Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

Sie haben eigentlich relativ wenig zum Haushalt ausgeführt. Wenn das alles ist, dass Sie unserem Finanzminister Prof. Unland vorwerfen, dass er Professor ist und in einer Art Vorlesung sehr nüchtern vorträgt, kann ich für die CDU-Fraktion nur sagen: Wir sind sehr froh, dass Prof. Unland Finanzminister ist. Ich möchte hinzufügen: Er hat davon gesprochen, dass man einen öffentlichen Haushalt führen sollte wie ein „vorsichtiger Kaufmann“. Das verkörpert Herr Prof. Unland für mich in bester Weise, und darüber sind wir sehr froh.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion)

Beruhigen Sie sich doch wieder, hören Sie doch erst einmal zu! Ich will nur eines sagen: Es gibt wohl keinen Staatsmann dieser Welt, der eine Audienz beim Papst ausschlagen würde – ob es Ihnen, Herr Hahn, nun gefällt oder nicht. Man kann sich den Termin auch nicht aussuchen; sie war längst beantragt, und zwar nicht von Stanislaw Tillich, sondern von seinem Vorgänger Georg Milbradt.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Nun ist der Begriff „vorsichtiger Kaufmann“ nicht allen Bürgern im Lande geläufig, und deshalb will ich es einmal erklären. Ist es nicht das, was wir eigentlich von jedem Bürger erwarten: dass er sich wie ein vorsichtiger Kaufmann verhält? Wir erwarten von den Bürgern im Lande, dass sie im Grunde weniger ausgeben, als sie einnehmen, oder höchstens so viel ausgeben, wie sie einnehmen. Wenn sie mehr ausgeben, als sie einnehmen, dann gibt es dazu inzwischen Ratgebersendungen im Fernsehen – was durchaus sehr, sehr nützlich ist –, wie solchen Bürgern geholfen werden kann, um aus dieser Verschuldungsfalle wieder herauszukommen. Das heißt, vom Bürger erwarten wir, dass er sich wie ein vernünftiger Kaufmann verhält.

Aber wie ist denn das beim Staat? Was mich stört, ist, dass im Grunde in unserem Land der Staat, wenn er sich eben nicht wie ein vernünftiger Kaufmann verhält, gelobt wird. Ich habe überlegt, wie ich heute als Fraktionsvorsitzender der CDU nach der Einbringungsrede des Finanz

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Er konnte es nicht mehr bezahlen!)

Sie können nicht einfach im Vatikan anrufen und sagen, mir passt es gerade nicht, denn wir haben da eine Debatte, und ich komme 14 Tage später. Das geht so nicht.

Ich glaube, dass die Sachsen überwiegend stolz darauf sind. Unser Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat den Papst eingeladen, und wann immer er Sachsen besuchen wird, wird die Welt auf Sachsen schauen, und die Sachsen werden dann noch stolzer sein. Und Herr Hahn, ob es Sie dann noch hier gibt, das weiß ich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Und noch ein bisschen länger muss Stanislaw Tillich warten, bis dann auch mal die Linksfraktion sagt, so schlecht war das ja nicht, was er gemacht hat.

ministers des Haushalts im Landtag glänzen und eine Schlagzeile machen könnte. Ich könnte zum Beispiel sagen: Ich fordere 4 000 neue Lehrerstellen.

Natürlich trägt auch dieser Haushaltsentwurf für die nächsten beiden Jahre noch die Handschrift von Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt, aber eben auch von Stanislaw Tillich und Prof. Unland.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Da hätte ich wahrscheinlich morgen eine Schlagzeile – und Sie sehen: Sogar in der eigenen Fraktion wird geklatscht. Mir haben manche gesagt, man hätte mit so einer Zahl von 4 000 Lehrerstellen schon Landtagswahlen gewonnen – wird behauptet. Man könnte es ja auch mit 1 000 Polizeistellen probieren; auch dazu gäbe es sicherlich Beifall.

(Zurufe von der Linksfraktion)

