Heike Werner
Sitzungen
4/9
4/10
4/12
4/14
4/16
4/20
4/36
4/37
4/41
4/44
4/46
4/51
4/53
4/55
4/58
4/64
4/65
4/67
4/72
4/73
4/74
4/78
4/82
4/91
4/92
4/95
4/102
4/103
4/104
4/105
4/108
4/113
4/114
4/116
4/123
4/126
4/130
4/133
4/136
4/139
Letzte Beiträge
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Herrn Krauß. Ich möchte dabei auf zwei Dinge eingehen.
Zum einen halte auch ich die Ehe nicht für eine antiquierte Institution. Das sagt, glaube ich, wohl niemand aus unserer Fraktion. Wir sagen nur, dass die Ehe im Gegensatz zu anderen Lebensformen nicht bevorteilt werden darf. Ich für mich kann sagen, dass ich nicht in einer Ehe lebe. Ich bin ledig, alleinerziehend und weiß also auch, wovon ich rede.
Zum zweiten Punkt: Herr Krauß, Sie sagten, wir alle würden Familien und Alleinerziehende kennen, und deswegen könnten wir gut über dieses Thema reden und bräuchten keine Studien. Wir alle kennen auch Kinder, und trotzdem gibt es einen Kinder- und Jugendbericht. Wir kennen alle Großeltern, und trotzdem gibt es einen Bericht zu Lebenslagen älterer Menschen. Also, dieses Argument finde ich wirklich ein bisschen einfach.
Ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Heute ist keine familiäre Lebensform mehr selbstverständlich. Sie alle setzen persönliche Entscheidungen der beteiligten Personen voraus. Eine soziale Entwicklung, die in diesem Zusammenhang zunimmt, ist die vor allem von Frauen getroffene Entscheidung, eine im eigenen Erleben destruktive Beziehung zu beenden und allein mit dem Kind oder den Kindern zu leben. Diesem Aspekt von familiärer Vielfalt wird von öffentlicher Seite nicht hinreichend entsprochen. Soziale und materielle Defizite, wie sie für
viele Familien in Deutschland bestehen, offenbaren sich für Ein-Eltern-Familien in zum Teil existenziell bedrohlicher Form.“
Zumindest einer Kollegin aus diesem Hohen Hause dürften diese Sätze bekannt vorkommen. Sie stammen nämlich aus der wohl einzigen Untersuchung im Freistaat, die sich dezidiert mit dem Thema der Großen Anfrage befasste, nämlich der Studie „Alleinerziehende Frauen in Sachsen – Lebenslagen und Lebensorientierungen“, veröffentlicht vor 14 Jahren, also 1995, und mit einem Vorwort versehen, das von der damaligen Staatsministerin für Fragen der Gleichstellung von Frau und Mann, von Frau Friederike de Haas, mitunterzeichnet wurde.
Leider wurde nichts besser, eher wurde vieles schlechter. Damals wusste die Landesregierung noch, welch wichtiges Thema die Gleichstellung in der Familienpolitik ist. Es war ihr von 1994 bis 2002 sogar ein Ministerium wert, wenngleich auch kein vollwertiges. Heute gibt es noch eine Leitstelle im Sozialministerium.
Ich fürchte, die Staatsregierung hätte am liebsten dort auch nur noch eine ehrenamtliche Beauftragte, denn schließlich ist der Freistaat mit der Finanzierung der Familienverbände, insbesondere auch der beiden Alleinerziehendenverbände, hierzulande beinahe auch nur bei der Ehrenamtlichkeit angekommen.
Das Fazit ist: Die im Jahr 2007 vorgenommene Umstellung der Finanzierung der fünf Verbände auf Projektförderung führte dazu, dass inzwischen zwei – darunter auch der Verband alleinerziehender Mütter und Väter – nur noch ehrenamtlich und nicht mehr hauptamtlich arbeiten können. Auch bei den drei verbliebenen Familienverbänden ist die Unterfinanzierung sehr deutlich, denn die Sächsische Staatsregierung setzt heute lediglich etwa die Hälfte der Mittel des Jahres 2001 für die Familienverbandsarbeit ein.
Wenn man jetzt die Anfrage nimmt, dann sieht man, dass im Jahr 2009 ungefähr 53 % der Mittel des Jahres 2001 eingesetzt werden. Da frage ich mich: Was sind der Staatsregierung, sind der Koalition die Familien wert? – Diese Unterfinanzierung ist katastrophal für die Beratungs- und Vernetzungsarbeit und skandalös angesichts der wohltönenden Worte, für die diese Staatsregierung leider anstelle handfester Taten schon immer gut war. Solche Worte haben wir oft gehört, unter anderem bei der Fachregierungserklärung der damaligen Sozialministerin, Frau Orosz, am 4. April 2006 mit dem netten Titel „Familien bilden Sachsens Zukunft“. Die Staatsministerin betonte damals noch die Bedeutung der Verbände mit diesen Sätzen – ich zitiere –: „Sie leisten wichtige Lobbyarbeit für Familien. Sie sind der Landespolitik ein aktives und kritisches Gegenüber bei der Entwicklung der sächsischen Familienpolitik. Gleichzeitig tragen sie durch ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Meinungsbildung in familienpolitischen Fragen bei und gehören zu der Gruppe von Institutionen, die ein positives Bild von Familie zeichnen.“
Ja, das tun sie und ich möchte mich an dieser Stelle sehr für die viele Arbeit bedanken, die sie trotz der widrigen Umstände leisten. Ich bin mir aber auch sicher, dass nur ein anderes Wahlergebnis verhindern kann, dass die Familienverbände weiter ausgehungert werden, denn diese Staatsregierung kann ein kritisches Gegenüber – zumindest zeigen das die Zahlen – in ihrer Selbstherrlichkeit ganz und gar nicht verdauen. Ich bin der festen Überzeugung, dass eben diese Selbstherrlichkeit auch die entscheidende Ursache für diese oberflächlichen Antworten auf diese Anfragen darstellt, welche noch dazu zeigen, wie gravierend die Datenlücken immer noch sind.
Ich kann nur feststellen, dass sich an dieser Stelle seit Jahren nichts geändert hat, denn eine ähnliche Feststellung habe ich vor sieben Jahren schon einmal bei unserer Großen Anfrage zum Thema Alleinerziehende angetroffen. Wie damals kann ich nur sagen: Die Antworten auf die Große Anfrage sind ein Jammer, sie sind eigentlich verheerend. Es gibt nämlich offensichtlich kein tatsächliches Interesse an der Situation von Ein-Eltern-Familien in Sachsen. Ansonsten gäbe es schon längst eine neue Studie zu deren Situation, und man würde nach Mitteln und Wegen suchen, eine bessere Datenlage zu erhalten.
Man könnte zum Beispiel die Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes regionalisiert auswerten lassen, denn das verantwortliche Robert-Koch-Institut hat bereits im Jahre 2003 den Gesundheitszustand von Alleinerziehenden mit dem verheirateter Mütter und Väter verglichen. Selbstverständlich – und das ist sehr wichtig – zeigen sich Unterschiede zuungunsten der Alleinerziehenden, insbesondere der weiblichen. Die Gesundheit ist bei schwierigen finanziellen Situationen und sozialen Belastungen negativ beeinflusst. Man könnte es also wissen, wenn man denn wollte. Aber man will es offensichtlich nicht, denn sonst würde man selbstverständlich die Peanuts einplanen, um nach anderthalb Jahrzehnten endlich eine umfassende aktuelle Datenlage und Situationsbeschreibung für Sachsen zu erhalten. So aber stehen die Alleinerziehenden und vor allem deren Kinder sozusagen unter Haushaltsvorbehalt. Sie werden weiterhin den sinkenden Einnahmen und den steigenden Ausgaben geopfert, die sie angesichts hoher eigener prekärer Beschäftigungssituation bzw. Arbeitslosigkeit und angesichts der – ich nehme an, von verheirateten Männern – verzockten Milliarden nicht zu verantworten haben. Im Wissen darum, dass über 21 % der minderjährigen Kinder in Ein-Eltern-Familien leben, ist das schlichtweg unverantwortlich.
Trotz schlechter Datenlage und mangelhafter Aussagefähigkeit der Staatsregierung in vielen Bereichen hat die vorliegende Große Anfrage nämlich auch gezeigt, dass Alleinerziehende besonderen Unterstützungsbedarf haben, dem in Sachsen nicht Rechnung getragen wird. Wie kaum eine andere Gruppe brauchen sie Hilfe aus einer Hand, sodass ihnen systematische Beratungs- und Hilfsangebote – sowohl hauswirtschaftliche als auch sozialpädagogische und psychologische Unterstützung – gewährt werden können. Sie brauchen nicht nur sensibilisierte Anlaufstel
len, zum Beispiel in Ämtern, Arbeitsagenturen usw., sondern auch spezialisierte Beratung, sie brauchen eine Arbeitsförderung, die ihre lebensweltlichen Bedingungen dezidiert berücksichtigt, und sie brauchen nicht zuletzt besonders nahe und verlässliche sowie flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Bildungseinrichtungen.
Was sie aber nicht brauchen, sind Modellprojekte. Wir hatten sie schon und sie sind eben nicht verlässlich; denn das sachsentypische Schicksal verläuft immer gleich: Die Modellprojekte werden erst zeitweise finanziert und müssen dann sterben, weil auch erfolgreiche Modelle nicht verallgemeinert und flächendeckend finanziert werden. Was Alleinerziehende in Sachsen vor allem anderen aber besonders brauchen, ist eine problembewusste und lebensweltlich orientierte Staatsregierung.
welche mit wohltönenden Worten spart, dafür aber endlich tatsächlich handelt, welche ein modernes Familienbild vertritt und alles dafür tut, dass jedem Kind in jeder Familie dieses Landes beste Bedingungen für ein gedeihliches Aufwachsen zur Verfügung stehen.
Eine solche Regierung würde wissen, dass glückliche Kinder zuerst glücklicher Eltern und eben insbesondere auch glücklicher Mütter bedürfen. Meine Fraktion weiß dies und wir werden uns dafür einsetzen, dass insbesondere Alleinerziehende in Sachsen dies zukünftig weitaus öfter als derzeit von sich sagen können.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Der Antrag spricht eine der wichtigsten Aufgaben an, die kurz- und langfristig hier zu erledigen sind. Die Aufgabenbeschreibung ist deshalb sehr vielfältig, vielleicht auch etwas plakativ, aber dadurch eröffnet sich die Chance für die Koalition, den Punkten zuzustimmen. Für mich ist das Thema fast zu schade, um es hier zu später Stunde zu diskutieren. Ich werde deswegen nur auf einzelne Teile eingehen. Ich hätte es lieber im Ausschuss mit der nötigen Zeit und Genauigkeit diskutiert. Wir hatten in den letzten Wochen sehr viele Anhörungen im Wissenschaftsausschuss, die auch den Letzten davon überzeugt haben müssten, wie prekär die Situation an den Hochschulen in Sachsen ist.
Um den Kritikern gleich zuvorzukommen: Im Hause wird gern, vor allem von der CDU-Fraktion betont, dass es auch andere Motivationen als Geld gebe, die zu wissenschaftlichen Höchstleistungen oder zu einer offenen Atmosphäre an den Hochschulen beitragen könnten; aber, und das haben die Anhörungen deutlich gemacht, wenn durch die Überlast in der Lehre und der wegen zunehmender Abhängigkeit von Drittmitteln drohenden Stellenkürzungen die Unzufriedenheit bei den Beteiligten steigt, dann hat das Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Hochschule und den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ich denke, dass die Unzufriedenheit nicht unangemessen ist.
