Protokoll der Sitzung vom 15.10.2008

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Individuelle Förderung zielt auch auf den Ausbau einer systematischen Begabtenförderung ab. Sie soll in allgemeinbildenden Schulen in Sachsen in einem gestuften System ablaufen, um den individuellen Neigungen und Begabungen gerecht zu werden. Hochbegabtenförderung ist dabei ein Teilbereich der Begabtenförderung. Um dieses Ziel zu unterstützen, betreibt das Kultusministerium seit Februar 2008 die Beratungsstelle zur Begabtenförderung mit Sitz in Meißen. Sie berät Schüler, Eltern, Lehrkräfte und Schulen zu Fragen der Begabtenförderung an allen allgemeinbildenden Schulen in Sachsen.

Aufmerksam machen möchte ich auf die Förderung begabter Zuwanderer in Sachsen. Seit mehreren Jahren werden in Kooperation mit der START-Stiftung Schülerstipendien ausgeschrieben, mit denen Schüler mit Migrationshintergrund an Mittelschulen und Gymnasien der Klassenstufen 7 bis 9 angesprochen werden. Ende September wurden erneut elf Schüler in das Stipendienprogramm aufgenommen. An dieser Stelle, meine sehr verehrten Damen und Herren, sei auch erwähnt, dass Schüler mit Migrationshintergrund in Sachsen überdurchschnittlich gute Schulabschlüsse erreichen und besonders viele die Hochschulreife erlangen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Praxis der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass Grundschule, Förderschule, Mittelschule, Gymnasien und berufsbildende Schulen in Sachsen bewährte Schularten sind. Den gesellschaftlichen Herausforderungen und der zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft können wir so gerecht werden.

Zurzeit besuchen etwa 55 % der Schüler eines Jahrganges die Mittelschule. Der überwiegende Teil wechselt anschließend in eine Berufsausbildung. Bei Schülern des Hauptschulausbildungsganges liegt ein wesentliches Augenmerk auf dem Anspruch, sie zu einem erfolgreichen Schulabschluss zu führen. Dafür sind besondere Fördermaßnahmen möglich, wie die Bildung von Kleingruppen mit weniger als zehn Schülern und Förderunterricht innerhalb des umfangreichen Ergänzungsbereiches. Auch der Abschluss von Bildungsvereinbarungen zwischen Schülern, Elternhaus und Schulen ist möglich. Trotzdem gibt es derzeit in Sachsen immer noch eine zu hohe Zahl an Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen.

Erklärtes Ziel der Sächsischen Staatsregierung ist die weitere Verringerung der Zahl der Schüler ohne Abschluss.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Die Quote liegt derzeit bei 9 %. Dazu werden besondere, vom Europäischen Sozialfonds finanzierte Fördermaßnahmen umgesetzt, wie zum Beispiel die sehr erfolgreichen Lerncamps für versetzungsgefährdete Schüler. Über 80 % der Teilnehmer an den ersten Lerncamps im vergangenen Schuljahr haben die Versetzung in die nächste Klassenstufe geschafft.

Die Bildungsgänge an sächsischen Schulen sind durchlässig sowie chancengerecht und führen zu möglichst hohen Abschlüssen. Mit Beginn dieses Schuljahres wurde an zahlreichen Mittelschulen die zweite Fremdsprache bereits in Klassenstufe 6 eingeführt. So sind auch zu einem späteren Zeitpunkt der Wechsel ans Gymnasium sowie ein besserer Abschluss dort möglich. In Vorbereitung sind Ferienakademien und individuelle Förderverträge, die zwischen engagierten Mittelschülern und Unternehmen abgeschlossen werden.

In Sachsen gibt es gerade zwei Wege zum Abitur: mit dem allgemeinbildenden Gymnasium in zwölf Jahren und dem Anschluss an die Mittelschule mit dem berufsbildenden Gymnasium in zehn plus drei Jahren. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass sächsische Schulen durchlässig sind und Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Das gilt auch für die Fachoberschule, in der Schüler die Fachhochschulreife erwerben können.