„Sparsam“ ist immer als Lob gemeint. Wenn die Schwaben als sparsam bezeichnet werden, ist es ja nicht immer nur Lob, aber „sparsam“ will ich auch mal erklären: Sparsam sind wir noch nicht; ich will hoffen, dass wir es im nächsten Jahrzehnt schaffen, sparsam zu sein. Denn mittlerweile hat der Begriff Sparen eine ganz andere Bedeutung bekommen. Das ist so ungefähr, wie wenn Sie am Samstag die Angebote in der Zeitung bekommen und feststellen, in unmittelbarer Nähe meines Hauses ist ein Bäcker, bei dem ein kleines Brot 1,10 Euro kostet, das Angebot lesen, dass es 10 Kilometer entfernt 1,00 Euro kostet, sich ins Auto setzen, dort hinfahren und dieses Brot für 1,00 Euro kaufen und meinen, Sie hätten dadurch gespart. Nach meinem Eindruck ist das heute die Definition von Sparen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es würden sich noch andere Begründungen finden lassen, was man machen könnte.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Nur, wenn ich im Lande unterwegs bin und mich mit den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen unterhalte und frage: Habt ihr denn das Gefühl, dass wir den Staat ausbauen sollten oder dass ihr zu wenig Steuern zahlt?, dann bekomme ich durchgängig die Antwort – ob das Selbstständige sind, ob das Familien, Mütter oder Väter sind –: Die Steuerbelastung reicht mir aber! Das ist mitnichten so. Sparen ist – und beim Bürger ist es genauso –: Ein Bürger spart, wenn er ein bisschen weniger ausgibt, als er einnimmt, und etwas für schlechte Zeiten zurücklegt.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Bemüht euch, mit dem auszukommen, was wir euch an Steuern geben, und produziert nicht neue Schlagzeilen, die jede Menge Geld kosten.

Ich meine, dass die Forderung nach Vernunft beim Staat berechtigt ist. Auf dem Weg dorthin befinden wir uns. Es ist vorbildlich, dass Sachsen dem Grundsatz folgt: „Wir wollen nur das ausgeben, was wir einnehmen.“ Es ist vernünftig, dass wir erstmalig im Doppelhaushalt vorgeschlagen bekommen, pro Jahr 75 Millionen Euro alte Schulden zu tilgen, um dem Bevölkerungsrückgang Rechnung zu tragen und die Pro-Kopf-Verschuldung konstant zu halten. Dieser Ansatz ist neu; damit können wir uns in Deutschland sehen lassen.

(Beifall der Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU, und Tino Günther, FDP)

In diesem Sinne eines vernünftigen Kaufmanns kann ich natürlich den Regierungsentwurf nur loben. Um den Regierungsentwurf haben der Finanzminister, die Mitarbeiter im Finanzministerium, aber auch der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident – stellvertretend für CDU und SPD – hart gerungen, und was uns hier vorgelegt worden ist, ist außerordentlich gut gelungen; ist eine solide Grundlage für die Behandlung hier im Landtag. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter. Das will ich ein bisschen näher erklären. Dabei beziehe ich mich auf den Generationenfonds, der im Regierungsentwurf enthalten ist und den Herr Prof. Unland hier vorgestellt hat. Man könnte meinen: Generationenfonds – was haben sie denn da schon wieder aufgelegt? Ist das womöglich etwas Spekulatives? Der Generationenfonds ist das genaue Gegenteil von etwas Spekulativem.

Damit bin ich bei einem Stichwort, von dem Sie, Herr Dr. Hahn, meinten, Sie hätten es in der Regierungserklärung unseres Ministerpräsident Stanislaw Tillich vermisst. Er ist jedoch auf die Schwerpunkte Arbeit – Bildung – Solidarität eingegangen. Ich will Ihnen einmal sagen, was ich für eine Auffassung von Solidarität habe. Solidarität beginnt mit Generationensolidarität. In diesen Ausführungen schwingt noch der Kultusminister in mir nach; mein Nachfolger möge mir verzeihen. Zu Erziehung und Bildung gehört auch Solidarität. Sie wird generationenübergreifend gelernt. Innerhalb einer Generation kann ich

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Dass Sie, Herr Dr. Hahn, heute Kurt Biedenkopf gelobt haben, ist schon bemerkenswert. Es dauert wahrscheinlich immer ein Jahrzehnt, bis Sie zu der Überzeugung kommen, es war gar nicht so schlecht, was er gemacht hat.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Da haben Sie einen großen Anteil dran!)

Das – zum Trost – wird also in etwa zehn Jahren auch Georg Milbradt widerfahren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ja, weil nichts Besseres nachkommt!)

mit dem Zusatz, dass sich der Staat für dessen Bezahlung auch im Ruhestand verantwortlich fühlt. Nun schauen Sie sich einmal alle Haushalte Deutschlands daraufhin an, wie viele Beamte es gibt, und vor allem, wie viele ältere Beamte darunter sind, die bald in den Ruhestand gehen. Es kommt hinzu, dass die Beamtin/der Beamte heute im Durchschnitt zehn Jahre älter wird als noch vor 20 oder 30 Jahren.

sie nicht lernen, sondern ich muss zunächst von Eltern und Großeltern vorgelebt bekommen, dass sie an die junge Generation denken. Erst wenn das erfolgt ist, kann ich Solidarität in die umgekehrte Richtung erwarten, und erst dann wird es Solidarität auch innerhalb der Generationen geben. Ich meine Solidarität in dem Sinne, den Prof. Unland am Ende seiner Rede angedeutet hat: dass wir nämlich auch an die Mitglieder der Gesellschaft denken, die behindert sind, die krank sind, Herr Prof. Porsch und Herr Dr. Hahn, Sie suchen doch immer, ob im Haushalt was versteckt ist. In den anderen Haushalten finden Sie zu diesem Problem nichts. Im Regierungsentwurf des sächsischen Haushaltes finden Sie etwas: den Generationenfonds.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

die vielleicht keinen Schul- oder Berufsabschluss haben. Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen: Wie können wir ihnen helfen, in Arbeit zu kommen?

