Protokoll der Sitzung vom 07.09.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 26. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages. Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Seidel, Frau Nicolaus, Herr Albrecht und Frau Klinger. Meine Damen und Herren! Gemäß § 79 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages habe ich die 26. Sitzung für den heutigen Tag auf Verlangen der Fraktion der PDS einberufen. Ihnen liegt der Beratungsgegenstand vor. Da es keine Präsidiumssitzung gegeben hat, schlage ich

Ihnen folgende Redezeiten vor: CDU-Fraktion 60 Minuten, Linksfraktion 40 Minuten, SPDFraktion 20 Minuten, NPD-Fraktion 20 Minuten, FDP-Fraktion 15 Minuten, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15 Minuten; die Staatsregierung 40 Minuten. Meine Damen und Herren! Weitere Anträge als die Ihnen vorliegenden zu unserer heutigen Tagesordnung sind mir nicht bekannt bzw. zugänglich gemacht worden. Ich frage trotzdem, ob es noch Anträge zur Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die Tagesordnung als von Ihnen beschlossen. Meine Damen und Herren, einziger Tagesordnungspunkt ist

Tagesordnungspunkt 1

Pressefreiheit schützen/Voraussetzungen für eine wirksame Korruptionsbekämpfung im Freistaat Sachsen wieder herstellen

Drucksache 4/2765, Antrag der Fraktion der PDS

Ermittlungsverfahren gegen einen INES-Angehörigen

Drucksache 4/2764, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Es ist folgende Reihenfolge der Fraktionen vorgeschlagen: Linksfraktion, CDU, SPD, NPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Staatsregierung. Von der Staatsregierung liegt ein Antrag vor, dass der Staatsminister der Justiz als erster Redner das Wort ergreift. Ich erteile deshalb der Staatsregierung, Herrn Minister Mackenroth, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich melde mich vorab zu Wort, um Ihnen zu Beginn der heutigen Sitzung einen zusammenhängenden Bericht über das zu geben, was zum Beratungsgegenstand aus Sicht der Staatsregierung zu sagen ist, die ja in dem Antrag der PDS zu allen drei Punkten gefordert wird. Dies ist kein Vordrängeln, sondern das Bemühen, die Debatte zu versachlichen und zu strukturieren. Zum Sachverhalt darf und wird sich der Justizminister nur insoweit äußern, als Tatsachen aus einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Chemnitz ohnehin bereits in der Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Mit diesem Vorbehalt: Die Staatsanwaltschaft Dresden, hier die INES genannte Abteilung der Staatsanwaltschaft, ermittelt seit Frühjahr 2005 gegen den früheren sächsischen Wirtschaftsminister Prof. Schommer wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Untreue. Sachbearbeiter dieses Verfahrens war Staatsanwalt Ball. Am 24. Mai durchsuchte INES aufgrund richterlicher Anordnung das Wohnhaus von Prof. Schommer. Bereits vor der Durchsuchungsmaßnahme waren Journalisten vor Ort, die den

Durchsuchungsbeginn fotografierten, unter anderem das Öffnen der Haustür durch den noch mit seinem Schlafanzug bekleideten Herrn Schommer.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Hierüber erschien am 25. Mai unter der Überschrift „Noch vor dem Anziehen wurde Schommer gefilzt“ ein Bild- und Textbericht in der „Dresdner Morgenpost“ mit dem Aufmacher auf der Titelseite. Nachdem offensichtlich war, dass der Journalist vorab Kenntnis von der Durchsuchungsmaßnahme bekommen hatte, leitete die Staatsanwaltschaft Dresden, INES selbst, am 25. Mai 2005 wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Dieses Verfahren hat der Generalstaatsanwalt zur weiteren Bearbeitung der insoweit gänzlich unbeteiligten Staatsanwaltschaft Chemnitz zugewiesen. Am 6. Juni unterrichtete der Generalstaatsanwalt das Staatsministerium der Justiz von der Absicht der Staatsanwaltschaft Chemnitz, beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts einen Beschluss zu beantragen, wonach über die Telekommunikationsverbindungen zum Handy-Anschluss des Journalisten, zum Anschluss der „Dresdner Morgenpost“ und einer Vielzahl überwiegend bei INES tätiger Mitarbeiter für den Zeitraum vom 15. April bis zum 24. Mai, dem Tag der Durchsuchung, Auskunft zu erteilen sei. Zu dieser Sachbehandlung erteilte das Ministerium keine gegenteilige Weisung. Mit Beschluss vom 20. Juni ordnete der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Chemnitz an, dass Auskunft über die Verbindungsdaten zu erteilen ist, die beim Handy