In Gesprächen habe ich erfahren, dass Eltern, wenn es um die Entscheidung Mittelschule oder Gymnasium geht, häufig gar nicht wissen, welche unterschiedlichen Wege es zum Abitur gibt. Um dies in der Öffentlichkeit noch bekannter zu machen, müssen Mittelschulen und berufsbildende Schulen enger kooperieren. Auch der eingesetzte Paradigmenwechsel vom Lehrstellenmangel zum Lehrlingsmangel muss noch in den Köpfen ankommen.

(Beifall bei der CDU)

Für unsere Absolventen ergeben sich neue Chancen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

In diesem Sinne sind unsere Mittelschulen eigentlich eine Art von Gemeinschaftsschulen, weil sie nicht nur zwei Bildungsgänge in sich vereinen, sondern auch diesen wichtigen Anschluss zur allgemeinen Hochschulreife eröffnen. Zuletzt haben sich beachtliche 13 % der Mittelschüler mit Realschulabschluss für den Weg ans berufliche Gymnasium entschieden.

Unabhängig davon bin ich gegenüber Schulversuchen, wie beispielsweise jenem unter der Überschrift „Gemeinschaftsschulen“, offen. Ich stehe für viel Gestaltungsfreiheit für die Schulen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Leistungsstandards der verschiedenen Bildungsgänge konsequent und transparent eingehalten werden und die Anschlussfähigkeit gegeben ist. Wir schauen uns die Ergebnisse von Schulversuchen genau an und werden

dann entscheiden, welche Elemente wir an unsere Schulen übertragen können.

Eine leistungsfähige sächsische Wirtschaft braucht leistungsbereite Fachkräfte.

(Beifall bei der CDU)

Die Mittelschulen leisten als Schule einen entscheidenden Beitrag für eine Praxiselite. Heutige fachlich gut qualifizierte und verlässliche Mitarbeiter in sächsischen Unternehmen waren gestern Absolventen unserer Mittelschulen.

Sichtbar wird aber bereits jetzt: Künftig werden Unternehmen vermehrt Auszubildende suchen und sich verstärkt um Absolventen und sogar Schüler bemühen müssen. Die erfolgreiche gemeinsame Aktion „Praxiselite“ der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft und des Kultusministeriums soll auch aus diesem Grund fortgeführt werden.

Schule, Wirtschaft und Hochschule sehe ich als Partner, deren Zusammenarbeit auf Augenhöhe für eine weitere verbesserte Berufs- und Studienorientierung der Schüler und die erforderliche Praxisnähe unabdingbar ist.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Im Februar 2008 hat die Landesservicestelle Schule/Wirtschaft ihre Arbeit aufgenommen. Sie koordiniert die vielfältigen Initiativen und erarbeitet Qualitätskriterien für Berufs- und Studienorientierungsprojekte. Erfolgreiche Ansätze sollen identifiziert und über eine Internetplattform landesweit verbreitet werden.

Auch für Abiturienten ist schon während der Gymnasialzeit von entscheidender Bedeutung, den Übergang an eine Universität, Fachhochschule oder in eine Ausbildung ohne Umweg vorzubereiten. Etablierte Maßnahmen dafür sind Tage der offenen Tür, Sommeruniversitäten und der Studienkompass. Seit mehreren Jahren gibt es Vereinbarungen zwischen einigen sächsischen Hochschulen und dem Kultusministerium. Besonders leistungsfähige Schüler der gymnasialen Oberstufe können damit noch vor dem Abitur universitäre Lehrveranstaltungen besuchen.

Wenn es um zukünftige Fachkräfte geht, darf eine Aufgabe nicht ungenannt bleiben: Die sächsischen Schulen arbeiten an der Vertiefung der traditionellen Stärken im sogenannten MINT-Bereich, den meisten bekannt als Abkürzung für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. So beträgt der Anteil dieser Fächer am Gesamtunterricht in Sachsen mehr als 30 % in allen Schularten.