Viele Dozenten führen zusätzlich Veranstaltungen ohne Budget durch, um dem Ansturm und den Problemen gerecht zu werden, und es gibt auch eine unglaublich große Menge an Lehrbeauftragten, die ganz unentgeltlich Lehraufträge übernommen haben. Eine Anfrage, die kürzlich beantwortet wurde, zeigt zum Beispiel, dass an der Universität 64 Lehrbeauftragte unbezahlt Lehre leisten; an der Technischen Universität Dresden sind es 192 Lehrbeauftragte. Deswegen ist es schon heute gerade für die Hochschulen ein Problem, dass sie den gut ausgebildeten wissenschaftlichen Nachwuchs an die Wirtschaft verlieren.
Durch die Studienreform und die Umstellung auf Bachelor und Master hat sich die Situation auch für die Studierenden als verheerend gezeigt. Die Modularisierung führt derzeit zu einer Verschulung des Studiums, verbunden mit erhöhtem Prüfungsaufwand. Das Studium wird also verschulter, Wissen nur noch abfragbar, und leider haben sich die Abbruchzahlen nicht verringert, wie erhofft, sondern sie scheinen sich zum Teil erhöht zu haben. Andere Studierende sind wiederum nicht in der Lage, in der Regelstudienzeit ihr Studium abzuschließen, da nicht genügend Module an den Hochschulen angeboten werden können. Es ist aber nicht nur entscheidend, wie viele Menschen ein Studium beginnen, sondern wie viele es auch abschließen können.
Herausgreifen möchte ich die prekäre Situation bei den Sozial- und Geisteswissenschaften. Auch dazu hatten wir eine Anhörung. Im Nachgang schlug die Ministerin vor, dass bei den überquellenden Studiengängen die Hochschulen zunächst mit NCs agieren könnten. Da fängt aber das Problem an, denn die Hochschulen müssen die Studienanfängerzahlen halten bzw. ausbauen, um die Mittel für den Hochschulpakt zu halten. Da zeigt sich das Dilemma, das an den Hochschulen nicht auflösbar ist. Wenn wir über die weiterzuführende Hochschulvereinbarung reden, gilt es vor allem, die Personal- und Finanzsituation zu verbessern, denn nur dann sind Hochschulen in der Lage, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Wir können also nur über die Senkung der Studienabbrüche reden, wenn an den Hochschulen Menschen sind, die Studierende betreuen können, wenn Seminare annehmbare Größen haben, überhaupt, wenn in der Regelstudienzeit ein Studium beendet werden kann. Dann können auch die Studierendenzahlen gesichert werden, denn gute Qualität
spricht sich herum. Das ist das beste Imageprogramm für sächsische Hochschulen.
Im Moment sieht es allerdings nicht so gut aus. Das ist aber auch keine neue Situation. Deshalb fordert DIE LINKE seit Jahren die Rücknahme der Stellenkürzungen. Das war nicht nur unsere Forderung, sondern schon der Vorsitzende der Sächsischen Hochschulentwicklungskommission, Prof. Weiler, überlegte damals im Angesicht der angekündigten massenhaften Stellenkürzungen für den Hochschulbereich, seine Arbeit niederzulegen. Seine Meinung war, Hochschulentwicklung ist unter dem Druck von Stellenkürzungen nicht möglich.
Deswegen noch ein Wort zur Historie der Hochschulvereinbarung. Schon die Sächsische Hochschulentwicklungskommission gab im März 2001 die Empfehlung, dass zwar bestimmte Konzentrationen oder Profilierungen möglich und auch nötig sind, dass aber im Gegenzug in bestimmte Bereiche der Hochschulen verstärkt investiert werden muss. Sie riet damals der CDU-Fraktion ausdrücklich von den beschlossenen Stellenkürzungen ab. Dem wurde aber nicht entsprochen. Stattdessen wurde eine Hochschulvereinbarung mit umfangreichen Stellenkürzungen aufgesetzt, bei der die Hochschulen nur die Möglichkeit hatten zu unterschreiben oder nicht. Nachbesserungen werde es in gar keinem Fall geben, so hatte es der damalige neue Wissenschaftsminister Rößler ausgedrückt. Unter diesem Druck haben die Hochschulen unterschrieben. Offiziell wurde gesagt: wegen der angekündigten Herausnahme der Hochschulen von weiterem Stellenabbau und von Haushaltskürzungen. Aber dass das angesichts der kommenden Entwicklungen absolut unzureichend war, ist nun selbst für die CDU-Fraktion nicht mehr zu übersehen.
Im Gutachten, das nun durch das SMWK zur Evaluation der sächsischen Hochschulvereinbarung beauftragt und herausgegeben wurde, sind ähnliche Empfehlungen zu finden. Zum einen wird dort gesagt, dass ein Mehrbedarf an wissenschaftlichem Personal durch die Umstellung auf die neue Studienstruktur zu berücksichtigen ist, und zum anderen, dass Studienplätze für Studierende aus den alten Bundesländern zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Hochschulpakt vorgehalten werden müssen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Hochschulen aufgrund der 2004 eingefrorenen Zuschüsse ihre Ausbildungslast verringern mussten.
Wir haben alle gesehen, dass die Hochschulen in ihrer Not zunehmend mit Zulassungsbeschränkungen agiert haben. Anders hätten sie die Studienreform gar nicht schultern können. Die Forderung, den Stellenabbau seit 2006 rückgängig zu machen, wird im Gutachten zumindest als diskutierenswert aufgezählt. Deswegen bezieht sich der Antrag der Fraktion GRÜNE ausdrücklich auf quantitative Rahmenbedingungen und ist notwendig.
Noch einige Worte zum Hochschullastenausgleich. Wir begrüßten diese Idee auch schon damals außerordentlich, denn DIE LINKE, damals PDS, hat bereits in den Neunzigerjahren in Berlin sowie auf Bundesebene einen
entsprechenden Hochschulfinanzausgleich vorgeschlagen. Angesichts des unzureichenden Hochschulpaktes – das wurde schon von Herrn Gerstenberg ausgeführt – und aufgrund der schmalen Finanzen wird das Thema drängender denn je. Im Hochschulbereich sollte es einen Hochschulfinanzausgleich geben.
Das heißt, dass die Herkunfts- oder Abnehmerländer stärker an den Studienkosten beteiligt werden müssen. Nur dann kommt es zu einem Interessenausgleich zwischen den Bundesländern mit einem stärkeren oder weniger stark ausgebauten Hochschulsystem, und der Ausbau wird nicht durch andere Länderinteressen verhindert. Ich denke, das Modell ist geeignet, die Finanzminister zum Umdenken zu bewegen. Es wäre künftig unattraktiv, um Absolventen zu werben, die woanders ausgebildet wurden. Das Trittbrettfahren zulasten der Länder, die in die Hochschulen investieren, würde sich nicht mehr lohnen. Deswegen ist absolut nicht nachvollziehbar, warum hier nicht weiter gearbeitet wurde und Herr Tillich so rückgratlos agierte, und zwar entgegen den Interessen Sachsens.
Insofern finde ich, dass der Zeitpunkt für diesen Antrag sehr gut gewählt ist. So zeigt sich zumindest vor den kommenden Wahlen, dass es hochschulpolitisch eine recht gute Alternative für die neue Legislaturperiode gibt. Deswegen wird DIE LINKE diesem Antrag zustimmen.
Danke.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln jetzt ein sehr wichtiges Thema, auch wenn es dem einen oder anderen hier nicht so recht bekannt ist. Ich hätte mich gefreut, wenn wir so etwas auch im Ausschuss besprochen hätten. Dazu ist es jetzt zu spät. Die angesprochenen Aufgaben sind auch nicht neu, aber wir werden in der nächsten Legislaturperiode bei hoffentlich anderer Konstellation darauf zurückkommen können. Diese Themen wurden von uns zum Beispiel bei den Haushaltsverhandlungen schon angesprochen, worauf ich nachher noch eingehen werde. Auf die Schwierigkeiten im Rahmen des Bologna
Prozesses, der ja durch die Umwandlung der Studiengänge als auch bezogen auf die soziale Dimension Mobilität fördern soll, hat die Linksfraktion immer wieder hingewiesen.
Insofern können wir uns dem zwar recht knappen Bericht anschließen, wenn auch auf lange Sicht noch einmal über Details und inhaltliche Dinge geredet werden sollte. Dafür kommt dieser Bericht für diese Legislaturperiode leider zu spät. Ich habe mich darüber gewundert, denn der Antrag lag bereits im April 2008 vor. Leider hat die Koalition die Beantwortung anscheinend erst nach den Haushaltsverhandlungen erbeten, was ein bisschen seltsam ist.
Ich möchte zunächst ein paar Problembereiche zitieren, auch wenn das die Vorredner zum Teil schon gemacht haben. Die Überschrift des Antrages bildet nur einen Teilaspekt ab, es geht natürlich auch um den Stand des Bologna-Prozesses, also die Herstellung eines europäischen Hochschulraumes, der Mobilität befördern sollte. Das hat sich für sächsische Studierende bisher kaum eingelöst, denn die Auslandsaufenthalte sind durch die neue Studienstruktur erschwert. Die neuen BachelorStudiengänge sind sehr verschult, sowohl curricular als auch reglementiert. Es gibt eine sehr hohe Anzahl an Prüfungen abzulegen, was für viele Menschen, die nebenbei auch noch jobben müssen, sehr schwierig ist. Die Auslandsaufenthalte sind in den starren Strukturen der Bachelor-Studiengänge nur sehr schwer möglich. Deswegen sind sie nicht häufiger, sondern leider seltener geworden. Auch die Mobilität innerhalb Deutschlands nimmt im Zuge der Einführung des neuen Studiensystems nicht zu, sondern ab.
Der Anteil von Bildungsausländern ist in Sachsen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt in den meisten Fächern gering. Ich gebe gern zu, dass Sachsen da nicht in alleiniger Verantwortung ist. Das ist ein bundesdeutsches bzw. europäisches Arbeitsfeld. Die zur Förderung der Mobilität nötigen europäischen Förderprogramme sind nicht bedarfsdeckend ausgestaltet und daher sozial ausschließend. Dazu werde ich nachher noch ein paar Zahlen nennen. Das Risiko besteht darin, dass das Mobilitätsversprechen nur einer kleinen europäischen Bildungselite vorbehalten bleibt. Entscheidend für Mobilität ist eben auch die soziale Dimension. Dies spielt im BolognaProzess noch eine zu geringe Rolle, um das Zusammenwachsen der europäischen Hochschulsysteme in der Breite zu ermöglichen. Sie ist nicht mit konkreten Zielen untersetzt. Die Bologna-Folgegipfel haben sich nicht mit dem Widerspruch befasst, dass sie zwar eine Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden zu ihren Zielen zählen, im selben Zeitraum aber reihenweise Länder Studiengebühren eingeführt haben.
