aber, Herr Kollege Kupfer, wir sind eben auch für eine viel stärkere Leistungsorientierung, auch was den Zugang zum Gymnasium betrifft. Wir finden, dass die Gemeinschaftsschule das sächsische Schulsystem vernünftig ergänzen kann, dass sie ein weiteres Angebot sein kann und dass wir in Sachsen den Mut haben sollten, mehr solcher Modelle zu entwickeln. Wir sind aber genauso der Meinung, dass es faire Chancen für die vielen privaten Schulangebote in Sachsen geben muss.
Der Knackpunkt, den wir sehen, ist die Schulschließungspolitik, die leider noch nicht beendet ist, wenn ich mir die Fördermittelpraxis der letzten Monate ansehe; und wenn ich allein sehe, dass Sie gemeinsam als CDU und SPD in dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode wiederum 173 Schulen geschlossen haben, dann weiß ich nicht, was das mit besseren Bildungschancen und mehr Familienfreundlichkeit in diesem Land zu tun haben soll.
Mir konnte bis heute noch niemand erklären, dass Schulwege von über einer halben Stunde, wie wir sie beispielsweise in Nordsachsen und in vielen anderen Regionen haben, die Bildungschancen eines Kindes verbessern, und mir konnte auch noch niemand erklären – dies sage ich explizit an die Adresse der CDU gerichtet –, dass das dem Bild von Familie, das wir eigentlich haben, entspricht. Wir denken schon, dass die Familie einen wesentlichen Teil zur Erziehung ihrer Kinder beitragen muss. Das kann sie aber nur, wenn die Kinder auch ab und zu einmal zu Hause sind und nicht die ganze Zeit in irgendwelchen Schulzentren oder im Bus verbringen.
Ihre Bildungspolitik ist aus unserer Sicht höchstens ein Teilerfolg. Es ist vieles in die richtige Richtung gegangen, was auch fortgesetzt werden sollte. Aber sie bleibt trotz alledem eine der größten Baustellen für die künftigen Legislaturperioden, und das – das ist besonders interessant – trotz SPD-Regierungsbeteiligung. Wer hätte das gedacht?!
Wo sonst noch könnten wir Erfolge unserer Staatsregierung sehen? Vielleicht im Gesundheitsbereich, einem sehr wichtigen Bereich. Sie verdienen meinen Respekt, dass Sie dem Gesundheitsfonds im Bundesrat nicht zugestimmt haben. Das habe ich schon an vielen Stellen gesagt. Sie haben ihn aber auch nicht verhindert. Jetzt besteht in Sachsen die Situation, dass die Krankenkassenbeiträge auf Rekordniveau sind, ohne dass die Versicherten mehr Leistungen bekommen. Wir haben auf beiden Seiten eine große Unzufriedenheit – bei den Ärzten wie bei den Patienten. Wir beklagen uns über einen wachsenden Ärztemangel in Sachsen, vor allem im ländlichen Bereich. Die Sicherung einer flächendeckenden und anspruchsvollen medizinischen Versorgung wird eine sehr schwierige, aber zugleich sehr wichtige Aufgabe für die kommenden Regierungen sein.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sachsen im bundesweiten Vergleich der Ärztedichte inzwischen nur noch auf Platz 14 von 16 Bundesländern liegt. Daran ist zu erkennen, welche Probleme auf uns zukommen.
Ich kann nur hoffen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass es durch einen Wechsel der Regierung in Berlin ab September die Chance zu einer Reform der Reform gibt, weil ich mir sicher bin, dass wir das, was mit der jetzigen Gesundheitsreform gemacht worden ist, auf Dauer nicht verkraften werden.
Meine Damen und Herren! Schauen wir uns unsere Hochschulen an. Meinen Sie, dass das kürzlich verabschiedete Hochschulgesetz der geeignete Rahmen für die Zukunftsfähigkeit der sächsischen Hochschulen ist? Die Gesetzgebung ist leider das, was es fast immer ist, wenn CDU und SPD in Dresden oder in Berlin zusammenarbeiten: ein fauler Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, der auf Kosten der Zukunft unseres Landes geht. Vier Jahre hat die Erarbeitung dieses Kompromisses bei der Staatsregierung gedauert. Und wenn Ministerpräsident Tillich auf dem „Zukunftskongress Sachsen 2020“ nur vier Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes ein modernes Hochschulrecht für Sachsen fordert, dann hat er nicht nur recht, sondern sagt sehr deutlich, was er selbst von dem neuen Hochschulgesetz in Sachsen hält – offensichtlich nicht viel, meine Damen und Herren.
Zur Wirtschaftspolitik will ich heute nicht so sehr viel sagen, weil es immer etwas schwierig ist, wenn frischer Unternehmergeist auf planwirtschaftliche Träumereien und gewerkschaftlichen Dogmatismus trifft. Zur Frage der Kompetenz – der Wirtschaftsminister hat es vorhin selbst angesprochen –, wie unser Wirtschaftsressort derzeit geführt wird, hat der Landesvorsitzende der CDU auf dem Landesparteitag am 16. Mai 2009 klare Worte gefunden, denen aus der Sicht der FDP-Fraktion nichts hinzuzufügen ist.
Vielleicht nur so viel: Das jüngste Mittelstandsbarometer zeigt im Bundesvergleich die Entwicklung Sachsens unter Führung der sächsischen Sozialdemokratie ziemlich plastisch auf. Dabei ist Sachsen in den wichtigsten Mittelstandsindikatoren abgestürzt. Nur in drei Bundesländern sind die Unternehmen noch unzufriedener mit der Mittelstandspolitik ihres Landes als in Sachsen. Mit einem Wirtschaftswachstum von 0,9 % im Jahre 2008 lag Sachsen deutschlandweit in einem Aufschwungjahr, in dem wir Rekordsteuereinnahmen hatten, nur auf dem vorletzten Platz.
