Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Meine Damen und Herren! Vertreten Sie in diesem Hause doch ausnahmsweise einmal eine glasklare Mehrheitsmeinung der Deutschen. Zeigen Sie einmal, dass Sie wahre Volksvertreter sind und Volkes Wunsch nach Schutz und Pflege der deutschen Sprache ernst nehmen. Stimmen Sie ausnahmsweise einmal für einen Antrag der NPD, damit überall im Land auch in vielen Jahren noch deutsch gesprochen wird – und das vielleicht auch wieder in der Hauptstadt Berlin.

(Beifall bei der NPD)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Möchten Sie das Schlusswort halten?

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung.

(Holger Apfel, NPD: Namentlich!)

Ja, ich weiß Bescheid. Es ist alles vorbereitet. Ich rufe nur noch die Drucksache auf, um die es geht, nämlich 4/8236.

Ich übergebe das Wort an meine Schriftführer.

Aufrufliste zur namentlichen Abstimmung in der 126. Sitzung am 11. Dezember 2008 über Drucksache 4/8236, beginnend mit dem Buchstaben P.

(Namentliche Abstimmung – Ergebnis siehe Anlage)

Befindet sich noch ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete im Saal, die nicht aufgerufen worden sind? – Das ist nicht der Fall.

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Mir liegt das Ergebnis der Abstimmung vor. Für den Antrag stimmten acht Abgeordnete und gegen den Antrag 91 Abgeordnete. Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

(Beifall bei der SPD)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und – – Es gibt noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Bitte.

Frau Präsidentin! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe deshalb gegen diesen Antrag gestimmt, weil er in meinen Augen eine schwere Diskriminierung derjenigen Sachsen ist, die sich zur sorbischen Sprache bekennen.

Gibt es weiteren Bedarf, zum Abstimmungsverhalten zu sprechen? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich jetzt noch einmal den Tagesordnungspunkt 4 und rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Aufbau eines leistungsorientierten sächsischen Stipendiensystems

Drucksache 4/13927, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die FDP beginnt. Danach folgen CDU, Linksfraktion, SPD, NPD und GRÜNE. Herr Abg. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Sachsen ist als Studienort offenbar nach wie vor beliebt“, so Frau Staatsministerin Dr. Stange in einer Pressemitteilung des Wissenschaftsministeriums vom 21. November 2008. Betrachtet man sich jedoch die aktuellen Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes, dann kommt man zu dem Schluss, Frau Ministerin, offenbar sind andere Bundesländer beliebter. Zwar erreicht die Studienanfängerquote im Wintersemester 2008/2009 mit 39 % einen Höchststand, die Bilanz für Sachsen ist jedoch ernüchternd.

Sachsen ist bundesweit Schlusslicht bei der Zahl der Studienanfänger. Neben Bremen ist der Freistaat Sachsen mit einem Rückgang von 2 % das einzige Bundesland, das weniger Studienanfänger verzeichnen muss. Das ist eine ernüchternde Bilanz, wenn man bedenkt, dass Sachsen im nationalen und im internationalen Bildungswettbewerb steht. Wie Sie, Frau Staatsministerin Stange, vor diesem Hintergrund auf den erfolgreichen Verlauf der Imagekampagne „Pack dein Studium“ verweisen, ist zumindest erklärungsbedürftig.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Aus eigener Kraft wird der Freistaat Sachsen den Ersatz bzw. Zusatzbedarf der kommenden Jahre beispielsweise an Ingenieuren, Ärzten und Lehrern nicht abdecken können. In diesem Zusammenhang sei zudem daran erinnert, dass sich Sachsen mit seiner Unterschrift unter den Hochschulpakt 2020 dazu verpflichtet hat, die Zahl der Studienanfängerplätze bei knapp 20 000 konstant zu halten.

Die Konsequenz aus diesen Zahlen sollte uns allen klar sein: Sachsen muss für in- und ausländische Studenten attraktiver werden. Um entsprechende Anreize zu schaffen, gibt es noch viel zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Eine wesentliche Grundlage, meine sehr geehrten Damen und Herren, für attraktive Studienbedingungen ist ein ausgewogenes Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden. Dieses setzt jedoch ausreichend vorhandenes Lehrpersonal voraus.

Bereits zum heutigen Zeitpunkt verfügt Sachsen im Ingenieurbereich mit rund 42 Studierenden pro Professor

über die bundesweit viertschlechteste Betreuungsrelation. Ein damit im Zusammenhang stehendes Problem ist die Studienabbrecherquote. Sie ist mit 40 % besonders hoch im Ingenieurbereich.

Von den rund 5 500 Studienanfängern der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften im aktuellen Wintersemester würden danach – rein statistisch – 2 200 Studenten ihr Ingenieurstudium nicht beenden.

Jährlich rund 2,2 Milliarden Euro – so schätzen Bildungsexperten – kosten bundesweit die Studienabbrecher an Universitäten und Fachhochschulen den Steuerzahler. Zudem beendete im Jahr 2007 nur jeder vierte Absolvent in Sachsen sein Studium in der Regelstudienzeit.

Sie gestatten sicher die Zwischenfrage.

Ja, selbstverständlich.

Bitte.

Herr Dr. Schmalfuß, auf welche Gründe führen Sie denn die Studienabbrecherquote zurück?

