Die Deutsche Stiftung Organspende hat ein Fortbildungsprojekt „Initiative Schulunterricht“ gestartet, und in diesem Jahr wird dazu der Druck von Informationsmaterial begonnen. Ich hoffe, dass die Staatsregierung solche und ähnliche Projekte unterstützen wird.
Außerdem müssen wir uns überlegen, wie wir die Menschen besser für diese Entscheidung „Pro oder kontra Organspende“ erreichen können. Für viele ist diese Entscheidung mit dem Tod verbunden und damit weit weg, doch schon morgen kann sie für jeden von uns Realität werden. Das bloße Auslegen von Organspenderausweisen genügt offenbar nicht; aber es könnte bei verschiedenen Anlässen darauf hingewiesen werden, dass es sie gibt, und damit könnte maßgeblich zur Willensbildung beigetragen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Menschen warten auf ein Spenderorgan. Unterstützen wir die Arbeit der Krankenhäuser, der Deutschen Stiftung Organspende und der vielen Ehrenamtlichen! – In der zweiten Runde werde ich auf Blut- und Gewebespenden eingehen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordneten! Zwei sehr sensible, ethisch schwierige, aber menschlich lebenswichtige Themen, die man nicht unmittelbar gleichsetzen kann: einerseits die Organspende, andererseits die Blutspende.
Lassen Sie mich meine Ausführungen mit einer Geschichte aus dem wahren Leben beginnen. Stellen Sie sich vor – möge es Ihnen nie passieren! –: Ihr Telefon klingelt und Sie erhalten die Mitteilung, dass Ihr Kind soeben schwer verunglückt ist. Sie fahren in die Klinik, aber Ihr Kind hat es nicht geschafft. Der Gesamthirntod wurde festgestellt.
Im gleichen Atemzug werden Sie vom Arzt gefragt, ob Sie die Möglichkeit einer Organspende in Betracht ziehen. Ihr Ehepartner/Ihre Ehepartnerin steht nicht an Ihrer Seite, weil sie auf Dienstreise sind, und Sie müssen als Elternteil vollkommen allein entscheiden. In diesem Fall betraf es die Mutter, die ich kenne. Sie gab ihren Sohn für die Organspende frei. Jahre danach denkt sie immer wieder darüber nach: War es richtig?, und sie kommt stets zum gleichen Ergebnis – das hat sie mir erneut gesagt –: Ja. Der feste Glaube, dass durch die Organspende ihres Sohnes anderen Menschen das Leben gerettet wurde, gibt ihr diese enorme Kraft, den wahnsinnigen Schmerz über den Verlust ihres eigenen Kindes zu überwinden.
Meine Damen und Herren! Organspende ist für Tausende von Menschen in jedem Jahr der Beginn eines zweiten Lebens. Menschen, die eine Spenderniere erhalten, feiern den Tag der Erlösung von der Dialysebehandlung. Andere wiederum können an Lebensqualität durch die Organ- oder Gewebetransplantation gewinnen, weil sie zum Beispiel durch das Spenden von Augenhornhaut ihre Sehkraft zurückerhalten. All diese Menschen sind voller Dank, doch sie wissen, dass sie dieses Glück der Spendenbereitschaft anderer Menschen zu verdanken haben – oftmals Menschen, die verstorben sind. Dieser enge Zusammenhang von Leben und Tod hebt das Thema Organspende über rein medizinische Gesichtspunkte hinaus und verlangt ein hohes Maß an ethischen Kriterien. Es fordert letztlich jeden Menschen dazu auf, eine absolut persönliche Entscheidung treffen zu müssen.
Werben, appellieren, aufklären, sprechen – das ist unsere Aufgabe. Die Vernunft und Einsicht jedes einzelnen Menschen für eine Organspende ist gefragt. Die Scheu vor der Auseinandersetzung mit dem Thema Tod müssen wir den Menschen nehmen und vielleicht selbst auch überwinden.
