Gisela Schwarz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun ist es auch bei mir so weit: Es ist meine letzte Rede im Sächsischen Landtag, zumindest als Abgeordnete. Es kann ja sein, dass man sich an der einen oder anderen Stelle wiedersieht.
Der Antrag macht es mir wirklich nicht leicht. Einerseits beschreibt er eine Vision, die ich unterstütze, andererseits bin ich enttäuscht von den GRÜNEN.
Parteiprogramm ist das eine, aber Gesetze, auch das Haushaltsgesetz, welches wir in der Koalition gemeinsam beschlossen haben, sind das andere.
Das, was Sie heute so ad hoc verlangen, hat nichts, ja nichts mit solider Haushaltspolitik zu tun und da bin ich von Ihrer Frontfrau Antje Hermenau sehr enttäuscht.
Der Schlüssel – wir wissen es aus der Anfrage der SPDFraktion – 1 : 4 in der Krippe bedeutet Mehrkosten von 92 Millionen Euro. Die Veränderung des Schlüssels auf 1 : 10 im Kindergarten bedeutet 98,5 Millionen Euro und die Absenkung des Schlüssels im Hort von 1 : 19 auf 1 : 15 – das habe ich überschlagen – rund 60 bis 70 Millionen Euro. Da kommen 250 bis 260 Millionen Euro zusammen. Das ist letztlich eine Summe, um mal einen Vergleichswert herzustellen, wie wir sie im gesamten Kita-Bereich in diesem Haushaltsentwurf stehen haben.
Woher soll das kommen? An welcher Stelle im Haushalt wollen Sie die Mittel wegnehmen? Das steht nicht in Ihrem Antrag. Das würde 3 000 Erzieherinnen bedeuten, die wir zurzeit nicht haben.
Noch, ich will nicht sagen, merkwürdiger, aber doch etwas seltsam erscheint mir der Punkt 2. Es soll eine Bundesratsinitiative für eine Höhergruppierung für Sozial- und Erziehungsberufe gestartet werden. Das ist schon mal schwierig, sich mit den anderen Bundesländern über die Eingruppierungen zu verständigen, da dies doch auch Sache der Tarifparteien ist. In der Begründung weisen Sie darauf hin, dass die Veränderung des Tarifsystems von BAT zu TVÖD oder TVL zu Benachteiligungen führt. Ich sage Ihnen aber, dass Tarifverträge immer von zwei Seiten beschlossen werden.
In den jetzigen Tarifverhandlungen geht es um Nachverhandlungen zum Tarifvertrag von 2005 und um einen Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz. Nach Ihrer Forderung soll allein der Freistaat durch Anhebung des Landeszuschusses die höheren Eingruppierungen finanzieren. Wissen Sie, was das für eine Summe darstellt? Sie haben sie nicht benannt, aber Sie überspringen teilweise drei
Eingruppierungsstufen. Das ergibt eine Summe, die wir überhaupt nicht leisten können. Sie sagen wiederum nicht, wo Sie die Mittel wegnehmen wollen. Die Streiks der Erzieherinnen haben Sie offenbar bewogen, über alle haushalterische Vernunft hinweg diesen Antrag zu stellen.
Unter Punkt 3 fordern Sie die Verbesserung des Gesundheitsschutzes und räumen selbst ein, dass die Umsetzung der Forderung im Rahmen eines Tarifvertrages vorzuziehen ist. Das sehen wir auch so. Ich sehe vor allem die Kommunen – Sie haben es auch gesagt – und deren Gremien in der Pflicht, sich um diese Fragen zu kümmern. In der Praxis gibt es dazu bereits einige recht gute Ideen. Ich war mit meinem Kollegen Gerlach und der jetzigen Staatsministerin Clauß in Den Haag in den Niederlanden und wir haben uns eine Kita angeschaut. Dort gab es sehr hohe Tische und sehr hohe Stühle. Es gab aber wiederum auch einige Ängste bei den Eltern, dass die Kinder dort herunterfallen könnten. Wir müssen also, wenn wir auf diesem Gebiet weiterkommen wollen – und das wollen wir – alle einbeziehen, sicherlich auch das Land, aber auch die Kommunen, die Eltern und die Kinder, die Erzieherinnen und alle, die sich in diesem Bereich engagieren. Insofern unterstützen wir die Forderungen der Erzieherinnen. Es gibt Tipps von ver.di, wie man sich helfen kann.
Da Sie eine Vision haben, tut es mir auch leid, Ihnen heute die Ablehnung dieses Antrages empfehlen zu müssen. Verlieren Sie es nicht aus den Augen. Ich werde nicht mehr direkt daran mitgestalten, vielleicht aber indirekt.
Ich möchte zum Abschluss noch sagen, dass ich in den letzten 19 Jahren viel gelernt und viele interessante Begegnungen und Erlebnisse gehabt habe. Es gab auch aufregende Erlebnisse, denn wir regen uns hier ja auch ab und zu einmal auf. Ich bedanke mich bei denjenigen, bei denen dies auf Gegenseitigkeit beruht, für die gute Zusammenarbeit.
Alles Gute, Adieu, aber auch auf Wiedersehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns – auch aufgrund des Zeitbudgets – in der Koalition darauf geeinigt, dass es vielleicht mit einem Redner abzuhandeln ist. Ich glaube, das kann nur in Ihrem Interesse sein.
Das ist natürlich wieder so eine typische Debatte, bei der man aus dem großen Datenmaterial, das uns jetzt dankenswerterweise vorliegt, sagen kann: Das Glas ist halb voll, oder das Glas ist halb leer. Die Opposition sagt natürlich: Das Glas ist halb leer. Wir sagen: Das Glas ist halb voll. Das sehen wir auch an den Daten in dieser Großen Anfrage.
Ich glaube, kein Thema hat uns in dieser Legislaturperiode so beschäftigt wie die Kindertagesbetreuung und die frühkindliche Bildung. Das war sicherlich auch nicht umsonst; es hat uns zu Recht beschäftigt. Es war auch ein Schwerpunkt meiner Fraktion.
Ich sagte schon, umfangreiches Datenmaterial steht uns zur Verfügung. Die Staatsregierung hat die Fragen entsprechend ihren Möglichkeiten ausführlich beantwortet.
Lieber Kollege Neubert, es ist natürlich schwierig, wenn kein statistisches Material vorliegt, auf bestimmte Fragen zu antworten. Etwas erschwert hat den Lesefluss auch der Verweis auf diverse Kleine Anfragen, weil es dann schwierig ist, die gesamte Datenfülle zu überschauen. Aber trotzdem aus Respekt vor den Fragestellern und der Staatsregierung möchte ich mich mit einigen Aspekten beschäftigen.
Wir stellen fest: Die unter Einjährigen werden überwiegend in der Familie betreut. Ich denke, das ist eine Entscheidung, die eine Familie selbst zu treffen hat.
Die sogenannte Besuchsquote der Ein- bis Dreijährigen, der Drei- bis Sechsjährigen und der Sechs- bis Elfjährigen hat sich – abgefragt in der Großen Anfrage – von 2005 bis 2008 erhöht. Im Ländervergleich können wir uns damit wirklich sehen lassen. Das ist meine Meinung dazu.
Auch die Betreuung in der Kindertagespflege hat sich geringfügig erhöht, wenn auch auf niedrigem Niveau. Hier müssen eben auch die Kommunen sorgsam prüfen, inwieweit sie dieses Angebot in der Bedarfsplanung berücksichtigen, sowohl vor dem Hintergrund der Wünsche der Eltern als auch der Flexibilität.
Was die Flexibilität in den Öffnungszeiten betrifft, so haben wir vor vielleicht zwei, drei Jahren und jetzt erneut wieder in vielen Kommunen mit den entsprechenden Verantwortlichen und den Eltern gesprochen. An vielen Stellen wird der Bedarf nicht gesehen, und Angebote zu flexiblen Öffnungszeiten mussten zum Teil wieder zurückgenommen werden, weil sie nicht wahrgenommen wurden. Das ist natürlich schon eine schwierige Situation für die Kommunen.
Die Abfrage zu fehlenden Krippen-, Kindergarten- und Hortplätzen zeigt, dass es sachsenweit gesehen kein flächendeckendes Problem ist. Dass wir natürlich den Ausreißer Dresden haben, wo die Kinder zu 40 % nicht in der Krippe untergebracht werden können, ist eben auch der Politik in der Stadt Dresden zuzuschreiben.
Lieber Kollege Neubert, wenn Sie noch einmal in der Großen Anfrage nachlesen: Leipzig konnte allen einen Platz anbieten. Das müssen Sie noch einmal nachlesen; bei mir liegt es auf dem Platz aufgeschlagen.
Es gibt Wartezeiten bei bestimmten Wunscheinrichtungen. – Lesen! Lesen! Wirklich lesen und vergleichen.
Dresden und andere Kommunen müssen sicher noch ihre Hausaufgaben bis 2013 machen, wenn der Rechtsanspruch in Kraft tritt.
