Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Zusammengefasst: Nicht mehr Frauen, nicht mehr Männer, sondern mehr Professionelle, kurz: Profis in die Aufsichtsräte; das sollte unser Motto sein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Wer darf von der Staatsregierung sprechen? – Herr Minister Buttolo, bitte.

(Beifall und Heiterkeit bei den Fraktionen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, für die Staatsregierung zu sprechen. Werte Frau Präsidentin! Ich vertrete heute Frau Orosz. Frau Werner, ich weiß, dass Sie enttäuscht sind. Sie wollten Herrn Jurk hier sehen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Jurk hätte das hier auch sehr gern übernommen. Er wollte unbedingt sagen, drei von seinen sechs Abteilungsleitern sind Frauen. Aber, Herr Jurk, ich habe jetzt etwas gut bei Ihnen.

(Allgemeine Heiterkeit)

§ 15 Sächsisches Frauenförderungsgesetz schreibt fest, dass Dienststellen bei der Besetzung von Gremien, für die sie ein Entsendungs-, Bestellungs- oder Vorschlagsrecht haben, auf eine gleiche Beteiligung von Frauen und Männern hinzuwirken haben. Zu diesen Gremien gehören auch Aufsichtsräte. Ziel dieser Regelung ist die Teilhabe der Frauen an wesentlichen Entscheidungsprozessen in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Auf diese Weise können vielfältige Potenziale der Frauen genutzt, Demokratie und Wirtschaftskraft gestärkt und Chancengleichheit praktisch durchgesetzt werden.

Der gesetzlichen Vorgabe ist der Staatsregierung in der Vergangenheit bereits engagiert nachgekommen; dennoch besteht auch zukünftig Handlungsbedarf, da Frauen auch bei den Aufsichtsratsmandaten immer noch deutlich unterrepräsentiert sind. Ein paar Zahlen dazu.

Der Dritte Frauenförderungsbericht hat ergeben, dass im Juni 2005 rund ein Drittel aller Gremienbesetzungen im Einflussbereich des Freistaates zugunsten von Frauen vorgenommen wurden. Für insgesamt 422 Gremien waren zu diesem Zeitpunkt 610 Männer und 302 Frauen entsandt, bestellt oder vorgeschlagen worden. Die Unterrepräsentanz von Frauen in den Gremien ist keine Folge des Mangels an fachlich qualifizierten Frauen. Ursache dürfte vielmehr die immer noch bestehende Unterrepräsentanz von Frauen in obersten Leitungsfunktionen sein, denn Leitungsfunktionen und Fachkompetenz bilden die wesentlichen Voraussetzungen für die Entsendung in Gremien, insbesondere in Aufsichtsräte.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Dann fördert doch einmal die Frauen!)

Laut Frauenförderungsstatistik 2007 lag der Frauenanteil im Bereich der obersten Leitungsfunktionen – das sind zum Beispiel Abteilungsleiterstellen – im Landesbereich erfreulicherweise schon bei insgesamt 43,6 %, wobei der Anteil der Beamtinnen auf dieser Ebene mit insgesamt 31,8 % noch zu niedrig ist. Dabei erklärt sich die Bilanz auch aus dem hohen Frauenanteil im Geschäftsbereich des Kultusministeriums.

Ziel der Staatsregierung ist und bleibt die weitere Steigerung des Frauenanteils in obersten Leitungsfunktionen in allen Ressorts als eine wesentliche Voraussetzung für die Erhöhung des Frauenanteils in Gremien. Die Staatsregierung wirkt auf verschiedene Weise auf die Erhöhung des

Frauenanteils in Führungspositionen hin. Exemplarisch genannt seien vielfältige Fortbildungsangebote für Führungskräfte, die überwiegend von Frauen in Anspruch genommen werden, Personalentwicklung durch die Erstellung und Nutzung von Frauenförderplänen, regelmäßige Mitarbeitergespräche oder die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beispielsweise durch Flexibilisierung von Arbeitszeiten.

Daneben hat das Sozialministerium im Schreiben an die Ressorts sowohl im vergangenen als auch in diesem Jahr auf die Notwendigkeit der Umsetzung des Frauenförderungsgesetzes einschließlich der Gremienbesetzung hingewiesen und in diesem Rahmen praktische Hinweise zur geschlechterparitätischen Gremienbesetzung gegeben.