„Bologna“ hat aus meiner Sicht auch eine kulturelle Dimension. Ostdeutsche Hochschulen haben immer noch ein Imageproblem für AusländerInnen. Nach Untersuchungen des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung ist Sachsen das kulturell am wenigsten
offene Bundesland. Es gibt hier wenig Ausländerinnen und Ausländer, weniger Kunstschaffende und die rechtsextreme Partei erreicht hier die höchsten Wahlergebnisse. Damit wird Zuwanderung oder ein Studium unattraktiv. Ich höre immer wieder die Worte, dass Integration keine Einbahnstraße sei. Dem stimme ich zu, aber eine Bevölkerung, die in hohem Maße fremdenfeindlichen Vorurteilen erliegt, kann eben auch nicht integrieren.
Inzwischen liegt der Sonderbericht „Internationalisierung des Studiums“ der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes vor. Darauf ist Frau Dr. Raatz zum Teil schon eingegangen. In diesem Bericht werden ähnliche Schlussfolgerungen gezogen. So beschreibt der Präsident des Deutschen Studentenwerkes, Prof. Dr. Rolf Dobischat, in dem Bericht, dass den ausländischen Studierenden die Orientierung im deutschen Studiensystem erschwert ist – im Übrigen auch den deutschen Studierenden. 85 % der ausländischen Studierenden organisieren ihren Aufenthalt hier ganz allein. Weiterhin ist die Studienfinanzierung eines der Hauptprobleme ausländischer Studierender. Sie haben mit 645 Euro im Monat deutlich geringere Einnahmen als ihre deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen mit 770 Euro. Mehr als die Hälfte ist erwerbstätig. Ein Großteil ist auf den eigenen Verdienst angewiesen, um überhaupt überleben zu können.
Als zweite Schwierigkeit wird der mangelnde Kontakt zu deutschen Studierenden angesehen. Auch hier eine Zahl: 39 % der ausländischen Studierenden beklagen Schwierigkeiten, mit deutschen Studierenden in Kontakt zu kommen. Die Integration muss also verbessert werden. Mangelnde Integration wird im Übrigen auch als Grund für eine relativ hohe Studienabbruchquote benannt.
Weiterhin ist die Auslandsmobilität deutscher Studierender stark von der sozialen Herkunft abhängig. Studierende aus einkommensstarken, hochschulnahen Familien gehen doppelt so häufig ins Ausland wie jene aus einkommensschwächeren oder hochschulfernen Familien. Es gilt, diese soziale Schieflage zu beseitigen. Das heißt, alle Studierenden müssen unabhängig von ihrer Herkunft oder dem Geldbeutel ihrer Eltern mobil sein können.
Die Schlussfolgerungen des Deutschen Studentenwerkes sind, dass die Internationalisierung des Hochschulsystems für ausländische Studierende bedeutet, sich mehr für Integration zu engagieren und die soziale Infrastruktur des Studiums zu stärken. Hier kann auch viel auf Landesebene verändert werden. Darauf ist Frau Raatz in Teilen schon eingegangen. Auch wir haben uns dieser Sache in Haushaltsanträgen gewidmet. Wir hatten zum Beispiel gefordert, dass die Zuschüsse für die Studentenwerke erhöht werden, weil es darum gehen muss, eine gute Infrastruktur vorzuhalten, damit die Aufgaben, die durch die Studienreform auf die Studentenwerke zukommen, umgesetzt werden können. Leider wurde die Aufstockung der Mittel für die Studentenwerke abgelehnt.
Zum zweiten Ziel, der Integration, hatten wir auch Anträge in den Haushaltsverhandlungen gestellt. Es ging um eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Entwick
lungszusammenarbeit im Bereich des Hochschulsystems. Dazu haben wir eine gute Struktur, die es Menschen aus anderen Ländern ermöglicht, hier zu studieren, Deutschland kennenzulernen, miteinander zu reden und in einer schwierigen Situation Tipps zu bekommen. Dieser Haushaltsantrag, in dem es wirklich nicht um viel Geld ging, wurde leider auch abgelehnt.
Eine weitere Möglichkeit, die Situation für alle Studierenden in Sachsen zu verbessern, wäre die Veränderung der Lehrsituation an den Hochschulen, damit die Bachelor-/Master-Struktur tatsächlich umgesetzt werden kann. Die Rücknahme der Stellenkürzungen wurde leider auch nicht angenommen.
Eine letzte Forderung bleibt – da sind aus meiner Sicht alle Parteien gefordert, dies im zukünftigen Wahlkampf klarzustellen: Es ist im Interesse aller Studierenden, nicht nur der sächsischen Abiturienten, sondern auch der ausländischen, dass keine Studiengebühren eingeführt werden. Das wurde als Grund benannt, warum man Angst hat, ins Ausland zu gehen.
Hier erwarten wir klare Antworten.
Ich würde gern noch die Zwischenfrage zulassen.
Ich habe das schon wahrgenommen, wobei es vor allem darum geht, den Status quo wieder herzustellen. Es gab eine Diskussion, wie hoch die Mittel sein müssen, um die Studentenwerke unterstützen zu können. Seit vielen Jahren wurde die Zahl von 10 Millionen Euro genannt und die Zuschüsse für die Studentenwerke wurden nicht auf diesen Wert erhöht. Ich weiß, dass es ein Programm zur Qualitätssicherung gibt. Es ist über EFRE- und ESF-Mittel nur für eine begrenzte Zeit eingestellt. Es erscheint mir etwas zweifelhaft, ob das Programm die Hochschulen dauerhaft in die Lage versetzen kann, entsprechende Lehre anzubieten. Wir denken, man muss über die Hochschulvereinbarung für lange Zeit Planungssicherheit herstellen. Dafür müssen feste Mittel im Landeshaushalt eingestellt werden.
Zulässigkeit der Neuvergabe der Rettungsleistungen in der Region Borna und Umgebung durch den RZV Landkreis Mittelsachsen interjection: (Frage Nr. 18)
Am 22.12.2008 wurde in der Region Borna und Umgebung der bestehende öffentlich-rechtliche Vertrag des Rettungszweckverbandes der Versorgungsbereiche Landkreis Leipzig und Region Döbeln (RZV Landkreis Mit- telsachsen) mit der DRK Rettungsdienst, Krankentransport und Hilfsdienste gGmbH vom RZV zum 23.12. 2008 außerordentlich gekündigt. Der Rettungszweckverband zog über eine Beauftragung Personal von anderen rettungsdienstlich in der Region tätigen Unternehmen bei. Das Personal der gGmbH wurde nicht durch den RZV herangezogen. Die Beauftragung erfolgte bis längstens 15.01.2009, dann sollte ein Beschluss über das weitere Vorgehen in der Verbandsversammlung herbeigeführt werden. Diese Verbandsversammlung beschloss am 12.01.2009 eine Beauftragung in Form eines Vertragsabschlusses zur Erbringung der Leistungen des Rettungsdienstes ab 16.01.2009 mit dem ASB Regionalverband
Leipzig, dem DRK-Kreisverband Geithain e.V. und der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. für die gesamte vom bisherigen Leistungserbringer (DRK Rettungsdienst, Kranken- transport und Hilfsdienste gGmbH) versorgte Region Borna, Groitzsch und Umgebung (Versorgungsgebiet) im Wege einer freihändigen Vergabe.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Inwieweit und in welcher Form könnte der Rettungszweckverband auf der Grundlage des § 31 Abs. 7 SächsBRKG die bedarfsgerechte Versorgung mit Leistungen des Rettungsdienstes für das gesamte bisherige Versorgungsgebiet Borna, Groitzsch und Umgebung selbst übernehmen?
Maßgabe der Basisparagrafen des Abschnitts 2 der VOL/A 2006 sowie der §§ 8a und 28a dieses Abschnitts im Rahmen des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des GWB geschaffenen Vergaberegimes“ verfuhr, sondern die Leistungen des Rettungsdienstes ausschließlich im Wege einer freihändigen Vergabe an die genannten drei Leistungserbringer vergab, obwohl durch vorsorgliche Maßnahmen des RZV die Durchführung des Rettungsdienstes abgesichert werden konnte und kann?
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Zur Debatte steht der Antrag der FDP zum Thema „Aufbau eines leistungsorientierten sächsischen Stipendiensystems“. Die Antragstellerin begehrt von der Staatsregierung die Erarbeitung und Umsetzung eines entsprechenden Konzeptes. Weder der zuständige Ausschuss des Landtages noch das Parlament sollen über das von der Staatsregierung zu erarbeitende Konzept informiert werden, geschweige denn, dass eine Aussprache darüber vorgesehen ist. Die FDP stellt der Staatsregierung quasi einen Blankoscheck aus und verzichtet auf eine parlamentarische Behandlung des Konzeptes der Staatsregierung.
Vermutlich verzichtet sie deshalb auch auf eine Beantwortung ihres Antrages durch die Staatsregierung; denn zehn Tage nach seiner Einreichung am 1. Dezember steht der Antrag im Parlament auf der Tagesordnung. Die Eile geht hier auf Kosten der Seriosität, und schon deshalb müssten wir den Antrag ablehnen.
Dazu kommt aber auch die übliche Wettbewerbsrhetorik im Antrag. Das sächsische Hochschulwesen soll – wen wunderts? – mittels eines leistungsorientierten Stipendiensystems im nationalen und internationalen Umfeld attraktiver und wettbewerbsfähiger gemacht werden. Die Stipendien sollen – auch das überrascht bei der FDP nicht – leistungsbezogene Anreize für schnell und erfolgreich abgeschlossene Studien geben, und sie sollen leistungsstarke Absolventen frühzeitig an Unternehmen binden. Leistungsstipendien als Prämien für Tempo und Unternehmensbindung – mehr fällt der FDP, wenn es ums Studieren geht, wahrscheinlich nicht ein.
Ich erlaube mir, zur üblichen Wettbewerbsrhetorik einen Kommentar von Gesine Schwan zu zitieren, die bekanntlich Wissenschaftlerin und Hochschulpolitikerin ist und für das Amt der Bundespräsidentin kandidiert. Sie sagt: „In derselben Geisteshaltung wurde auch der Wettbewerb zum König. Er wurde gleichermaßen zum einzigen Motor und zugleich zum verbindlichen Maßstab von Bildung gekrönt. Leistung entsteht demnach nur durch Wettbewerb und zeigt sich, ohne dass man weiter nachdenken oder argumentieren muss, im Ranking. Wer auf Nummer 1 steht, muss einfach grandios und natürlich exzellent
sein. Wenn man sich von Nummer 44 auf Nummer 27 hochgearbeitet hat, ist man definitiv auf dem richtigen Weg. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich besser bin als alle anderen oder wenigstens zu den zehn Besten gehöre, von der Schule bis zur Hochschule. Mein Selbstwertgefühl steigt, je schlechter die anderen sind, denn nur daran misst sich das ja. Dass in einem solchen Klima kein Vertrauen gedeihen kann, liegt auf der Hand. Ob in der Schule, im Unternehmen oder zwischen den Banken – Gemeinsamkeit des Handelns ist allenfalls im Team gegen andere angesagt, um zu gewinnen, nicht wegen einer dringlichen oder womöglich alle einigenden Aufgabe wie dem Klimaschutz, nicht im Dienste eines Werkes, das so langfristig angelegt wäre, dass es erst der übernächsten Generation und nicht dem Ranking von morgen zugute käme.“
Ich entschuldige mich für das ausführliche Zitat und bitte um Verständnis. Ich denke aber, dass solche Töne in der Hochschuldebatte lange nicht zu hören waren und endlich wieder einmal angeschlagen werden sollten. Studieren lässt sich nicht auf Effizienz und Ranking reduzieren, auch wenn das manche gern so haben wollen.