Auch in der Frage der Zugangsbeschränkung – von Frau Schütz und Herrn Neubert angesprochen – sind wir jetzt auf dem neuesten Stand. Wir sind gegen diese Bedarfseinschränkung ohne Wenn und Aber. Es sind jedoch auch wieder in den neuen Landkreisen Einschränkungen durch die Auslegung des Bedarfsbegriffes erfolgt.
Siehe da: In meinem Erzgebirgskreis – gültig ab 01.08.2009 – habe ich nicht vernommen, dass dort die FDP heftig widersprochen hat. Wieso auch? Sie ist ja in einer Koalition mit der CDU. Da sind Sie wenig glaubhaft. Auch in anderen Landkreisen – Leipziger Land, Vogtlandkreis – habe ich so etwas nicht vernommen.
Viele Probleme, die in der Großen Anfrage angesprochen werden, berühren eben auch die Verantwortung der Kommunen. Nur mit ihnen gemeinsam kann der Freistaat bestimmte Probleme lösen. Denn wenn die Kommunen nicht sehen, dass hier wichtige Veränderungen notwendig sind und auf unseren Artikel 85 Abs. 2 pochen, haben wir ein Problem. Die Kommunen müssen mitziehen.
Wir haben eine Ausgewogenheit von öffentlichen und freien Trägern. Das ist etwas, was wir auch mit unserem Gesetz angestrebt haben. Die Anzahl der Betriebs-Kitas ist ebenfalls gestiegen.
Überwiegend arbeitet Fachpersonal in den sächsischen Einrichtungen. Der Anteil des Fachpersonals mit Hochschulabschluss hat erfreulicherweise zugenommen. Betrachten wir die Altersstruktur, zeigt sich, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, insbesondere wenn wir den Betreuungsschlüssel verbessern wollen. Hier ist es fünf vor Zwölf. Land und Kommunen müssen schnellstens aktiv werden.
Mit einer weiteren Erhöhung der Ausbildungskapazität ist dieses Problem unbedingt in den Griff zu bekommen. Ein Weg aus der Misere wäre, den Kreis möglicher Fachkräfte in unseren Kitas zu erweitern. Beispielsweise wären Magisterabschlüsse von Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftlern geeignet, hier anerkannt zu werden. Ich bitte das SMK, dieses noch einmal zu prüfen. Andere Länder sind diesen Weg gegangen. Wir könnten Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftler so auch in Sachsen halten.
Aufhorchen sollten alle und sich die Zahlen genau ansehen, die eine schnelle und drastische Verbesserung beim Personalschlüssel fordern. Uns fehlen das Fachpersonal und der Goldesel. Wir werden hier nur schrittweise vorankommen, aber wir müssen vorankommen. Es geht zum Beispiel um die Forderung von 1 : 10. Schauen Sie sich die Zahlen einmal an. Wir bräuchten 3 000 Erzieherinnen mehr und die Millionen dazu. Es ist nicht auf einmal zu lösen.
Erstaunlich ist, dass die Betriebskosten sich nicht drastisch erhöht haben, an einigen Stellen sogar leicht gesunken sind. Dieses haben die Kommunen immer beklagt und argumentiert, dass die Erhöhung der Landespauschale dadurch aufgefressen würde. Mitnichten!
Auch die Elternbeiträge sind vielleicht im Krippenbereich etwas gestiegen. Aber man kann sie wohl noch als moderat bezeichnen. Grundlage der Elternbeiträge ist ja auch die gesetzliche Regelung. Hier hat sich das Land verstärkt in die Finanzierung begeben.
Die Umsetzung des Bildungsplanes in den Kitas ist erfolgreich. Die Erzieherinnen haben engagiert Weiterbildungsveranstaltungen besucht, und dies meist in ihrer Freizeit. Hier ist wirklich ein großes Lob angebracht.
Aber Lob allein reicht nicht; es ist an der Zeit, den Erzieherinnen und Erziehern eine entsprechende Wertschätzung, auch finanziell, zukommen zu lassen. Ich bleibe dabei, dass zunächst eine tarifliche Einigung die entscheidende Weichenstellung geben muss.
Was ist in den letzten fünf Jahren geschehen? Wir haben es schon gehört. Sicherlich sagt die Opposition: Wir sind gar nicht vorangekommen. Mir hat auch nicht gefallen, was Kollege Heitmann heute gesagt hat.
Frau Staatsministerin Stange ist schon darauf eingegangen. Ich sage dazu: Arbeit verdoppelt, Ergebnis halbiert? Ich glaube, Kollege Heitmann, Sie werden damit auch Ihren Kolleginnen und Kollegen in der eigenen Fraktion nicht gerecht, mit denen wir gemeinsam einiges auf die Beine gestellt haben.
Die Investitionen waren 2004 auf null gestellt. Heute sind es jährlich circa 45 Millionen Euro ohne Konjunkturpaket. Das Kita-Gesetz wurde modernisiert, die Pauschale erheblich erhöht. Die Umsetzung des Bildungsplanes wurde finanziell untersetzt. Tatsächlich haben wir mit der letzten Erhöhung der Landespauschale einen faktischen Betreuungsschlüssel im letzten Kindergartenjahr von 1 : 12, im Jahr davor von 1 : 12,5. Wir werden daran weiterarbeiten. Aber auch so etwas muss man, bitte schön, zur Kenntnis nehmen.
Wir haben im Hochschulbereich mehr Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen. Es gab die Anstrengungen von Frau Orosz und Frau Staatsministerin Stange, sich hier auch mit den Hochschulen und finanzieller Untersetzung im Doppelhaushalt auf den Weg zu begeben. Die Beitragsfreiheit für die Eltern im letzten Kindergartenjahr ist uns ganz wichtig. Das ist ebenso eine familienunterstützende Maßnahme, die auch die Kommunen entlastet.
Insofern ist weiter daran zu arbeiten. Das ist uns sehr bewusst. Aber man muss auch verantwortungsvoll mit der Situation umgehen und kann sie nicht übers Knie brechen.
Frau Kollegin Schütz, wissen Sie, warum manche Kommunen die Kindertagespflege nicht in den Bedarfsplan aufnehmen? Das ist ja die Voraussetzung. Wissen Sie das?
Weil in der jeweiligen Kommune ausreichend freie Krippenplätze zur Verfügung stehen und die Kommunen es sich nicht leisten können, beides zu finanzieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder unabhängig von der Erwerbssituation ihrer Eltern zu betrachten ist richtig und gerecht. Aus diesem Grund wird Kindergeld auch an alle Kinder ausgezahlt, selbst an Millionärskinder, wenn sie dies beantragen. Trotzdem profitieren Kinder im Rahmen des Familienleistungsausgleichs unterschiedlich.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss der Gesetzgeber das Existenzminimum von Steuern freistellen. Das wird gegenwärtig mit dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht getan. Zusätzlich gibt es einen Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung. Das ist das Dilemma. Die Steuerfreibeträge wirken sich jedoch je nach Einkommen und Familienstand unterschiedlich aus. Kinder werden somit nach dem Einkommen ihrer Eltern behandelt. Es gilt jedoch, jedem Kind möglichst die gleichen Chancen zu gewähren.
Eine einheitliche Kindergrundsicherung könnte ein Weg aus dieser Misere sein. Kinder würden unabhängig von ihrer Herkunft und der Familie, in der sie leben, gefördert. Die Kindergrundsicherung soll der Einkommensteuer unterliegen. So erhalten Gutverdiener weniger als Niedrigverdienende, und Bedürftige bekommen die volle Summe. Damit könnten Kinder besser vor Armut geschützt werden, sofern sichergestellt ist, dass dieses Geld tatsächlich den Kindern zugute kommt.
Damit möchte ich keinesfalls der im Moment oft geführten Diskussion, Eltern würden das Kindergeld für Zigaretten oder Alkohol ausgeben, Vorschub leisten, denn ich halte diese Einwände für indiskutabel. Einzelne, sicherlich schlechte Beispiele sollen als Vorwand dienen, keine familienpolitischen Fragen mehr in Angriff zu nehmen.
Noch einmal zum Konzept. Ich halte den Vorschlag für eine Kindergrundsicherung für eine Idee, über die es sich aus unserer Sicht ausführlich in den nächsten Monaten – ich vermute, es wird Jahre dauern – zu diskutieren lohnt.
Wir begrüßen einen solchen Diskussionsprozess ausdrücklich. Es sind Wohlfahrtsverbände, Wissenschaftler und andere gesellschaftliche Gruppen, die jetzt ein Konzept in die Diskussion gebracht haben. Dass die Linksfraktion aber gleich jedes Papier nimmt und eins zu eins im Bundesrat verabschiedet wissen will, zeugt wahrlich nicht von einem professionellen Politikverständnis – der Populismus macht eben auch bei diesen Themen nicht halt –, und dann wäre mit einer Grundsicherung beispielsweise die Forderung nach kostenloser Mittagsversorgung obsolet. Sie haben ja jetzt noch mehr Verwirrung in die Sache gebracht, was den Einzelfall betreffen würde.