Die Gründe, dass Sachsen eine relativ hohe Studienabbrecherquote hat, liegen zum einen darin, dass wir eine gering ausgeprägte Studienorientierung haben, ebenso wie die Berufsorientierung, und dass zum Beispiel an der TU Dresden in einer Erstsemestervorlesung im Bereich Informatik durchschnittlich 350 bis 400 Studenten sitzen. Das ist eine ungünstige Betreuungsrelation in der Vorlesung. Frau Staatsministerin Stange hatte gestern in der Haushaltsdiskussion angesprochen, dass wir eine relativ hohe Zahl von unbesetzten Professorenstellen haben, die ich bewusst in meine Rede nicht eingebaut habe, aber sie hat es angesprochen. Das alles sind Gründe, die wir im Interesse unserer Studenten verbessern müssen.

Ist noch eine Frage offen?

Darf ich eine Nachfrage stellen? – Das ist schön.

Ist Ihnen schon einmal zu Gehör gekommen, dass jemand sein Studium abbricht, weil er es nicht mehr finanzieren kann, dass es also auch Kostengründe sind, die dazu führen?

Das ist richtig. Ich bedanke mich auch für diese Frage. Einer der Gründe, weswegen die FDP-Fraktion den heutigen Antrag gestellt hat, ist, dass wir mit diesem Stipendiensystem besonders begabten Abiturienten in Sachsen die Möglichkeit geben wollen, elternunabhängig eine Studienfinanzierung umzusetzen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, wenn wir jedem, der studierfähig ist, die Möglichkeit einräumen können, unabhängig von der Einkommenssituation seiner Eltern ein Hochschulstudium erfolgreich zu beginnen. Deswegen haben wir den Antrag auf ein landesweites Stipendiensystem in Sachsen gestellt.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können trefflich darüber streiten, worin die Ursachen für diese bedenklichen Zahlen liegen. Die datenschutzrechtlichen Beschränkungen erschweren eine Analyse, warum die meisten Studenten ihr Studium nicht in der vorgesehenen Zeit absolvieren und in vielen Fächern eine hohe Abbrecherquote existiert. Die „Freie Presse“ deklarierte in ihrer Ausgabe vom 29. Oktober 2008 den Studenten in statistischer Hinsicht gar als „das unbekannte Wesen“. Ich gehe aber bestimmt nicht fehl in der Annahme, dass auch beim Studium finanzielle Anreize einen wesentlichen Leistungsanreiz darstellen. Frei nach Wilhelm Busch: Er fühlt sich wie neu gestärkt, als er so viel Geld bemerkt.

Mit unserem Antrag schlagen wir daher in Anlehnung an Überlegungen aus Nordrhein-Westfalen den Aufbau eines strikt leistungsorientierten Stipendiensystems vor.

Ich möchte kurz auf die Antwort zu einer Kleinen Anfrage „Abiturientenbefragung in Sachsen“, Drucksache 4/13661, von Frau Dr. Raatz eingehen. Danach verneinten laut einer vom Freistaat Sachsen beauftragten regelmäßigen Erhebung zur Studierneigung 36 % der befragten sächsischen Abiturientinnen und Abiturienten einen Einfluss von Studierkosten auf ihre Studienentscheidung. Weitere 25 % sehen nur einen gewissen Einfluss. Im Zeitvergleich spielen zudem BAföG-Mittel für immer weniger der zukünftigen Studierenden eine Rolle.

Vor diesem Hintergrund macht Ihnen, sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange, die FDP-Fraktion heute ein nicht einmal unmoralisches Angebot. Erweitern Sie doch Ihre Argumentation „Studienanreize statt Studiengebühren“ einfach um das Motto „Leistungsanreize im Studium“. Betrachten Sie Geld einmal nicht vorrangig als Malus des Mangels, sondern als leistungsfördernden Studienbonus. Dass dafür ein entsprechender Bedarf besteht, ist nicht nur aus unserer Sicht unstrittig.

(Beifall bei der FDP)

Laut der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes bezogen beispielsweise im Jahr 2006 nur knapp 2 % der Studierenden in Deutschland ein monatliches Stipendium. Nicht umsonst beschäftigt sich daher auch die gemeinsame Wissenschaftskonferenz mit dem Thema „Förderung des Stipendienwesens an deutschen Hoch

schulen“ und hat im April 2008 einen entsprechenden Sachstandsbericht zusammengestellt. Danach zielt das gegenwärtige sächsische Studentenwesen vorrangig auf Promotionsstipendien und ausländische Studenten ab. Insgesamt werden jährlich nur knapp 300 (!) Stipendien vergeben. Auch unter Berücksichtigung der Begabtenförderung des Bundes wird die Zahl der Stipendiaten überschaubar sein. Wir bezweifeln nicht die Bedeutung der aktuellen Programme. Allerdings sollte der verengte Fokus unbedingt auf einen größeren Personenkreis erweitert werden.

(Beifall bei der FDP)

In der mittelfristigen Ausbaustufe des von uns vorgeschlagenen Systems streben wir circa 10 600 Stipendien mit einem monatlichen Stipendium in Höhe von 300 Euro an. Daraus resultiert ein jährlicher Finanzbedarf von knapp 38 Millionen Euro, aufgeteilt zwischen Bund und Land Sachsen und ergänzt durch eingeworbene Mittel der Privatwirtschaft. Würde man ausschließlich von einer staatlichen Finanzierung in Anlehnung an den BundLänder-Verteilschlüssel ausgehen, so ergäbe sich für Sachsen ein Finanzierungsbedarf von knapp 13 Millionen Euro. Bei Beteiligung der Privatwirtschaft reduziert sich dieser Betrag entsprechend. Zugegeben – eine Menge Geld, aber wie es immer so schön heißt: Bildungsinvestitionen sind Zukunftsinvestitionen. Allein das fragliche Werbeprogramm „Pack dein Studium“ kostet übrigens 2,3 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund relativiert sich der genannte Betrag.