Protokoll der Sitzung vom 17.04.2008

Nur – Herr Prof. Mannsfeld, hier trennen sich unsere Wege –, wenn Sie glauben, Sie könnten diese richtigen Ziele mit Appellen erreichen, dann ist das zu wenig. Wir müssen klar Ross und Reiter nennen und sagen, woran es liegt, dass wir dort nicht vorwärtsgekommen sind. Dabei müssen wir auf die lange und durchaus leidvolle Geschichte der FFH-Planungen und -Ausweisungen in Sachsen zurückblicken. Wer das tut, der weiß, dass die offizielle Politik des Freistaates keineswegs auf die Herstellung eines kohärenten Netzes „Natura 2000“ gerichtet war und ist, sondern – das sage ich ganz bewusst – auf die Kleinmahlung dieser hervorragenden Schutzidee.

Die Philosophie des Freistaates ist es doch: Naturschutz darf keinesfalls Bauvorhaben oder die sogenannte ordnungsgemäße Landwirtschaft hemmen. Das hat nachteilige Folgen für die Naturbewahrung. Die Staatsregierung bestätigt in der Antwort zu Frage 17 ausdrücklich, dass die Meldung der Gebiete bisher keine bewahrende Wirkung hatte.

Dann wird auf die ausstehenden Berichte im Jahre 2012 Bezug genommen.

„Natura 2000“ ist also selbst nach Aussage der Staatsregierung bisher kein Beitrag zum Stopp des Artensterbens bis zum Jahre 2010, die wir nach der Biodiversitätskonvention erreichen sollen, aber bis zum Jahre 2010 nicht mehr erreichen können. Trotzdem müssen wir dieses Ziel hochhalten.

Was sind denn nun die Techniken der Zerstörung dieser hervorragenden Schutzidee im Freistaat Sachsen? Erstens. Man weist geeignete Gebiete erst gar nicht aus. Ich erinnere an das Vogelschutzgebiet Oelsen am Erzgebirgskamm, das wegen der A 17 in den Neunzigerjahren nicht ausgewiesen wurde. Dazu gab es eine Klage. Ich erinnere an das FFH-Gebiet Elbtal auf dem gesamten Gebiet des Freistaates, das eine Lücke von wenigen 100 Metern aufweist, und zwar ausgerechnet am Bauplatz der berüchtigten Waldschlößchenbrücke, dem Denkmal der Ignoranz zweier gewesener Ministerpräsidenten. Der neue Landwirtschaftsminister Wöller hat die Stirn, mir zu antworten, und zwar noch im März, das sei naturschutzfachlich richtig. Ich meine, meine Damen und Herren, das kommentiert sich selbst – zumindest für die Personen, die sich

um den Naturschutz bemühen und ein Grundmaß an Kenntnissen dazu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens. Man verleiht den FFH-Gebieten erst gar keinen Schutzstatus. Ich war ja durchaus positiv überrascht, in der Antwort auf die Große Anfrage zu lesen, dass immerhin zwei der 270 FFH-Gebiete jetzt als Naturschutzgebiete neu ausgewiesen wurden. Meine Damen und Herren, Herr Staatsminister, ich gratuliere Ihnen herzlich! Ich hätte damit gerechnet, dass überhaupt keine Ausweisungen stattgefunden hätten; denn das ist ja die erklärte Politik des Freistaates Sachsen, wie man in der Novelle des Naturschutzgesetzes nachlesen kann, das wir vor einem Jahr verabschiedet haben.

Herr Prof. Mannsfeld hat dann auf die Grundschutznovelle des Jahres 2005 hier in diesem Landtag hingewiesen. Aber er hat dabei nicht die Wahrheit gesagt; denn wie man in der Begründung des Koalitionsentwurfes zu diesem Gesetz nachlesen kann, ist das Ziel keineswegs der Naturschutz gewesen, sondern es wird nur die Absenkung des Schutzniveaus ermöglicht. Sie wissen, nicht ausgewiesene und nicht mit einem Grundschutz versehene Vogelschutzgebiete haben eben einen höheren Schutzstatus.