Es geht den Initiatoren um die Summe von rund 500 bzw. speziell 502 Euro. Diese sollen nur so lange gezahlt werden, bis sämtliche Leistungen für Bildung, Betreuung und Erziehung kostenfrei zur Verfügung stehen. Ist die Mittagsversorgung nun eine Betreuungsleistung? Hierüber ist noch zu diskutieren.
Auch auf die Frage des Ehegattensplittings hat Herr Krauß hingewiesen. Ich begrüße, dass die Diskussion darüber weiter geführt wird. Wir wissen aber, dass es in der Vergangenheit schwer war, in dieser Sache Mehrheiten zu finden, um hier endlich Ergebnisse zu erzielen. Der Begriff Familiensplitting wird auch an der einen oder anderen Stelle genannt. Es handelt sich um eine sehr komplexe Umgestaltung, die ich nicht für einfach halte, denn Leistungen wie Unterhaltsvorschuss oder BAföG sollen in der Kindergrundsicherung aufgehen. Auch die Finanzierungslücke von circa 10 Milliarden Euro steht noch im Raum. Darauf haben Sie auch keine Antwort.
Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Diskussion zu führen. Es ist wichtig, dass es keine Armut gibt, dass es bei den Kindern nicht danach gehen kann, in welcher Situation die Eltern sind. Wir müssen jetzt diesen Diskussionsprozess führen und nicht gleich so tun, als könnten wir es eins zu eins sofort in Politik umsetzen.
Kollege Neubert, ich habe gesagt, dass das im Einzelfall zu noch mehr Verwirrspiel führt. Vielleicht können Sie mir antworten, weil ich es nicht verstehe. Wenn zum Beispiel Schulgeld für Privatschulen, was sich eigentlich nur Eltern mit relativ hohem Einkommen leisten können, oder das BAföG enthalten ist, was an die Einkommenssituation der Eltern gekoppelt ist, wie soll das im Einzelfall funktionieren?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach anfänglicher Skepsis bin ich froh, dass wir einen interessanten Diskussionsprozess heute zu einem vorläufigen Ende bringen bzw. am Freitag in der 3. Lesung – Ihnen liegt ja noch ein Änderungsantrag vor.
Ich kann die Meinung überhaupt nicht verstehen, dass wir einen Gesetzentwurf durchgepeitscht hätten.
Es hat Befassungen im Plenum und im Ausschuss sowie eine sehr gute Anhörung dazu gegeben. Es gab auch Veränderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf. Ich bin froh, dass wir den Gesetzentwurf der Staatsregierung gemeinsam mit unserem Koalitionspartner in für uns ganz wichtigen Punkten ändern konnten.
Moment, sofort! – Diese Veränderungen waren notwendig, um wirklich von einem
Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz sprechen zu können.
Sie wissen, dass wir in diesem Fall im federführenden Ausschuss nach der Geschäftsordnung korrekt verfahren sind.
Unser Anliegen ist: Bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und dies medienwirksam mit Forderungen an die Politik thematisiert wird, wollen wir Vorsorge und Frühförderung gesetzlich begleiten. Es wurde schon gesagt, dass die Inanspruchnahme der angebotenen Untersuchungen bisher nicht zufriedenstellend ist. Liegt die Inanspruchnahme bei U1 und U2 bei annähernd 100 %, liegt sie bei U8 bei kaum noch 80 %. Wir wollen, dass mehr Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen teilnehmen – deshalb das verbindliche Einladungswesen.
Es ist keine Pflicht und wird nicht als Ordnungswidrigkeit geahndet. Dies sei noch einmal gesagt, um das den Skeptikern deutlich zu machen. In der Diskussion zum vorliegenden Gesetzentwurf wurde von einigen Fraktionen, die den Gesetzentwurf ablehnen, immer wieder betont, das sei wenig geeignet, um Kindesvernachlässigung vorzubeugen. Aber dies ist doch nicht der alleinige Gesetzeszweck.
Welchen Hintergrund haben die Früherkennungsuntersuchungen? In erster Linie werden diese Untersuchungen durchgeführt, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. Ich mache das an einem Beispiel fest, um es zu verdeutlichen: Werden beispielsweise schon in der U7a – und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt – Sehschwierigkeiten bei Kindern festgestellt, dann kann sofort mit einer entsprechenden Behandlung begonnen werden. Nehmen Kinder an einer solchen Untersuchung nicht teil, erfolgen notwendige Behandlungen vielleicht zu spät.
Ganz entscheidend ist die gesundheitliche Vorsorge mit dem Nebeneffekt, auf Hinweise zur Kindeswohlgefährdung eben doch frühzeitig reagieren zu können. Die Beispiele und Erfahrungen, die Kollege Krauß beschrieben hat, teile ich.
Vereinzelt besteht die Befürchtung, dass der Gesetzentwurf unverhältnismäßig sei, weil er die Datenübermittlung an das Jugendamt anordnet, ohne dass gewichtige Gründe für die Gefährdung des Kindeswohls vorliegen. Diese Bedenken haben wir aus meiner Sicht durch unseren Änderungsantrag ausgeräumt. Im § 2 Abs. 5 in der Fassung des Änderungsantrages ist normiert, dass nur, wenn dem Gesundheitsamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls des Kindes vorliegen, dies dem Jugendamt unverzüglich mitgeteilt werden soll. Gewich
tige Anhaltspunkte sind konkrete Hinweise oder ernstzunehmende Vermutungen.
Hinter dieser kompliziert anmutenden Formulierung – wegen der gewollten Missverständnisse möchte ich das noch ausführen – steckt ein doppelter Schutz vor ungerechtfertigten Verdächtigungen: Erstens werden nur Daten weitergegeben, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen. Zweitens erfolgt die endgültige Abschätzung über eine vorliegende Gefährdung durch die Experten des Jugendamtes. Entscheidend ist, dass durch die Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung nicht sofort auf eine Kindeswohlgefährdung zu schließen ist.
Wir wissen um die Bedenken des Datenschutzbeauftragten, aber wir haben uns im Diskussionsprozess aufeinander zubewegt. Uns hat auch motiviert, dass inzwischen diese Netzwerke vor Ort entstanden sind, zum Beispiel das Leipziger Netzwerk „Vertrauensvoll miteinander für die Kinder unserer Stadt“. Die Netzwerke sehen in dieser Gesetzesinitiative ein positives Signal und eine Hilfe für ihre Arbeit.
Zu diesen lokalen Netzwerken will ich einmal ganz konkret sprechen, weil ja immer wieder gesagt wird, wir würden kein Geld in die Hand nehmen. Diese lokalen Netzwerke werden durch den Freistaat mit 38 Personalstellen unterstützt. Das sind doch wohl keine Peanuts. Das stärkt auch die personelle Ausstattung der Jugendämter vor Ort.
Das stimmt überhaupt nicht, Frau Herrmann! Ich komme noch darauf zurück.
Diese Netzwerke gilt es weiterzuentwickeln. Wir haben deswegen auch die entsprechenden Formulierungen im Gesetz für notwendig befunden und verankert. Immer wieder wird die personelle Ausstattung der Jugendämter beklagt. Grundsätzlich ist dafür der örtliche Träger der Jugendhilfe zuständig.
Mein Kollege Krauß hat schon gesagt, was wir noch verändert haben, jetzt von U4 bis U8, was uns in der Anhörung empfohlen wurde. Man kann sich sicher auch noch mehr vorstellen. Auch die Forderung, dass wir auf ein Bundesgesetz warten sollen, ist für mich nicht vertretbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Gesetz noch in dieser Legislaturperiode des Bundestages zustande kommt, halte ich für relativ gering. Wir wollen jetzt handeln.
Ich denke, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auf dem richtigen Weg sind. Eine Berichterstattung über die Umsetzung und Auswirkung des Gesetzes im Jahr 2011 wird uns notwendige Korrekturen aufzeigen, wenn sie nötig sind, was die inhaltlichen wie auch die finanziellen Rahmenbedingungen betrifft. Bis dahin – das ist richtig, und Sie können es nicht infrage stellen – ist auch die finanzielle Unterstützung des Freistaates abgesichert. Ich hoffe, dass auch der nächste Sächsische Landtag die Verlängerung dieses Gesetzes beschließen wird.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass Deutschland eines der wenigen Länder ist, welche niedergelassene Fachärzte haben. Ich glaube nicht, Herr Zastrow, dass Großbritannien oder Finnland deswegen den Sozialismus predigen; das nur
einmal zu Ihrer Vorstellung. Ich glaube auch, dass wir an diesem System festhalten wollen.