Viele Bundesbürger stehen der Organspende laut einer Umfrage positiv gegenüber. Über die Hälfte sind es immerhin, die sich bereit erklären würden, nach dem Tod zu spenden. Aber leider fixieren nicht einmal 10 % der Menschen ihren Willen schriftlich. Hinzu kommt, dass die Angehörigen oftmals den Willen des Verstorbenen nicht kennen. Auch Vermutungen, dass mit Organen ein krimineller Handel getrieben wird, oder die Furcht vor nicht rechtmäßigen Organvergaben halten Menschen von der Bereitschaft zur Organspende zurück.
Immerhin: Mehr als 12 000 schwerkranke Deutsche, deren Lunge, Herz, Leber oder Nieren den Dienst zu versagen drohen, warten jährlich auf ein Spenderorgan. Sie stehen auf der Warteliste der Zentralen Verteilerstelle Eurotransplant mit Sitz in Leiden in den Niederlanden. – In der zweiten Runde werde ich dies gern weiter ausführen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ein Dank an die Fraktion der FDP, dass sie dieses sensible Thema in den Landtag holt. Es ist insoweit aktuell, als jährlich zum ersten Samstag im Juni 1982 bundesweit der Tag der Organspende durchgeführt wird.
Wir sollten die Selbsthilfegruppen, die Institutionen und die Deutsche Stiftung für Organtransplantation unterstützen, wenn sie Informationsveranstaltungen durchführen, um Menschen zu sensibilisieren, über das Thema der Organspende nachzudenken; denn die gesellschaftliche Akzeptanz der Organspende und der Transplantation ist eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen.
Nach wie vor ist der Umgang mit dem Tod und dem Sterben ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Auch die Ärzte, Schwestern und Pfleger befinden sich in einem Spannungsfeld, einerseits einen Patienten zu verlieren und andererseits mit dem Tod eines Patienten nahezu gleichzeitig – Frau Strempel hat das eindrucksvoll geschildert – einem anderen das Leben zu retten.
Ja, eine umfassende Aufklärung ist notwendig, um an möglichst viele Menschen heranzukommen, sie für dieses Thema zu sensibilisieren und ihre Bereitschaft zur eigenen Organspende zu fördern. In erster Linie sind es die informierten und aufgeklärten Menschen, die einer Organspende zustimmen.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. JörgDietrich Hoppe, sagte zum diesjährigen Tag der Organspende: „So wie jeder von uns froh wäre, bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung durch eine Organspende weiterleben zu können, so sollte jeder mit einem Organspenderausweis dazu beitragen, das Leben anderer Menschen zu retten.“
Jeder sollte sich fragen, ob er nach seinem Tod einem anderen Menschen helfen will, weiterzuleben. Die Organspenderausweise und die Klappkarten, die es dazu gibt, sind sehr informativ. Darauf steht: Derzeit können folgende Organe und Gewebe nach dem Tod gespendet und übertragen werden: Herz, Lunge, Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Darm und Teile der Haut sowie die Hornhaut der Augen, Gehörknöchelchen, Herzklappen und Teile der Blutgefäße, der Hirnhaut, des Knochen- und Knorpelgewebes und der Sehnen. Im Zuge des medizinischen Fortschritts werden zunehmend Arzneimittel bedeutsam, die aus gespendeten Geweben hergestellt werden.
Weiterhin steht dort: Eine feste Altersgrenze für eine Organ- und Gewebespende gibt es nicht. Ob gespendete Organe und Gewebe für eine Transplantation geeignet sind, ist im Todesfall medizinisch zu beurteilen. Das Alter des Spenders ist dabei nicht wichtig, sondern das biologische Alter seiner Organe und Gewebe. Es ist also nicht erforderlich, sich jetzt untersuchen zu lassen, wenn man nach dem Tode Organe und Gewebe spenden will.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich in meinem Redebeitrag auf die Organspende konzentrieren. Natürlich sind die Probleme beim Blutspenden ähnlich, aber sie sind ganz anderer Natur.
Die Organspende ist durch ihre Nähe zum Tod nicht mit der Blutspende vergleichbar. Wir sehen bei Letzterer auch nicht die Engpässe, die zum Beispiel bei der Organspende auftreten, jedenfalls nicht in dem Maße.