Anschluss des Journalisten sowie bei dessen Anschluss bei der „Dresdner Morgenpost“ in dem genannten Zeitraum angefallen sind. Das Amtsgericht lehnte die Auskunftserteilung zu den übrigen Verbindungsdaten ab; die Ablehnung wurde vom Landgericht Chemnitz geprüft und bestätigt. Die betroffenen Telefongesellschaften übermittelten in der Folgezeit die Daten. Ich betone: Die Staatsanwaltschaft hat Auskünfte erbeten und nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss erhalten über die Eckdaten lange zurückliegender Telefonate. Die Gesprächsinhalte konnten rückwirkend naturgemäß nicht mehr festgestellt werden; sie sollten es auch nicht. Von einem Lauschangriff, vom Abhören, von einer Telefonüberwachung kann überhaupt keine Rede sein. Am 11. Juni informierte der Generalstaatsanwalt das Staatsministerium der Justiz darüber, dass nach Auswertung der Daten ein Anfangsverdacht gegen den Staatsanwalt Ball wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses bestehe und sich die Ermittlungen daher nunmehr nicht mehr nur gegen Unbekannt, sondern gegen den Staatsanwalt richten würden. Ich betone erneut: Das Verfahren richtete und richtet sich bis zum heutigen Tage nicht gegen einen Journalisten, der möglicherweise vertrauliche Informationen erhalten hat, sondern allein gegen einen Staatsanwalt und weiter natürlich gegen Unbekannt in alle Richtungen. Bei allem Verständnis für die mediale Aufbereitung der eigenen Opferrolle, wie es Sachverhalt ist, ist auch der Begriff „Bespitzelung“ weit übertrieben; er führt zudem in der Sache nicht weiter. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Der Datenschutzbeauftragte hat die Angelegenheit in datenschutzrechtlicher Hinsicht überprüft und festgestellt, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft insoweit in Ordnung ist. Zur Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Justiz hat er keine Stellung genommen. Auch in der rechtlichen Bewertung dieses Einzelfalles muss und wird sich der Justizminister zurückhalten, wenn und soweit es um laufende Verfahren geht. Auch hier ist ja bereits angekündigt und der Presse zu entnehmen, dass Betroffene notfalls bis nach Karlsruhe Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollen. Nur zu! Das ist der Weg, um in einem Rechtsstaat Gerichtsbeschlüsse zu überprüfen. Auf nichts anderes als auf eine politische Einflussnahme auf gerichtliche Verfahren zielt der Antrag der PDS unter Ziffer 1, wenn dort der Landtag aufgefordert wird, die Handlungsweise der Staatsanwaltschaft Chemnitz als „nicht hinnehmbaren Eingriff in die Pressefreiheit“ zu verurteilen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das stimmt doch gar nicht!)

Unter Gewaltenteilungsgesichtspunkten ist die Überprüfung von Maßnahmen der Justiz primär Sache der Justiz selbst. Der Justizminister wird sich nicht daran beteiligen, Druck in Richtung auf laufende Verfahren auszuüben.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Siehe Paunsdorf!)

Also nur einige allgemeine rechtliche Hinweise, wobei natürlich schon auffällt, dass vom ersten Aufschrei – völlig rechtswidrig, verfassungswidrig – bis zu den zuletzt immer nachdenklicheren Reaktionen ein Umdenken offenbar auch in der Auffassung der Antragstellerin stattgefunden hat. Es wird – soweit mir erkennbar – jetzt ernsthaft nicht mehr bestritten, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage des geltenden Rechts geführt wurden und namentlich die Auskunft über Telefonverbindungsdaten der geltenden Rechtslage entspricht. Dieser Verlauf zeigt deutlich, dass in der Sache wieder einmal zu schnell geschossen und bewertet worden ist; die einfache Schwarz-Weiß-Zeichnung wird dem Sachverhalt und den rechtlichen Problemen, die er aufwirft, jedoch nicht gerecht. Zu einer differenzierenden Betrachtung gibt diese Landtagssitzung eine zwar überflüssige, aber immerhin ausführliche Gelegenheit, die wir alle nutzen sollten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Jetzt hat die Exekutive die Legislative kritisiert!)

Das war ja wieder großes Tennis, Herr Prof. Porsch. Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung: Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten und die erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen. Dieses Legalitätsprinzip ist ein rechtsstaatlicher Eckpfeiler unseres Verfahrensrechts. Straftaten müssen grundsätzlich zwingend verfolgt werden; für Ermessens- oder Opportunitätserwägungen ist bei Offizialdelikten kein Raum. Verletzung des Dienstgeheimnisses ist eine solche von Amts wegen zu verfolgende Straftat.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Hört, hört!)