Was das Stipendienwesen betrifft, so verhält es sich ja nicht so, als ob es da gar nichts gäbe. Der Freistaat Sachsen fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs – so wie andere Bundesländer auch – durch Promotionsstipendien, durch Graduiertenförderung, durch Wiedereinstiegsstipendien usw. Außer Länderstipendien gibt es noch Stipendien von nichtstaatlichen Stiftungen, von der Wirtschaft und vom Bund. Begabtenförderungswerke gewähren Stipendien und für beruflich Begabte gibt es auch extra Aufstiegsstipendien.
Von NRW wurde jüngst ein nationales Stipendiensystem ins Spiel gebracht. NRW hat vorgeschlagen, mithilfe eines bundesweiten Förderwerkes 10 % der besten Studierenden eines Jahrgangs mit einer monatlichen Leistungsprämie in Höhe von 300 Euro zu unterstützen. Davon haben Sie den Anfang wahrscheinlich abgeschrieben. Die Kosten sollen sich auch in diesem Modell die Wirtschaft, der Bund und die Länder teilen. Die Kritik auf diesen Vorstoß aus NRW war groß, und zwar wegen des Föderalismus.
Um sich einen systematischen Überblick über das Stipendienwesen zu verschaffen und seriös über dessen Qualifizierung beraten zu können, haben Bund und Länder also eine Arbeitsgruppe gebildet, die nun unter Vorsitz von NRW die Möglichkeiten eines Ausbaus des Stipendienwesens erörtern und dementsprechende Vorschläge erarbeiten soll. Ich denke, dem sollten wir nicht vorgreifen. Eile ist nicht geboten und ein Alleingang Sachsens scheint mir wenig sinnvoll, zumal wir gerade erst einen Haushalt für die kommenden beiden Jahre verabschiedet haben. Wir haben vor uns ganz andere Baustellen liegen; wir haben im alternativen Haushalt bereits darauf hingewiesen.
Grundsätzlich gilt für DIE LINKE jedoch: Solange die Aufnahme eines Studiums vom Geldbeutel der Eltern
abhängt, die Chancengleichheit also nicht gewährt ist, wie empirische Studien belegen, so lange verstärken Leistungsstipendien eher die sozialen Ungerechtigkeiten; denn sie kommen eher denen zugute, die ohnehin schon finanziell besser gestellt sind. Es sind über 50 % der Studierenden, die zusätzlich zum Studium arbeiten gehen müssen, um ihr Studium finanzieren zu können. Diese können dann natürlich weniger Zeit aufbringen, sich tatsächlich konzentriert ihrem Studium zu widmen.
Wer Leistungsstipendien damit begründet, dass sie die Belastung durch Studiengebühren mildern, der sollte eben erst gar keine Studiengebühren einführen. Das ist ein zweiter Grund für uns, den Antrag der FDP abzulehnen.
Im Übrigen fordert DIE LINKE ein existenzsicherndes, elternunabhängiges BAföG für alle Studierenden. Das würde tatsächlich zum Gelingen beitragen. Außerdem hält es DIE LINKE in Sachsen für sinnvoller, anstatt einigen wenigen Studierenden mehr Geld zu geben, um sie zu einem schnelleren Studium zu veranlassen, das Geld direkt in die Hochschulen zu investieren, um die Lehrkapazitäten auszubauen und die Betreuungsverhältnisse zu verbessern.
Von Leistungsgerechtigkeit kann erst dann die Rede sein, wenn weitgehende Chancengleichheit unter den Studierenden besteht.
Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon vor über vier Jahren verständigte sich die CDU-/SPD-Koalition auf ein neues Hochschulgesetz für Sachsen.
Herr Mannsfeld, ich weiß, Sie wollen das Folgende nicht gern hören, sicher, weil Sie die etwas undankbare Aufgabe hatten, diese traurige Geschichte zum Abschluss zu führen. Doch bei den nebulösen Formulierungen im Koalitionsvertrag war die Erarbeitung – und das müssen Sie sich anhören – des gemeinsamen Gesetzes von Fehlleistungen, Unterstellungen, Forderungen, Machtgerangel, Kräftemessen usw. getragen. Die verschiedenen Arbeitsentwürfe fielen immer wieder durch, wurden vom Tisch geschoben, verwässert usw.
Nun legen Sie uns heute ein Gesetz vor, das handwerklich schlecht gearbeitet und verfassungsrechtlich bedenklich ist.
Herr Mannsfeld, Sie haben durchaus meinen Respekt, denn durch Ihr Agieren kam tatsächlich noch etwas Bewegung in diese Sache. Aber im letzten Moment lassen sich nur noch wenige Dinge wirklich heilen.
Nun haben wir Unzufriedenheit auf allen Seiten: bei einigen CDU-Abgeordneten, weil ihnen im Gesetz Studiengebühren fehlen oder die Autonomie nicht weit genug geht. Wir haben Unzufriedenheit bei der SPD, denn es findet sich aus meiner Sicht kaum sozialdemokratische Handschrift. Wir haben eine frustrierte SPD-Linke; denn wichtigste hochschulpolitische Forderungen, die vor dem Wahlkampf gestellt wurden, werden nicht erfüllt. Arbeitnehmerrechte finden sich auch nicht mehr vollständig wieder. Und für all das hat die SPD dann auch noch ihren Fraktionsvorsitzenden, einen Rektor a. D., geopfert.
Wir haben Hochschulen, die mit diesem Stückwerk leben sollen. Die Krönung ist dann der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Flath, dem dazu im Radio nichts anderes einfiel als zu sagen: Wenn alle unzufrieden sind, dann muss das Gesetz doch gut sein. – Wir verlangen da schon etwas mehr Ernsthaftigkeit.
Die Geschichte kann ich Ihnen nicht ganz ersparen, denn alles Übel lag natürlich am Anfang. Es war aus unserer
Sicht schon grotesk, dass sich die erste SPD-Wissenschaftsministerin den Sachverstand eben nicht bei ihren SPD-Hochschulaktivisten holte, sondern sich durch ihr CDU-regiertes Ministerium ein Gesetz schreiben ließ und sich vorher ausgerechnet beim CHE, ein von der Bertelsmann-Stiftung finanziertes Denkwerk, beraten ließ; ausgerechnet von Bertelsmann, einem Unternehmen, das selbst an der Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildung verdient. Statt eines sozialdemokratischen Entwurfes gab es im Prinzip einen CDU-Entwurf, der von anderen zum Teil als trivial-ökonomisch und entdemokratisierend bezeichnet wurde.
Nach weiteren sogenannten Arbeitsentwürfen liegt nun der letzte Entwurf vor. Dieser wurde im Hauruckverfahren angehört und in Bereinigungssitzungen geändert und wir haben dieses unausgegorene Gesetz, dem man die Kompromissgeschichte ansieht.
Leider ist das Gesetz nicht weniger autoritär und technokratisch als am Anfang, und das verwundert nicht: Stammt es doch noch aus der Ära Milbradt, dem jedes Mittel recht und kein Bereich heilig genug war, um es nicht doch dem Markt zu unterwerfen. Nach dieser Logik müssen Hochschulen wie Wirtschaftsunternehmen geführt werden, und die schnellstmögliche Rendite steht im Vordergrund. Diese Philosophie findet sich eben auch in den Grundstrukturen des Gesetzes – am Anfang auch noch so benannt, dass man Aufsichtsrats- und Managementstrukturen einführen sollte, und nun wird es durch andere Worte einfach nur verschleiert. Damit sind Sie doch nun aber schon auf die Nase gefallen. Kurzfristig mag das gewinnbringend sein, aber langfristig werden wir verlieren.
Dieser überkommene Zeitgeist äußert sich in einem technokratischen Verständnis von Hochschule. Wettbewerb und Konkurrenz werden zum zentralen Antriebsfaktor für die Organisation von Bildungs- und Forschungsprozessen beschworen, indem man zum Beispiel den Master als Zugang zu weiterer akademischer Bildung quotiert. Dies führt zu Wettbewerb unter Studierenden statt zum wissenschaftlichen Austausch miteinander. Aber Wissen entsteht durch Austausch, Erkenntnis nur durch gemeinsames Erkenntnisinteresse.
Auch die indikatorengestützte, leistungsorientierte Mittelvergabe birgt Gefahren, wenn sie sich an rein quantitativen Kriterien misst; denn Studienzeitverkürzung führt zu administrativer Wissensbeschränkung und kann unter Umständen viel größeren Schaden aus volkswirtschaftlicher Sicht haben, und wir können die Gefahren durch die Studienzeitverkürzung durch den Bachelor jetzt bereits sehen. Die verkürzte Bildung gibt Anlass zur Sorge.
Auch innovatives Querdenkertum kann für solche Hochschulen risikobelastet und unerwünscht sein, wenn sich die Mittelzuweisung zum Beispiel an Drittmitteln ausrichtet. Wir wissen, dass das dann heißt, sich auf die geldbringenden Großunternehmen auszurichten, und dies kann
entsprechende Konformität nach sich ziehen. Das hat auch Folgen für das wissenschaftliche Denken.
Gefährlich wird es auch, wenn Hochschulen nur noch als Standortfaktor betrachtet werden. Ich sage ja auch, dass sie eine entscheidende Ressource für unser Land sind, weil sie wirtschaftliche Effekte nach sich ziehen. Aber das darf nicht das alleinige Kriterium für Hochschule sein. Hochschulen haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, deshalb braucht es dort auch den Platz für kritische Bildung, also für Geistes- und Sozialwissenschaften. Wir brauchen Technologiefolgenabschätzung an den Hochschulen. Deshalb kann das Bildungsziel eben nicht „Schmalspurstudium“ heißen, sondern „wissenschaftliche Urteilsfähigkeit“.
Aber es muss auch gesellschaftliche und politische Mitwirkung gelebt und gelernt werden; denn soziale und ökologische Reformen werden vor allem von Akademikerinnen und Akademikern betrieben werden. Dazu bedarf es dieser kritischen Reflexion des Resonanzraumes Hochschule und gelebter Demokratie.
Doch statt tatsächliche Autonomie zu schaffen und somit Vertrauen in die Besten unseres Landes zu setzen, legen Sie die Hochschulen an das Gängelband eines Hochschulrates. Damit werden Sie den hervorragenden Leistungen der Hochschulen trotz ständiger Kürzungen, neuer Aufgabenübertragungen usw. einfach nicht gerecht. Diese Konstruktion kann das Wesen von Hochschulen auf Ausbildung für Wirtschaft und Wissensproduktion sowie schnellstmögliche Verfügung darüber reduzieren; denn die oben genannten Aufgaben haben in Ihrer Philosophie kaum einen Platz. Die Hochschulen würden zu gemanagten Wirtschaftsunternehmen verkommen. Dem könnte das mögliche Regulativ Hochschule etwas entgegensetzen. Durch die Zerstörung der kooperativen Selbstverwaltung kann man dem jedoch nur noch wenig entgegensetzen.