Meine Damen und Herren! Erfolg ist messbar. Die Wirtschaftspolitik in diesem Land ist seit fünf Jahren leider keine Erfolgsgeschichte mehr. Es wird Zeit, dass wir das korrigieren.
Hören Sie mir einfach zu, anstatt sich mit dem Finanzminister zu unterhalten. Genauso sieht es in der Verkehrspolitik aus, Herr Kollege Jurk, und ganz besonders, wenn wir uns die vom Ministerpräsidenten angesprochenen katastrophalen Zustände beim Schienenverkehr ansehen. Ich persönlich finde es sehr schade, dass der kurze Draht, den Sie als SPD-Landesminister zum SPD-Bundesverkehrsminister haben müssten, offensichtlich überhaupt nichts gebracht hat.
Es ist eben so: Früher hat die gesamte Republik hingehört, wenn der sächsische Löwe gebrüllt hat, heute interessiert es in Berlin niemanden mehr, wenn das sächsische Kätzchen schnurrt.
Besonders enttäuschend sind, meine Damen und Herren, die Reformunfähigkeit und die offensichtliche Reformunlust dieser Staatsregierung. Das Scheitern des Paragrafenprangers ist oft genug auch von der FDP-Fraktion angesprochen worden. Vorhin hat der Ministerpräsident – das fand ich doch sehr bemerkenswert – die Verwaltungsreform als eine Reform bezeichnet, die ihresgleichen sucht. Ich weiß nicht, ob das ein Spaß war, eine witzige Bemerkung oder ob er das ernst gemeint hat. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Ich verspreche Ihnen, dass das Substantiv „Reform“ aus dem Duden springen wird, wenn wir diese Verwaltungsreform weiterhin als Reform bezeichnen. Eine Reform, die nicht in der Lage ist, wenigstens auf ein Regierungspräsidium zu verzichten, ist keine Reform.
Wenn ich sehe, dass wir Ende dieses Jahres schon wieder höhere Personal- und Verwaltungskosten im sächsischen Landeshaushalt haben als vor der Reform, dann, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ist diese Reform keine große und völlig ungenügend gewesen. Der Ministerpräsident hat zwar in seiner Regierungserklärung gesagt, dass Sachsen jeden fünften Euro investiert – was ein Klassewert ist; gar keine Frage –, aber er hat vergessen zu erwähnen, dass wir jeden vierten Euro in den eigenen Verwaltungsapparat stecken. Das gehört auch zur Wahr
Sachsen hat die vergangenen fünf Jahre politisch weitestgehend vergeudet und durch das Sachsen-LB-Desaster leider eine millionenschwere Mitgift bekommen, an der wir alle noch lange zu kauen haben werden. Herr Jurk – ich weiß gar nicht, wo er ist – –
Weil Sie sich in der letzten Zeit immer so gern an der FDP reiben: Ich verstehe, dass Sie angesichts der Kommunalwahlergebnisse in Sachsen und auch der Europawahlergebnisse in Sachsen und bundesweit sowie angesichts Ihrer düsteren Wahlaussichten für den 30. August unter Verlustängsten leiden. Deshalb habe ich gewisses Verständnis für Ihre Bissigkeit, die Sie an den Tag legen. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie eine einstige Volkspartei ruiniert haben.
Die SPD ist inzwischen eine Splitterpartei. Ich verstehe auch, dass es Ihnen schwerfällt, das zu verdauen. Anstatt das zu machen, was man von der SPD normal erwarten würde, nämlich sich mit der CDU zu messen, müssen Sie sich inzwischen mit der FDP messen. Das ist sicherlich für einen SPD-Politiker etwas, was er kaum begreift. Aber so sind die Realitäten. Ich garantiere Ihnen, es wird für Sie noch schmerzhafter werden.
In 77 Kommunen – nehmen wir doch die Realität zur Kenntnis, lieber Martin – sind wir bei der letzten Kommunalwahl schon stärker als die SPD gewesen. Gerade einmal 0,13 % trennen uns von der SPD in einer Großstadt, meiner Heimatstadt Dresden. Diesbezüglich können Sie sich auf etwas gefasst machen.
Sie können gern auch weiterhin solche niedlichen Haie kleben. Die sind wirklich sympathisch. Ich bin mir sicher, dass uns diese eher helfen werden.
Wir werden Sie im Wahlkampf an Ihre Verantwortung für die Politik in diesem Jahr, an Ihre Verantwortung für die Politik inzwischen seit elf Jahren im Bund und auch an Ihre Verantwortung für die Krise erinnern. Wir müssen
von wem er dereguliert worden ist und seit wann es diese schöne Variante mit diesen Hedgefonds gibt. Das ist, wenn ich mich recht erinnere, unter Rot-Grün passiert. Damit hat die FDP überhaupt nichts zu tun.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Aber die FDP hat im Bundesrat zugestimmt! – Zurufe des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)
Wir werden Sie im Wahlkampf auch an die vielen nicht gehaltenen Versprechen, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, erinnern.
Aber eine Sache ist mir in Ihrem Beitrag aufgefallen, weil ich das sehr drollig fand. Diesbezüglich muss ich fragen, ob es ernst gemeint war oder Spaß gewesen ist. Sie haben nämlich gesagt, dass die SPD der Innovationsmotor dieser Regierung gewesen ist.