Damit komme ich zum Punkt 2 des Antrages. Die Einrichtung einer externen Expertinnendatenbank für die vom Freistaat Sachsen zu besetzenden Aufsichtsratsmandate wird zu prüfen sein. Der Staatsregierung sind die Einrichtungen anderer EU-Staaten, die Datenbank für die Besetzung von Aufsichtsräten durch qualifizierte Frauen bekannt. Die daraus resultierenden Erfahrungen werden in die Überlegungen für den zukünftigen Novellierungsbedarf des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes einbezogen.

Dabei ist es aber auch wichtig, dass wir unseren eigenen Weg suchen und finden. Allein die technische Bereitstellung wird nach meiner Überzeugung noch nicht zum Erfolg führen. Eine Verbesserung des Frauenanteils durch die Einrichtung und Nutzung einer Expertinnendatenbank halte ich nicht per se für Erfolg versprechend; im Gegenteil, eine solche Einrichtung kann schnell zur Begründung dafür werden, warum sich der Frauenanteil nicht erhöht hat: Es haben sich zu wenig Frauen in die Datenbank eingetragen.

Der Ansatz der Staatsregierung geht tiefer, wie ich es im ersten Teil aufgezeigt habe. Unser Ziel ist nicht, Frauen in die Datenbank, sondern: Frauen gleichberechtigt in Aufsichtsräte. In diesem Sinne wird sich das Sozialministerium auch weiterhin für die konsequente Anwendung des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes im Hinblick auf die Besetzung von Aufsichtsratsposten im Freistaat Sachsen einsetzen.

Ob mit oder ohne Datenbank, möchte ich von dieser Stelle an die Frauen – natürlich im Auftrag von Ministerin Orosz – appellieren: Stellen Sie Ihr Wissen zur Verfügung! Zeigen Sie Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung in den Gremien!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Es gibt noch ein Schlusswort; Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Buttolo, ein Drittel aller Unternehmer in Sachsen ist weiblich – ein ganzes

Drittel! Und Sie bekommen magere 4 % weiblichen ökonomischen Sachverstand in die Aufsichtsräte hinein. Da ist selbst die FDP besser, die mit einer Frau auf sieben Abgeordnete immerhin 14 % weiblichen Sachverstand in ihrer Fraktion hat.

Befördern Sie die Frauen! Befördern Sie sie zum Referatsleiter, zum Abteilungsleiter, machen Sie es – wie Sie es bei Herrn Jurk gelobt haben – auch in den anderen Ministerien! Zeigen Sie, dass die Frauen Ihnen etwas wert sind, und meinen Sie das ernst!

(Beifall der Abg. Heike Werner, Linksfraktion)

Wir werden über die Novelle noch sprechen. Aber, Frau Pfeiffer, was Sie mir angeboten haben – ich dachte, ich werd’ nicht wieder, also wirklich!

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Aufsichtsrat Familienunternehmen – ich weiß ja, dass ganze Heerscharen konservativer Frauen darauf abfahren, seitdem es diesen Werbespot über die Bank gegeben hat und die Frau, die einen Kredit wollte, vom Familienunternehmen sprach. Aber wissen Sie, mein Mann und mein Sohn gucken auch immer ganz frech unter dem Pantoffel hervor, unter dem Sie die beiden offensichtlich wähnen.

(Heiterkeit)

Aber das ist hier nicht das Thema – Sie haben das Thema verfehlt. Frauen erwerben engagiert Bildung, sind hoch qualifiziert, wollen Verantwortung übernehmen, und sie sollen Ihrer Meinung nach offensichtlich am Herd die

Schwarzwurzel aus dem Quadrat des Haushaltsgeldes ziehen.

(Heiterkeit – Unruhe)

Wissen Sie, natürlich wollen Frauen nicht so sein wie Männer; das hat ja auch keiner verlangt. Das geht auch in Ordnung. Ich will auch nicht sein wie Männer – ich habe deutlich mehr Ehrgeiz!

Vielen Dank.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir legen jetzt unseren Ehrgeiz in die Abstimmung.

(Anhaltende Heiterkeit und Unruhe)

Ich rufe die Drucksache 4/12060 auf und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir haben unser Tagespensum geschafft. Wir sehen uns morgen früh wieder. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Feierabend.