Liebe Kollegin Strempel, ich schätze Sie ja sonst; aber das, was Sie heute zu diesem Thema gesagt haben, teile ich nicht. Sie werden ja wohl wissen, dass es der erweiterte Bewertungsausschuss war, in dem zu gleichen Teilen Vertreter von Krankenkassen und Ärzten und ein unparteiischer Vorsitzender miteinander entscheiden, dass dieser erweiterte Bewertungsausschuss die Honorarreform mit den Stimmen der Ärzte und gegen die Stimmen der Kassen beschlossen hat.
Das sollte man auch, bitte schön, wissen und nicht einseitig mit dem Finger auf die Ministerin zeigen. Das Geld verteilen nun einmal die Kassenärztlichen Vereinigungen. Insofern teile ich die Auffassung von Prof. Lauterbach, der sagt, wenn sie es nicht regeln können, dann müssen sie eben abgeschafft werden – was ja auch gewollt war in der Hinsicht, dass Ärzte mit den Kassen allein Verträge machen können. Das ist doch auch begrüßt worden. Hier muss man die Kirche im Dorf lassen.
Natürlich gibt es jetzt Diskussionen um diese Honorarreform. Die Erwartungen waren hoch. Transparenz und Planungssicherheit sollten hergestellt werden und es sollte gerade auch für die Ärztinnen und Ärzte im Osten ein Honorarzuwachs erfolgen. Wenn das nun auch erfolgt, sind diese natürlich still und gehen nicht auf die Barrikaden. Dort, wo es – in Bayern – einige Probleme gibt, wird diese Reform madig gemacht.
Wo sind denn die Mittel hingeflossen – immerhin 120 Millionen Euro für Sachsen? Ein großer Teil des Zusatzhonorars ist schon 2008 bei den Vertragsärzten angekommen und natürlich wird dieses zusätzliche Geld auch in diesem Jahr bezahlt. Aber das Wachstum von 2009 zu 2008 ist kleiner ausgefallen als erwartet und es verteilt sich unterschiedlich. Es gibt selbst in den Praxen gleicher Arztgruppen Unterschiede und so entsteht diese Diskussion.
Mittlerweile ist ein Übergangszeitraum von zwei Jahren ausgehandelt worden, in dem die Handlungsspielräume zum Verteilen der Mittel für die Kassenärztlichen Vereinigungen erweitert worden sind. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen hat angekündigt, die Spielräume zur Abfederung der Umsatzeinbußen zu nutzen. Dieser Impuls ist ja auch von unserer Gesundheitsministerin gekommen, denn die Planungssicherheit bei den Ärzten führt zur Sicherheit bei den Patientinnen und Patienten und stärkt insgesamt das Vertrauen in unser gutes Gesundheitssystem.
In Sachsen arbeiten derzeit fast 20 000 Ärzte – davon circa 6 000 im ambulanten Bereich – auch als angestellte Ärzte. Damit sind die Arztzahlen im Vergleich zu 2007 insgesamt zwar sogar leicht gestiegen, stagnieren aber im ambulanten Bereich. Wir wissen, dass in den ländlichen Regionen der Bedarf an ärztlichen Leistungen größer geworden ist, weil wir natürlich auch eine alternde Be
völkerung haben, die diese Leistungen mehr in Anspruch nehmen muss. Ein älterer Versicherter braucht zum Beispiel fünfmal mehr eine Augenarztleistung als ein jüngerer.
In Sachsen gibt es 150 freie Arztpraxen und 150 freie Stellen in Kliniken. Wir haben in acht Planungsbereichen Fördermaßnahmen für bestimmte Facharztgruppen, bei denen vor Ort eine Unterversorgung besteht. Dies betrifft insbesondere die hausärztliche Versorgung, aber auch Augen- und Kinderärzte. Wir unterstützen die Maßnahmen, die hier unternommen werden. Sie erinnern sich an die Anhörung, die dazu im Ausschuss stattgefunden hat. Wir brauchen auch die Unterstützung solcher Modelle wie das Rothenburger Modell oder das Dresdner Carus Consilium Sachsen. Diese Modelle können Vorbild für andere Regionen werden.
Es ist eben so, und hier möchte ich noch einmal den Herrn Knippscheer vom Rothenburger Modell zitieren, der sagte: „Es liegt einfach daran, dass ich keine Ärzte finde. Ich habe es mit Geld und guten Worten versucht – ich finde keine Ärzte.“
Frau Kollegin Schütz, was halten Sie davon, dass es gerade die Ärzte waren, die diese Honorarreform so wollten?
Glauben Sie, dass der Beschluss im Ausschuss von den Ärzten nicht nachvollzogen werden konnte, weil sie nicht wussten, warum sie diesem Vorschlag so zustimmten?
Sie hoben eben darauf ab, dass es in den Bundesländern unterschiedliche Honorarvergütungen gibt. Wie erklären Sie sich, dass das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wehner hat es schon ausgesprochen, aber ich möchte es auch noch einmal
sagen. Es ist leicht, auf die Bundesgesundheitsministerin einzuhauen, aber sie ist immerhin in ein Kabinett eingebunden und die Kanzlerin hat Richtlinienkompetenz.
Der Bundestag hat diese Reform mit Mehrheit beschlossen. Die Frage ist jetzt aber, was die Grundlage für ein Gesundheitssystem ist, wie es vielleicht die sächsische CDU oder die FDP wollen. Sie wollen eine Grundversorgung für alle, und die Zusatzversorgung soll bitte schön privat erbracht werden. Sie sorgen sich um die Ärzte – das ist ihr gutes Recht –, aber wir sorgen uns auch um die Patienten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schüßler, Sie erwecken hier den Anschein, als hätten Sie sich mit dem Gender-Mainstreaming-Prinzip beschäftigt – aber Sie scheinen nichts verstanden zu haben.
Der Antrag enthält zwei Aspekte: Ihre Unkenntnis, was Gender-Mainstreaming bedeutet, und den Rückfall in eine Familienpolitik des NS-Regimes, welche Herr Apfel während der Plenarsitzung im Januar als sozial, familienfreundlich und vor allem erfolgreich beschrieben hat.
Dass Sie keinen Zugang zu Gleichberechtigung, Gleichstellung und Chancengerechtigkeit haben – nichts anderes bedeutet Gender-Mainstreaming –, ist vor diesem Hintergrund erklärlich. Nun ist dieser Antrag – Sie haben es selbst eingestanden – noch nicht einmal auf Ihrem eigenen Mist gewachsen: Vor gut einem Jahr brachte die NPD-Fraktion im Schweriner Landtag einen gleichlautenden Antrag ein und blamierte sich.
Es ist auch blamabel, was in Ihrer Begründung steht: Gender-Mainstreaming wolle, dass an die Stelle der anthropologisch entstandenen Rollenverteilung ein soziales Geschlecht als Ersatz für das biologische Geschlecht des Menschen trete. Gender-Mainstreaming bedeutet die Gleichwertigkeit jeder sexuellen Praxis, und die Sexualität wird auf bloße Körperlichkeit, reinen Spaß und Selbstverwirklichung reduziert. Das mag vielleicht etwas mit Ihrer Vorstellung von Sexualität zu tun haben – mit Gender-Mainstreaming hat es wirklich nichts zu tun.
Es ist richtig: Sex bezeichnet im Englischen das biologische Geschlecht; mit dem sozialen Geschlecht in der englischen Sprache „Gender“ sind Rechte und Pflichten von Männern und Frauen im öffentlichen wie im privaten Leben gemeint und wie sie damit auf die gesamte Gesellschaft wirken. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Ihrem biologischen Geschlecht nach können nur Frauen Kinder gebären.
Aber es hängt nicht von den biologischen Kriterien ab, wer die Kinder erzieht oder aufzieht – ob Vater und Mutter, Vater oder Mutter. Wenn jemand behauptet, das könnten nur die Frauen, dann hat er das Prinzip des Gender-Mainstreamings nicht verstanden; denn bei einer solchen Behauptung wird nicht eine biologische Wahrheit verkündet, sondern Frauen eine Rolle zugeschrieben, und eben das tun Sie.
Wir bekennen uns zum Grundrecht auf Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie zur Wahlfreiheit für ein selbstbestimmtes Leben.
Viel schwerer als Ihre Unkenntnis über Gender-Politik wirkt allerdings die Verherrlichung der Familienpolitik des Dritten Reiches. Für Sie ist Familienpolitik Bevölkerungspolitik, Familienförderung Geburtenförderung. Sie beschwören die Volksgemeinschaft und damit einhergehend die Ausgrenzung von sogenannten Artfremden. Frauen werden im Sinne von Gehorsam und Gevolkschaft auf ihre Rolle als Gefährtin und Mutter getrimmt. Da ist kein Platz für Gleichberechtigung. Nach der Machtergreifung verloren die Frauen ihre Mandate in den Parlamenten, verheiratete Beamtinnen wurden entlassen, Frauen verloren ihr passives Wahlrecht. Der Platz der Frauen war Wochenbett, Heim und Herd; die Nazis haben die Rollenklischees auf die Spitze getrieben – und das ist auch Inhalt Ihres Antrags.