Was macht der Freistaat? Er weist ihnen einen sogenannten Grundschutz zu, der in der Sache völlig leer ist, um die Straßenbauten, die im Gesetzentwurf ausdrücklich benannt werden, „durchzuprügeln“. Ich sage nur: B178, Frau Kagelmann; das Thema kennen wir – die Schutzgebiete um Weißenberg. Also, Herr Prof. Mannsfeld, dort wäre etwas mehr Ehrlichkeit durchaus angemessen.

Außerdem ist bereits die Frage der Ausweisung bis 2010 angesprochen worden. Meine Damen und Herren, ich habe es schon oft gesagt und sage es auch hier gern noch einmal: Das ist schlicht und ergreifend EU-rechtswidrig. Die Richtlinie ist aus dem Jahr 1992, und sie hat einen festen Zeitplan vorgesehen. Deutschland hat diesen Zeitplan nicht eingehalten, und es war die Rede davon, dass sechs Jahre nach dem Abschluss der Meldungen und Ausweisungen natürlich die Mitgliedsstaaten den Schutzstatus ausweisen sollen. Wenn nun die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Sachsen diese Frist nicht eingehalten haben, dann heißt das keinesfalls, dass die sechs Jahre draufkommen. Genau das behaupten Sie aber, und genau das haben Sie in das Naturschutzgesetz hineingeschrieben. Deshalb sage ich Ihnen: Ich bin sicher, 2010 wird dieser Regierung, wenn sie dann – leider! – immer noch im Amt ist, wieder irgendetwas einfallen, mit dem sie die Ausweisung weiter hinausschieben kann.

Die EU stellt über den ELER, kofinanziert durch den Freistaat, Fördermittel für die Biotoppflege zur Verfügung. Doch leider ist die Förderung ungeeignet oder wird verschleppt. Die Beantragung von Fördermitteln über das Programm AUW ist für den Naturschutz aufgrund ihrer Unbeweglichkeit für naturschutzgerechte Pflege nicht geeignet und für viele Landwirte unattraktiv. Im Übrigen

bezweifle ich ausdrücklich nochmals die Wirksamkeit der AUW für den Naturschutz, Herr Prof. Mannsfeld. Die Antwort auf Frage 55 der Großen Anfrage sagt ausdrücklich, dass über das Fachrecht hinaus keine Zusatzkriterien dafür verlangt werden. Es ist aber gerade die sogenannte gute fachliche Praxis des Fachrechtes, das die Zerstörung der traditionellen Agrarkulturlandschaft zulässt.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion erreichen immer wieder Beschwerden von Umweltgruppen, dass FFH- oder Vogelschutzgebiete durch Infrastrukturmaßnahmen oder falsche Flächenbewirtschaftung geschädigt werden. Ich möchte dies mit einigen Beispielen untersetzen. Bezeichnenderweise taucht nur einer der von mir beschriebenen Fälle auch in der Tabelle zur Großen Anfrage als Verstoß gegen FFH-Gebiete auf, zum Beispiel das FFH-Gebiet Leipziger Auwald. Im Winter 2007/2008 fielen hier auch alte Bäume der Säge zum Opfer. Das Unterholz und der Auenboden wurden beim Abtransport – natürlich mit schwerem Gerät – erheblich geschädigt. Zum Beispiel Floßgraben dortselbst: Hier wurden unter dem Vorwand der Gewässerunterhaltung – das Thema kennen wir – großflächig Gehölze beseitigt und der Wasserstand abgesenkt. Dies führte zu einer Gefährdung der Lebensräume vieler geschützter Tier- und Pflanzenarten. Doch damit nicht genug. Jetzt plant die Stadt Leipzig nach unserer Information, auch noch den Graben zu befestigen und einen Mäander zu durchstechen.