Meine Damen und Herren der Koalition! Sie betreiben Entdemokratisierung auf der einen Seite und Entscheidungskonzentration sowie Kompetenzballung auf Wenige, nämlich Rektorat und Hochschule, auf der anderen Seite. Der Hochschulrat wurde von den meisten Sachverständigen in der Anhörung heftig kritisiert; darauf werde ich später noch einmal eingehen. Auch die Studiengebührenfreiheit ist nur die halbe Wahrheit. Ich hatte bereits angeführt, dass es keinen Rechtsanspruch auf einen Masterstudiengang gibt. Durch den Numerus clausus werden Studierende systematisch von dieser Bildung ausgeschlossen. Wer es sich leisten kann, wird sich dann für zunehmend gebührenfinanziert angebotene Masterstudiengänge einschreiben, und auf eine Ungleichbehandlung der Diplomabsolventen der Fachhochschulen hat auch ein Mitglied der CDU-Fraktion hingewiesen.
Die Mehrfachselektion des sächsischen Bildungssystems setzt sich so fort. Für alle möglichen Leistungen kann nun die Hochschule Gebühren erheben. Das kann bei Gebühren für Hochschulzulassungsverfahren beginnen und wird bei der Benutzung von Laboratorien nicht aufhören. Wir haben heute bereits Gebühren für Sprachen und Biblio
theken. Schon heute gibt es in diesem Bereich Ausgründungen an den Universitäten. Diese wirtschaftlichen Unternehmen haben aber die Möglichkeit, für alle Leistungen Entgelte von ihren Nutzern zu verlangen, und diese Ausgründungen bzw. Unternehmensgründungen bedürfen mit dem neuen Gesetz nur der Zustimmung durch den externen Hochschulrat. Der Rechnungshof regte an, das Outsourcing von Hochschulaufgaben demokratisch legitimieren zu lassen. Warum spielte das in den Änderungsanträgen keine Rolle?
Und nun rüttelt die Koalition auch noch an den Tarifen der Mitarbeiter, indem sie zunächst als Modell die volle Personalhoheit an die TU Dresden geben wird. Aber wir wissen doch bereits von den Erfahrungen in den Studentenwerken, wie das dann ausgeht: In der finanziellen Not fangen die Hochschulen an, ihre Mitarbeiter untertariflich zu bezahlen, sie steigen dann womöglich aus dem Flächentarifvertrag aus und es besteht die große Gefahr der Aushebelung tarifrechtlicher Bestimmungen bei Übernahme der Arbeitgebereigenschaft an die Hochschulen. Langfristig ist die Tarifbindung aller Hochschulen gefährdet.
Nun muss ich doch ein Wort direkt an die SPD-Fraktion richten. Sie verstehen sich als gewerkschaftsnah und organisieren so Tarifflucht. Den Vorwurf der Aushebelung der Tarifautonomie werden Sie tragen müssen. Herr Brangs, da hilft es auch nicht, wenn Sie im Ausschuss gegen den einen Paragrafen stimmen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschulen wird das egal sein, wenn die Tarifverträge am Ende nicht mehr für sie gelten.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange, auch Ihnen gestehe ich zu, dass Sie erst spät zu diesem Gesetzesprozess hinzukamen. Aber Sie sind SPD-Ministerin, Sie waren früher Bundesvorsitzende der GEW, Sie arbeiteten selbst an der TU Dresden. Hätte Ihre Vorgängerin diesen Entwurf eingebracht, Frau Dr. Stange, dann hätten Sie doch vor zwei Jahren auch vor dem Landtag gestanden. Haben Sie das vergessen?
Wir können es nur immer wieder betonen: Hochschule lebt von ordentlich entlohnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darum muss man am Flächentarif festhalten, und sie lebt von Studierenden, die unabhängig von ihrer Herkunft an unseren Hochschulen studieren können. Sie lebt aber vor allem von der Kreativität, von den Kompetenzen und der Einsatzbereitschaft der gesamten Wissenschaftsgemeinschaft. Ein modernes Hochschulgesetz muss dies befördern. Dazu braucht es entsprechende Formen der Mitbestimmung. Sie aber, Herr Prof. Mannsfeld, schließen die größte und politisch aktivste Gruppe, die Studierenden, von den wichtigsten Entscheidungen aus.
An dieser Stelle noch einmal Dank von der Linksfraktion an alle für das Interesse, für die Einmischung, auch für den Druck, der in den letzten Jahren gemacht wurde und so half, den Prozess öffentlicher und transparenter zu gestalten. Hier konnten wir erleben, was gesellschaftliches Engagement bedeutet, und wir wollen die Gruppe der Studierenden Sachsens hervorheben, die in diesem Prozess unermüdlich war, die jedoch mit Ihrem Gesetz der Verlierer sein wird – wenn es um Mitbestimmung geht. Wir erleben es in den Anhörungen bei Hochschulfragen: Die Studierenden sind es, die oft den Finger auf die Wunden legen. Dieses Gesetz aber ist für sie eine Brüskierung.
Leider haben die Proteste in den letzten Jahren die Koalition wenig beeindruckt. Wenn Sie dieses Gesetz beschließen, formen Sie Hochschulen in marktorientierte, autokratische Dienstleistungsunternehmen um, in denen freiheitlich forschen, lehren und lernen sowie wissenschaftliche Kreativität kaum noch Platz haben werden.
Doch nicht nur aus inhaltlichen Gründen halten wir dieses Gesetz für nicht abstimmungsfähig. Es hat eklatante handwerkliche Mängel. Gravierende juristische und verfassungsrechtliche Bedenken wurden benannt. Sie wurden in den Ausschüssen nicht ausgeräumt, und es gab immer wieder die Hinweise vom Juristischen Dienst. Ich will Ihnen das anhand der außerordentlichen Situation am letzten Donnerstagnachmittag im Wissenschaftsausschuss verdeutlichen. Wir hatten über fast 40 inhaltliche Änderungsanträge zu beschließen. Mit zusätzlichen redaktionellen und mehreren mündlich eingebrachten Änderungen kamen wir auf über 50 Änderungsanträge! Das ist doch angesichts des Stellenwertes dieses Gesetzes für Sachsen unhaltbar, und ich danke all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtages, die so weit wie möglich Ordnung in diese komplizierte Situation bringen mussten. Ihre gestrige Kritik an uns, Herr Lehmann, wir hätten durch die Ablehnung der vorzeitigen Behandlung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verprellt, geht ins Leere. Es war die Koalition, die auf die beizeiten angekündigten Mängel nicht reagierte und stattdessen den Juristischen Dienst im Ausschuss verunglimpfen wollte.
Wir meinen, es ist ein Armutszeugnis für Koalition und Regierung, uns heute mit diesem handwerklich schlechten Gesetz zu konfrontieren.
Zu den Kritiken. Zum einen – dies wurde bereits benannt – der Hochschulrat: Einem nicht demokratisch legitimierten Gremium werden die wichtigsten Entscheidungsbefugnisse in die Hand gegeben. Damit wird das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen ausgehebelt. Dieses von der Staatsregierung berufene Gremium soll bis zu einem Viertel aus Mitgliedern der Hochschulen bestehen. Studierende können dem Senat einen Vertreter vorschlagen. Dieser ist dann jedoch, Herr Mannsfeld, noch lange nicht
gewählt. Aber drei Viertel der Mitglieder sind hochschulexterne Mitglieder.
Die Staatsregierung wiederum benennt mehr als die Hälfte dieser Mitglieder. Das heißt, der Hochschulrat ist kein demokratisch legitimiertes Organ der Hochschule, denn Demokratie vollzieht sich über Abstimmungen und Wahlen und nicht über Ernennungen durch die Regierung.
Aus Sicht der Linken soll der Hochschulrat Beratungs- und Kontrollfunktion haben. Er könnte so als gesellschaftliches Regulativ wirken. Aber Sie geben diesem Rat die wichtigsten Entscheidungsbefugnisse in die Hand: die Genehmigung des Wirtschaftsplanes, die Genehmigung des Jahresabschlusses und die Entlastung des Rektors. Das steht im Gegensatz zum Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen. In der Anhörung wurden entsprechende verfassungsrechtliche Bedenken mehrfach erwähnt. Ich möchte hier aus der Stellungnahme des Rechnungshofes zitieren: „Unter Berücksichtigung des Demokratiegebotes des Grundgesetzes ist es darum mehr als zweifelhaft, dass diese Entscheidungen dem Hochschulrat übertragen werden.“
Zum Nächsten. Es gibt zu viele Rechtsverordnungen bzw. übergibt das Gesetz zu viele Ermächtigungen in die Hände der Staatsregierung oder formuliert diese zu unbestimmt. Dieses Gesetz soll zwar mehr Autonomie bringen, strotzt aber nur so vor Verordnungen. Verordnungen aber entziehen sich dem Zugriff des Gesetzgebers. Sie ermächtigen die Staatsregierung. Auch hier kamen Kritiken aus der Anhörung. Zitat: „Da sich der Sinn der geplanten Verordnungsermächtigung nicht erschließt, verstößt sie gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und lässt eine ganzheitliche Betrachtung des Gesetzes nicht zu.“
Da hilft es auch nichts, Herr Mannsfeld, wenn Sie betonen, es gebe nun einen Vorbehalt für den Gesetzgeber. Die Formulierung lautet – heute haben Sie es richtig gesagt –: „Die Rechtsverordnung wird den entsprechenden Ausschüssen zur Kenntnis gegeben.“ Das ist eben kein Vorbehalt. Es wäre nach meinen Erfahrungen auch das erste Mal, dass eine Rechtsverordnung aufgrund von Kritiken in den Ausschüssen verändert würde.
Noch aus einem dritten Grund ist dieses Gesetz nicht abstimmungsfähig. Es ist nämlich ein unvollständiges Gesetz. Im Gutachten des Juristischen Dienstes wurde beizeiten darauf aufmerksam gemacht, dass Lücken durch das Gesetz existieren. In 21 Gesetzen und Verordnungen gibt es Verweise auf das Sächsische Hochschulgesetz in seiner jetzigen Form. Diese Verweise führen nun, würde das Gesetz beschlossen, ins Leere. Ein dringend notwendiges Artikelgesetz wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass dies mit den entsprechenden Ressourcen noch abzustimmen sei und Anhörungsverfahren notwendig wären, das Verfahren aber zu viel Zeit in Anspruch nimmt und das Inkrafttreten des Gesetzes dann nicht abzusichern wäre.
Das bedeutet aber – und das wurde in den Ausschüssen auch so benannt –: Das Gesetz ist nicht komplett.
Es kann zur Rechtsverwirrung beitragen und zieht Klagen fast zwangsläufig nach sich.
Aus all den genannten Gründen erwägt DIE LINKE eine Normenkontrollklage. Wie mein Kollege Klaus Bartl sagen würde, müssten wir ja mit dem Klammersack gepudert sein, wenn wir der vorzeitigen Behandlung eines fragwürdigen Gesetzes gestern zugestimmt hätten.
Verehrter Herr Dulig, sehen Sie das doch jetzt als Chance. Ziehen Sie das Gesetz zurück, überarbeiten Sie entsprechende Passagen – dazu gab es genügend Anregungen. Regeln Sie Gesetze und Verordnungen und schärfen Sie die Aussagen im Gesetz.
