Das Cluster der Chipindustrie in Dresden mit Tausenden gut bezahlter Arbeitsplätze in der Hochtechnologie wurde, wie gesagt, mit Milliarden an Steuergeldern angesiedelt und staatlich gefördert. Erst dadurch ist dieses Zentrum entstanden, und wir können froh darüber sein, einen solchen Technologiestandort zu haben.
Natürlich ist mit diesem Hochtechnologiestandort eben auch ein Wissenschaftskompetenzzentrum entstanden. Ich glaube, auch damit hängt zusammen, dass Dresden insgesamt zu einem sehr attraktiven Lebensort geworden ist. Es geht dabei nicht nur darum, dass wir sozusagen nicht nur in der Verantwortung stehen, Qimonda als einzelne Firma, als einzelnes Unternehmen zu retten, sondern es geht dabei tatsächlich um sehr viel mehr. Das darf auf keinen Fall durch Untätigkeit der politischen Verantwortungsträger im Bund, im Land und in der EU, die ich nicht unterstelle, gefährdet werden.
Wir können auch nicht automatisch davon ausgehen, dass sich schon wieder ein zahlungskräftiger Investor aus den Arabischen Emiraten oder aus dem viel geschmähten China findet.
Für den ruinösen Wettbewerb um Subventionen für die Chipindustrie zwischen Asien, den USA und Europa können wir auch nicht im Rahmen der WTO auf eine Lösung oder auf Regeln hoffen. Vielmehr ist das europäische Beihilferecht eben nur binnenmarktorientiert, nach innen orientiert und damit eben nicht auf den globalen Weltmarkt ausgerichtet. Insofern ist es völlig legitim, wenn wir die Bundeskanzlerin und Industriekommissar Verheugen auffordern, dass für die Chipindustrie im Beihilferecht ein Sonderstatus geschaffen wird. Nur dann haben wir auch die Chance, mit staatlichen Beihilfen dieser Industrie zu Hilfe zu kommen. Es wäre für die Bevölkerung auch überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, wenn einerseits für die Landesbank 2,7 Milliarden Euro Bürgschaften aufgelegt werden, aber eben dann für diesen Hightechstandort in Dresden das Geld fehlt.
Alle Experten sind mittlerweile der Meinung, dass die Chipindustrie weltweit überhaupt nur noch als Staatsbetrieb geführt werden kann. Auch da muss man sich einmal überlegen, in welchen grandiosen Subventionswettlauf wir uns begeben haben. Ideologische Scheuklappen – staatliche Beteiligung oder keine staatliche Beteiligung – müssen abgelegt werden. Im Interesse des Hightechstandortes Dresden, im Interesse der Beschäftigten, im Interes
se des Landes Sachsen muss dieser Technologiestandort gerettet werden. Dabei sollte auch ganz unorthodox geprüft werden, ob nicht so etwas wie ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell ins Spiel gebracht werden oder eine Kombination von Mitarbeiterbeteiligungsmodell, staatlicher und privater Beteiligung ins Spiel kommen kann.
Kurz und gut, wenn von heute aus diesem Hohen Hause die Botschaft in die Öffentlichkeit gelangen könnte, dass wir den Sonderstatus, Sonderregelungen im europäischen Beihilferecht für die Chipindustrie einfordern, dann hätte die heutige Diskussion schon einmal einen Nutzen gebracht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war für mich schon verblüffend, wie von den beiden Flügeln des Saales her ähnliche Argumentationsstrukturen kamen, beim zweiten Beitrag der Linksfraktion nicht so deutlich wie beim ersten.
Die Linksfraktion kann sich nicht genau entschließen, ob das mit der Leuchtturmpolitik sinnvoll war oder nicht. Ein Beispiel dafür hat Kollege Petzold vorhin aus ihrem Alternativhaushalt vorgelesen.
Die NPD-Fraktion ist sich in ihrer dumpfen Weise natürlich klar, dass die Leuchtturmpolitik vollkommen verfehlt war.
Man hätte zum Beispiel einfach die Handwerkskammerpräsidenten fragen können. Die waren tatsächlich über viele Jahre Kritiker dieser Politik, so wesentliche technologische Entwicklungen anzuschieben. Mag sein, dass diese Sie nicht empfangen. Ich kann das verstehen. Insofern fehlt Ihnen vielleicht diese Erkenntnis. Mir ist aber klar geworden, dass inzwischen alle Akteure im Freistaat deutlich machen: Das hilft sowohl den Großen als auch den Kleinen, das hilft uns in den Zentren wie auch an der Peripherie. Dies ist aus meiner Erkenntnis absolut nicht mehr strittig. Insofern war diese Politik sinnvoll.
Ich komme noch einmal zu dem zurück, was wir auch erst kürzlich in der Plenarsitzung diskutiert haben. Vielleicht verfestigt Wiederholung diese oder jene Erkenntnis, so man bereit ist für eine neue Erkenntnis.
Es war schon richtig zu sagen, wir docken an dem an, was wir an Keimzellen im Freistaat im Bereich der Mikroelektronik hatten, und wir schaffen es, große Akteure in diesem Feld hier anzusiedeln. Ich habe das vorhin schon gesagt: In knapp zehn Jahren gab es eine Verdoppelung der in diesem Feld beschäftigten Arbeitskräfte.