Beispiel zwei: Eschefelder Teiche. Es kommt überhaupt sehr oft zu Konflikten in Teichgebieten. Der Bereich Naturschutz/Fischerei ist ja konfliktbeladen, und leider wird allzu oft dem Anliegen der Fischerei nachgegeben. So versäumte der Freistaat Sachsen seine Unterhaltungspflicht im FFH- und SPA-Gebiet Eschefelder Teiche.

In den Jahren 2006 und 2007 blieb durch eine schadhafte Wasserversorgung ein Teil der Teiche trocken. Schwarzhalstaucher wie auch Lachmöwen konnten nicht brüten. Oder nehmen wir das FFH- und SPA-Gebiet Dubinger Moor im Kreis Kamenz, ein landesweit bekannter Brutplatz für die Rohrdommel und Lebensraum für die stark gefährdete Rotbachunke. Außerdem zählt das Moor zum größten Kranichrastplatz Sachsens. Entlandungen und großflächige Röhrichtbeseitigungen führten hier zu Schädigungen für die erforderlichen Biotope. Der Bestand der Großen Rohrdommel ist gesunken.

Oder das einzige Beispiel, das der Staatsminister in seiner Antwort auf unsere Anfrage aufführt, das berühmte FFHGebiet Syrau-Kauschwitzer Heide bei Plauen im Vogtland: Hier hat der Arbeitgeber des Gebietes zu Zwecken der Jagd – nämlich seiner eigenen – Wege planiert und aufgeschottert und Entwässerungsgräben gezogen. Die Stadtverwaltung Plauen deckt de facto dieses Vorgehen, weil der Eigentümer ein wichtiger Eigentümer ist; und, meine Damen und Herren, das SMUL ist zwar nach mehreren Jahren eingeschritten – was ich ausdrücklich würdige, wie auch aus den Antworten auf meine Kleine Anfrage hervorgeht –; doch lässt es sich offensichtlich die Verzögerungstaktik der Stadtverwaltung Plauen weiter

gefallen, die unter dem Vorwand eines laufenden Baugenehmigungsverfahrens gegen diese sach- und FFHwidrigen Eingriffe seit Jahren schlicht und ergreifend nichts tut.

Fünftes Beispiel: Im FFH-Gebiet Pöhnitztal erregt die Erweiterung der Bundesstraße 180 Ärger. Sie tangiert das FFH-Gebiet südlich von Chemnitz und nimmt einen Teil von diesem in Anspruch. Besonders ärgert die lokalen Naturschützer, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht an Ort und Stelle realisiert werden sollen. Die Ortsumgehung der B173 soll quer durch das FFH-Gebiet Flöhatal gehen und es zerschneiden. Der BUND und die Grüne Liga haben deshalb Klage eingereicht.

Ich möchte noch das Konfliktfeld Hochwasserschutz und „Natura 2000“ ansprechen. Manche Maßnahmen verstoßen eindeutig gegen die Ziele von „Natura 2000“, wie zum Beispiel der Erhalt und die Wiederherstellung der natürlichen Fließgewässerdynamik – ein häufig formuliertes Erhaltungsziel in FFH-Gebieten. Ein aktuelles, schlechtes Beispiel dafür ist die Uferversteinerung des Pöhlbaches – eigentlich ein Wiesenbach oberhalb von Bärenstein im Erzgebirge.

Meine Vorrednerin hat sich bereits zu Fragen der Gentechnik sowie „Natura 2000“ und MON 810 geäußert.

Herr Günther von der FDP, der ja immer durch seine ausnehmende Sachkenntnis glänzt, hat nach der Studie gefragt, die die 800 Meter begründen würde. Wenn er der Debatte im letzten Plenum gelauscht hätte – was er offensichtlich nicht getan hat –, dann wüsste er, dass ich bereits in dieser Debatte die Studie des Landesamtes für Umwelt in Brandenburg vom November 2007 genannt habe, die genau dies ausgewiesen und erhoben hat und die Grundlage für den entsprechenden Erlass in Brandenburg war. Also, mein lieber Herr Günther, die Frage ist wissenschaftlich geklärt. Von daher brauchen Sie sich hier nicht weiter aufzuregen.