Herr Dulig, zu Ihrem kleinen Wortspiel vom Montag, wir seien nicht links, sondern link, möchte ich nur anmerken, dass dafür Ihr Verhalten äußerst linkisch war. Wegen Ihres Agierens stehen wir nun vor einem Scherbenhaufen. Den werden andere, zum Beispiel die Hochschulen, wegtragen müssen. Nun versuchen Sie noch, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben. Aber, Herr Dulig, am Ende ist es Ihr Gesetz und die Verantwortung dafür liegt bei Ihnen und natürlich auch bei Herrn Flath.
Es wäre nicht das erste Gesetz, zu dem die Sachverständigen juristische und verfassungsrechtliche Bedenken äußerten und bei dem Sie sich selbstherrlich darüber hinweggesetzt haben. Allein DIE LINKE hat in den letzten Jahren 16-mal vor dem Verfassungsgerichtshof Recht bekommen, während Sie verloren haben und nachbessern mussten. Ihre Weisheit, Herr Flath, „Alle unzufrieden, dann muss es gut sein“, wird Ihnen vor dem Verfassungsgerichtshof auch nicht weiterhelfen.
Ersparen Sie den Hochschulen diese Tortur und legen Sie uns ein vernünftiges und zeitgemäßes Gesetz vor!
Auch wir sehen, dass ein neues Gesetz zwingend notwendig ist. Deshalb haben wir am 1. September 2006 ein eigenes Gesetz eingebracht. Es existieren offensichtlich hochschulpolitische Probleme in Sachsen, die einer Antwort bedürfen. Herausgegriffen seien die extrem hohen Studienabbrecherzahlen. Es kann doch nicht sein, dass Hochschulen ihre Seminare ausdünnen, indem sie systematisch Durchfaller produzieren. Wir haben in Sachsen eine besonders niedrige Promovierendenquote. Es ließe sich Weiteres aufzählen.
Ein weiterer Grund, warum wir ein neues Hochschulgesetz brauchen, ist die Erfüllung der langjährigen hochschulpolitischen Forderungen der Linken für eine Demokratisierung der Hochschulen sowie der Forderung nach Durchlässigkeit im Bildungssystem und nach dem lebenslangen Zugang zu den Hochschulen, unabhängig vom sozialen Status.
Wir haben deswegen ein Gesetz eingebracht, dessen Grundzüge sich an vier Punkten orientierten: eine möglichst weitgehende Organisations-, Finanz- und Personalautonomie für die Hochschulen, eine modernisierte Mitbestimmung, eine radikale Beschränkung der ministerialbürokratischen Regulierungsgegenstände und die Stärkung der Steuerungskompetenzen des Landtages. Hervorheben möchte ich nur kurz die Studienreform als kontinuierlichen Bestandteil der Hochschulentwicklung.
Herr Mannsfeld, Sie haben gesagt, die Studierenden hätten nie darüber gesprochen, dass sie in der Regelstudienzeit studieren wollen. Sie wollen das schon gern, aber sie können nicht, weil die Hochschulen zum Teil so schlecht ausgestattet sind, dass es gar nicht möglich ist, in der Regelstudienzeit das Studium abzuschließen.
Weitere Forderungen von uns sind ein Teilzeitstudium für alle Studiengänge, denn mehr als die Hälfte der Studierenden muss neben dem Studium arbeiten. Wir wollen auch ein einsemestriges Orientierungsstudium, damit sich die jungen Menschen gut für ein Studium entscheiden können und wir nicht weiterhin so hohe Studienabbrecherquoten haben. Alle Bachelorabsolventen erhielten bei unserem Gesetz die Möglichkeit, auch einen Masterstudiengang zu absolvieren.
Ein zweiter Aspekt ist die Modernisierung der hochschuleigenen Mitbestimmung. Die Hochschulen können nach dem Hochschulreformgesetz der Linken ihre Organisationsstruktur weitgehend eigenständig regeln. Es wären im Wesentlichen zwei Grundsätze getroffen, nämlich dass das grundordnungs-, also satzungsgebende Gremium die Entscheidung über die Grundordnung förderparitätisch trifft. Das heißt, Professorinnen und Professoren, akademischer Mittelbau, sonstige Beschäftigte und Studierende sitzen gleichberechtigt in diesen Gremien. Dieser Grundsatz der gleichberechtigten Vertretung dieser vier genannten Gruppen muss für alle anderen relevanten Entscheidungsgremien auch zutreffen. Autonomie verknüpft sich so für uns zwingend mit der Mitbestimmungsmöglichkeit für alle Hochschulmitglieder.
Zu den Änderungen beim Personal nur so viel: Der Flächentarifvertrag für den öffentlichen Dienst Sachsens würde für alle Hochschulangehörigen beibehalten werden. Unsere Forderung wäre außerdem, dass zukünftig alle nur noch im Angestellten- und nicht mehr im Beamtenstatus eingestellt werden.
Im Gegensatz zu Ihnen will DIE LINKE auch die stiefmütterliche Behandlung der Fachhochschulen aufheben. Mit dem Gesetzentwurf hätten die Fachhochschulen das Promotionsrecht erhalten und die immer wieder auftretende Benachteiligung beim Übergang der Studierenden von der Fachhochschule zur Universität wäre beendet worden.
So weit kurz zu unserem Gesetzentwurf. Leider wurde dieser bereits abgelehnt, sonst hätten die Hochschulen schon lange in Ruhe arbeiten können. Aber mit dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liegt heute ein Entwurf vor, in dem wir unsere Schwerpunkte im Wesentlichen wiederfinden.
Lieber Kollege Gerstenberg, es war sicherlich nicht einfach, dieses gute Gesetz so lange liegen lassen zu müssen. Jetzt bedanke ich mich aber bei Ihnen dafür, denn so ist es uns möglich, heute einem abstimmungsreifen Gesetz zuzustimmen.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Raatz, ich wollte nur fragen, ob Ihnen aufgefallen ist, dass ich nicht die Einbringung von Änderungsanträgen an sich kritisiert habe, sondern den Fakt, dass diese im letzten Moment eingebracht wurden, und dass es eine große Zahl von Änderungsanträgen war, die kaum noch zu überschauen war. Deshalb war es notwendig, diese vorzeitige Überprüfung durchzuführen und dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.
Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen aufgefallen ist, dass in unserem Gesetzentwurf schon zuvor gestanden hat, dass sich die Hochschulen natürlich an den Flächentarifvertrag Sachsens halten müssen, eine Tarifflucht also nicht möglich ist.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Wir beraten heute eine Gesetzesänderung, deren Inhalt es ist, die Auswahl bei örtlichen NC-Studiengängen, die schon beschränkt zugänglich sind, durch die Hochschulen auszuweiten. Die Auswahl soll verschärft werden. Zusätzlich zur Abiturnote sollen weitere Kriterien hinzugezogen werden, so das Diktat der Koalition.
Meine Damen und Herren! Dies ist nur ein weiteres Indiz für die Einschränkung von Hochschulautonomie, so die Experten in der Anhörung zum Hochschulgesetz, aber auch zum Hochschulzulassungsgesetz.
Herr Mannsfeld hat es ja schon gesagt, was im Gesetzentwurf geändert werden soll: Das Muss wird in ein Soll geändert. Sie haben aber auch schon gesagt: Soll wird zum Muss, wenn man kann. Die Beweislast liegt also dann bei den Hochschulen. Das heißt auch, Studierende – sie sind ja wirklich unheimlich findig, das wissen wir – werden die Lücken nutzen, um sich einzuklagen. Der Schwarze Peter landet so also bei den Hochschulen und diese können ihn wiederum nur an die Studierenden
weitergeben. Die künftigen Studierenden sind also aus unserer Sicht die eigentlich Leidtragenden.
Welche Auswirkungen haben denn diese zusätzlichen Auswahlverfahren? Da muss man zunächst fragen, was eigentlich das Ziel sein soll. Herr Wöller brachte es vor einiger Zeit bei einer ähnlichen Diskussion auf den Punkt. Er sagte nämlich: Studierunfähige Studierende sollen aussortiert werden. Heißt das dann, Studierende, die in Sachsen nur mit Abitur studieren konnten, seien unter Umständen unfähig? Ist das wirklich das Problem?
Man hört oft die Kritik der Professoren, die Studierenden seien zu schlecht, schlecht motiviert und beherrschten einfachste Grundregeln des wissenschaftlichen Arbeitens nicht. Wenn dem aber wirklich so ist, dann ist das doch nicht das Problem des Einzelnen, sondern das Versäumnis liegt in der Schule. Was ist dann ihr so hoch gelobtes Abitur noch wert?
Wir finden das Problem aber auch an anderer Stelle. Wie können denn Hochschullehrer, die Seminare vor manchmal 100 Menschen geben, einschätzen, welche Qualitäten ihre Hörenden wirklich haben?
Frau Raatz hat es letztlich auch einmal öffentlich erwähnt – mir wollte es ja niemand glauben –: Es gibt an manchen Hochschulen Hochschullehrer, die der Überfüllung in ihren Seminaren so Herr werden, dass sie durch entsprechende Prüfungen ausdünnen. Ja, diese Professoren haben es verstanden, was Sie jetzt auch umsetzen wollen: bessere Lehrbedingungen durch Selektion. Hier liegt das Problem.
Der Mangel an den Hochschulen hat dazu geführt, dass sich Studienbedingungen verschlechtert haben. Die Betreuungssituation hat sich verschlechtert. Es fehlen Bücher, Professoren, Seminare, Mittelbau usw. Das haben wir auch in der Anhörung zum Hochschulgesetz sehr deutlich hören müssen. Das Problem wird dieses Gesetz nicht ändern, sondern es wird es vielmehr verschärfen; denn – das wurde auch in der Anhörung gesagt – Auswahlverfahren binden mehr Personal, im Übrigen nicht nur in der Verwaltung, wie es im Gesetzestext heißt, sondern sehr wohl auch innerhalb des wissenschaftlichen Personals. Wer die Kosten dafür trägt, ist noch unklar. Unter Umständen werden diese auf die Bewerberinnen und Bewerber abgeschoben. Erfahrungen in anderen Ländern haben das schon bewiesen.
Mit dem vorliegenden Gesetz wird aus unserer Sicht die schwierige Situation an den Hochschulen allein auf die Studierenden abgeschoben. Es wurde gesagt, es werden durch die Verbesserung der Qualität des Ausbildungsprozesses weniger Studienabbrecher erhofft. Wodurch? Durch passfähigere Studierende. Wie soll denn ein Studierender passfähig sein – wenn ich einmal das Wort gebrauchen soll –, wenn er neben seinem Fulltime-Studium gezwungen ist zu arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die meisten im Saal wissen es sicher: 66 % der Studierenden sind erwerbstätig. Das heißt, dass sie mehr als zehn Stunden in der Woche zusätzlich zum Studium arbeiten müssen. Das erschwert die Studienreform, weil
immer weniger freie Zeit tatsächlich für Tätigkeiten bleibt. Die letzte Studie des Studentenwerkes hierzu hat gezeigt, dass fast die Hälfte der Studierenden aus finanziellen Gründen das Studium abbrechen muss.
Sollte also wirklich unser Ziel sein, Studienabbruch zu vermeiden, brauchen wir andere Instrumente. Einige liegen vor dem Studium. Darauf will ich jetzt nicht eingehen. Ich will über Hochschulpolitik sprechen.
