Protokoll der Sitzung vom 11.03.2009

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Ich möchte hier allerdings noch etwas Grundsätzliches sagen: Deutschland mit seinem Föderalismus und seiner Demokratie bemüht sich, die unterschiedlichsten Interessen in unserer Gesellschaft abzuwägen und auszutarieren. Das ist manchmal schwierig und mühsam. Aber wenn es darauf ankommt – ich glaube, wir haben das im letzten Jahr mehrmals gezeigt –, stellen wir auch fest, dass trotz dieser schwierigen Abstimmungsprozesse Deutschland handlungsfähig ist.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Gunther Hatzsch und Dr. Gisela Schwarz, SPD)

Ich möchte an das Ende des letzten Jahres erinnern, als das Bankensystem kurz vor dem Zusammenbruch stand.

Durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz war es möglich, innerhalb einer Woche zu reagieren. Jetzt, wo die Wirtschaftskrise anfängt wirksam zu werden, waren wir im Bund, aber auch hier im Land in der Lage, schnell zu reagieren. Auch das sollte man einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Was will die Staatsregierung mit der Vorlage erreichen?

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das würden wir auch gern wissen!)

Wir bitten um Zustimmung, die knapp 600 Millionen Euro Bundesmittel entsprechend der durch das Bundesgesetz vorgesehenen Verwendungsbreite ausgeben zu dürfen.

Von dem Investitionspaket in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro können die Kommunen das meiste Geld, nämlich 640 Millionen Euro, für eigene Projekte verplanen, das Land wiederum 160 Millionen Euro. Das entspricht einem Verhältnis von 80 : 20 und geht über das hinaus, was der Bund als Mindestgröße angedacht hat, nämlich das Verhältnis 70 : 30. Das ist ein klares Zeichen des Landtages gegenüber den Kommunen.

Das Land bringt dabei für seine Maßnahmen eine Kofinanzierung von 40 Millionen Euro auf. Mit weiteren 32 Millionen Euro senkt der Freistaat in den Kommunen den Kofinanzierungsbetrag von 25 % auf 20 % ab.

Für die notwendigen Landesmittel konnten Lösungen im Haushaltsvollzug gefunden werden, also nicht durch zusätzliches Geld. Ich gestehe allerdings ein, wir haben Glück gehabt, denn Sachsen kommen hier insbesondere die nicht im Haushaltsplan eingeplanten zusätzlichen Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro aus dem Altvermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR zugute.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Glück gehabt!)

Manchmal haben wir auch Glück.

Knapp 32 Millionen Euro kommen noch von nicht gebundenen Landesmitteln aus Umschichtungen bzw. aus Investitionsverstärkungstiteln 15 03.

Aus Gründen der Transparenz und verwaltungstechnischen Vollziehbarkeit ist die Einrichtung zusätzlicher Haushaltsstellen geboten. Für alle vorgesehenen elf Förderungsbereiche entsprechend der Systematik des Zukunftsinvestitionsgesetzes werden Leertitel geschaffen.

Ich glaube, das haben wir vorhin schon ausreichend diskutiert. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie viel in diese Leertitel aufgenommen werden kann. Das wird jetzt der nachfolgende Prozess zeigen.

Wir stellen damit insbesondere auch für die kommunale Ebene Planungssicherheit her, es ermöglicht aber gleichwohl, flexibel auf die noch ausstehende Prioritätensetzung der Kommunen zu reagieren. Auch zu erwartende Planungsänderungen im weiteren Ablauf können dann ohne Zeitverzögerungen umgesetzt werden.

Abschließend darf ich Sie um Zustimmung bitten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wünscht der Berichterstatter des Ausschusses noch das Wort? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, dann stimmen wir nun über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 4/14802 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenstimmen? – Keine Gegenstimme.

Stimmenthaltungen? – Bei einer größeren Anzahl Stimmenthaltungen ist diese Drucksache beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 4 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, jetzt in die Mittagspause einzutreten. Wir treffen uns 14:30 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 13:34 bis 14:30 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen unsere Beratung fort und kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes

Drucksache 4/14412, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/14808, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Wir beginnen mit der Fraktion der CDU; Herr Dr. Hähle, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn die Abgeordneten dieses Hohen Hauses noch nicht auf Empfang geschaltet haben, müssen sie wissen, dass sie trotzdem Rundfunkgebühren bezahlen müssen. Schade um das schöne Geld!

