Ich zitiere: „Eine ordentliche und gewissenhafte Überwachung bedingt, dass das Aufsichtsratsmitglied über die zur Amtsausführung erforderliche Zeit verfügt, um mit der gebotenen Sorgfalt und dem notwendigen Engagement den Pflichten nachkommen zu können. Ist diese Zeit nicht verfügbar, ist von der Übernahme des Mandats abzuraten. Ergibt sich eine für die Amtsausübung schädliche Überlastung, muss das Mitglied den Rücktritt erwägen.“
Was den Kommunen angeraten wird, gilt offensichtlich für die Landesebene selbst nicht. Hier scheint nicht nur der Tag mehr als 24 Stunden zu haben, sondern die Staatsregierung lebt im Prinzip auch noch in einer ganz anderen Zeit, nämlich in der, als Frauen der Zugang zur Politik verwehrt war.
(Gespräche der Abgeordneten untereinander – Antje Hermenau, GRÜNE: Ihr hättet die Männer reden lassen sollen und nicht die Frauen! – Glocke der Präsidentin)
Eigentlich finde ich es ganz gut, wenn wir so mal ins Gespräch kommen. Vielleicht können wir das nachher etwas genauer diskutieren.
Noch einmal: Es ging darum, meine Herren von der CDU, dass wir eben nicht mehr in einer Zeit leben, in der Frauen keinen Zugang zur Politik haben, sondern es gibt für Frauen kein Verbot mehr. Rechtlich gibt es sogar eine Frauenförderung.
Das Fatale ist allerdings, dass die gesetzlichen Festlegungen ohne Sanktionsmöglichkeiten lediglich die Wirkung einer netten, unverbindlichen Bitte entfalten. Das ist an der Umsetzung des § 15 des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes leicht festzustellen. Im Dritten Frauenförderungsbericht heißt es angesichts des deutlich geringeren Frauenanteils von nur circa einem Drittel gegenüber zwei Dritteln Männern in Gremien lapidar: „Die Ursache hierfür dürfte überwiegend in der Funktionsbezogenheit der Gremienbesetzung liegen.“
Wenn die Staatsregierung ernsthaft etwas an der Misere ändern will, dann müssen Konzepte und Maßnahmen her, sodass der Frauenanteil bei den höheren Funktionsträgern spürbar erhöht wird. Hier hat Herr Tillich seine Chance verpasst, indem er das Kabinett wieder nur mit Männern besetzt hat. Er hätte tatsächlich ein anderes Zeichen setzen können, um hier etwas zu verändern.
Zum vorliegenden Antrag. Meine Fraktion wird ihm zustimmen, wenngleich wir die Wirksamkeit zweifelhaft sehen. Die Einflussmöglichkeiten bei den sächsischen Beteiligungsunternehmen bestehen einerseits nur in der Erhöhung des Frauenanteils im Bereich der funktionsgebundenen Mandate innerhalb der sächsischen Verwaltung und andererseits über nicht funktionsgebundene Aufsichtsratsmandate sowie Mandate der betrieblichen Arbeitnehmervertretungen. Hier allerdings bestehen keinerlei gesetzliche Aufforderungen, um auf die Erhöhung der Frauenanteile hinzuwirken.
Wiederum die Einrichtung einer Datenbank, in die sich qualifizierte Frauen als Bewerberinnen für Aufsichtratsposten eintragen können, ist zwar unschädlich, aber – so fürchte ich – weitgehend wirkungslos, sofern es sich um durch den Freistaat zu besetzende Aufsichtsratsposten mit Funktionsbindung handelt.
Ich musste ein bisschen lächeln, als Sie dazu aufforderten, dass die Datenbank beim SMWA eingerichtet werden soll; denn laut Drittem Frauenförderungsbericht ist es das Sächsische Staatsministerium mit dem niedrigsten Frauenanteil in den Gremien. Dort hat man es eigentlich besonders nötig.
Insofern ist dieser Antrag sicher ein richtiges Mosaiksteinchen. Ich befürchte nur, dass wir so nicht wirklich weiterkommen. Gleichstellung wird eben immer noch ins Sozialministerium abgeschoben. Ich möchte daran erinnern: Auf die Frage im Ausschuss, wie mit der unerträglichen Nichteinhaltung des Frauenförderungsgesetzes – wie gesagt, es geht um ein Gesetz – in Ministerien und in der
Verwaltung nun umgegangen wird, hat Frau Orosz damals geantwortet, dass sie Briefe geschrieben habe, um die Einhaltung des Gesetzes anzumahnen. Das ist doch absurd.
Ich meine, Gleichstellung muss endlich zur Chefsache werden, und ich erwarte, dass nun der Ministerpräsident endlich entsprechend handelt. Im Übrigen hatte ich zu Beginn der Debatte tatsächlich Angst, dass der Ministerpräsident die Aufgabe, auf diesen Antrag zu antworten, seinem jungfräulichsten Minister überlassen wollte. Dann hätte ich wohl eher schwarzgesehen. Nun freue ich mich. Ich denke, dass Herr Jurk antworten und uns erklären wird, wie er, diese unerträglichen Zustände in seinem Ministerium abzustellen gedenkt.