Sie ist – und dies gilt gerade auch für die Justiz – keine Petitesse, sondern vom Gesetz mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Die sensible Funktion der Antikorruptionseinheit verleiht einer Verletzung des Dienstgeheimnisses in ihrem Bereich besonderes Gewicht.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn sie wirklich mal gegen einen vorgehen, …)

Nach § 100g Abs. 1 der Strafprozessordnung dürfen Verbindungsdaten erhoben werden, soweit die Auskünfte für die Untersuchung erforderlich sind, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer entweder eine Straftat von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat mittels einer Endeinrichtung, eines Telefons, begangen hat. Mit dieser Variante hat sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. März 2003 überhaupt noch nicht befasst. Die Maßnahme darf den Beschuldigten betreffen und Personen, die nicht Beschuldigte sind, von denen aber aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie vom Beschuldigten herrührende Mitteilungen entgegennehmen. Es ist also nicht einmal erforderlich, dass sich der Journalist im Klaren darüber war, dass der Beamte das Dienstgeheimnis verletzte und diese Verlet

zung als Anstifter oder Gehilfe unterstützte, sondern es genügt nach dem Gesetz die bloße Entgegennahme der Mitteilung. Unzulässig ist die Erhebung bei bestimmten Zeugnisverweigerungsberechtigten, die in § 100h Abs. 2 StPO aufgeführt sind. Nicht hierunter fallen unter anderen die Journalisten, diese sind nicht besonders geschützt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das ist aber falsch!)

Darüber können wir reden, Herr Hahn. All das ist Bundesrecht, geltendes Recht. Die Staatsanwaltschaft war und ist an dieses Recht und damit auch an diese differenzierende Wertung des Gesetzgebers gebunden, ob sie sie für richtig hält oder nicht. Staatsanwälte dürfen nämlich nicht nach politischer Opportunität handeln und ihre Ermittlungen nach dem Zeitgeist führen, und das ist gut so.

(Beifall bei der CDU – Demonstrativer Beifall des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Bilder vom Beschuldigten im Pyjama mögen für die Presse nicht der Rede wert sein, aber jeder Beschuldigte und die sächsische Öffentlichkeit dürfen mit Sicherheit erwarten, dass solche durch nichts gerechtfertigten voyeuristischen Bilder jedenfalls nicht – im weitesten Sinne – durch die Staatsanwaltschaft auch noch vermittelt werden.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Davon kann ich ein Lied singen!)

Wenn so etwas nach außen getragen wird, wer garantiert uns denn eigentlich, dass nicht auch Inhalte des Ermittlungsverfahrens verraten werden oder sonst der Durchsuchungserfolg gefährdet wird? Der eigentliche rechtspolitische Konflikt, meine Damen und Herren, liegt natürlich tiefer. Wir bewegen uns im Spannungsverhältnis zwischen Pressefreiheit auf der einen und dem legitimen Interesse der Öffentlichkeit an der Strafverfolgung auf der anderen Seite. Dieses Spannungsverhältnis ist nicht neu. Der Gesetzgeber hat es in einem ausgewogenen, fein ziselierten Geflecht aufgelöst. Allein die Tatsache, dass es ein derartiges Spannungsverhältnis gibt, zeigt, dass auch die Presse nicht im rechtsfreien Raum agiert. Sie muss in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Maße etwa die Rechte Dritter – dazu gehören auch Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten – achten, und sie wird sich auch fragen lassen müssen, ob durch rechtswidriges Verhalten anderer erlangte Informationen verwendet werden sollten. Andererseits ist die Amtsverschwiegenheit ein hohes Gut; nur sie sichert eine ordnungsgemäße Ausübung staatlicher Gewalt und schützt mittelbar auch das Persönlichkeitsrecht und andere Grundrechte von Betroffenen. Dies gilt – noch einmal – in erhöhtem Maße bei einer Antikorruptionseinheit wie INES. Ein Leck hier ist nicht nur für die Justiz fatal. Die Frage ist: Wie lösen wir dieses Spannungsverhältnis rechtspolitisch auf? Dazu später. Aber noch einmal: Diese Frage, Herr Hahn, richtet sich an