Die Koalition hat sich nun einmal entschlossen, vor Verabschiedung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages noch einmal das Wort zu ergreifen, wohl wissend, dass die Zustimmung zu dem vorliegenden Staatsvertrag alternativlos ist, denn die Landtage können an dem von den Ministerpräsidenten unterzeichneten Vertrag kein Jota mehr ändern; sie können dem Vertrag nur im Ganzen zustimmen oder aber ihn im Ganzen ablehnen.

Ich will an dieser Stelle zunächst auf die Folgen eingehen, wenn der zur Abstimmung stehende Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag keine Mehrheit im Land erhielte. Das Gesetz muss nach der Fristsetzung der EUKommission bis zum 1. Juni 2009 von den Landtagen beschlossen sein. Bei Fristüberschreitung oder Ablehnung durch eines der Länder würde der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den die Ministerpräsidenten am 18.12.2008 unterschrieben haben, gegenstandslos. Das hätte unweigerlich zur Folge, dass die EU-Kommission ein beihilferechtliches Strafverfahren einleitete, was den Fortbestand des gebührenfinanzierten öffentlichrechtlichen Rundfunks in Deutschland und damit unser gesamtes duales Rundfunksystem infrage stellte; denn die Bundesrepublik Deutschland hat sich gegenüber der EUKommission zum sogenannten Beihilfekompromiss

verpflichtet, der mit dem heute zur Abstimmung stehenden Staatsvertrag umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Wir können zwar ein weiteres Mal beklagen, dass in dem vorgezeichneten Verfahren die Gestaltungsmöglichkeiten der Landtage nun mal gering sind. Und doch erlaube ich mir, auf eine neue Qualität der Entscheidungsfindung hinzuweisen, die darin besteht, dass sich eine Arbeitsgruppe der Fraktionsvorsitzendenkonferenz von CDU und CSU seit Längerem mit Fragen der Medienpolitik befasst hat und zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist, wie sie jetzt im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben. Denn es gab eine ständige Rückkopplung und einen fruchtbaren Austausch mit den Chefs der Staatskanzleien und über diese mit den Ministerpräsidenten, zumindest der B-Länder, in der Frage der Präzisierung des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter den Bedingungen der fortgeschrittenen technischen Entwicklung im Zeitalter der Digitalisierung und neuer Verbreitungsmöglichkeiten der Programme im Internet und auf vielfältige andere Weise. Um die Erweiterung und zugleich die Eingrenzung des öffentlich-rechtlichen Auftrages geht es im vorliegenden Staatsvertrag.

Ich will noch einmal betonen, dass die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über Gebühren, die von jedem Rundfunkteilnehmer erhoben werden, unter anderem daran gebunden ist, dass es einen klaren, fest umrissenen Auftrag gibt. Zuständig dafür ist der Rundfunkgesetzgeber. Der ist in Deutschland die Gesamtheit der 16 deutschen Länder. Noch nicht abschließend geklärt ist das künftige Gebührenerhebungssystem, das den im Zuge der technischen Entwicklung geänderten vielfachen Empfangsmöglichkeiten Rechnung trägt, und die nicht mehr wie früher an das Vorhalten eines speziellen Radio-

oder Fernsehempfangsgerätes gebunden sind. Das zu klären ist Aufgabe eines künftigen Staatsvertrages.

Ich erinnere daran, dass der Sächsische Landtag wie auch andere deutsche Landtage mit Entschließungsanträgen oder Präambeln zum Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag – es ist gar nicht so sehr lange her – ihre Erwartungen an die Ministerpräsidenten der Länder ausgedrückt haben, wie sie sich einen präzisierten Funktionsauftrag und ein künftiges Gebühren- und Erhebungsmodell vorstellen. Letzteres ist somit noch nicht Gegenstand des heute zur Abstimmung stehenden Staatsvertrages.