Das Problem hat der Herr Staatsminister jedoch ebenfalls nicht erkannt. Er hat auf die Frage 52 geantwortet, die Wissenschaft sei noch im Fluss. Nun sei ihm zugestanden, die Antwort war im Oktober und die Studie ist vom November, das heißt, sie kam einen Monat später. Aber wenigstens jetzt hat er bessere Erkenntnisse und kann deshalb den Schutzabstand regeln.

Ich möchte noch einmal kurz auf die Frage 56 eingehen, in der der europäische Brutvogelindikator CMEF angesprochen worden ist. Es ist durchaus richtig, was darauf geantwortet wurde: dass er für Sachsen nur mit Einschränkungen zu gebrauchen ist, da drei der 15 Indikatorvogelarten eben hier nicht brüten und weitere zwei Arten nicht so recht als Indikator für die Feldflur in Sachsen geeignet sind. Aber ich frage mich: Warum ist dieser sächsische Indikator immer noch erst in Vorbereitung? Denn die ELER-Förderperiode hat bereits 2007 begonnen.

Ebenfalls möchte ich Kritik an der Antwort auf Frage 59 üben. Wie bereits des Öfteren – mittlerweile einvernehm

lich – endgültig festgestellt, sind die Vögel der Agrarlandschaft sehr stark bedroht. Darauf weist die Datenanalyse im Entwicklungsprogramm im ländlichen Raum, EPLR, ausdrücklich hin. Dies belegen auch – ebenfalls schon oft vorgeführt – die Datenanalysen vom Verband Sächsischer Ornithologen, VSO, vom Dachverband Deutscher Avifaunisten, DDA, sowie von Birdlife International.

Ich kann an den aktuellen Aktivitäten der Staatsregierung nicht erkennen, dass etwas Entscheidendes zum Stopp des Artensterbens in der Agrarlandschaft getan wird. Ich habe Sie, Herr Staatsminister, gestern aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, meinetwegen auch gern im nächsten Plenum. Leider habe ich von Ihnen keine Antwort erhalten. Ich wiederhole meine Aufforderung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit dem Netzwerk „Natura 2000“ in Sachsen einen wichtigen Ansatz zum Erhalt der Artenvielfalt geschaffen. Doch gibt es noch einiges zu tun. Insbesondere müssen wir zumindest mit den gemeldeten FFH- und SPA-Gebieten sorgsamer umgehen und weniger Eingriffe zulassen. Das Wichtigste wäre aber vielleicht ein Mentalitätswechsel in der Regierung und in der Verwaltung. Herr Prof. Mannsfeld, ich gebe Ihnen gern recht, dieser Mentalitätswechsel muss natürlich auch in der sächsischen Bevölkerung Platz greifen.

Aber ich denke, das Wichtigste wäre, wenn diese Regierung und die ihr unterstehende Verwaltung das Naturerbe endlich als Chance und Aufgabe begreifen und nicht mehr nur als Belastung empfinden würden, wie es leider im Augenblick noch der Fall ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die erste Runde der Fraktionen. Gibt es noch weiteren Redebedarf? – Herr Dr. Müller von der NPD-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Sachsen betreffende entscheidende Datum für den „Natura 2000“-Prozess war bekanntlich der 7. Dezember 2004, als die EU-Kommission die seitens des Freistaates Sachsen 2003 gemeldeten FFHGebiete veröffentlichte. Für den Freistaat Sachsen besteht damit die Verpflichtung, so schnell wie möglich, aber spätestens bis zum 6. Dezember 2010, seine 270 FFHGebiete als besondere Schutzgebiete auszuweisen oder gleichwertig zu schützen.

