Meine Kleine Anfrage zum Arbeitnehmerdatenschutz in Sachsen zeigt, dass Arbeitnehmer bei Anzeige eines Datenschutzverstoßes oft ihren Arbeitgeber nicht nennen wollen. Dies ist mit Blick auf die hohen Arbeitslosenzahlen nur zu verständlich. Es muss daher die Möglichkeit geschaffen werden, dass Datenschutzbeauftragte im Interesse von Arbeitnehmern Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte geltend machen und sie dabei nicht als Dritte im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes definiert werden.
Arbeitnehmer(innen) müssen bei einer rechtswidrigen Erhebung, Speicherung oder Weitergabe ihrer Daten durchsetzbare Unterlassungs-, Löschungs- sowie Schadensersatzansprüche geltend machen können. Für rechtswidrige Daten muss ein betriebliches Verwertungsverbot bestehen. Mit ihnen dürfen keine Sanktionen, Abmahnungen oder Entlassungen begründet werden können.
Schließlich brauchen wir bessere institutionelle Sicherungen. Wir brauchen endlich eine angemessene Ausstattung und die Unabhängigkeit der betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Außerdem sollten die Datenschutzbeauftragten zur Vermeidung von Interessenkonflikten möglichst keine weiteren Aufgaben im Bereich der betrieblichen Datenverarbeitung oder der Personalverwaltung übernehmen. Da dies natürlich nur bei größeren Betrieben möglich sein wird, müssen wir komplementär auch die Personal- und Sachausstattung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, der ja jetzt auch für den nicht öffentlichen Bereich zuständig ist, erheblich aufstocken.
Meine Damen und Herren! Ich wünsche mir, dass wir hier im Sächsischen Landtag zu diesen Fragen einen breiten
Konsens finden, da sich beispielsweise Herr Wirtschaftsminister Jurk bereits entsprechend geäußert und sich auch der Bundesinnenminister Herr Schäuble in entsprechender Weise dazu eingelassen hat. Wir halten es trotzdem für erforderlich, dass wir dieses wichtige Thema hier ansprechen; denn meines Erachtens war diese Facette des Datenschutzes, diese wichtige Facette des Alltagslebens vieler Bürgerinnen und Bürger hier im Landtag noch nicht Gesprächsstoff.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lichdi, ich kann Ihnen schon mal sagen, dass wir bei der Zielrichtung und auch bei der Ausgangslage, die wir wahrnehmen, sicher sehr schnell einen gemeinsamen Nenner finden werden.
Wenn wir an die Bahn denken, stellen wir fest, dass es Datenschutzverstöße gab. Es ist klar, dass ein Zugbegleiter, der in Delitzsch unterwegs ist, kein Planungsbüro betreibt, keine Aufträge von mehreren Millionen Euro entgegennimmt und dass deshalb solche Erkundigungen über die Bahnmitarbeiter in dieser großen Zahl unangebracht sind. Oder denken wir bei Lidl an die Videoüberwachung der Mitarbeiter oder an den Gammelfleischskandal, bei dem der Fahrer, der den Unternehmer angezeigt hat, Probleme bekam.
Alle diese Fälle haben zu Recht einen Aufschrei der Öffentlichkeit ausgelöst. Man hat sich gefragt: Wo ist eigentlich der Datenschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geregelt? Man hat festgestellt, dass das in verschiedenen Gesetzen geregelt ist: im Bundesdatenschutzgesetz, im Telemediengesetz, im Betriebsverfassungsgesetz, im Bundespersonalvertretungsgesetz und im Arbeitssicherheitsgesetz.
Das Problem liegt also auf der Hand. Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind schwer zu durchschauen. Man weiß nicht, wo was genau geregelt ist. Der Bundesrat hat deshalb im November vorigen Jahres von einer unübersichtlichen Gesetzeslage gesprochen, und die Länder haben die Forderung aufgestellt, dass man übersichtliche gesetzliche Regelungen braucht, die praktikabel und verständlich sind. Das ist eine Forderung, die auch wir als CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag vertreten.
Herr Lichdi hat schon darauf hingewiesen, dass sich das Bundeskabinett im Februar darauf geeinigt hat, dass in dieser Legislaturperiode eine Grundsatzregelung zum Datenschutz der Arbeitnehmer in das Bundesdatenschutzgesetz aufgenommen werden soll. Wir halten es für richtig, dass in dieser Legislaturperiode durch grundsätzliche Regelungen zunächst ein Rahmen gegeben wird und dass man dann, in der nächsten Periode, ein eigenes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auf den Weg bringt, woran die Länder über den Bundesrat beteiligt sind.
Alle Beteiligten, auch des Datenschutzgipfels, waren sich einig, dass das kein Schnellschuss werden sollte. Das Arbeitnehmerdatenschutzgesetz muss Hand und Fuß haben und das geht eben nicht innerhalb einiger Wochen.
Lieber Kollege Lichdi, deshalb sind die Forderungen der GRÜNEN unrealistisch, dass man noch in dieser Legislaturperiode ein Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer auf Bundesebene durchsetzen kann.