Dabei, meine Damen und Herren, wäre es allerhöchste Zeit. Wie antiquiert das bisherige System ist, zeigt sich unter anderem daran, dass jüngst Adam Ries aus Annaberg eine Aufforderung der Gebühreneinzugszentrale Köln erhalten hat, endlich seine Rundfunkgebühren zu bezahlen, obwohl Adam Ries nachweislich seit 450 Jahren tot ist und nie ein einschlägiges Empfangsgerät besessen hat. Möglicherweise denkt man, weil er so gut rechnen konnte, dass er über einen Computer verfügte. Aber damals war er mit großer Sicherheit noch nicht an das Internet angeschlossen.

Es geht demnach heute um ein anderes Gesetz, das mit dem eben erwähnten nichts zu tun hat.

In Artikel 1 geht es um die Zustimmung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem der Beihilfekompromiss mit der EU-Kommission umgesetzt wird. Artikel 2 regelt redaktionelle Folgeänderungen im Sächsischen Privatrundfunkgesetz. Unter anderem geht es um die Neudefinition des Rundfunkbegriffs aufgrund der technischen Entwicklung und keineswegs – wie manche fälschlicherweise denken – etwa um eine vorzeitige Abschaffung des UKW-Rundfunks und ein Außerbetriebsetzen des sogenannten Küchenradios. Artikel 3 regelt dann das Inkrafttreten.

Inhaltlich geht es also, wie erwähnt, um die Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags. Neben den kommerziellen Tätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden deren Kontrolle und vor allem das digitale und das Internetangebot geregelt. Die Anstalten werden mit digitalen Zusatzangeboten im Bereich Fernsehen sowie das Deutschlandradio mit einem weiteren digitalen Hörfunkprogramm beauftragt. Mit Ausnahme des genannten Hörfunkprogramms müssen die Zusatzangebote aus dem Bestand, somit durch Umschichtungen innerhalb des gegebenen Plafonds, finanziert werden.

Die Länder gaben in diesem Zusammenhang eine Aufforderung an die Anstalten, ihre Rationalisierungs- und Einsparungsanstrengungen fortzusetzen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die Bürger bezahlbar zu halten. Deshalb enthält der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag richtigerweise einige Einschränkungen. Der vorliegende Vertrag stellt einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den Interessen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, ihren Wettbewerbern im Rundfunk- und Printbereich sowie den Rundfunkteilnehmern dar.

DIE LINKE und die GRÜNEN kritisieren den Vertrag als „faulen Kompromiss“, der angeblich über die EUVorgaben hinausgehe und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegenüber den privaten Wettbewerbern und den Printmedien Nachteile verschaffe. Allerdings hat in der Sachverständigenanhörung vom 29. Januar dieses Jahres keiner der Vertreter der konkurrierenden Anbieter die Ablehnung des Gesetzentwurfes empfohlen, wenngleich insbesondere zum sogenannten Drei-Stufen-Test für die schon bestehenden und zukünftigen OnlineAngebote einige Kritik vorgebracht wurde, ebenso wie zur Begrenzung der Abruffrist für gesendete Programme auf sieben Tage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft wird erweisen, ob sich die Regelungen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages bewähren. Im Bedarfsfall kann man im Lichte der dann gemachten Erfahrungen in einem der nächsten Staatsverträge nachjustieren. Für das vorliegende Gesetz bitte ich aus den dargelegten Gründen um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich erteile nun der Linksfraktion das Wort; Herr Abg. Hilker, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war am 12. August letzten Jahres, als der Intendant des Hessischen Rundfunks zu einer Anhörung im Hessischen Landtag zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der damals vorliegenden Form Stellung nahm.

Ich zitiere sein Fazit: „Wir haben es hier mit einer Überregulierung zu tun, die der ARD und dem Hessischen Rundfunk in ihrer Auswirkung keine angemessene Teilhabe mehr an der Medienentwicklung gewährleistet. Eine Umsetzung dieser Vorgaben entwertet erstens unsere Online-Angebote und gefährdet ihren Bestand und belastet zweitens unsere zahlreichen kleinteiligen technokratischen Vorschriften, deren Auslegung vermutlich sehr zeitnah eine große Zahl von Gerichten beschäftigen wird.“