Wie bereits gesagt, sollen die Gebiete so schnell wie möglich rechtlich abgesichert werden. Passiert ist bisher fast nichts. Gerade einmal zwei Gebiete wurden unter Schutz gestellt, bei dem viel gerühmten Vertragsnaturschutz komplette Fehlanzeige. Bisher wurde kein einziger Vertrag zum Schutz der Gebiete abgeschlossen. Wie zum Hohn wird von der Regierung dazu auch noch auf die gesetzlichen Bestimmungen im § 65 Abs. 6 des Naturschutzgesetzes verwiesen, wonach die Unterschutzstel

lung der FFH-Gebiete durch Rechtsverordnung erst nach dem 1. Januar 2009 möglich ist.

Meine Damen und Herren, das war ein Gesetz Ihrer Regierungskoalition, hinter dem Sie sich jetzt auch noch verstecken wollen, obwohl Sie es selbst beschlossen haben. Wenn wir der derzeitigen Linie der Staatsregierung weiter folgen, dann müssten im nächsten Jahr, beginnend innerhalb des Zeitraumes vom 2. Januar 2009 bis zum 6. Dezember 2010, die 270 Gebiete rechtlich abgesichert werden. Diese Zeit ist viel zu kurz, denn bisher ist faktisch nichts geschehen. Hinzu kommt, dass die Behörden durch die Umstrukturierung ohnehin mehr mit sich selbst beschäftigt sind, sodass bereits jetzt dringlicher Handlungsbedarf besteht.

Wir haben gerade einmal noch zweieinhalb Jahre Zeit bis 2010, um die Schutzgebiete zu erklären. Die Managementpläne werden seit 2004 erarbeitet und sollten eigentlich bis 2008 abgeschlossen sein. Darin sind die Erhaltungsziele und Umgrenzungen festgelegt. Man könnte problemlos parallel zur Festsetzung der Managementpläne jetzt schon beginnen, die Schutzgebiete festzuschreiben. Die dazu notwendigen Daten liegen vor, und es ist nicht einzusehen, warum wir hier bis zum 1. Januar 2009 warten sollen.

Im Zusammenhang mit den sogenannten Managementplänen möchte ich noch auf die völlig unzureichende Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereine bei deren Erarbeitung hinweisen. Die Managementpläne dienen der Vorbereitung von Schutzgebietserklärungen. Dabei ist es sinnvoll und notwendig, die anerkannten Vereine zu beteiligen. Auf der Regierungsbank wird oft darüber lamentiert, dass die Naturschutzvereine sehr oft klagen. Sie klagen aber im Regelfall nur dann, wenn sie nicht beteiligt waren. Bei einer ausreichenden Beteiligung hätte deren Klage außerdem keine Aussicht auf Erfolg. Es ist also im Interesse des Freistaates Sachsen, die Vereine zu beteiligen, um Klagen schon im Vorfeld zu vermeiden. In diesem Zusammenhang möchte ich den Naturschutzvereinen und den vielen ehrenamtlichen Naturschutzhelfern die Antwort des Ministers auf die Frage 37 der Großen Anfrage als Lektüre empfehlen. Ob es dann weniger Klagen gibt, werden wir sehen.

Ich möchte noch die Antwort des Ministers auf die Frage ansprechen, welcher Schutzgebietskategorie bei der Unterschutzstellung der FFH-Gebiete in Sachsen der Vorzug gegeben wird. Der Staatsminister erklärte dazu, der Gesetzgeber sehe dafür keine Priorisierung vor. Das ist zwar sachlich richtig; ich frage aber den Minister, was dann eigentlich die Aufgabe seines Hauses ist. Wenn die Unterschutzstellung fristgerecht erfolgen soll, dann sollte zumindest vorher klar sein, welches Gebiet welchen Schutzstatus erhalten soll. Dazu ist bisher keine Aussage getroffen worden. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass eine formelle Unterschutzstellung durch Verordnung gar nicht gewollt ist.