Denn was war der Sinn von Geburtenförderung der Nazis, die Sie ja als erfolgreich bezeichnen? Unverhohlen wurde es ausgesprochen: Der Führer braucht Soldaten. Während die Kinder im Lebensborn behütet wurden, wurden jüdische Kinder reihenweise umgebracht. Ist das erfolgreiche Familienpolitik?
Was ist geblieben von dieser Ideologie, von diesem Familienbild, als von den Nazis der Zweite Weltkrieg angezettelt wurde? Ein Desaster für Familien – Kollegin Klinger hat es gerade beschrieben.
Doch zurück zu Ihrem Antrag. Wer heute Politik macht, sollte bei jeder Entscheidung bedenken, was diese für Frauen und Männer bedeuten könnte; denn die Auswirkungen können sehr unterschiedlich sein. Das ist GenderPolitik. Mitnichten geht sie davon aus, dass Frauen und
Männer gleich sind. Ziel ist, dass Frauen und Männer, Mädchen und Jungen die gleichen Chancen haben.
Sie dokumentieren mit Ihrem Antrag, dass Sie dies nicht wollen. Ihre Auffassung, meine Damen und Herren von der NPD, die die Männer als Ernährer der Familie sieht und die schöpfungsgewollte Rollenverteilung, die den Frauen die Rolle als Hausfrau und Mutter zuweist, die sie dann symbolisch öffentlich Wäsche für die Kameraden waschen lassen, ist eben rückwärtsgewandt. Die überwiegende Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger will aber vor allen Dingen nicht zurück zu einem Familienbild, wie es die Nazis propagierten. Keine gesellschaftliche Norm sollte Frauen und Männern vorschreiben, wie sie zu leben haben. Das unterscheidet uns von Diktaturen.
Ich weise hier nachdrücklich zurück, was Herr Gansel gesagt hat. Die Menschen in Sachsen wollen Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit. Das ist genau das, was die NPD nicht will.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir uns bereits in den vergangenen Plenarsitzungen ausführlich mit der Situation in der Pflege, deren Qualität, aber auch mit der Pflegeberatung beschäftigt haben, bringt die vorliegende Anfrage relativ geringen Erkenntniszugewinn.
Die abgefragten und vorhandenen Daten der Großen Anfrage kann man ohne Probleme in den verschiedenen statistischen Berichten nachlesen. Sie sind weitgehend bekannt. Inhaltliche Fragen zu neuen Ansätzen in der Pflege und neuen Konzeptionen des Wohnens und die Frage, wo welche Ansätze bereits in der Praxis angewendet und sich bewährt haben, werden in der Großen Anfrage nicht gestellt.
Lieber Kollege Wehner, Sie sind in Ihrer Rede darauf eingegangen. Aber es ist auch gut, dass wir über solche Debatten immer wieder die Pflege und Bedeutung nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesamtgesellschaft in den Mittelpunkt stellen.
Wir wissen, dass sich gerade im Bereich der Altenpflege in den vergangenen Jahren enorm viel zum Guten verändert hat. Da kann ein Blick auf den Ausgangspunkt nicht schaden. Bekannt ist aber auch, dass sich durch das steigende Alter der Gesamtbevölkerung ein erhöhter Betreuungs- und Pflegebedarf weiterhin abzeichnet,
während parallel dazu die innerfamiliären Hilfspotenziale abnehmen.
Heute ist es so – Kollege Jähnichen ging darauf ein –, dass 70 bis 80 % der Leistungen aus der Pflegeversicherung für Leistungen zu Hause angewendet werden. Zwei Drittel der Leistungen erbringen Angehörige. Aber diese privaten Hilfsnetze werden abnehmen und viel mehr ältere Menschen werden auf die Hilfe von Fachkräften und die Hilfsangebote von Einrichtungen zurückgreifen müssen. Deshalb müssen wir die Platzkapazitäten in den Einrichtungen nach wie vor weiter erhöhen. Und Mann kann sich ein traditionelles Familienmodell wünschen und Frau pflegt dann.
Ich denke, dieser Wunsch – so intensiv er sein mag – geht an der Realität leider vorbei.
In der letzten Pflegedebatte ist kritisiert worden, dass im Bereich der Pflege viel Verantwortung auf die kommunale Ebene delegiert worden sei. Dabei könnte der Eindruck entstehen, dass die kommunale Ebene diesen Bereich vielleicht nicht genügend ernst nehme und sich nicht verantwortungsbewusst verhalte. Dem möchte ich energisch widersprechen.
Gerade vor Ort werden die Hauptprobleme zu lösen sein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es keinen Bürgermeister oder Landrat geben wird, der sich mit der Situation in der Pflege nicht ernsthaft auseinandersetzt. Für die SPD ist die Pflegebedarfsplanung nicht nur eine geeignete Grundlage für die Organisation von Fördermitteln usw., sondern auch eine gute Hilfe für die Verantwortlichen vor Ort. Das, was bereits begonnen wurde, muss zwischen Land und kommunaler Ebene besser koordiniert werden.
Die regionale und fachliche Vernetzung der im Pflegebereich tätigen Institutionen und Initiativen muss weiterentwickelt werden. Lokale Pflegenetze sind hier das Stichwort. Sie brauchen aktive kommunale Strukturen, aber auch die Unterstützung des Landes.
Träger- und einrichtungsübergreifende Beratung und Information der Betroffenen ist für uns als SPD eine unverzichtbare Bedingung. Wir stehen deshalb nach wie vor zu der Forderung nach trägerübergreifenden Pflegestützpunkten und appellieren, dass in die Strukturen, die momentan vor allem durch die Kassen aufgebaut werden, die Beteiligten der freien Träger und der kommunalen Ebene einbezogen werden.
Die ersten Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen eine sehr hohe Zufriedenheit der Menschen, die das Angebot in Anspruch nehmen. Ich denke, das sollte uns Ansporn sein.
Die Pflege verändert sich und muss sich verändern, weil auch die Menschen mit Pflegebedarf sehr individuelle Voraussetzungen haben und damit auch sehr individuelle Anforderungen an Pflege. Sie haben auch einen Anspruch darauf, diese erfüllt zu bekommen. Die Tatsache, dass der Anteil der alten Menschen mit Demenzerkrankungen steigt, dass auch immer mehr Menschen mit Behinderungen alt werden, sind zwei dieser Stichpunkte.
Fragen von Transparenz- und Qualitätssicherung haben wir ja im Januar-Plenum diskutiert. Ich denke, Herr Wehner, wir sind dabei eigentlich mit dem Pflege-TÜV ganz gut vorangekommen, und ich sehe es nicht ganz so schwarz wie Sie.
Der vorliegende Entwurf für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff des Beratungsausschusses der Bundesregierung vollzieht den längst überfälligen Perspektivwechsel, den wir für eine noch bessere Pflege brauchen. Ich denke, dass das jetzt formuliert ist. Statt wie bisher ausschließlich die Defizite und Einschränkungen bedürftiger Menschen als Ausgangspunkt für Pflege zu nehmen, orientiert sich der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff an der sozialen Teilhabe der Menschen. Mit diesem neuen Begriff und dem neuen Begutachtungsverfahren werden die individuellen Bedürfnisse der Menschen besser berücksichtigt. Ich hoffe, dass wir damit auf dem Weg zu einer noch besseren Pflege ein gutes Stück vorankommen.
All dies stellt natürlich auch Anforderungen an das Personal. Das ist uns als SPD besonders wichtig. Wir werden in den nächsten Jahren nicht nur mehr Personal benötigen, wir brauchen auch für das Personal beste Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir müssen mit verbesserten Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass die Pflegeberufe attraktiver werden, dass sich junge Menschen für eine Ausbildung in diesem Bereich entscheiden und dass sie vor allem auch in diesem Beruf lange arbeiten können.
Die Pflegeberufe gehören zu den Berufen, die mit einer enormen psychischen und physischen Belastung einhergehen. Wir erwarten hier konkrete Maßnahmen und Angebote zur Verbesserung dieser Situation. Diese menschliche Komponente gehört für uns auch zu einer Landespflegeplanung, die sich verantwortungsvoll nicht nur mit Strukturen, sondern auch mit den Menschen beschäftigt. Dass es für diese Branche jetzt auch den Mindestlohn gibt, begrüßen wir außerordentlich.
Wir haben in der letzten Debatte die Pflegeoffensive der Staatsregierung erläutert bekommen. Ein Baustein dabei ist das Heimgesetz, das wir demnächst im Ausschuss beraten werden. Das Thema bleibt also auch parlamentarisch aktuell.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf den Abschlussbericht zur „Evaluierung der Personalausstattung“ usw. usf. Ihre Unterpunkte a) und b) beziehen sich auf die Empfehlungen, wie sie am Schluss des Berichtes nachzulesen sind.
