentation weiterhin angestrebt. Ich will damit sagen, dass das, was Sie hier alle gemeinsam verlangt bzw. angesprochen haben, in Arbeit ist bzw. sich in der Realisierungsphase befindet.

Zu der Frage, die Herr Zastrow gestellt hat, ob es Einspareffekte gibt: Zumindest da kann man sich auf Mecklenburg-Vorpommern berufen. Es ist nicht erheblich, aber es sind Kosten gespart worden, zumindest erst einmal 50 000 Euro. Mir ist gerade vom Innenministerium mitgeteilt worden, dass man auf weitere statistische Datenbanken verzichten kann, wenn man dieses gemeinsame System benutzt. Das heißt, eine einheitlichere Plattform ersetzt andere bisherige Erhebungen, und das ist auch ein Mehreffekt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Wird das Schlusswort noch gewünscht, Frau Hermenau? – Nein, gut.

Somit stelle ich jetzt die Drucksache 4/11369 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit, damit beschlossen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Wenn das nichts ist!)

Das ist heute mal etwas Schönes, genau. Herr Zastrow hatte uns ja noch einen guten Abend gewünscht; insofern hat sich das jetzt bestätigt.

Meine Damen und Herren, ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10