Wir brauchen zum Beispiel am Anfang des Studiums Orientierungsphasen. Hier könnten zum Beispiel die Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens und der Lernmethodik vermittelt werden. Wir brauchen Beratungsgespräche. Wir brauchen die individuelle unterstützende Betreuung von Studierenden. Das muss ein Grundbestandteil des Studiums werden. Natürlich müssen wir die soziale Situation der Studierenden befördern. Wir brauchen also insgesamt mehr Aufstockung von Stellen statt Stellenabbau. Im Übrigen geht es natürlich auch um die didaktischen Fähigkeiten der Lehrenden an den Hochschulen, die immer noch zu wünschen übrig lassen.
Unser Ziel muss es also sein, die Studienqualität zu steigern und die Hochschulen für Studieninteressierte zu öffnen. Das ist natürlich der aufwendigere Weg, der eben nicht die Studierenden – egal, ob er die Studierenden auswählt oder nicht – mit der katastrophalen Situation an den Hochschulen allein lässt. In der derzeitigen Situation ist aus unserer Sicht das Hochschulzulassungsgesetz erst recht das falsche Signal.
Wir haben nun den Hochschulpakt. Wir wollen Studienanfängerzahlen halten. Wir machen aufwendige Werbecampagnen in Westdeutschland und haben trotzdem das Problem rückläufiger Anfängerzahlen. Warum? Der NC ist eine Hürde. Der NC mit weiteren Kriterien zur Abiturnote ist eine noch höhere Hürde. Jede zusätzliche Hürde wirkt sozial selektiv und verschreckt Studierende. Dazu gibt es auch entsprechende Studien.
Sachsen hat ja auch besondere Aufgaben. Nur 11 % der Studierenden in Sachsen stammen aus der niedrigen und 21 % aus der mittleren sogenannten Statusgruppe. Hier liegen wir unter dem Bundesdurchschnitt. Zusätzliche Hürden sind gerade für diese Studierenden eine potenzielle Gefahr und setzen das falsche Zeichen. Zusätzliche Auswahlkriterien werden eben vor allem diese Menschen aus bildungsfernen Schichten treffen. Das ist auch nicht unbegründet. Selbst die Bundesregierung hat gesagt, dass bei Auswahlgesprächen nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, dass auch ein schichtspezifischer Habitus die Auswahlentscheidung beeinflusst. Also können diese Auswahlkriterien nicht der richtige Weg sein.
Wir vermissen wirkungsvolle Initiativen, die zur Öffnung des Hochschulzugangs für Studieninteressierte aus den sogenannten bildungsfernen Schichten beitragen könnten. Sie würden die soziale Ungleichheit, die wir derzeit beim Studium haben, verringern.
Wir denken, der Gesellschaft geht damit viel verloren. Wir sprechen uns für Hochschulen aus, die sich in der
Gesellschaft für die Gesamtheit öffnen. Wir wollen, dass Studierende mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, Interessenlagen und Bedürfnissen an die Hochschulen kommen.
Ziel jeglicher Änderung in Bildungsgesetzen muss also sein, dass der Mehrfachselektion im deutschen Bildungssystem von Kita bis Hochschule endlich ein Ende gemacht wird. Aus unserer Sicht dient das Gesetz dem nicht.
Danke.
Frau Präsidentin! Ich würde gern die Änderungsanträge insgesamt einbringen.
Herr Mannsfeld wird sicher wieder bewerten wollen, dass wir den gleichen Änderungsantrag einbringen wie im Ausschuss. Ich möchte noch einmal sagen, dass aus unserer Sicht dem Problem im Ausschuss nicht abgeholfen wurde. Im Übrigen hoffe ich auf Denkprozesse auch in Ihrer Fraktion. Es ist ja immer noch möglich, Änderungsanträgen bis zur 3. Lesung zuzustimmen.
Zu unseren wichtigsten Änderungen. Unser Änderungsantrag bezweckt, den Hochschulen tatsächlich autonom Entscheidungen zu ermöglichen. Zum einen schafft der Änderungsantrag für die Hochschulen Rechtsklarheit. Denn ihre Sollregel – das habe ich ja vorhin schon erläutert – schafft Unklarheit. Wir setzen eine Kann-Regelung für die weitere Hinzuziehung von Kriterien zusätzlich zur Abiturnote. Im Übrigen geben wir der Abiturnote einen hohen Stellenwert, zeigen doch verschiedene Untersuchungen, dass genau diese eine recht hohe Korrelation zum Studienerfolg aufweist.
Die für die Hochschulen sehr hohe Verpflichtung, 60 bis 80 % der Zulassungen durch hochschulinterne Auswahlverfahren zu vergeben, geben wir mit unserem Änderungsantrag als Entscheidung in die Hände der Hochschulen. Diese können dann entsprechend ihren Möglichkeiten und Erfordernissen tatsächlich autonom und sachgerecht entscheiden. Herr Schmalfuß hatte das vorhin auch schon sehr deutlich erläutert.
Wenn es Auswahlverfahren gibt, dann müssen diese natürlich transparent gestaltet werden. Deshalb sind sie zu protokollieren und ein Beisitzer muss anwesend sein. Um
für die Studierenden bei fachspezifischen Studierfähigkeitstests einigermaßen objektive Bedingungen herzustellen, müssen diese mindestens anonym durchgeführt werden.
Soweit grundsätzlich zu unseren Änderungsanträgen. Lassen Sie mich noch ein Wort zu den bereits beschlossenen Änderungen im Fall der sorbischsprachigen Studienbewerber für die Lehramtsstudiengänge sagen.
Sicher kommt dieser Beschluss den Sorbinnen und Sorben in ihrem Kampf um die Einhaltung der Minderheitenrechte sehr entgegen, speziell um die Ausgestaltung für die Zukunft des sorbischen Volkes, eine qualitativ hochwertige Ausgestaltung der sorbischen Schulen, des sorbischen Schulsystems.
Wir müssen aber sagen, dass die Erfahrungen der Sorbinnen und Sorben bisher nicht unbedingt die besten waren. Ich erinnere nur an die leidvollen Diskussionen und auch Entscheidungen um Schulschließungen. Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, hier dem Schutz und der Förderung der sorbischen Sprache und Kultur entgegenzukommen. Dazu ist die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer besonders wichtig. Das dürfen also nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben. Ich bitte Sie eindringlich, dass wir gemeinsam auf die Umsetzung dieses Beschlusses schauen, damit es nicht so dahergeht, wie es bisher der Fall war.
Recht vielen Dank.
– Das erklärt vielleicht auch, warum heute so wenige Männer beim Blutspenden waren, wenn man schon davor erschrocken ist, dass ein
Gesetz umgesetzt und eine Datenbank eingerichtet werden soll. Also, was daran schreckhaft ist, kann ich nicht verstehen; aber entschuldigen Sie bitte.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrem Antrag einen Aspekt herausgegriffen, den auch die Große Anfrage zur Situation von Männern in Sachsen, die ich natürlich auch sehr genossen habe, unter vielen anderen ans öffentliche Licht gebracht hat. Ich nenne Ihnen die Zahlen noch einmal: Gerade einmal 4 % der Aufsichtsratsmandate des Freistaates in Beteiligungsunternehmen sind weiblich besetzt.
Zum Vergleich: So niedrig ist der Anteil in deutschen Unternehmensaufsichtsräten lediglich dort, wo es keine betriebliche Mitbestimmung gibt. In mitbestimmten Unternehmen liegt er wiederum bei 10,5 % und in börsennotierten bei 9,3 %. Zur Beschreibung dieser Situation fehlen eigentlich die Worte; denn lediglich von „weiblicher Unterrepräsentanz“ oder „männlichem Übergewicht“ zu sprechen ist stark untertrieben.
Die Realität ist: Die sächsischen Aufsichtsräte sächsischer Beteiligungsunternehmen sind in großer Mehrheit frauenfreie Zonen. Das zeigt sich beim Studium des Beteiligungsberichtes. Vonseiten der Staatsregierung tummeln sich dort Minister, Ministerialdirigenten, Staatssekretäre, Ministerialräte usw. Manche davon haben sogar mehrere Aufsichtsratsposten. Ich frage mich angesichts dieser männlichen Omnipräsenz, ob sie tatsächlich ausreichend verfügbare Zeit für diese Arbeit haben, wie dies im Leitfaden des sächsischen Innenministeriums „Qualifikation, Rechte und Pflichten der Aufsichtsratmitglieder in kommunalen Unternehmen“ empfohlen wird.
Ich zitiere: „Eine ordentliche und gewissenhafte Überwachung bedingt, dass das Aufsichtsratsmitglied über die zur Amtsausführung erforderliche Zeit verfügt, um mit der gebotenen Sorgfalt und dem notwendigen Engagement den Pflichten nachkommen zu können. Ist diese Zeit nicht verfügbar, ist von der Übernahme des Mandats abzuraten. Ergibt sich eine für die Amtsausübung schädliche Überlastung, muss das Mitglied den Rücktritt erwägen.“
Was den Kommunen angeraten wird, gilt offensichtlich für die Landesebene selbst nicht. Hier scheint nicht nur der Tag mehr als 24 Stunden zu haben, sondern die Staatsregierung lebt im Prinzip auch noch in einer ganz anderen Zeit, nämlich in der, als Frauen der Zugang zur Politik verwehrt war.
Eigentlich finde ich es ganz gut, wenn wir so mal ins Gespräch kommen. Vielleicht können wir das nachher etwas genauer diskutieren.
Noch einmal: Es ging darum, meine Herren von der CDU, dass wir eben nicht mehr in einer Zeit leben, in der Frauen keinen Zugang zur Politik haben, sondern es gibt für Frauen kein Verbot mehr. Rechtlich gibt es sogar eine Frauenförderung.
Das Fatale ist allerdings, dass die gesetzlichen Festlegungen ohne Sanktionsmöglichkeiten lediglich die Wirkung einer netten, unverbindlichen Bitte entfalten. Das ist an der Umsetzung des § 15 des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes leicht festzustellen. Im Dritten Frauenförderungsbericht heißt es angesichts des deutlich geringeren Frauenanteils von nur circa einem Drittel gegenüber zwei Dritteln Männern in Gremien lapidar: „Die Ursache hierfür dürfte überwiegend in der Funktionsbezogenheit der Gremienbesetzung liegen.“
Wenn die Staatsregierung ernsthaft etwas an der Misere ändern will, dann müssen Konzepte und Maßnahmen her, sodass der Frauenanteil bei den höheren Funktionsträgern spürbar erhöht wird. Hier hat Herr Tillich seine Chance verpasst, indem er das Kabinett wieder nur mit Männern besetzt hat. Er hätte tatsächlich ein anderes Zeichen setzen können, um hier etwas zu verändern.
Zum vorliegenden Antrag. Meine Fraktion wird ihm zustimmen, wenngleich wir die Wirksamkeit zweifelhaft sehen. Die Einflussmöglichkeiten bei den sächsischen Beteiligungsunternehmen bestehen einerseits nur in der Erhöhung des Frauenanteils im Bereich der funktionsgebundenen Mandate innerhalb der sächsischen Verwaltung und andererseits über nicht funktionsgebundene Aufsichtsratsmandate sowie Mandate der betrieblichen Arbeitnehmervertretungen. Hier allerdings bestehen keinerlei gesetzliche Aufforderungen, um auf die Erhöhung der Frauenanteile hinzuwirken.
