Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Deshalb müssen wir uns – Sie haben recht – über die Grenzen der Risikobereitschaft unterhalten.

Zweitens: Patronatserklärungen oder operative Steuerung? Der Rechnungshof thematisiert die Patronatserklärung. Aber die Patronatserklärung muss man unter verschiedenen Aspekten beleuchten. Die Patronatserklärung war kein Blankoscheck für die Bank, denn die Risikoabwägung war in einem dreischichtigen Modell abgedeckt.

Die oberste Schicht ist die Patronatserklärung. Sie wurde bei Einrichtung der Gesellschaft eingeführt und sie stellt, rein theoretisch betrachtet, eine unbegrenzte Haftung für alle Geschäfte dar. Sie war notwendig für das Kundenvertrauen und für das Rating. Aber die Patronatserklärung ist nicht allein entscheidend für das Risiko.

Es gibt eine zweite Schicht, die Kreditermächtigung. Der Risikorahmen wurde durch die Kreditermächtigungen gesetzt, die der Kreditausschuss in der Höhe begrenzte.

Die dritte Schicht bedeutet die Einschätzung der Risiken, der Liquiditäts- und Marktpreisrisiken. In der dritten Schicht steuert der Vorstand im operativen Geschäft das Risiko.

Mein Fazit lautet: Wenn im operativen Geschäft das Risiko richtig gesteuert wird, ist die Haftung faktisch begrenzt.

Drittens. Regressansprüche. Im Bericht des Sächsischen Rechnungshofes werden die Regressansprüche strukturiert. Dies entspricht auch unserer Prüfung. Die Prüfung der Schadensersatzansprüche ist aber komplex und mit größeren rechtlichen und tatsächlichen Unsicherheiten behaftet. Wir werden den Rechnungshof und den Haushalts- und Finanzausschuss weiterhin über den Fortgang der Anspruchsprüfungen informieren.

Was sind nun die nächsten Schritte? In den nächsten Monaten steht eine Menge Arbeit vor uns. Dabei werden wir mit dem Rechnungshof eng zusammenarbeiten. Am 2. Juni, also in drei Wochen, wird es zu einem Gespräch auf Arbeitsebene zur Tätigkeit der Beteiligungsverwaltungen kommen.

Ich bitte, dem Beschlussvorschlag zuzustimmen und den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Gibt es jetzt noch weiteren Redebedarf? – Wenn das nicht der Fall ist, rufe ich den Änderungsantrag der Linksfraktion auf. Herr Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Änderungsantrag liegt Ihnen vor. Herr Finanzminister, ich habe bei Ihrer Rede ein wenig an die Buddenbrooks denken müssen. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass dort unter anderem gesagt worden ist: „Tue emsig deine Geschäfte, aber tue sie so, dass du bei Nacht noch ruhig schlafen kannst.“

Die Geschäfte, die die Landesbank gemacht hat, waren eigentlich dergestalt, dass keiner der Verantwortlichen auch nur eine Nacht hätte ruhig schlafen dürfen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Insofern war das, was Sie ausgeführt haben, eben nicht das Lehrenziehen aus dem Scheitern, und die Verantwortlichen sind immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden – weder politisch, noch die Schadenersatzforderungen betreffend. Deshalb ist es wohl so, wie es bei vielen Anträgen von uns ist: Sie werden aus Prinzip abgelehnt.

Hier aber wundere ich mich schon über die Koalition. Bei Beratenden Empfehlungen des Rechnungshofes wird sonst immer alles zustimmend zur Kenntnis genommen. Der Bericht des Stasi-Unterlagen-Beauftragten wird natürlich sehr zustimmend zur Kenntnis genommen.

Aber jetzt, wenn es um einen Bericht geht, der gravierendes Versagen der Staatsregierung zusammenfasst, aufdeckt und dokumentiert, wollen Sie natürlich nicht zustimmen, weil Sie wissen, dass Sie die Verantwortung für dieses Desaster tragen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir wollen aber, dass der Landtag zustimmt. Deshalb steht auch im ersten Punkt, dass die Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis genommen wird und dass sich der Landtag die Feststellungen zu eigen macht. Sie haben gesagt, wir müssen die Lehren ziehen. Das ist der Punkt 1, den wir hier fordern.