Meine Damen und Herren! Welchen Wirtschaftszweig sollten wir denn sonst ansiedeln, der eine derartige Dynamik entwickelt?
Das läuft ja genauso, Kollege Lichdi, das können wir doch gar nicht gegeneinander ausspielen. Im Gegenteil, das befruchtet sich gegenseitig.
Die erneuerbaren Energien haben davon profitiert und sich quasi nach den Mechanismen von Silicon Saxony strukturiert, weil sie gesehen haben: Das sind genau die Mechanismen, die auch uns helfen. Insofern waren wir doppelt gut beraten, in dieser Weise vorzugehen.
Dass gerade diese zyklischen Entwicklungen sowohl bei den Prozessoren als auch bei den Speichern eine Rolle spielen werden, haben wir von Anfang an gewusst. Damit muss man leben. Jetzt kommt es darauf an, dass das, was die Staatsregierung leisten kann, geleistet wird.
Ich muss es noch einmal sagen: Ich habe großes Zutrauen zu allen Akteuren unserer Staatsregierung und gehe davon aus, dass sie das tun wird, was irgend denkbar ist.
Er kann zur Seite stehen, er kann unterstützen, er kann Impulse setzen, er kann ergänzen und vieles Sinnvolle mit einbringen, aber die unternehmerische Leistung selbst müssen die Unternehmen bringen. Dabei wünsche ich dem Unternehmen Glück und Erfolg genauso wie unseren Beteiligten seitens der Staatsregierung, dass es uns möglichst ohne große politische Auseinandersetzungen, die das Ganze nur noch schwieriger machen, gelingt, hier eine Zukunft sowohl für das Unternehmen als auch für die Beschäftigten zu sichern.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor die Regierung jetzt sicher das Wort ergreifen wird, möchte ich doch noch einige Bemerkungen zu den Vorrednern machen.
Zum Beitrag des Herrn Morlok von der FDP nur ein Satz: Mögen die Sachsen davor bewahrt werden, dass Sie mit Ihrer neoliberalen Wirtschaftspolitik im kommenden Jahr hier zum Zuge kommen.
Das, was Sie hier dargestellt haben, Herr Kollege Morlok, auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Qimonda, war indiskutabel – das muss ich so deutlich sagen.
(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion – Sven Morlok, FDP: Da klatschen nicht mal Ihre eigenen Leute! – Zuruf von der Linksfraktion: Natürlich!)
Zu Herrn Rasch möchte ich auch kurz kommen. Herr Kollege Rasch, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie uns wenigstens zugebilligt haben, dass wir einen Bericht von der Staatsregierung verlangen dürfen. Sagen wollen Sie uns und den Bürgerinnen und Bürgern im Land aber offenbar nichts. Ich will dazu in aller Deutlichkeit erklären: Es ist nicht nur das Recht, es ist geradezu die Pflicht der Opposition, hier im Parlament Dinge zur Sprache zu bringen, über die die Regierung gern den Mantel des Schweigens legen möchte.
Wenn es um den Erhalt von mehreren tausend Arbeitsplätzen geht und die Regierung aus unserer Sicht zu wenig tut – zumindest ist es für uns nicht erkennbar –, dann muss das Parlament die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen.
Es ist unredlich, Herr Kollege Bandmann, uns vorzuwerfen, dass wir die Angelegenheit hier im Landtag thematisieren. Wo ist denn Ihr Beitrag zur Unterstützung der Beschäftigten von Qimonda?
Ich möchte auch noch etwas auf das Argument erwidern, dass alles im Geheimen verhandelt werden müsse und hier weder Details noch Varianten diskutiert werden könnten. Für mich ist das Ausweichen, für mich ist das Flucht aus der Verantwortung. Wen wollen Sie denn damit schützen? Die Aktienkurse? – Die können doch wohl nicht mehr tiefer fallen. Sie sind bereits im Keller.
Selbstverständlich – Frau Runge hat darauf hingewiesen – geht es uns überhaupt nicht um das Offenbaren sämtlicher Geschäftsgeheimnisse. Aber Sie müssen doch als Regierung einen Kurs verfolgen, und dieser muss erkennbar sein. Sie müssen sagen können, wie Sie die Beschäftigten unterstützen wollen. Aber genau dieser Kurs ist gegenwärtig, für uns jedenfalls, nicht erkennbar. Auch deshalb haben wir den Berichtsantrag gestellt.
Wir von der Opposition, darauf ist hingewiesen worden, sitzen nicht am Verhandlungstisch. Dennoch hat Kolle
ge Zais in seinem Eröffnungsbeitrag vier konkrete Optionen für eine Lösung genannt. Ich erwarte, dass sich die Regierung und auch der Ministerpräsident dazu äußern.
Sie halten offenbar Ihnen vorliegende Gutachten unter Verschluss. Sie enthalten dem Parlament wichtige Informationen vor, und ich füge hinzu: Selbst in den nichtöffentlich tagenden Ausschüssen haben Sie wichtige Fragen unbeantwortet gelassen.