Alleinerziehende, und das ist unbestritten ein Fakt, müssen vieles allein, ohne Hilfe und ohne Beistand eines Partners schultern; aber Alleinerziehen ist nicht per se ein tragisches Schicksal. Alleinerziehende sind keine problematische Randgruppe und möchten in der öffentlichen Debatte auch nicht als solche behandelt werden.
Mit reinen Defizitdebatten tragen wir nur unnötig zu einer Stigmatisierung bei. Mir ist eine andere Botschaft sehr wichtig: Wer seine Kinder allein erzieht, erbringt eine Leistung, vor der ich den allergrößten Respekt habe. Das ist sicher eine Perspektive, auf die wir uns einigen können.
Aber es ist auch richtig, dass fast die Hälfte der Alleinerziehenden unzufrieden mit ihrer finanziellen Situation ist, und es ist richtig, dass Alleinerziehende ein vergleichsweise hohes materielles Armutsrisiko haben. Die Ursachen sind bekannt: fehlende oder unzureichende Einkommen, ausbleibende Unterhaltszahlungen und nicht zuletzt im Vergleich zu Paarhaushalten höhere durchschnittliche Pro-Kopf-Aufwendungen bei verschiedenen Fixkosten. Existenzsichernde Erwerbsarbeit ist die wichtigste Möglichkeit, die materielle Situation Alleinerzie
hender und deren Kinder zu verbessern. Deshalb engagiert sich die Sächsische Staatsregierung mit ihrer Wirtschaftsförderung für ausreichende und existenzsichernde Arbeitsplätze auch für Alleinerziehende.
Außerdem engagieren wir uns für passgenaue Kinderbetreuungsangebote, damit Alleinerziehende Beruf und Familie vereinbaren können. In Sachsen – das haben wir heute ebenfalls schon mehrmals gehört – steht allen, auch den Alleinerziehenden und anderen Eltern, selbstverständlich eine gute Infrastruktur an Kinderkrippen, Kindergärten, Hort und Ganztagsschulangeboten zur Verfügung. An der Flexibilität der Betreuungszeiten – auch das war heute im vorletzten Tagesordnungspunkt zu hören – wird weiter gearbeitet.
Die von der Staatsregierung geförderten Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen und die Familienverbände, zu denen unser Ministerpräsident und ich gerade am letzten Samstag zum Sächsischen Familientag gesprochen und auf dem wir ihnen noch einmal ausdrücklich gedankt haben, sowie die staatliche Beratungs- und Prozesskostenhilfe können dazu beitragen, dass Unterhaltsansprüche besser durchgesetzt werden können.
Auch das hilft, die Familienbudgets Alleinerziehender zu verbessern. Außerdem trägt der staatliche Unterhaltsvorschuss zur Überbrückung finanzieller Ausfälle bei. Alleinerziehende müssen die Chance haben, wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Dieses Anliegen wird die Staatsregierung auch künftig unterstützen und weitere familienpolitische Maßnahmen forcieren.
Meine Damen und Herren, damit ist die Behandlung der Großen Anfrage beendet und wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 4/15843. Ich bitte nun um Einbringung; Frau Abg. Hermenau.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Der Entschließungsantrag beinhaltet vor allen Dingen die Aufforderung, Strategien zu entwickeln. Ich habe gerade ausgeführt, dass ein Viertel der Familien in Sachsen betroffen sind, und es geht darum, dass man effiziente Strategien, die auch wirklich funktionieren, zum Beispiel Arbeitsförderungsmaßnahmen zur Förderung von Berufsabschlüssen, durchführt, dass man für Alleinerziehende funktionierende Strategien für den Wiedereinstieg in den Beruf entwickelt, dass man mit den Kommunen zusammen dafür sorgt, dass es Kita-Plätze in Wohnortnähe für Alleinerziehende gibt, weil sie alle Wege allein machen müssen – sie können sich nicht mal mit dem Ehepartner absprechen, dass der eine das macht und der andere das andere –, und
dass es Freizeit- und Wohnmöglichkeiten gibt, wo sich Alleinerziehende vielleicht gegenseitig ein wenig helfen können.
Mit dem Bund – Herr Krauß, das habe ich gern gehört – zu streiten, von der Ehe zur Familienförderung zu kommen, das finde ich sehr interessant. Es ist nicht so, dass ich da nicht zuhöre. Sie haben in unserem Entschließungsantrag vielleicht gelesen, beim Ehegattensplitting von der Leitlinie der Eheförderung zur Leitlinie der Familienförderung überzugehen. Ich kenne Ihren „Halb“Parteikollegen Singhammer von der CSU aus dem Bundestag recht gut. Er hat am 15.06. noch ganz anders getönt als Sie, auch heftiger, und die Auseinandersetzung wird sicherlich nicht leicht werden. Er hat das alte Ehegattensplitting nämlich vehement verteidigt. Ich finde jeden guten Anfang willkommen. Das kann man gern versuchen.