Zu den sechs Empfehlungen zur Personalausstattung halte ich zunächst fest, dass es keine konkrete Empfehlung für einen bestimmten Schlüssel gibt. Drei Empfehlungen beziehen sich auf die Tagespflege. Die haben Sie unter den Tisch fallen lassen, weil unter anderem eine Empfehlung, zum Beispiel die Vernetzung der Tagespflegepersonen und -qualifizierung, ein Projekt ist, das die Staatsregierung gemeinsam mit den Kommunen verfolgt. Auch bei den Empfehlungen zur Fachberatung und zur Umsetzung des Bildungsplanes befinden sich sowohl die kommunale Ebene als auch die Staatsregierung auf einem guten Weg.
Es wurde schon gesagt, dass sich die Empfehlungen vor allem an die Kommunen richten, deren Pflichtaufgabe die Ausgestaltung des Kindertagesstättengesetzes ist. Ebenso richten sich die Empfehlungen an die freien Träger von Kitas.
Zu Ihrem Punkt c): Bis 31.03. soll die Staatsregierung einen Gesetzentwurf mit dem Personalschlüssel 1 : 12 für den Kindergarten vorlegen. Sie wissen ganz genau, dass das unrealistisch und populistisch ist. Des Weiteren wundere ich mich, dass Sie damit Ihre eigene Programmatik verlassen. Sie haben ja die Forderung nach einem viel niedrigeren Schlüssel für den Kindergarten und auch nach Veränderungen im Schlüssel für Hort und Krippe.
Es wundert mich schon, dass Sie das tun.
Jetzt zitiere ich den Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung vom 18. Juni 2008. Er sagte: „Wir starten eine Offensive für eine bessere Betreuungsqualität in Kindergärten. Wir wollen 15 Millionen Euro in die Hand nehmen, damit auf eine Erzieherin künftig nur noch zwölf Kinder kommen. Ich werbe bei den Kommunen darum, diesen Betrag auf 30 Millionen Euro zu verdoppeln im Interesse der Kinder.“ Die Kommunen sind diesem Werben nicht gefolgt!
Ich muss noch einmal einer Legendenbildung widersprechen: Wir hätten die Veränderung des Personalschlüssels zugunsten des kostenfreien Vorschuljahres aufgegeben. Das sind zwei verschiedene Schuhe und das wissen Sie ganz genau. Hören Sie auf, dies gegeneinander auszuspielen!
Hören Sie damit auf! Es werden sich viele Familien ab 01.03. freuen, dass sie eine Entlastung spüren.
Immer wieder übersehen Sie, dass wir dafür gesorgt haben, dass über den Personalschlüssel hinaus zusätzliches Personal zur Umsetzung des Bildungsplanes zur Verfügung steht. Dafür setzen wir immerhin 14 Millionen Euro ein. Das bedeutet im Vorschuljahr faktisch einen Schlüssel von 1 : 12.
Unbestritten, das wissen wir alle, führt eine bessere Personalausstattung zur Verbesserung der Qualität in unseren sächsischen Kindertagesstätten. Davon müssen wir auch die sächsischen Kommunen überzeugen. Sie wissen doch ganz genau, dass wir gegen deren Willen hier kein Gesetz verabschieden können. Jetzt gilt es, die Kommunen davon zu überzeugen, dank der Entlastungen, die sie durch unser Haushaltsgesetz haben, auch ihren Anteil zur Qualitätsverbesserung einzusetzen.
Die Bedeutung frühkindlicher Bildung ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und damit auch der Anspruch an das Fachpersonal. Ich erinnere Sie daran, dass die Koalition anstrebt, zunächst 20 % der Erzieherinnen zu einem Hochschulabschluss zu bringen. Dann sollten wir uns auch darüber Gedanken machen, wie die Forderung nach mehr Personal umgesetzt werden kann, damit wir genügend Fachkräfte haben. Das ist nämlich gar nicht so einfach. Es gibt jetzt schon Klagen, dass nicht ausreichend Fachkräfte vorhanden sind. Es besteht auch die Gefahr, dass viele Erzieherinnen in die alten Bundesländer gehen, weil dort der Ausbau der Kinderbetreuung erst ansteht. Auch diesbezüglich sind wir gefordert.
Die Veränderungen des Personalschlüssels konnten wir jetzt noch nicht erreichen. Ich habe Ihnen die Gründe dargelegt. Ziel der SPD ist und bleibt es, die Qualität auch mit einer Veränderung des Personalschlüssels zu verbessern. Wir werden uns nicht mit 1:12 im Kindergarten zufriedengeben.
Herr Neubert, zitieren Sie mir bitte die Stelle, an der ganz konkret die Empfehlung eines Schlüssels von 1 : 12 steht!
Ich weiß nicht, was bei Ihnen ein Nullsummenspiel ist. Ist Ihnen bewusst, dass wir die Landespauschale erhöht haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese Debatte jetzt zu nutzen, ob für oder gegen oder ambivalent mit Kindertagespflege umzugehen, ist nicht der richtige Platz. Wir haben uns in Sachsen immerhin dazu entschieden, die Kindertagespflege der Betreuung in einer Krippe gleichzustellen und die gleichen Qualitätskriterien anzusetzen. Damit liegen wir bundesweit vorn. Das wollen wir ja auch. Wir haben es gesetzlich festgelegt, und das ist erst einmal entscheidend.
Diese Qualitätskriterien anzusetzen bedeutet die Anerkennung einer Tätigkeit in einer Kindertagespflege. Die SPD ist grundsätzlich für versicherungspflichtige Arbeitsplätze. Es funktioniert nicht, weiterhin eine Familienversicherung in Anspruch zu nehmen, wenn eine bestimmte Höhe des Einkommens vorhanden ist.
Es sind vor allem Frauen, die damit auch einen eigenen Rentenanspruch erwerben. Auch das ist ein wichtiges Element. Die Ausübung dieser Tätigkeit muss auch das Auskommen sichern.
Ich habe mir mal ein Beispiel gewählt. Ich glaube, in Dresden bekommt jetzt eine Kindertagespflegeperson 460 Euro pro betreutes Kind. Das sind bei fünf Kindern 2 300 Euro. Davon werden pro Kind 300 Euro Betriebskostenpauschale abgezogen. Es bleiben also 800 Euro übrig, die versteuert werden müssen. Damit fällt man noch in den geringeren Satz bei der Krankenversicherung. Kollegin Herrmann sagte, dass jetzt schon Frauen aufgeben, weil sie nicht wissen, wie sich das steuerrechtlich auswirkt; aber es gibt viele, die abwarten, weil es sich für sie vielleicht trotzdem lohnt. Durch die hälftige Bezahlung der Kranken- und Pflegeversicherung, der Rentenversicherung, der Unfallversicherung durch die Kommunen erreichen wir eine selbstständige Absicherung. Das halte ich für ein wichtiges Argument. Sie fordern jetzt aufsichtsrechtliche Maßnahmen. Ich sehe es so, dass die Kommunen gesetzlich verpflichtet sind, die hälftigen Zahlungen zu erbringen. Ich kenne im Moment auch noch keine Kommune, die sich weigert, dies zu tun. Sollte das der Fall sein, dann wird die Staatsregierung sicher auch tätig werden.
Im Moment differieren sicherlich die Geldleistungen in den sächsischen Kommunen. Die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden sollen ja auch erreichen, dass in Sachsen eine gewisse Angleichung stattfindet. Aber die konkrete Festlegung einer bestimmten Höhe ist noch nicht angezeigt.
Hier gibt es noch – wichtig auch für meinen Kollegen Krauß oder das Ministerium oder wer auch immer mit den Spitzenverbänden darüber sprechen wird – das etwas größere Problem, dass in den Landkreisen zum Beispiel das Risiko bei der Erkrankung eines zu betreuenden Kindes an der Tagesmutter hängen bleibt. Sie trägt das Risiko, ob ein Kind krank ist oder nicht, und das Geld wird ihr dann abgezogen. Das ist nach unserem Verständnis nicht richtig, und das sollte in die Gespräche einbezogen werden.
Ich denke also nicht, dass im Moment schon eine aufsichtsrechtliche Tätigkeit angezeigt ist, sondern gehe davon aus: Das Gesetz verpflichtet die Kommunen zur hälftigen Zahlung der Beiträge. Die Festlegung auf eine bestimmte Summe, die vielleicht anstrebenswert ist, halte ich auch noch nicht für richtig. Hier muss man in Sachsen möglichst einheitliche Bezahlungen erreichen. Das ist das Ziel der Gespräche, die noch geführt werden.
Entschuldigen Sie, Frau Schütz, ich stehe hier schon eine Weile. – Sie kennen ja
nun die konkrete Situation in der Stadt Görlitz. Wie beabsichtigt denn die Stadt Görlitz damit umzugehen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin mahnte Maßnahmen an, was diesen gesamten Komplex angeht. Ich war erstaunt, welche Fülle von Maßnahmen, welche Fülle von Untersuchungen und welche Fülle von Empfehlungen es sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu diesem Thema gibt. Es ist im Zentrum der Betrachtung: Gesunde Ernährung beginnt besonders im Kindesalter.