Sehr geehrter Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich ausdrücklich für die Fakten und die Analyse, liebe Antje Hermenau, die du in deiner Rede dargeboten hast. Natürlich muss man das sehr differenziert analysieren.
Ich finde es auch sehr sympathisch, liebe Kollegin Pfeiffer, wenn sich Männer für Gleichstellung einsetzen, auch wenn es sich dabei um Herrn Lichdi handelt.
Aber ohne die Zustimmung der Männer und das Engagement der Männer für die Gleichstellung werden wir nicht vorankommen.
Ich finde es auch gut, wenn sich die Männer – und nicht nur die Frauen – in den Familien engagieren.
Liebe Fraktion der GRÜNEN, es wird Sie bei den Reaktionen nicht verwundert haben und ich muss mich nicht dafür entschuldigen, dass im Koalitionsvertrag die Novellierung des Frauenförderungsgesetzes keinen Niederschlag gefunden hat. In den letzten Tagen und Wochen konnten wir viel über 50 Jahre gesetzlich verankerte Gleichstellung in der Bundesrepublik Deutschland lesen. Deutschland kommt in Sachen Gleichberechtigung gegenwärtig nicht so gut weg. Das müssen wir selbstkritisch sagen. Auch die DDR konnte mit Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Politik nicht gerade glänzen.
Die Analyse der EU zum Thema Gleichstellung für Deutschland heißt eben: 26,5 % Frauen in Führungsposi
Frauen partizipieren weniger als Männer, selbst bei betrieblichen Weiterbildungen. Das Dilemma mit dem Arbeitsentgelt kennen Sie ja zur Genüge. Gerade deshalb ist es auch so wichtig, über Gleichstellung im öffentlichen Dienst nachzudenken oder etwas zu tun, denn das hat immer Vorbildwirkung für die Wirtschaft.
An dieser Stelle habe ich schon oft genug gesagt, dass auch die Verstöße gegen das Sächsische Frauenfördergesetz und insbesondere die Sächsische Gemeinde- und Landkreisordnung zu kritisieren sind. Da schiele ich auch mal zum Innenminister hinüber. Gerade die Aufsicht der Kommunen müsste gegen gesetzliche Verstöße, die es auf kommunaler Ebene gibt, einschreiten.
Kürzlich haben wir über den Dritten Erfahrungsbericht sowohl im Ausschuss als auch im Plenum diskutiert. Aus der Statistik haben wir herausgelesen, dass noch nicht alles erreicht ist, was wir erreichen sollten. Dafür stehen die Indikatoren Anteil von Frauen in den jeweiligen Dienstgruppen bei Beförderung und in den Chefetagen. Es gilt nach wie vor die Regel: Je höher und je besser der Verdienst – da brauchen wir nur in die Abteilungsleiterlisten zu schauen –, desto weniger Frauen finden wir.
Der Bericht hat zumindest aus meiner Sicht – da werden mir die Kolleginnen und Kollegen der Linken zustimmen – eine neue Qualität. Auch das haben wir in der Anhörung und im Ausschuss festgestellt. Der Bericht geht deutlich auf die Defizite ein und benennt die Handlungsfelder sehr konkret. Das ist eine wichtige Voraussetzung; denn früher haben wir oft erlebt, dass um den heißen Brei herumgeredet und gesagt wurde, es ist oder es wird alles gut. Inzwischen steht die Staatsregierung zu ihrer Verantwortung. Aus den Zwischenrufen meines Kollegen Jurk haben Sie sicher gehört, dass gerade in der Personalplanung einiges auf dem Weg ist.
Die Stellungnahme zum vorliegenden Antrag zeigt ehrlich, dass wir besonders im Bereich Gremienbesetzung noch viele Defizite haben – jetzt kommt meine etwas abweichende Analyse – und dass die Hauptursache in der unzureichenden Vertretung von Frauen in Führungspositionen liegt, an die die Gremienbesetzung gekoppelt ist. Das ist das Problem der Personalplanung, wie sie in Sachsen stattgefunden hat. Demnächst müssen wir das angehen. Wie gesagt, vorausschauende Personalplanung, die daran denkt, Frauen entsprechend zu qualifizieren und zu fördern, hat sich in manchen Bereichen der Staatsregierung noch nicht ausreichend entwickelt.
Wir brauchen eine gezielte Nachwuchsförderung. Dabei muss auch an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gedacht werden, und es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit zum Beispiel Teilzeit auch in Führungspositionen möglich ist, um sich um die Familie zu kümmern. Ich bin ganz sicher, dass davon auch die Männer profitieren werden.
Einige Verbesserungen des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes sind notwendig. Gerade auch durch die Verwaltungsreform wird sich zeigen, welche Bedarfe zusätzlich zu den bereits bekannten bestehen. Deshalb ist der Hinweis der Staatsregierung in der Antwort auf den Antrag richtig, das Problem der Gremienbesetzung mit auf die Änderungsliste zu setzen. Ich denke, es wird noch mehr hinzukommen.