Zum Punkt 2 hat Kollege Rößler erklärt, die CDU würde diesem Punkt 2 deshalb nicht zustimmen, weil das im Haushalts- und Finanzausschuss alles regelmäßig getan werden würde.

Ich stelle fest – vielleicht können Sie es noch richtigstellen –, dass bisher im Haushalts- und Finanzausschuss in keinem einzigen Fall die Geltendmachung von rechtlich durchsetzbaren Ansprüchen auf Schadensersatz gegenüber dem aus Sicht des Rechnungshofes verantwortlichen Personenkreis in Staatsregierung, Staatsministerien und Vorstand, Verwaltungsrat, Kreditausschuss der Sachsen LB zur Sprache gekommen ist. In keinem einzigen Fall sind bisher Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden.

Insofern geht es hier um den Auftrag des Landtages, diese Schadensansprüche geltend zu machen. Genau das ist Gegenstand des Punktes 2. Da das bisher nicht geschehen ist, ist auch dieser Punkt dringend notwendig.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gibt es Redebedarf zu dem Antrag? – Herr Dr. Rößler, bitte.

Noch einmal zu Punkt 2, verehrte Frau Vorsitzende. Das ist zum Beispiel eine der Aussagen, die der Landesrechnungshof in seinem Bericht macht. Die Prüfung von Regressansprüchen obliegt

weniger dem Landtag als vielmehr dem SMF; so stellt es auch der Rechnungshof in seinem Bericht dar. Ich denke, das tut das SMF auch. Es hat berichtet. Wir folgen mit der Ablehnung dieses Punktes 2 eigentlich auch dem, was der Landesrechnungshof in seinem Bericht schreibt.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Ach so, der schreibt noch viel mehr!)

Gibt es noch weitere Diskussionen zum Änderungsantrag? – Wird jetzt punktweise Abstimmung zum Antrag beantragt? – Ich wäre sehr dankbar, wenn mir wenigstens jemand antworten würde, denn je später es wird, umso schlimmer wird es. – Also keine punktweise Abstimmung.

Ich rufe den Änderungsantrag Drucksache 4/15529 auf. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag doch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 4/15412 auf. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung mit Mehrheit zugestimmt worden.

Kann ich damit den Tagesordnungspunkt schließen oder gibt es noch Erklärungen? – Gut.

Erklärung zu Protokoll

Wir sind dem Landesrechnungshof sehr dankbar für diesen Bericht. Wir sind vor allem deshalb dankbar, weil er weites Licht ins Dunkel gebracht hat. Er deckt die Ursachen für die Schieflage der Sächsischen Landesbank auf und benennt klar die Verantwortlichen.

Nachdem meine Fraktion den Bericht gelesen hat, war für uns die bitterste Erkenntnis die, dass die Staatsregierung die Krise hätte verhindern können, wenn sie denn ihre Aufsichtspflicht richtig wahrgenommen hätte. Jenseits aller Debatten um neue Regeln für die internationalen Finanzmärkte, mehr Kontrollen von Finanzprodukten und Finanzakteuren, verbesserter Standards bei den RatingAgenturen und anderer Maßnahmen mehr, hätte es genügt, wenn die Verantwortlichen einfach nur ihren Job gemacht hätten. Durch dieses Fehlverhalten haben wir nicht nur die Sächsische Landesbank, sondern auch jede Menge Vertrauen verloren.