(Beifall bei der CDU)

In der gymnasialen Oberstufe belegen seit diesem Schuljahr alle Schüler drei naturwissenschaftliche Fächer.

(Beifall bei der CDU)

Das schafft gute Voraussetzungen, um die Studierneigung in den naturwissenschaftlichen Fächern weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Abbrecherquote in diesem Bereich zu reduzieren, wie dies jüngst auch die OECD in ihrem Bildungsbericht forderte.

Sächsische Schüler beteiligen sich seit Jahren in großem Umfang und mit viel Erfolg an Schülerwettbewerben auf den Gebieten der Mathematik und der Naturwissenschaften, circa 38 500 Schüler allein im vergangenen Schuljahr. Vor Kurzem wurde ein gemeinsames Konzept von Sachsen, Thüringen und dem Saarland zur Bildung in den MINT-Fächern vorgestellt und mittlerweile auch in die Kultusministerkonferenz eingebracht. Mathematischnaturwissenschaftlich-technische Bildung soll so künftig stärker und früher in den Unterricht integriert werden. Zu den Handlungsfeldern gehören die Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Naturwissenschaft und Technik, Aktivitäten zur Frühförderung von naturwissenschaftlich-technischen Interessen unter Einbeziehung der vorschulischen Bildungsarbeit, die Nutzung außerschulischer Lernorte – wie das kürzlich von der Technischen Universität Dresden, der Stadt Dresden und dem Kultusministerium eröffnete „Erlebnisland Mathematik“, das der Freistaat Sachsen anlässlich des Jahres der Mathematik mit circa 600 000 Euro gefördert hat –, Innovationen in der didaktisch-methodischen Unterrichtsgestaltung der MINT-Fächer und die Vernetzung der Breiten- und Begabtenförderung.

Die Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen erfordert vor dem Hintergrund des Schülerrückganges, der nun die beruflichen Schulzentren erreicht, die Modernisierung der bundesweit mehr als 360 Ausbildungsberufe in Abstimmung mit dem Bund. Ziel ist die Bildung von Berufsgruppen mit gemeinsamer Kernqualifikation und darauf aufbauenden Spezialisierungsmöglichkeiten. Damit soll die Zahl der Ausbildungsberufe reduziert und die Flexibilität zwischen verwandten Gruppen erhöht werden.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Zahl der Ausbildungsabbrüche soll messbar reduziert werden.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Die aktive Zusammenarbeit der Schulen mit Eltern und anderen externen Partnern ist vielfältig und aus dem Schulleben nicht wegzudenken. Sie sichert die Öffnung der Schulen in ihrem Umfeld und die Verankerung in der Kommune. Die Kontakte reichen von regionalen Beziehungen bis zu grenzüberschreitenden Kooperationen und internationalen Schulpartnerschaften. Querschnittsaufgaben wie die Demokratieerziehung sowie kulturelle und interkulturelle Bildung können mit Dritten wirkungsvoller umgesetzt werden. Im Rahmen ihrer gesetzlich garantierten Eigenverantwortung haben Schulen gerade in diesem Bereich Gestaltungsspielräume.

Es ist Ziel der Sächsischen Staatsregierung, die Qualität der demokratischen Bildung und Erziehung in Sachsen nachhaltig zu verbessern. Demokratieerziehung und

Partizipation dienen der Entwicklung von Kommunikationsfähigkeit, sozialen Verhaltensweisen, persönlichen Wertevorstellungen und der Entwicklung von Toleranz, insbesondere gegenüber anderen Weltanschauungen und Auffassungen.

Bereits Grundschüler können bei entsprechender Förderung und Begleitung Verantwortung für Teilbereiche des Schulalltages übernehmen. Sie können als Diskussionspartner und Konfliktlösende das Zusammenleben einer Schule mitgestalten.