Auch wenn meine Kollegin von der FDP erklärte, dass wir in Sachsen einen Rückgang bei Spenderorganen hatten, so haben wir doch in Deutschland einen Anstieg, und zwar waren es 2007 54 mehr Organspender als 2006, also 4,3 %. Wir haben es hierbei mit relativ geringen Zahlen zu tun. Sie hatten es schon gesagt: 12 000 werden jährlich gebraucht. Im Osten haben wir ein immer noch etwas günstigeres Verhältnis mit 19 Spendern pro eine Million Einwohner als im Bundesdurchschnitt mit etwa 16.
Implantierte Organe und Gewebeteile können nicht beliebig lange im Körper bleiben und ihren Dienst tun. So brauchen zum Beispiel Kranke mit einer transplantierten Niere nach etwa zehn bis 14 Jahren eine neue Niere, wenn sie in relativ jungen Jahren eine solche Transplantation hatten. Das zeigt die Dynamik, die in diesem Bereich enthalten ist. Laut Antwort der Staatsregierung sterben allein in Sachsen etwa 50 Patienten pro Jahr, weil sie das Spenderorgan nicht rechtzeitig erhalten haben.
Insgesamt ist die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zur Organspende in Deutschland positiv – die Zahlen wurden genannt –, aber, wie bereits erwähnt, es gibt eine große Lücke zwischen der allgemeinen Willenserklärung und der tatsächlichen Bereitschaft, diesen Willen in einem entsprechenden Dokument zu begründen. Angehörige haben dann das Problem – auch das wurde angedeutet –, dass sie nicht so recht wissen, wie sie damit umgehen sollen, und stellen sich die Frage, wie derjenige entschieden haben würde, für den sie jetzt entscheiden sollen. Das Beispiel von Frau Strempel dazu war sehr eindrucksvoll. Diese Situation kann uns, wenn das nicht geklärt ist, wenig befriedigen.
Das Spenden von Organen ist in Deutschland nach dem Tode nur möglich, wenn eine Zustimmung vorliegt. In den meisten europäischen Ländern gilt die sogenannte Widerspruchsregelung, bei der die Organspende nur dann nicht vorgenommen wird, wenn ein ausdrücklicher Widerspruch kundgetan wurde. Die Zustimmungsregelung, die ich für richtig halte, verlangt von uns allen enorme Anstrengungen. Wir müssen informieren, aufklä
ren und für Organspenden werben. Meine Vorredner haben das getan und auch ich will das hiermit tun. Wer es noch nicht gesehen haben sollte: Auf meinem Platz liegen entsprechende Karten bereit, die man wegnehmen darf.
Organspende ist ein Zeichen gegenseitiger Solidarität. Jeder Mensch kann durch eine schwere Krankheit in die Lage kommen, auf eine lebensrettende Transplantation angewiesen zu sein. Umfragen zeigen, dass – wie meine Vorredner sagten – dabei der Informationsgrad eine wichtige Rolle spielt. Wir haben die Aufgabe, Unsicherheiten und Ängste der Menschen beiseitezuräumen. Die Ängste haben ihre Ursache in zutiefst menschlichen Problemen; denn wo Menschen am Werk sind, gibt es auch Kriminalität.
Aber: Durch das Transplantationsgesetz hat die Organspende einen sicheren Rahmen erhalten. Laut Auskunft der Staatsregierung ist es bis heute zu keinem kriminellen Organhandel in dem Bereich, den wir überblicken können, gekommen. Auch wenn es immer mal Filme im Kino gibt, die uns andere Welten zeigen, und dann die bösen Worte fallen vom „Ersatzteillager“ und Ähnliches, was richtig negativ besetzt ist, so ist das europaweite Transplantationsnetz doch ein wahrer Segen für die Menschen, die Organe brauchen. Das soll auch so bleiben. Ein Spenderaufkommen nur in Deutschland würde nur wenigen Menschen helfen.
Unser Transplantationsgesetz regelt die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen. Das Ausführungsgesetz in Sachsen regelt darüber hinaus die Bestellung von Transplantationsbeauftragten und bestimmt Stellen, die insbesondere für die Aufklärung der Bevölkerung zuständig sind.