Wir müssen nach dem Sonderbericht des Rechnungshofes davon ausgehen, dass die Verantwortlichen entweder nicht ausreichend informiert waren über die Wertpapiere, die sie in großem Stil gekauft haben – dann hätten sie gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen; oder aber die Verantwortlichen haben wider besseres Wissen gehandelt und für einen kleinen Zinsvorteil – man könnte auch sagen, aus reiner Geldgier – immense Risiken in Kauf genommen. Damit hätten sie gegen die geltenden Sorgfaltsregeln des Metiers verstoßen. Wahrscheinlich haben die Verantwortlichen gegen eine weitere Regel verstoßen, nämlich die der Fristenkongruenz. Demnach hätten längerfristige Engagements nicht kurzfristig finanziert werden dürfen. Die Krise hätte verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen allein diese Regel beachtet hätten.

Der Bericht zeigt, es gab darüber hinaus andere Gelegenheiten, die Schieflage der Sachsen LB zu verhindern. Zum Beispiel an der Stelle, als es um das neue Geschäftsmodell der SLB als Kapitalmarktbank ging. Da hätte das SMF einschreiten und erklären müssen, dass dieses

Geschäftsmodell nichts mehr mit der eigentlichen Aufgabe einer Landesbank, nämlich der Struktur- und Wirtschaftsförderung in Sachsen, zu tun hatte und damit nicht mehr im öffentlichen Interesse des Landes war. Stattdessen aber hat das SMF auf den Nutzen für den Staatshaushalt geschielt und die Aussicht, Gewinne und Steuerzahlungen zu erzielen, als öffentliches Interesse dargestellt.

Grobe Fehler wirft der Rechnungshof dem SMF bei der Bewertung der durch die SLB abgegebenen Patronatserklärung gegenüber der Tochtergesellschaft Sachsen LB Europe plc (SLBE) vor. Während das SMF das Vorgeben der SLB als „im Bankenbereich üblich“ bewertete, hätte es nach Artikel 94 der Verfassung des Freistaates einer Ermächtigung durch den Gesetzgeber, also den Landtag, bedurft. Das SMF hat nicht nur versäumt, diese Ermächtigung beim Parlament einzuholen; es hat auch versäumt festzustellen, dass es für die Abgabe der Patronatserklärung keinerlei gesetzliche Grundlage gegeben hat. In dieser Sache ist eine Organklage der GRÜNEN-Fraktion vor dem Sächsischen Verfassungsgericht anhängig.

Schließlich, so der Rechnungshof, habe das SMF nicht mal die mit der Patronatserklärung verbundenen Risiken überwacht. Auch den Umfang der Risiken habe das SMF nicht begrenzt: „Selbst nachdem die SLBE Garantien in Milliardenhöhe mit Wissen des SMF gegenüber Zweckgesellschaften übernommen hatte, ist nichts geschehen“, so der Rechnungshof in seinem Bericht.

Die Patronatserklärung und das Versagen der Staatsregierung haben das Land an den finanziellen Abgrund geführt. Am Ende war die Sachsen LB ein Gesamtrisiko von aberwitzigen 43 Milliarden Euro eingegangen – der Etat des Freistaates verfügt nur über knapp 17 Milliarden Euro. Das zeigt, wie verantwortungslos die Geschäfte der Sachsen LB waren.

Für uns ist deshalb ganz klar: Die Verantwortlichen müssen für den Schaden, den sie dem Land zugefügt haben, zur Kasse gebeten werden. Die Staatsregierung hat zugesagt, die Haftungsansprüche zu prüfen. Ergebnisse liegen bislang noch nicht vor. Angesichts der schwierigen

Interessenanlage fordern wir die Staatsregierung noch einmal nachdrücklich auf, dieser Ankündigung endlich auch nachzukommen. Egal, was die ganze Sache kostet, wir müssen diesen Schritt tun. Nach all dem, was wir heute wissen, ist der Schritt nur konsequent. Darüber hinaus sind wir es den Steuerzahlerinnen und Steuerzah

lern in diesem Lande schuldig, auch diejenigen an den Kosten zu beteiligen, die sie verursacht haben.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen

Drucksache 4/15366, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch jemand das Wort zu nehmen? – Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall. Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 4/15366 ab. Wer ist

dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung mit Mehrheit zugestimmt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf