Protokoll der Sitzung vom 09.07.2008

Ja, bitte.

Herr Staatsminister Buttolo, Sie waren bei der Anhörung nicht anwesend – sicherlich aus guten Gründen. Ich denke aber, Sie haben das Protokoll gelesen. Können Sie meinen Eindruck bestätigen, dass zwar einige Bedenken verfassungsrechtlicher Art gekommen sind, aber der hier vorliegende Änderungsantrag der Fraktion der Linken, Drucksache 4/12833, exakt diese Bedenken wieder zurücknimmt? Zum Beispiel streichen wir den kritisierten § 86 Abs. 7. Das war solch ein Bedenken. Diesen nehmen wir in unserem Änderungsantrag ausdrücklich wieder zurück. Damit wären die verfassungsrechtlichen Bedenken, so sie denn tatsächlich bestanden hätten, mit dem Änderungsantrag obsolet.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehen Sie, sehen Sie!)

Diese Position, Herr Dr. Friedrich, kann ich nicht vertreten. Im Ausschuss hatten wir davon gesprochen, dass es darüber hinaus durchaus verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Einerseits ist unklar, in welchem Verhältnis die allgemeine Regelung der Allzuständigkeit im § 76 des Gesetzentwurfes zu den nachfolgend aufgeführten und nicht abschließenden Beteiligungsrechten steht. Andererseits fehlen Regelungen zum Einigungsstellenverfahren, wenn auf die allgemeine Regelung zurückgegriffen werden soll.

(Dr. Martin Gillo, CDU: Ganz genau!)

Dieser verfassungsrechtlich unklare und bedenkliche Ausgangspunkt des Gesetzentwurfes bietet den Beschäftigten keine Rechtssicherheit.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Wo sind denn Ihre Vorschläge?)

Wir sprechen heute nicht über Vorschläge der Koalition, sondern über Ihren Gesetzentwurf; und dazu lege ich Ihnen meine Position dar, Herr Tischendorf.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Wenn man nichts hat, kann man darüber nicht reden!)

Von einem modernen, den aktuellen Anforderungen gerecht werdenden Personalvertretungsrecht kann aus meiner Sicht keine Rede sein, wenn die verfassungsrichterlichen Rechtsprechungen nicht berücksichtigt werden. Auch die Änderungsanträge können diese Fragen aus meiner Sicht nicht klären.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zum Gesetzentwurf beendet. Vor der Einzelberatung frage ich die Berichterstatterin des Ausschusses, ob das Wort gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, dass wir entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 unserer Geschäftsordnung über den Gesetzentwurf artikelweise beraten und abstimmen. Wenn es keine anderen Vorschläge gibt, verfahren wir so.

Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes, Drucksache 4/10952, Gesetzentwurf der Linksfraktion. Wir stimmen zunächst über die Überschrift ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Überschrift nicht gefolgt worden.

Ich rufe Artikel 1 auf, und zwar den Eingangssatz. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Linksfraktion. Herr Dr. Friedrich, hatten Sie diesen schon eingebracht? – Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Interesse des Zeitablaufes gestatte ich mir, innerhalb der vorgeschriebenen drei Minuten sämtliche Änderungsanträge komplex vorzustellen, und zwar nur die materiellen, nicht die redaktionellen Änderungen. Wie es erwartet werden kann, haben wir die Anregungen und Kritiken aus der Sachverständigenanhörung – zumindest die wesentlichen – aufgegriffen.

Herr Staatsminister Buttolo, Sie haben eben nicht recht. Alle anwesenden Verfassungsrechtler haben bestätigt, dass das Demokratieprinzip und auch der Amtsauftrag, den Sie angeblich verletzt sehen, gerade nicht verletzt sind, mit einer einzigen Ausnahme; ich hatte das bereits genannt: Diese inkriminierte Regelung haben wir mit dem vorliegenden Änderungsantrag eindeutig zurückgenommen. Sie ist also gar nicht mehr gegenständlich. Deshalb war Ihre Rede, Herr Dr. Buttolo, vorhin einfach nicht zur Sache. Es tut mir leid, das so glasklar sagen zu müssen.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Weiterhin haben wir die Anregungen der GEW aufgenommen und darauf verzichtet, die verschiedenen Fach

gruppen in der Lehrerschaft bei den Personalräten einzuführen. Wir haben das gemacht, was Kollege Brangs vorhin vorgeschlagen hat: Wir haben die Beschäftigtengruppen maßvoll ausgeweitet. Wir haben einen neuen Dienststellenrechtsbegriff eingeführt. Wir hatten das Diskriminierungsmerkmal der Behinderung – es gibt einen ähnlichen Änderungsantrag von den GRÜNEN – schlichtweg vergessen. Das haben wir nachträglich aufgenommen, so wie es die GRÜNEN vorgeschlagen haben. Bei der letzten materiellen Änderung geht es um das Initiativrecht. Da sind wir über das Ziel etwas hinausgeschossen, denn wir hatten auch individuelle Rechte der Beschäftigten drin. Dafür ist das Personalvertretungsrecht nicht da. Das haben wir wieder gestrichen.

Das sind die materiellen Änderungen, die wir vorgenommen haben. Frau Präsidentin, vielleicht kann man über den Änderungsantrag in Gänze abstimmen. Man muss sicher nicht über jede einzelne Änderung abstimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Jetzt überlege ich, wie wir das machen. Es gibt ja auch noch andere Änderungsanträge. Wir können das tun und auch über die Änderungsanträge der GRÜNEN in Gänze abstimmen. Ich gebe das Rederecht jetzt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, um die Änderungsanträge einzubringen. Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich würde auch gern unsere Änderungsanträge im Komplex vorstellen und habe nichts dagegen, wenn wir über sie im Komplex abstimmen. Trotz des guten Ansatzes sehen wir Änderungsbedarf.

Wir wollen Mitbestimmung für alle und durch alle Beschäftigten, auch der nebenberuflich und in Teilzeit Beschäftigten. Wenn jemand auch nur zehn Stunden pro Woche in der Dienststelle beschäftigt ist, muss er oder sie sich an eine Personalvertretung wenden können, wenn es Probleme gibt, zum Beispiel wenn er oder sie kurzfristig abgefragt werden oder Urlaubszeit verweigert wird.

(Unruhe im Saal)

Zweitens treten wir für einen abschließenden Katalog der Mitbestimmungstatbestände ein. Das ist die hier viel besprochene Allzuständigkeit. Diese wollen wir im Interesse der Klarheit abschaffen. Stattdessen sehen wir einen umfassenden und abschließenden Katalog der Mitbestimmungstatbestände vor; denn so ist für alle Seiten absehbar, wann der Personalrat tätig wird. Das schafft Rechtssicherheit und klare Verhandlungspositionen.

(Anhaltende Unruhe)

Drittens zur Frage der Geschlechterdemokratie. Nach unserer Auffassung stellt sich die Frage, wie sich die Gleichstellung von Frauen und Männern der öffentlichen Verwaltung besser verwirklichen lässt; denn die letzten

Zahlen, insbesondere der letzte Frauenförderbericht, zeigen, dass gerade in der öffentlichen Verwaltung noch viel zu tun ist.

Hierzu schlagen wir vor – vielen Dank, dass ich etwas Aufmerksamkeit bekomme; es ist gerade sehr unruhig –, dass in den Personalräten mindestens der Anteil von Frauen und Männern vorhanden sein muss, der in der Minderzahl bei den Beschäftigten vorhanden ist. Zudem nehmen wir bei den Diskriminierungstatbeständen das Merkmal der Diskriminierung auf. Herr Dr. Friedrich hat bereits darauf hingewiesen. Schließlich lassen wir eine positive Diskriminierung, etwa durch Frauenförderpläne, ausdrücklich zu.

Viertens sehen wir GRÜNE in einer Verlängerung der Wahlperiode des Personalrates von vier auf fünf Jahre keinen Gewinn für die Beschäftigten. Wenn die Beschäftigten zufrieden sind, dann können sie ihre Personalvertretung wiederwählen, und wenn nicht, dann sollen sie sie auch abwählen können. Ich habe mich sehr gefreut, dass dies auch Sachverständige der Gewerkschaft so erklärt haben. Ich gehe davon aus, dass mit einer Verlängerung der Wahlperiode die Rechte der Beschäftigten, ihre Personalvertretung turnusmäßig neu zu wählen, verkürzt werden. Deshalb wollen wir bei den vier Jahren bleiben, obwohl die Linksfraktion dies auf fünf Jahre heraufsetzen will.

Das sind unsere Änderungsvorschläge. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es wurde vorgeschlagen, dass wir über die Änderungsanträge der beiden Fraktionen insgesamt abstimmen können. Ich rufe zunächst die Drucksache 4/12833 auf. Das sind die Änderungsanträge der Linksfraktion. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Drucksache 4/12833 mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe die Änderungsanträge der Fraktion GRÜNE mit in Drucksache 4/1283 auf 1. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist dennoch den Vorschlägen der Drucksache nicht gefolgt.

Demzufolge stimmen wir jetzt über den Gesetzentwurf in der Ursprungsfassung, so wie eingereicht, ab, und zwar über die Artikel 1 und 2. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden. Da keiner Passage zugestimmt wurde, erübrigen sich die Gesamtabstimmung und die 3. Lesung.

Damit beenden wir den Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

2. und 3. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes

Drucksache 4/12247, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Drucksache 4/12731, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge: zunächst die einreichenden Fraktionen und danach wie gewohnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie um etwas Ruhe. Es ist im Saal sehr unruhig.

Prof. Dr. Karl Mannsfeld: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ende Mai haben die Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf zur Ergänzung des Naturschutzgesetzes eingebracht, den wir heute nun in abschließender Beratung behandeln möchten.

Die Erweiterung des Härtefallausgleichs im § 38 Naturschutzgesetz um den Tatbestand einer Förderung von Privatpersonen für gegebenenfalls erlittene Schäden am privaten Tierbestand durch Wölfe war ein wichtiges Anliegen, um einerseits eine Gleichbehandlung mit gewerblichen Haltern zu erreichen und andererseits für mehr Akzeptanz und weniger Aufgeregtheit in der Region zu sorgen.

Der zuständige Ausschuss hat dazu die acht anerkannten Naturschutzverbände – sieben davon, bis auf den BUND, haben geantwortet –, aber auch Nutzerverbände wie den Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband, den Landesbauernverband und die kommunalen Spitzenverbände schriftlich angehört. All jene Verbände, denen es um den Schutz des Wolfes und die Rechtssicherheit für die Öffentlichkeit geht, haben quasi unisono positiv und unterstützend geantwortet. Das findet verbal seinen Ausdruck in Formulierungen, wonach sie volle Zustimmung, voll umfängliche Befürwortung oder uneingeschränkte Zustimmung geben. Kritisch und ablehnend haben sich hingegen jene Interessenvertretungen geäußert, denen es weniger um den eigentlichen Gegenstand der Gesetzesnovelle als vielmehr um vordergründige Eigeninteressen ging.