Um nicht nur über dieses wichtige Thema zu diskutieren, hat die Koalition einen eigenen Antrag vorbereitet, der nochmals auf die Arbeit der Transplantationsbeauftragten eingeht. Diese Transplantationsbeauftragten brauchen unsere besondere Unterstützung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass hier vonseiten der Freien Demokraten ein wichtiges Thema in den Mittelpunkt der Plenarsitzung gerückt wird, welches sich nicht für parteipolitische Zwecke missbrauchen lässt. Es ist überdies ein Thema, bei dem kaum Meinungsunterschiede zwischen den einzelnen Fraktionen auftauchen dürften, ein Thema, bei dem im besten Sinne des Wortes gemeinsam überlegt werden sollte, wie man das Bewusstsein für die Problematik in Sachsen schärfen und die Bereitschaft der Menschen zur Spende von Organen und Blut fördern kann.
Eines steht fest – das zeigen die Statistiken –: Trotz der zahlreichen Blutspendeaufrufe fehlen in Deutschland und
selbst in Sachsen Blutkonserven. Von Organspenden will ich gar nicht erst reden. Das, was hier aus meiner Sicht thematisiert werden muss, ist, wie man dieses Manko beheben oder zumindest abmildern kann.
Aus meiner Sicht sollten hier das öffentlich-rechtliche Fernsehen und der Rundfunk verstärkt und vor allem zu den besten Sendezeiten benutzt werden, um auf dieses Problem hinzuweisen. Steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Dies ist keine Werbung im klassischen Sinne. Sie macht manchen klassischen Werbebeitrag überflüssig und würde den Menschen sinnvolle Dinge vermitteln.
Neben dem Spendenaufruf an sich erscheint mir allerdings wichtig, vor allem darauf zu verweisen, wie schnell man selbst oder enge Angehörige und Freunde faktisch aus heiterem Himmel, zum Beispiel durch einen Unfall, in die Situation kommen können, Blutspenden oder andere Organe zu benötigen, und wie froh dann jeder Einzelne ist, wenn diese kurzfristig verfügbar sind.
Das wesentlich komplexere Problem als die Blutspende ist dabei wohl die Spende anderer Organe wie Nieren, Herz, Lunge, Leber, was bis auf wenige Ausnahmen Spenden nach dem eigenen Tod wären. Hier ist der Aufklärungsbedarf ungleich größer, vor allem sind dabei auch ethische und religiöse Widerstände und auch Ängste hinsichtlich krimineller Organentnahmen zu überwinden. Die Wartezeiten für Spenderorgane sind nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Viele Patienten warten über Jahre, und mancher Patient verstirbt, bevor die rettende Transplantation vorgenommen werden kann.
Dies ist umso tragischer, als die moderne Medizin heute eine immer größere Bandbreite von Krankheiten durch Transplantationen kurieren könnte als noch vor Jahren oder Jahrzehnten. Gerade hier, wo geholfen werden könnte, wirkt sich der Mangel an Organen für den Transplantationsarzt besonders dramatisch aus, weil die Patienten oft zuvor versterben. Das Paradoxe an der Situation ist vor allem, dass viele Menschen keine grundsätzlichen Einwände haben, wenn ihnen nach dem Tod Organe entnommen würden, sich aber – aus welchen Gründen auch immer – keinen Organspenderausweis ausstellen.
Es würde aus meiner Sicht im Rahmen einer Aktuellen Stunde zu weit führen, wollte man die ganze Bandbreite moralischer, medizinischer und rechtlicher Fragen einer Lebend- wie auch Todspende wirklich verantwortungsvoll und erschöpfend debattieren. Es darf aber aus meiner Sicht nicht dazu kommen, dass ohne dokumentierte Einwilligung des Betreffenden zum Beispiel durch einen Organspenderausweis Organe und Gewebe eines Toten durch Gesetz entnommen würden. Medizinisch wäre dies zwar begrüßenswert, ethisch ist es aber wohl nicht zu verantworten. Die Individualentscheidung muss in einer so wichtigen Frage stets Priorität haben.