Lassen Sie mich zum zweiten Punkt Ihres Antrages kommen, der Stärkung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten. Dafür fordern Sie mehr oder minder Personal. Unsere Auffassung ist, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte und seine Mitarbeiter eine hervorragende Arbeit leisten
und dass Probleme dort nicht liegen bleiben. Wir denken, dass die Personalausstattung angemessen ist und es deshalb derzeit keinen Handlungsbedarf gibt.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir halten den Arbeitnehmerdatenschutz für ein sehr wichtiges Thema. Wir brauchen klare, übersichtliche gesetzliche Regelungen. Wir brauchen auch ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. Das erfordert aber eine ganze Menge Kennerarbeit in den Ministerien und keinen wilden Aktionismus.
Deshalb ist der Weg, den die Bundesregierung eingeschlagen hat, richtig: erstens in dieser Wahlperiode Grundsatzregelungen im Bundesdatenschutzgesetz zu verankern und zweitens in der kommenden Legislaturperiode ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auf den Weg zu bringen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe einen Termin, deshalb mache ich es kurz.
Kollege Krauß, von Aktionismus kann nun wirklich keine Rede sein. Auf die Probleme mit dem Arbeitnehmerdatenschutz macht beispielsweise die Konferenz der Datenschutzbeauftragten seit vielen Jahren aufmerksam, und es gibt entsprechend weit gediehene Vorarbeiten. Ich werde, weil es einfach schade ist, heute zu später Abendstunde dieses interessante Thema hier umfassend zu diskutieren, mich kurz halten. Schauen sie doch einmal in diese Materialien hinein.
Kurz und gut: Wir teilen die beiden zentralen Forderungen, die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen, Arbeitnehmerdatenschutzgesetz mit den 13 Eckpfeilern, die sie
angerissen haben. Jedoch bin ich hier nicht so kühn und sage, dass das alles eins zu eins zu übernehmen ist. Natürlich sind dort Spannungsfelder auszutarieren – das schreiben zum Beispiel auch die Datenschutzbeauftragten – zwischen den Interessen auf informationelle Selbstbestimmung und Persönlichkeitsschutz und den natürlich legitimen Interessen, beispielsweise zur Strafverfolgung/Korruptionsvorbeugung. Aber das muss grundgesetzlich sauber austariert werden. Es darf keinen Schnellschuss geben, aber die Vorarbeiten sind sehr, sehr weit gediehen.
Wenn Sie das nicht glauben, dann schauen Sie mal bitte in den Antrag der Linksfraktion, ausgearbeitet von den Abgeordneten Jan Korte, Wolfgang Neškowitć, Petra Pau und einigen anderen, ganz aktuell im Bundestag zum Thema „Datenschutz für Beschäftigte stärken“, Bundestagsdrucksache 16/11376. Ich empfehle der Bundestagsfraktion der GRÜNEN, diesem sehr guten Antrag der Linksfraktion im Bundestag zuzustimmen. Vielleicht stimmen noch einige andere zu. So hätten wir ganz, ganz schnell ein Bundesdatenschutzgesetz.
Hochverehrter Herr Kollege Friedrich, ist Ihnen bekannt, wenn Sie es ansprechen, dass die Bundestagsfraktion – ich denke, wir sind im Landtag – von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seit Ende Mai 2008 einen umfangreichen Antrag im Geschäftsgang hat, der in circa zwei Wochen angehört wird? Die CDU/SPDKoalition – das muss ich Kollegen Krauß ins Stammbuch schreiben – hat es bisher verhindert, dass diese Anhörung früher stattfinden kann.
Sehr verehrter Kollege, ich habe mich natürlich recherchemäßig auf die Rede vorbereitet. Das ist mir bekannt. Natürlich haben auch Sie Qualität abgeliefert, aber es sei mir gestattet, dass ich die Qualität unserer Fraktion hier lobe.
Kurz und gut, es gibt Vorarbeiten von den GRÜNEN und von den Linken. Man wird im Landtag das Eis nicht brechen können. Bekannterweise ist das Bundesmaterie. Man muss in das Bundesdatenschutzgesetz hineingehen, wahrscheinlich auch in das Arbeitsrecht. Möglicherweise ist ein Artikelgesetz nötig. Ich werde es Ihnen ersparen, jetzt in die Tiefe zu gehen. Kurz und gut, man kann etwas machen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Landtagsfraktion hat seit 18 Uhr einen Frühjahrsempfang, an dem auch Franz Müntefering teilnimmt.
Franz Müntefering ist ja bekannt für kurze, knappe Sätze. Deshalb: Erstens, das Thema ist wichtig. Das Anliegen ist gut. Der Datenschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist notwendig.
Zweitens. Die SPD hat Mitte 2008 einen Antrag an die Koalitionspartner mit gleichlautendem Inhalt gegeben. Bis heute dauert die Beratung an.
Drittens. Es ist in der Tat so, dass der Bundesinnenminister Anfang Februar mit Tarifpartnern und Datenschützern zusammengesessen hat und dass jetzt Teilaspekte des Datenschutzes ins Bundesdatenschutzgesetz aufgenommen werden.
Wir halten weiterhin am eigenständigen Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes fest. Die Punkte, die ich gerade genannt habe, sind Bestandteil des GRÜNEN-Antrages. Also sind sie auf einem guten Weg.