Wir wollen auch gern – auch das steht im Entschließungsantrag – Beratungs- und Vernetzungsangebote für Alleinerziehende haben. Frau Clauß, sicherlich kann es sein, dass die einen oder anderen das gut hinbekommen, sich erfolgreich selbst zu organisieren, aber das sind oft Notlösungen, die auf dem guten Willen aller Beteiligten in der Familie beruhen. Sie ersetzen nicht unsere Unterstützung, denn die Unzufriedenheit bleibt. Das haben Sie selbst gesagt. Aus diesem Grund sollten Sie alle unserem Entschließungsantrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt zwei Teile des Antrages. Beim ersten Teil kann man sicherlich über die statistischen Zahlen, die Sie dargelegt haben, sprechen. Man muss wissen, dass die Statistik nicht ganz einfach ist, weil man eigentlich in jedes Bett schauen müsste, um zu prüfen, ob jemand alleinerziehend ist oder nicht. Das macht es schwierig.
Interessanter ist der Punkt II, bei dem Sie auf Forderungen eingehen. Sowohl die Ministerin als auch ich hatten zu dem Thema bereits gesprochen. Es geht darum, den Zugang Alleinerziehender zu Ausbildung und Beschäftigung zu gewährleisten und zu verbessern. Das ist unser Anliegen. Deshalb müssen wir das nicht extra beschließen.
Dann haben Sie Punkte genannt, die sowohl für Alleinerziehende als auch für Familien gelten, wenn Sie zum Beispiel den Kita-Platz ansprechen. Dieser ist natürlich wichtig für Alleinerziehende, aber auch für Eltern, die verheiratet sind oder in einer Partnerschaft leben. Auch diese haben den Anspruch, arbeiten zu gehen. Das Gleiche betrifft die Beratungsangebote im Wohnumfeld, die Familienbildungsangebote. Das alles sind sehr wichtige Dinge. Aber diese betreffen die Verheirateten genauso wie
die in einer Partnerschaft Lebenden, zumal man sagen muss, dass dafür das Land nicht allein zuständig, sondern es eine kommunale Aufgabe ist. Wir möchten die Kommunen entsprechend ermuntern, ihrer Aufgabe nachzukommen.
Ferner geht es um das Thema Eheförderung, von der Leitlinie der Eheförderung zur Familienförderung überzugehen. Mein Anspruch ist es gewesen – ich habe das vielleicht nicht richtig herüberbringen können –, dass wir sagen: Wir brauchen sowohl das Familiensplitting als auch eine Eheförderung. Das heißt aber nicht, dass man das eine gegen das andere stellen soll. Die Ehe muss weiterhin entsprechend steuerlich privilegiert sein, wie es das Grundgesetz von uns fordert und wie es sachlich richtig ist.
Sie haben gesehen, dass wir den Punkten leider nicht zustimmen können. Insofern werden wir auch den Antrag ablehnen.
Gibt es weiteren Redebedarf zum Entschließungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, lasse ich über den Entschließungsantrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dafür ist der Entschließungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Das System krankt an allen Stellen. Zu diesem Schluss kommt man einerseits aufgrund der Antworten zur Großen Anfrage, erst recht aber durch die Fragestellung der GRÜNEN.
Die Große Anfrage „Lebenslagen von alleinerziehenden Eltern und ihren Kindern in Sachsen“ möchte zwar wissen, wie sich diese gestalten und welche Fördermöglichkeiten zur Milderung der teils katastrophalen Zustände es gibt. An die Ursachenforschung, weshalb es heute soviel Alleinerziehende gibt – die Anzahl ist drastisch steigend –, wagten Sie sich nicht heran. Stattdessen interessierten Sie sich eher für die Lebenslange von alleinerziehenden Ausländern. So wenig Interesse für die Belange der eigenen Bevölkerung kann man bei den GRÜNEN allerdings auch voraussetzen.
Wenn wir hier über die Situation von Alleinerziehenden sprechen, dann, meine Damen und Herren, muss doch zuerst untersucht werden, warum es immer mehr Alleinstehende gibt. Der zweite Schritt wäre eine Situationsanalyse und daraus abgeleitet eine Strategieerstellung zur Entspannung.