Zu guter Letzt möchte ich das Augenmerk aber auch noch einmal darauf lenken, dass die Ausweisung von FFH

Gebieten für die betroffenen Kommunen ein zweischneidiges Schwert ist. Für sie ist es natürlich positiv, wenn sie in einem Gebiet mit einer besonders vielfältigen und seltenen Naturausstattung liegen. Selbstverständlich haben die Kommunen auch erkannt, welche Vorteile eine intakte Natur für die Gemeinde, beispielsweise für den Tourismus, hat. Daher sind sie bestrebt, die Lebensräume von Flora und Fauna zu bewahren. Auf der anderen Seite wird die Ausweisung von „Natura 2000“-Gebieten auf ihrem Gemeindegebiet zu nicht unerheblichen Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten führen.

Ich möchte hier an das grundsätzliche Verschlechterungsverbot, an die obligatorische Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung für Projekte oder Pläne erinnern. Die Entwicklungsmöglichkeiten von Städten und Gemeinden können beispielsweise in Bezug auf die Bauleitplanung und die Verwirklichung von Straßenbauvorhaben empfindlich gestört oder verzögert werden. Oft scheitern die Vorhaben, weil die Auswirkungen auf ein FFH-Gebiet ohne Datengrundlage nicht bewertet werden können, oder das Risiko eines Verstoßes gegen geltendes Recht muss von den Kommunen in Kauf genommen werden. Gerade aus diesem Grund ist es notwendig, dass schnellstens klare Regelungen für den Schutzstatus der Gebiete geschaffen werden und die Managementplanung zügig zu Ende gebracht wird. Damit wird die Planungssicherheit für die Kommunen verbessert und letztlich auch deren Akzeptanz für das Netz „Natura 2000“ gestärkt.

Im Namen meiner Fraktion und im Interesse der Natur fordere ich den Minister auf, die bisherige Salamitaktik beim Aufbau des ökologischen Netzes „Natura 2000“ zu beenden, damit die Unterschutzstellung der Gebiete zügig und hoffentlich noch vor dem Jahr 2010 erfolgen kann.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch zu dem Entschließungsantrag der Linksfraktion kommen. Wir werden dem Antrag zustimmen; er wird aber grundsätzlich an der ganzen Problematik nichts ändern. Wir denken, wenn man das Naturschutzgesetz im § 65 Abs. 6 nimmt, ist dieser der bremsende Faktor in dem ganzen Geschehen. Meine Fraktion wird im Mai einen Gesetzentwurf vorlegen, um diesen § 65 Abs. 6 Naturschutzgesetz zu streichen. Dann haben wir wenigstens die Zeit von Mitte dieses Jahres bis zum 1. Januar 2009 gewonnen, was eine Beschleunigung des gesamten Verfahrens bringen kann.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es weiteren Diskussionsbedarf? – Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Wöller, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! „Wenn einer, der mit Mühe kaum geklettert ist auf einen

Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär’, so irrt sich der.“ – So weit Wilhelm Busch.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion! Wenn Sie meinen, allein mit Großen Anfragen den Naturschutz in Sachsen voranzutreiben, so irren Sie sich. Sie irren sich ebenso, wenn Sie Erfolg oder Misserfolg beim Aufbau des Netzes „Natura 2000“ allein am Stand der Ausweisung als besondere Schutzgebiete messen wollen. Die Ausweisung von Schutzgebieten ist ein formaler Rechtsakt. Völlig unabhängig davon unterliegen FFHGebiete mit ihrer Meldung automatisch dem Schutzregime der FFH-Richtlinie. FFH-Verträglichkeitsprüfung und Managementplanung sind seit Jahren erprobte Instrumente, um den Zustand der FFH-Lebensraumtypen und -arten zu erhalten und zu verbessern.

(Elke Altmann, Linksfraktion: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)