Wir haben den Gesetzentwurf der LINKEN für ein kostenfreies Mittagessen an Kindertagesstätten und Schulen. Dort stand die Kostenfreiheit im Mittelpunkt, weniger Fragen von Theorie und Praxis zur gesunden Ernährung. Diese Strategie verfolgen die GRÜNEN mit
ihrem Antrag. Wir wollen beides. Dass dies nur schrittweise geht, liegt auf der Hand. Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang, dass zu diesem Thema ein Antrag der Koalitionsfraktionen „Offensive zur Verpflegungsqualität an Schulen und Kindertagesstätten“ vom Mai 2006 hier den entscheidenden Aufschlag gemacht hat.
Zuhören, Herr Kollege! – Die Staatsregierung hat eine Studie zur Analyse der Ernährungs- und Verpflegungssituation in sächsischen Kindertagesstätten in Auftrag gegeben. Gesund aufwachsen in Kindertageseinrichtungen gehört zu den Gesundheitszielen in Sachsen. Es wurde ein entsprechendes Handbuch entwickelt, welches hier wichtige Hinweise gibt.
Insbesondere durch das Entstehen von Ganztagsangeboten und Gemeinschaftsschulen ist das Thema gesunde Ernährung auch stärker in den Mittelpunkt gerückt und Teil der Konzepte, was wir ausdrücklich begrüßen. Wir wissen – und das wurde von vielen dargestellt –, welche Auswirkungen Fehlernährung oder ungünstiges Ess- und Trinkverhalten haben. Frühzeitig im Leben erworbene Ernährungsrisiken haben einen nachteiligen Einfluss sowohl auf die allgemeine und schulische Leistungsfähigkeit als auch auf die Gesundheit im späteren Leben.
Lieber Kollege Weichert, ich teile Ihre Auffassung, dass natürlich die Grundlagen auch in der Familie gelegt werden und Vorbilder auch in diesem Bereich immer noch das A und O sind. Aber frühkindliche und schulische Bildung und die entsprechenden Rahmenbedingungen können zusätzlich helfen, Fehlentwicklungen zu korrigieren.
Vollküchen – Sie haben es selbst gesagt – sind noch kein Garant dafür, dass Kindern eine vollwertige Mittagsversorgung angeboten wird. Es gab die Untersuchung, die auch mein Kollege Krauß erwähnt hat. Ich möchte auch noch einmal auf die beiden Kleinen Anfragen hinweisen, die er zu diesem Thema gestellt hat und in deren Beantwortung Ergebnisse dieser Untersuchung dargestellt werden, die Kollegin Klinger offensichtlich nicht gelesen hat. Es kommt immer gleich der Reflex gegen die Caterer. Es ist aber so, wie Kollege Krauß sagte: Nur 11,4 % der Einrichtungen, in denen selbst gekocht wird, konnten den Kriterien der sogenannten Bremer Checkliste entsprechen, es waren aber 31 % der Caterer.
Natürlich gibt es den Wunsch von Eltern und Erziehern nach Verbesserung. Da zeigt sich aber auch gerade, dass die Caterer oft diese Anregungen aufnehmen und ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden. So einfach ist es eben nicht.
Die Staatsregierung hat uns in ihrer Antwort zur Kenntnis gegeben, dass mit der aktuellen Richtlinie die Möglichkeit
besteht, in den Kindereinrichtungen Küchen und Kinderküchen zu fördern. In den Schulen kann die Förderung über europäische Mittel erfolgen.
Kommunen, die Träger von Tageseinrichtungen und Schulen sind, könnten verschiedene Möglichkeiten nutzen, ihren Schwerpunkt für Investitionen in diesem Bereich zu setzen.
Wir sollten auf Qualitätsstandards setzen und nicht auf konkrete Strukturen. Deshalb unterstützen wir die beiden Ministerien Kultus und Soziales bei der Schaffung solcher Standards und lehnen den Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meiner Kollegin Strempel für ihre etwas grundsätzlichere Betrachtung ausdrücklich Dank sagen.
Ich hoffe, dass ihr Appell bei vielen von uns auf fruchtbaren Boden fällt.
Im Folgenden beziehe ich mich konkret auf den Antrag. Viele von Ihnen haben sicherlich die Briefe der Beratungsstellen erreicht. Wie gesagt, die Koalition hat schon gehandelt.
Ich möchte hinzufügen, dass wir in Sachsen über ein flächendeckendes Netz von Suchtberatungsstellen und eine Vielzahl von engagierten Selbsthilfegruppen verfügen. Dazu stehen in Sachsen 46 Suchtberatungs- und -behandlungsstellen mit insgesamt 23 Außenstellen zur Verfügung. Ich denke, diese Zahlen sollten noch einmal genannt werden. Wir wollen, dass dieses Netz erhalten bleibt und dass Menschen, die von einer Abhängigkeitskrankheit betroffen sind, eine gute Behandlung zuteil wird. Wir wissen, dass es eine sehr schwierige Arbeit ist, die dort tagtäglich geleistet wird, und schätzen sie in hohem Maße.
Kollegin Herrmann, Sie haben zu Recht auf den Koalitionsvertrag verwiesen. Auch wir haben mit unserem gemeinsamen Antrag an der Problematik gearbeitet. Die Schwerpunkte der Arbeit sehen wir insbesondere in den Bereichen Prävention, Früherkennung und Intervention sowie Nachsorge. Diese Schwerpunkte der Suchtprävention sind auch im ersten Sächsischen Landesplan zur primären Suchtprävention festgeschrieben. Um diese Schwerpunkte umsetzen zu können, ist eine ausreichende Finanzierung notwendig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden sich erinnern, dass wir schon im Doppelhaushalt 2007/2008 diese Zuschüsse eben nicht zurückgefahren, sondern auf gleichem Niveau fortgeführt haben. Ihr Anliegen von den GRÜNEN ist es ja gerade, dass diese Finanzierung gesichert ist.
Sie haben in Ihren Antrag einen umfangreichen Prüfauftrag mit immerhin zehn Kriterien aufgenommen. Ich sehe nicht, dass das zeitnah zu leisten ist und noch Auswirkungen auf den Doppelhaushalt 2009/2010 haben kann.
Der aktuelle Haushaltsentwurf sieht die Kürzung vor. Deswegen haben die Vorstände der Koalitionsfraktionen vereinbart, die Suchthilfe in Sachsen auf hohem Niveau fortzuführen, das heißt, es wird nicht gekürzt, sondern sogar – wenn auch nur ganz leicht – erhöht. Wir werden für diesen Bereich einen entsprechenden Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf einbringen. Darauf haben wir uns schon am 1. November verständigt, also noch vor Einbringung Ihres Antrags. Ich hoffe, dass wir damit die Arbeit auf dem hohen Niveau fortsetzen können, wie wir uns das im Interesse der betroffenen Menschen, aber auch derjenigen, die diese Beratung leisten, wünschen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich erinnere mich sehr genau an den Antrag von 2002, den wir und auch die
CDU-Fraktion unterstützt haben, dass wir auf Bundesebene alles versuchen wollen, um diesen Frauen zu helfen. Aber es hat nicht zu dem Erfolg geführt, den wir uns gewünscht hätten. Das hat auch etwas mit der sehr komplizierten Rechtslage zu tun. Ich möchte, dass wir auch jetzt noch alle Möglichkeiten ausloten, um diesen betroffenen Frauen wirklich zu helfen. Auch die Bundesregierung und der Bundestag haben das noch nicht vom Tisch gefegt. Ich komme dann auch noch zu den komplizierten Situationen, die wir hier vorfinden.
Aber, Kollege Pellmann, so wie Sie es hier im Antrag formuliert haben, geht es nicht, auch wenn Sie von einer politischen Lösung sprechen.
Sie fordern ganz klar einen aus Steuermitteln finanzierten Versorgungsausgleich. So einfach ist es nicht. Sie wissen ganz genau, dass die Männer, so sie denn noch leben, nicht rückwirkend dazu gezwungen werden können, diesen Ausgleich zu zahlen. Deswegen sage ich noch einmal, ich komme dann auch noch auf die Geschichte.
Sie sagten es: 1977 führte die sozialliberale Koalition den Versorgungsausgleich ein, was auch eine frauenpolitische Zäsur war, wie ich es einmal von Rudolf Dreßler gehört habe, weil eben auch die Familienarbeit, die überwiegend von Frauen durchgeführt wird, anerkannt wurde. Das entwickelte auch materielle Gewalt im Falle der Scheidung eben durch diesen Versorgungsausgleich. In Familien oder Ehen, die nicht geschieden wurden, erreichten gerade auch in der Bundesrepublik alt die Frauen, die diese Arbeit leisteten, nicht den Rentenanspruch, der eigentlich dem angemessen wäre. Wie gesagt, nur im Falle der Scheidung erlangte das materielle Gewalt.