Die Novellierung des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes wird ein wichtiges Projekt der nächsten Legislaturperiode sein müssen. Wir müssen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Frauen in den entsprechenden Positionen sind. Ich denke an Aufstiegsprogramme, Mentorinnen, Netzwerke. Das wird auch in der öffentlichen Verwaltung helfen, dass die Frauenförderung die entsprechende Wirkung entfaltet.
Liebe Antje Hermenau, der vorliegende Antrag betrifft dabei eben nur einen kleinen Bereich. Aus unserer Sicht fordert er zudem – ich habe es gerade gesagt – den zweiten Schritt vor dem ersten. Deshalb werden wir ihn heute ablehnen, ohne jedoch das Problem, das dahintersteckt, auf die leichte Schulter zu nehmen.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Antje Hermenau, GRÜNE: Sie wollen einen Änderungsantrag, geben Sie es doch zu!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dem heutigen Antrag der GRÜNEN geht es ja um zwei Komplexe: zum einen den der Frauenförderung und zum anderen um das generelle Thema Kontrolle der Unternehmen des Freistaates. Gerade bei dem zweiten Komplex wurde über die Jahre hinweg so getan, als gäbe es da keine Probleme. Deshalb möchte ich darauf heute besonders eingehen.
Der Freistaat ist immerhin an 38 Unternehmen unmittelbar beteiligt, davon an 18 mehrheitlich. Unabhängig von der Frage, ob der Staat überhaupt in diesem Umfang als Unternehmer auftreten soll, muss zumindest gewährleistet sein, dass die Unternehmen professionell von Männern und Frauen kontrolliert werden. Darüber, denke ich, sind wir uns alle einig.
Wie sieht es aber in der Praxis aus? Da werden Mandate in Aufsichtsräten, Verwaltungsräten oder anderen Gremien nach Verteilungslisten vergeben. Vertreten sind erst einmal Minister oder Staatssekretäre, dann Ministerialbeamte. Ab und zu wird auch ein Mitglied der Opposition genannt, und der Rest wird mit Vertretern öffentlicher Banken, Arbeitnehmervertretern und leider ganz am Ende erst mit externen Fachleuten aufgefüllt. So entstehen ganz interessante Konstellationen. Nehmen Sie nur die Sächsische Lotto GmbH, ein Unternehmen, das dieses Jahr immerhin rund 9,5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhalten soll. Dort sitzen laut Beteiligungsbericht im
Aufsichtsrat zwei Staatssekretäre, ein Ministerialdirigent des Ministeriums der Finanzen und der Chef der SachsenFinanzgruppe, sonst keiner, alles mehr oder weniger Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Ein Schlenker zu den Kollegen der GRÜNEN: alles Männer, keine Frauen.
Was sind also die Auswahlkriterien zur Besetzung? Das frage ich mich ernsthaft. Wahrscheinlich gibt es diese überhaupt nicht. Wir haben ja bei den Vorgängen um die Landesbank Sachsen erfahren, dass Gremienmitglieder zwar ernannt werden, egal, ob Frau oder Mann, dann aber gar nicht daran teilnehmen. Staatssekretärin Fischer hat zum Beispiel an 16 von 24 Sitzungen des Kreditausschusses der ehemaligen Landesbank nicht teilgenommen, nach Adam Ries also nur an acht von 24.
Was sollten nun die Konsequenzen sein? Die GRÜNEN wollen den Anteil der Frauen erhöhen. Gerade aber der eben zitierte Fall von Frau Staatssekretärin Fischer zeigt mir als liberaler Frau erneut, wie problematisch es ist, immer nur den Rechenschieber hin- und herzuziehen und auszuzählen, wie viele Männer und wie viele Frauen in den einzelnen Bereichen vertreten sind. Teilweise sehe ich das als Erbsenzählerei, und es kann auch in dem einen oder anderen Fall nach hinten losgehen.
Wir als FDP-Fraktion fordern, die Aufsichtsratsgremien professioneller auszugestalten. Wir haben dazu ja unseren Antrag, Drucksache 4/11817, im Geschäftsgang. Leider durften wir unseren Antrag heute nicht behandeln. Darin wollten wir mehr externe Fachleute in die Kontrollgremien landeseigener Unternehmen, – –
also weniger Verwaltung unter sich wie bei der Lotto GmbH, sondern mehr externer Sachverstand. Ob das Frauen oder Männern sind, liebe Kolleginnen von den GRÜNEN, ist mir dabei ziemlich egal. Frauenförderung ist ein wichtiges Thema, trifft aber in dieser Antragskonstellation nicht ganz den Kern; denn wenn endlich Schluss ist mit der Kungelei um Aufsichtsposten innerhalb der Regierung, wenn nicht das Parteibuch zählt und endlich Profis zum Zuge kommen, dann haben Frauen automatisch schon aufgrund ihrer Qualifikation zukünftig die besseren Chancen, ob mit oder ohne Frauenförderungsgesetz.