Wiederum die Einrichtung einer Datenbank, in die sich qualifizierte Frauen als Bewerberinnen für Aufsichtratsposten eintragen können, ist zwar unschädlich, aber – so fürchte ich – weitgehend wirkungslos, sofern es sich um durch den Freistaat zu besetzende Aufsichtsratsposten mit Funktionsbindung handelt.
Ich musste ein bisschen lächeln, als Sie dazu aufforderten, dass die Datenbank beim SMWA eingerichtet werden soll; denn laut Drittem Frauenförderungsbericht ist es das Sächsische Staatsministerium mit dem niedrigsten Frauenanteil in den Gremien. Dort hat man es eigentlich besonders nötig.
Insofern ist dieser Antrag sicher ein richtiges Mosaiksteinchen. Ich befürchte nur, dass wir so nicht wirklich weiterkommen. Gleichstellung wird eben immer noch ins Sozialministerium abgeschoben. Ich möchte daran erinnern: Auf die Frage im Ausschuss, wie mit der unerträglichen Nichteinhaltung des Frauenförderungsgesetzes – wie gesagt, es geht um ein Gesetz – in Ministerien und in der
Verwaltung nun umgegangen wird, hat Frau Orosz damals geantwortet, dass sie Briefe geschrieben habe, um die Einhaltung des Gesetzes anzumahnen. Das ist doch absurd.
Ich meine, Gleichstellung muss endlich zur Chefsache werden, und ich erwarte, dass nun der Ministerpräsident endlich entsprechend handelt. Im Übrigen hatte ich zu Beginn der Debatte tatsächlich Angst, dass der Ministerpräsident die Aufgabe, auf diesen Antrag zu antworten, seinem jungfräulichsten Minister überlassen wollte. Dann hätte ich wohl eher schwarzgesehen. Nun freue ich mich. Ich denke, dass Herr Jurk antworten und uns erklären wird, wie er, diese unerträglichen Zustände in seinem Ministerium abzustellen gedenkt.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Berufsakademie ist ein ganz entscheidender Faktor für die Entwicklung des Landes. Die vor 17 Jahren getroffene Entscheidung des Freistaates, den tertiären Bereich durch die Berufsakade
mien zu bereichern, hat sich als ein richtiger Weg erwiesen – so Prof. Karl Lenz in der Anhörung.
Es ist ein wichtiges, zusätzliches Angebot in Sachsen. Die Berufsakademie gewinnt vor allem durch die Regionalisierung an Bedeutung. Durch den Ausbau der Berufsakademien in den einzelnen Regionen werden nachhaltig die kleinen und mittelständischen Unternehmen gestärkt. Durch die jeweils ansässigen Studieneinrichtungen können regionale Anforderungen berücksichtigt werden. Es existiert eine enge Verknüpfung zwischen Hochschule, Studium und Wirtschaft. Veränderungen der Gegebenheiten können frühzeitig Berücksichtigung finden.
Die Berufsakademien sind also ein wichtiger Standortfaktor, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft. Sie sind für junge Menschen sehr attraktiv angesichts der Unsicherheit bezüglich der Studiengebühren – hier bekommen sie immerhin einen kleinen Obolus, ein kleines Einkommen – und der fast sicheren Arbeitsplätze, die nach Absolvierung der Berufsakademien für die Studierenden bereitstehen.
Aufgrund des hohen Praxisanteils des Studiums, in dem die regionalen Gegebenheiten berücksichtigt werden, sind die Studenten in hohem Maße nach dem Studienabschluss praxistauglich. Das erklärt die hohe Vermittlungsquote von 70, 80 % und mehr. Das liegt daran, dass sich die Unternehmen durch die Berufsakademien einen maßgeschneiderten Nachwuchs im Prinzip „backen“ können.
Doch wir glauben, dass in dieser Flexibilität und Spezialisierung auch eine Krux liegt. Zwar können die Absolventen der Berufsakademien schnell und sehr passgenau eingesetzt werden – zum Beispiel hat ein Unternehmer gesagt, dass Universitätsabgänger bis zu zwei Jahre lang eingearbeitet werden müssen und Absolventen der Berufsakademien nahezu direkt einsetzbar sind –; aber wir wissen auch, dass heute niemand mehr ein Leben lang in ein und demselben Beruf oder gar in ein und demselben Unternehmen arbeiten wird. So kann diese Spezialisierung für die weitere Erwerbsbiografie auch zum Hemmnis werden.
Mit der Vorlage des Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Berufsakademiegesetzes und der Anlehnung an die Erfordernisse des Bologna-Prozesses könnte man dem entgegenwirken, denn eine gestufte Studienstruktur wird jetzt im tertiären Bildungsbereich eingeführt. Der Bachelorabschluss der Berufsakademie wird dem Bachelorabschluss der Hochschulen gleichgestellt. Die Abschlüsse der Berufsakademien werden einem Akkreditierungsverfahren unterzogen und die künftigen akkreditierten Bachelorabschlüsse hochschulrechtlich den Hochschulabschlüssen gleichgestellt.
Das stellt die Berufsakademien vor ganz besondere Herausforderungen, wie es ein Sachverständiger in der Anhörung betont hat; denn die Hochschulen erwarten, dass die Studierenden so ausgebildet sind, dass ihr erworbenes Wissen anschlussfähig ist. Das erfordert, dass die Studierenden so auszubilden sind, dass den Anforderun
gen von möglichen, sich anschließenden Masterstudiengängen an anderen Hochschulen Genüge getan wird.
Man muss sagen, dass die BA-Studiengänge akademischen Anforderungen bisher kaum genügten. Die Verbindung von Wissenschaft und Forschung gibt es nicht in der gleichen Intensität wie an einer Hochschule. Dem Ziel eines akademischen Studiums, dem eigenständigen Umgang mit Wissen, der Fähigkeit zu methodisch geleiteter Kritik und der Befähigung, über das einfache Wissen hinaus Strukturen und Prozesse verstehen zu können, konnte die BA so nicht gerecht werden; denn sie bildete praktisch, für den Beruf aus. Allgemeine bzw. theoretische Bildung kommt dann zu kurz, wenn sich die Ausbildung ausschließlich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientiert. Die BA war deshalb bisher eher eine bessere Fachschule. Damit war sie ein wichtiger Teil innerhalb des Systems hier in Sachsen, jetzt aber steht sie vor einer neuen Zukunftsherausforderung.
Ein Problem, das sich hieraus auch ergibt, ist der Übergang der Absolventen der BA an eine Hochschule, um dort ein Masterstudium aufnehmen zu können; denn außer dem Bachelor, der ein Masterstudium absolvieren möchte, gibt es nun auch die Diplomabsolventen, die ebenfalls den Master erwerben möchten. Hier besteht also Handlungsbedarf.
Neben der Rechtssicherheit, die nun mit dem Gesetz geschaffen werden soll, ist auch die Flexibilisierung der Studienangebote zu begrüßen. Wir begrüßen zum Beispiel, dass Studienabschnitte auch berufsbegleitend oder in Teilzeitform angeboten werden können. Das kommt nicht nur den Praxispartnern entgegen, sondern auch den Menschen in den jeweiligen Berufsprozessen, und fördert lebenslanges Lernen.
Fazit. Zunächst einmal ist festzustellen, dass der hier unternommene Schritt in die richtige Richtung weist, wenn es um die Schaffung von Studienplätzen und die neue Orientierung am europäischen Hochschulraum geht. Damit die intensivierte Durchlässigkeit in der Realität funktioniert und Mobilität gefördert werden kann, bedarf es jedoch bestimmter Kriterien und Mindeststandards bei den neuen Studiengängen. Außerdem müssen sich die sächsischen Hochschulen für die neuen Absolventen öffnen.
Darüber hinaus halten wir es für wichtig, dass die Modularisierung entsprechend gemeinsam mit den Studierenden unternommen wird. Hierzu bedarf es entsprechender Studierendenbefragungen, der Einbeziehung in die Gremien, aber auch, dass Qualitätsanalysen aufseiten der Praxispartner vorgenommen werden. Außerdem plädieren wir dafür, dass – wie bei den Hochschulen – die Mitbestimmung der Studierenden gestärkt wird.
Einen entsprechenden Änderungsantrag haben wir eingebracht. Auf diesen werde ich nachher noch eingehen. Jetzt nur so viel: Zurzeit umfasst die Studienkommission lediglich eine Studierendenvertreterin bzw. einen Studierendenvertreter und bis zu zwölf andere Mitglieder können bestellt werden. Hier wäre eine paritätische
Besetzung von Vorteil, da in diesen Gremien Vorschläge für die Studienordnung beraten werden, sodass die Studierenden im Sinne einer Qualitätsentwicklung beteiligt werden müssen.
Ich denke, Sie sehen anhand der Ausführungen, dass doch einiger Handlungsbedarf besteht – sowohl jetzt, ganz schnell, als auch in Zukunft. Wir werden Ihnen durch unsere Änderungsanträge Gelegenheit geben, darauf noch einmal zu reagieren, und ich werde näher darauf eingehen.
Danke schön.
Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich gern unsere Änderungsanträge insgesamt einbringen.
Ich möchte kurz die Gelegenheit nutzen, etwas zu den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen zu sagen, die leider schon im Ausschuss beschlossen wurden. Hier geht es vor allem um die Regelungen des Studienablaufs und die Abschaffung des Freiversuches, was wir als problematisch ansehen. Beide Regelungen wurden mit dem Hinweis begründet, dass es an den BAs einen gestrafften Studienablauf gibt. Das ist aus unserer Sicht ein unsinniger Rückgriff. Auf der einen Seite geht es darum, den Bachelor einzuführen – was ja auch eine Modularisierung und Flexibilisierung des Studiums ermöglicht –; auf der anderen Seite schränken Sie das gleichzeitig wieder ein, indem Sie auf die alten Strukturen verweisen. Diese Regelungen behindern aus unserer Sicht eine eigenständige Studienplanung der Studierenden. Die vorherige Regelung, wonach der Studienablaufplan einen empfohlenen Verlauf des Studiums darstellt, war aus unserer Sicht besser. Wir bedauern auch, dass der Freiversuch gestrichen wurde, denn zum einen findet er sich im neuen Hochschulgesetz wieder –,
und wenn es darum geht, die BAs langfristig an die Hochschulen anzugleichen, ist es unsinnig, hier zurückzugehen. Andererseits ist das Ziel der neuen Hochschulgesetzgebung eine erhöhte Flexibilisierung in der Studienorganisation. Dazu hätte der Freiversuch beitragen können.
Wir lehnen auch ab, – –
Ach, Herr Mannsfeld, wenn wir einen Änderungsantrag eingebracht hätten, hätten Sie ihm wahrscheinlich nicht zugestimmt, oder? – Herr Mannsfeld, dann bitte ich Sie, ihn jetzt noch mündlich zu stellen. Dann können wir uns in der Weise entgegenkommen.
Wir lehnen auch die nach wie vor enthaltene Regelung ab, wonach der Praxispartner einer Zulassung zur zweiten Wiederholungsprüfung zustimmen muss. Insgesamt trägt der Gesetzentwurf den neuen Anforderungen an akademische Bildung nicht genügend Rechnung; denn auf der einen Seite sollen sich die BAs durch Studienmodule usw. öffnen; auf der anderen Seite werden die Studierenden in ihrem Studienablauf eingeschränkt.