den Gesetzgeber, nicht an die gesetzesgebundenen Staatsanwaltschaften und Gerichte. Ich komme zur Rolle des Justizministers und damit – will man den der Sache nicht angemessenen Aufgeregtheiten glauben – zu einem angeblichen Skandal in zwei Akten. Erster Akt: Der Justizminister weiß von den Vorgängen. Das stimmt, ist aber kein Skandal, sondern entspricht dem geltenden Recht. Man mag das geltende Recht kritisieren – ich selbst habe es in anderer Funktion auch kritisiert –, aber der Justizminister hält sich daran. Die Staatsanwaltschaft ist eine hierarchisch aufgebaute Behörde und untersteht letztlich auch der gestuften Dienstaufsicht des Justizministers. Seine Verantwortung kann er nur wahrnehmen, wenn er unterrichtet wird. Dem dienen die so genannten Berichtspflichten. Die Generalstaatsanwaltschaft – übrigens nicht die Staatsanwaltschaft in Chemnitz – hat auch in dem hier zur Beurteilung stehenden Fall dem Ministerium pflichtgemäß berichtet. Jeden dieser Berichte hat die Fachabteilung – übrigens ohne Kenntnis der Akten – rechtlich geprüft und einige dieser Berichte auch meiner Staatssekretärin und mir, der so genannten Hausspitze, vorgelegt. Zweiter Akt des Skandals: Der Justizminister macht von seinem Weisungsrecht keinen Gebrauch – das stimmt. Er tut nichts – das stimmt nicht.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Zunächst kam meine Fachabteilung zum selben Ergebnis wie der Generalstaatsanwalt und die Staatsanwaltschaft in Chemnitz: Das Vorgehen ist rechtmäßig. – Herr Lichdi, ich möchte zunächst einmal im Zusammenhang vortragen; Fragen beantworte ich dann später. Ich hätte, meine Damen und Herren, dennoch sowohl die rechtliche als auch die tatsächliche Möglichkeit gehabt, die beabsichtigten staatsanwaltschaftlichen Maßnahmen zu stoppen. Dies hätte ich in Wahrnehmung meiner Verantwortung getan, wenn ich das Ergebnis der Überprüfungen für falsch gehalten hätte. Natürlich habe auch ich die beiden entgegenstehenden Rechtsgüter gegeneinander abgewogen: Pressefreiheit und Interesse an der Strafverfolgung. Die Frage, die ich mir gestellt habe, lautete: Ist der dem Staatsanwalt gemachte Vorwurf so gravierend, dass er es rechtfertigt, den grundrechtsrelevanten Bereich der Pressefreiheit – wenn auch in rechtmäßiger Weise – zu tangieren? – Diese Frage habe ich bejaht. Es ist zwar bedauerlich, dass ich diese Entscheidung so treffen musste, und ich kann die Erregung der Presse nachvollziehen. Aber im Interesse der effektiven Korruptionsbekämpfung im Freistaat Sachsen hielt und halte ich diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft für richtig.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Deshalb wird der Mann versetzt!)

Wenn wir ein sauberes, korruptionsfreies Sachsen wollen – und diese Entscheidung hat die Staatsregierung mit der Errichtung von INES getroffen –, dann ist es unabdingbar, dass die Dienstver

schwiegenheit auch und gerade bei INES unangetastet bleibt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sie können, meine Damen und Herren von der PDS, diese Entscheidung gern kritisieren, aber ich frage Sie ernsthaft: Hätten Sie anders gehandelt?

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS: Ja!)

Hätten Sie Ihre politischen oder rechtlichen Wunschvorstellungen an die Stelle der rechtlichen Bewertung der Staatsanwaltschaft gesetzt?

(Wortwechsel zwischen Abgeordneten von CDU und Linksfraktion.PDS.)

Wenn ich von meinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hätte, hätte ich mich gegen die Staatsanwaltschaft Chemnitz, den Generalstaatsanwalt und meine Fachabteilung stellen müssen. Das hätte ich gegebenenfalls getan.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das hat der Minister auch gemacht!)

Ich hätte mich damit aber dem Vorwurf ausgesetzt, die Aufdeckung der undichten Stelle bei der sächsischen Antikorruptionseinheit INES untersagt zu haben.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Angesichts der klaren Rechtslage wäre es ein Missbrauch des Weisungsrechts gewesen,

(Weitere Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

wenn ich die Staatsanwaltschaft angewiesen hätte, auf die von ihr für erforderlich gehaltenen und rechtlich zulässigen Maßnahmen zu verzichten. Stellen Sie sich einmal die Schlagzeile vor: Justizminister stoppt Ermittlungen gegen verdächtigen Staatsanwalt! Unterzeile: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Ich will nicht darüber spekulieren, ob ich mich mit einer solchen Weisung schon der versuchten Strafvereitelung schuldig gemacht hätte. Ich habe eine solche Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft jedenfalls für absolut unvertretbar gehalten und halte an dieser Auffassung nachdrücklich fest.

(Beifall bei der CDU)

Der Verzicht auf die Ausübung des Weisungsrechtes dann, wenn die Entscheidungen der Staatsanwaltschaften der Gesetzeslage entsprechen und im Ergebnis vertretbar sind, entspricht nicht nur der ständigen Praxis des Justizministeriums in Sachsen und überall in Deutschland, sondern auch den Forderungen der Justiz selbst. Auch die Antragstellerin forderte – jedenfalls noch vor wenigen Tagen – ganz ausdrücklich unter Ziffer 3 ihres Antrages verklausuliert die Abschaffung des Rechts auf Weisungen durch den Minister. Wenn sich aber auf der einen Seite der Justizminister generell zurückhalten, wenn er aber andererseits in einem konkreten Fall aus Opportunitätsgründen einschreiten soll, dann kann ich nicht umhin festzustellen,

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)