Außerschulische Partner und Lernorte haben für die Demokratieerziehung eine besondere Bedeutung, zum Beispiel die Arbeit mit Zeitzeugen und Veranstaltungen in Gedenkstätten. Ein inhaltlicher Schwerpunkt, auch mit Blick auf die anstehenden Jubiläen 60 Jahre Grundgesetz, 20 Jahre friedliche Revolution, 20 Jahre Deutsche Einheit, liegt – wie bereits im Septemberplenum nachdrücklich betont – auf einer intensiven Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Die aktive Beteiligung Sachsens am Internetportal für Jugendliche www.deinegeschichte.de mit der Auftaktveranstaltung, die vorgestern stattfand, ist ein Baustein in einer Reihe von Angeboten von Schulen. Zur Verbesserung der kulturellen Kinder- und Jugendbildung wurde in diesem Jahr gemeinsam mit dem Wissenschafts- und Sozialministerium eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Kultusministeriums gegründet. Sie will zwischen Schule und außerschulischen Partnern aus dem Bereich kulturelle Bildung vermitteln und die Realisierung passfähiger Angebote für Schulen begleiten.

Ein bereits laufendes Programm wurde zusammen mit der Robert-Bosch-Stiftung initiiert. Das Programm „LernStadtMuseum in Sachsen – Schüler entdecken Museen“ unterstützt Projekte, indem Schüler einer Schule gemeinsam mit einem Museum Geschichte und Kultur der Region erforschen.

(Beifall bei der CDU)

Die einzelnen Tandems aus Schule und Museum können mit bis zu 15 000 Euro gefördert werden. Die entstehenden dauerhaften Kooperationsformen zwischen Museen und Schulen sollen eine Vorbildwirkung in der Region haben. Derzeit realisieren 15 Schulen in Sachsen mit einem Museum spannende Projekte.

Gesundheitserziehung und Sport in Schule und Freizeit stehen in enger Verbindung. Bei der Umsetzung des Gesundheitszieles „Gesund aufwachsen“ sollen Konzepte zur Gesundheitsförderung als Teil des Schulprogramms entwickelt und umgesetzt werden. So startet mit Schuljahresbeginn an 72 sächsischen Grundschulen das Ganztagsprojekt „Entdecke deine Stärken“, eine Gemeinschaftsinitiative des Kultusministeriums, des Deutschen Fußballbundes, des Deutschen Olympischen Sportbundes und des Landessportbundes Sachsens.

Mit einer weiteren geplanten Initiative sollen Grundschüler der dritten Klassenstufe ermutigt werden, Mitglied in einem Sportverein zu werden. Projektpartner für „Komm in den Verein!“ ist der Landessportbund mit seinen Sportvereinen. Das Projekt soll das Interesse für ein lebenslanges Sporttreiben wecken, dem Bewegungsmangel begegnen und die Mitgliedschaft in der organisierten Gemeinschaft eines Sportvereines anregen,

(Beifall bei der CDU)

auch um frühzeitig ein sinnvolles ehrenamtliches Engagement zu wecken.

Auch in der Schule sind Eltern der wichtigste Partner, um jedes einzelne Kind optimal fördern zu können. Das Kultusministerium intensiviert zusammen mit dem Sozialministerium im Rahmen eines sachsenweiten Modellprojektes seine Bemühungen, damit Schule und Familien besser zusammenarbeiten. Nur wenn Eltern mit im Boot sind, kann das Beste für das Kind erreicht werden. Das Projekt startete am 1. September 2008 für drei Jahre mit 12 Modellschulen, vor allem im Primarbereich, für Grund- und Förderschulen in sozialen Brennpunkten. Ziel ist es, zu einer neuen Qualität im Sinne einer gelebten Erziehungspartnerschaft von Eltern, Lehrern und Schülern zu kommen. Nicht zuletzt sollen Schulen in ihren Kommunen als Lern- und Lebensort wahrgenommen werden.