Der Versorgungsausgleich heute soll ja manche Männer davon abhalten, eine Ehe zu schließen, hört man bisweilen. Es gibt auch das Institut des Ehevertrages, der zunehmend mehr herangezogen wird, um diesen Versorgungsausgleich zu unterlaufen. Das zeigt ganz klar, dass der Versorgungsausgleich ein individueller Anspruch ist und kein Anspruch an den Staat.
Jetzt wechseln wir einmal 1977 die Grenzen. Da hatte sich in der DDR schon das sozialistische Frauenbild durchgesetzt, die alle durch volle Erwerbstätigkeit möglichst den eigenen Rentenanspruch erwerben konnten. Da gab es wahrscheinlich doch einige Individualisten, die einen anderen Lebensentwurf hatten – und nicht wenige, wie Sie schon jetzt in Zahlen einmal leicht dargestellt haben.
Dieser Lebensentwurf betraf auch Ehen, in denen die Männer gut verdienten. Sie können ja einmal nachdenken, wer das gewesen sein könnte. Es gab auch Menschen, die aufgrund ihres Glaubens einen anderen Lebensentwurf hatten. Ich denke, diesen Lebensentwurf muss man akzeptieren. Aber in der DDR gab es eben diesen Versorgungsausgleich nicht. Es gab nicht die Möglichkeit, an
dem teilzuhaben, was die Männer zugewinnen oder die Frauen durch ihre Arbeit zugewinnen, die ihre Arbeit in der Familie erbracht haben. Das muss man sich auch vor Augen führen.
Den Versorgungsausgleich nach dem Stichtag 01.07.1977 gab es übrigens auch nicht in Ehen, die vor 1977 geschlossen wurden.
Sie haben zu Recht auf die Hinterbliebenenrente aufmerksam gemacht. Davon ist in Ihrem Antrag aber keine Rede, denn bei der Hinterbliebenenrente ist es auch so gewesen, dass nur dann, wenn der Ehemann gestorben war und bis zuletzt Unterhalt gezahlt hat, eine Hinterbliebenenrente möglich war. Das relativiert Ihre Zahl schon wieder gravierend. Aber Sie sprechen nicht von der Hinterbliebenenrente in Ihrem Antrag, sondern nur vom Versorgungsausgleich.
Die Situation in der DDR war so: Den Versorgungsausgleich gab es nicht und der Staat hat die Steuerung so weit gebracht, dass selbst Frauen Rentenlücken ab Anfang der Siebzigerjahre nicht mehr schließen konnten, indem sie „klebten“. Vorher war das möglich. Rentenlücken durch „Kleben“ zu überbrücken wurde abgeschafft, weil hier die Steuerungsfunktion ganz klar auf die Erwerbstätigkeit gerichtet war.
Ich habe mich seit Mitte der Achtzigerjahre mit diesem Problem befasst. Viele Frauen sind bei mir gewesen. Wir haben Gespräche mit diesen Frauen geführt. Jedes Schicksal ist ein individuelles Schicksal, das mich angerührt hat und das, denke ich, auch uns alle anrühren kann.
Es gab diesbezüglich auf Bundesebene immer Bemühungen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Regine Hildebrandt, die, wie Sie wissen, gerade bei der Rentenüberführung eine wesentliche Rolle gespielt hat. Diese Bemühungen haben auch dazu geführt, dass die Überführung beim Rentenrecht nicht eins zu eins stattgefunden hat, sondern dass es einen Bonus im Hinblick auf die Verdienstmöglichkeiten gegeben hat.
Justizminister aller Couleur haben sich mit diesem Problem befasst. Ich sagte auch schon, dass diese Problematik im Einigungsvertrag möglicherweise zwar nicht vergessen wurde – das lasse ich einmal im Raum stehen –, dass aber aufgrund der komplizierten juristischen Materie – ich habe noch einmal versucht, Ihnen das deutlich zu machen – Gerichte entschieden haben, dass es im Falle der Scheidung in der DDR auch nur nach dem DDR-Recht gehen konnte, in dem man keinen Versorgungsausgleich kannte. Ich betone noch einmal das Problem: kein Anspruch an den Staat, nur individueller Anspruch.
Sachsen hat sich immer dafür eingesetzt, eine Lösung, vielleicht auch eine politische Lösung zu finden. Ich sehe aber, dass im Moment eine solche Bundesratsinitiative, wie Sie sie hier fordern, weder sinnvoll noch aussichtsreich ist. Hier muss man das eine oder andere vielleicht noch ganz vorsichtig ausloten.
Aber ich frage Sie, Herr Pellmann – das ist eine ganz schwierige Frage –: Was für eine Rente hätten diese
Frauen gehabt, wenn die DDR geblieben wäre? Ich glaube, in manchen Fällen nicht einmal die Mindestrente, die bei 300 DDR-Mark lag. Insofern ist es richtig, dass wir uns um die Frauen kümmern müssen, soweit dies noch möglich ist. Aber so, wie Sie das machen, geht das auf keinen Fall.
Frau Kollegin Herrmann, könnte es sein, dass aufgrund der Protestdemo in Leipzig hier ein schnell gestrickter populistischer Antrag auf den Weg gebracht wurde?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Neubert, wenn Sie Antworten von der Staatsregierung erwarten, so überfordern Sie eigentlich heute unsere Ministerin, denn sie hat ja den Gesetzentwurf als Staatsregierung in den Landtag eingebracht. Wir sind letztlich – worauf mein Kollege bereits hingewiesen hat – der Gesetzgeber und können diesen Entwurf der Staatsregierung dort, wo es
gemeinsam machbar ist, korrigieren. Überfordern Sie die Ministerin also nicht.
Ja.
Damit überfordern Sie die Ministerin erst recht, Kollege Hahn, denn Herr Neubert wartet ja heute auf Antworten. Bis jetzt ist zumindest mir keine Nachschiebeliste bekannt.
Aber weiter zum FDP-Antrag: Dieser möchte die Staatsregierung auffordern, ein Maßnahmenpaket zur Entlastung von Familien vorzulegen. Gemeint ist aber natürlich: Wie ist die Finanzierung des erwarteten Personalschlüssels auf den Weg zu bringen?
Ich kann den Aufschrei der Kommunen gut verstehen, waren sie doch bemüht, die Elternbeiträge verträglich zu gestalten. Das Kita-Gesetz gibt ihnen den entsprechenden Rahmen. Sie haben das genannt, Frau Kollegin Schütz. Das sind 20 bis 30 %. Kollege Neubert hat von „bis 30 %“ gesprochen und auf dieser Basis seine Berechnungen gemacht. Sie wissen aber ganz genau, Herr Kollege Neubert, dass nicht alle Kommunen bis an die Obergrenze gehen. Das zu verschweigen und daraufhin die Finanzierung vorzunehmen ist auch nicht korrekt.
In unserem Kita-Gesetz gibt es dafür einen flexiblen Rahmen. Vergessen darf man dabei natürlich nicht, dass die Absicherung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz und die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots für einen Krippenplatz Pflichtaufgaben der Kommunen sind. Diese stehen zu ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Auch darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, legen Sie ja Wert.
Man muss natürlich auch sagen, dass sich der Freistaat im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht unerheblich beteiligt.
Ich denke, dass er dies auch weiterhin tun wird.
Kollege Krauß hat es gesagt: Es ist kein Geheimnis, dass wir uns mitten in einer Haushaltsdiskussion befinden. Gibt es Änderungsbedarf, können Änderungsanträge gestellt werden, auch von Ihnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der FDP. Es wird versucht, auch andere Fraktionen festzunageln, woher sie das Geld für ihre Vorschläge nehmen. Auch darauf gibt es keine Antwort von Ihnen. Es ist auch noch nicht vorgekommen, dass ein Gesetz und erst recht ein Haushalt ohne Änderungen durch dieses Parlament ging.
Ich kann mir nicht vorstellen – und dazu stehen wir auch –, dass die Elternbeiträge im Kita-Bereich steigen sollen. Ich denke, das will auch unser Koalitionspartner nicht. Deshalb geht ihr Antrag ins Leere.
Während der Haushaltsdiskussion in den nächsten Tagen und Wochen werden wir in den Arbeitskreisen, in den Fraktionen und in der Koalition zu Lösungen kommen, auch die Weiterreichung der Bundesmittel betreffend, mit denen wir alle leben können.
Ich möchte noch einmal betonen: In den vergangenen Jahren sind wir in unseren sächsischen Kindertagesstätten den Weg der Qualitätsverbesserung kontinuierlich gegangen. Dieser Herausforderung werden wir uns auch weiterhin stellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Frage Mindestlohn bin ich natürlich anderer Meinung als mein Vorredner. Sonst, lieber Kollege Krauß, würde ich auch Prügel von meinem Kollegen Brangs beziehen.