Doch hätten sich die GRÜNEN auch nur annähernd an diese Binsenweisheit gehalten, dann wäre ihre Mitverantwortung für die Auflösung der familiären Strukturen zutage getreten; eine Mitverantwortung, die aufgrund ihrer Klientelpolitik zulasten der traditionellen Familie geht. Aber damit stehen die GRÜNEN im gesellschaftlichen Linksdrall ja nicht allein da.
Ich erinnere nur an die äußerst fragwürdige Definition „Familie ist da, wo Nähe ist“, wobei das Geschlecht und die Anzahl der Elternteile völlig egal sind – Hauptsache tolerant. Nicht nur hier scheiden sich die Geister zwischen Ihnen und uns.
So ist es doch bezeichnend für den gesellschaftlichen Niedergang, dass nach dem Unterhaltsvorschussgesetz die Anzahl der Bezieher von 28 477 im Jahr 2003, auf 35 755 im Jahr 2008 angestiegen sind. Bei Weitem handelt es
sich heute nicht vordergründig bei den Anspruchsberechtigten um jene Fälle, wo sich ein Elternteil drückt. Die Hauptursachen sind doch an ganz anderer Stelle zu suchen, zum Beispiel bei der anhaltend hohen Arbeitslosenzahl sowie den immer geringer werdenden Einkommen und damit verbundenen sogenannten „Aufstockern“.
Auch die Antwort auf die Frage wäre spannend gewesen, wie sich die von CDU und SPD Ende 2006 eingeführte Veränderung im Unterhaltsvorschussgesetz zugunsten von Ausländern ausgewirkt hat; hier ist ein geradezu sprunghafter Anstieg zu verzeichnen. Die Staatsregierung kam jedoch mit einem blauen Auge davon, denn die GRÜNEN interessiert dieser Umstand natürlich herzlich wenig.
Die Große Anfrage der GRÜNEN ist so unspektakulär wie die Antworten. Die drastisch angestiegenen Probleme für Alleinerziehende jedoch offenbaren eine Zersetzung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Wertverlust, Individualisierung, Propagierung aller möglichen „modernen“ Lebensentwürfe und der sogenannte flexible, global verfügbare Arbeitnehmer sind die Ursachen.
Wo Familienväter nur alle zwei bis drei Wochen für lediglich ein, zwei Tage die Ehefrau und Kinder sehen können, verwundert es doch nicht, wenn es immer mehr Alleinerziehende gibt. Geld ist zwar ein Bestandteil des gesellschaftlichen Puzzles, in dem Familien ohne Sorgen gedeihen können. Wichtiger aber ist, dass Familien auch Familien sein können. Daher ist unser raumorientiertes Wirtschaftskonzept wesentlich familienfreundlicher als Ihr familienzerstörender Globalisierungsextremismus.
Dass Sie dem nichts entgegenzusetzen haben, zeigte sich schließlich in der Antwort auf die Frage nach vorhandenen spezifischen Konzepten zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich zitiere auszugsweise Frau Staatsministerin Clauß zu Frage 15 des Themenkomplexes IV: „Der Staatsregierung sind keine spezifischen Maßnahmen bekannt.“
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Es beginnt die einreichende Fraktion. Danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun der Linksfraktion das Wort. Frau Abg. Bonk, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Stellenwert kultureller Bildung haben wir in der Debatte zur Regierungserklärung heute Morgen fraktionsübergreifend gewürdigt. Die Bedeutung außerschulischer Lernorte kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wir wollen mit diesem Antrag dem Plenum die Gelegenheit geben, über reale Maßnahmen zu entscheiden. Diese Fragen des kulturellen Zugangs dürfen nicht in nebulösen Grundsatzerklärungen und Willensbekundungen stecken bleiben, sondern bedürfen der beherzten Entscheidung für den gleichen Zugang aller zur Kultur.
Auch die Mehrheitsfraktion in diesem Haus hat in ihrem Parteiwahlprogramm beschlossen, verehrte CDU, sich für den kostenfreien Museumseintritt von Jugendlichen einsetzen zu wollen. Meine Fraktion hat dazu in diesem Haus schon mehrfach Initiativen eingebracht. Dennoch freuen wir uns, dass wir in der Sache wohl auch mit Ihrer Unterstützung rechnen können.
Vergleicht man diese Forderung mit der Realität anderer europäischer Länder, besteht gewissermaßen sogar ein Modernisierungsbedarf. In Frankreich haben Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres kostenfreien Eintritt in staatliche Museen, in England gilt das sogar für alle Bürgerinnen und Bürger. Recht so, denn was allen gehört, soll auch allen zugänglich sein. Die Hürden für den Zugang zur Kultur müssen gesenkt werden. Besonders für Kinder und Jugendliche dürfen sie niemals finanzieller Art sein.