Nun könnte mancher meinen, da habe der Finanzminister etwas versteckt. Es ist ja zulässig, dass die Opposition danach sucht. Mitnichten! Im Haushalt stehen Zahlen, immerhin künftig eine knappe halbe Milliarde Euro pro Jahr. Dieses Geld dient genau dazu, dass Beamte in Sachsen in Bezug auf die Altersversorgung gleichbehandelt werden wie Angestellte. Das ist ein Riesenfortschritt, den Sachsen hier erzielt. Damit übernehmen wir eine Vorreiterrolle für ganz Deutschland.

So ist der Begriff „Solidarität“ – im Sinne von Generationensolidarität – in diesem Haushalt stark verankert. Dennoch bin ich verwundert. Es wird ja in Deutschland über so manches diskutiert. Ständig laufen irgendwelche Nachrichtenwellen durch; wir hatten gerade erst ein Sommerloch. Über die Gruppen der Angestellten und der Beamten ist zwar hin und wieder diskutiert worden. Natürlich ging es dabei meist um die Frage, ob denn die Höhe der Beamtenpensionen gerecht sei. Aber es ist bisher deutschlandweit nicht darüber diskutiert worden, was sich der Staat hier geleistet hat. Damit meine ich den Staat, von dem wir 1990 gelernt haben, also Westdeutschland.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Das ist einen Beifall wert.

Nachdem wir uns – ich hoffe, auch heute Nachmittag im Präsidium – auf den 30. August 2009 als Termin für die Landtagswahl verständigt haben, befinden wir uns also im Wahljahr. Da ist es immer verführerisch, Strohfeuer zu entzünden. Die Staatsregierung bzw. CDU und SPD haben deutlich gemacht, dass sie kein Strohfeuer entzünden wollen. Deshalb legen wir zur Förderung von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit im Sinne von Solidarität und Generationengerechtigkeit einen Haushalt vor, über den nun zu beraten ist.

Jahrzehntelang wurden – mit ganz unterschiedlichen Begründungen – Beamte ernannt. Sie wissen, dass wir – als Besonderheit in Sachsen – die Lehrer nicht zu Beamten ernannt haben, außer die Schulleiter und die stellvertretenden Schulleiter.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das ist ja auch richtig!)

Wir sind in dieser Hinsicht das einzige Bundesland geblieben, obwohl alle Bundesländer sagen, dass wir das richtig gemacht haben. Nachgemacht hat es uns, wie gesagt, niemand.

Ich will auch als Mitglied der CDU-Fraktion ganz offen sagen: Noch nie hat ein Haushalt den Landtag so verlassen, wie er eingebracht wurde. Ich vermute, dass es auch diesmal nicht so sein wird, sosehr sich das der Finanzminister vielleicht wünscht.

Jetzt will ich Ihnen einmal erzählen, warum man das gemacht hat: Man wollte damit nicht etwa die Unabhängigkeit der Lehrerinnen und Lehrer stärken. Diese ist, wenn ich mir Frau Abg. Falken anschaue, genauso gewahrt, wenn Lehrer als Angestellte tätig sind. Da gibt es keinen Unterschied.

Ich habe die Bitte an alle Fraktionen: Wir sollten der Versuchung widerstehen, nur Schlagzeilen produzieren und den Menschen im Land etwas vorgaukeln zu wollen. So solide, wie dieser Entwurf ist, sollten wir ihn jetzt auch im Landtag beraten.

Ich will ankündigen, dass es auch in meiner Fraktion, der CDU-Fraktion, manchen Wunsch gibt. Die Wünsche nenne ich heute nicht; darüber beraten wir zunächst intern. Wir werden uns dann in einem geordneten Verfahren mit unserem Koalitionspartner zusammensetzen. Auch von seiner Seite, dessen bin ich mir sicher, wird es Wünsche geben. Wir werden aber genau dem folgen, was in der Regierungserklärung zu hören war: Arbeit – Bildung – Solidarität.

(Cornelia Falken, Linksfraktion: Na, na!)

Der Unterschied ist folgender: In jedem Monat verhält sich der Staat genauso wie jeder private Arbeitgeber und führt von den Angestelltengehältern jeweils knapp 20 % Rentenversicherungsbeitrag ab, von dem die Hälfte der Arbeitgeber zahlt. Damit finanziert der Staat zum Teil mit, dass der Angestellte, wenn er eines Tages in Rente geht, eine Rente bekommt.