große Stärke des sächsischen ÖPNV besteht in seiner regionalen Verankerung. Als beispielhaft können in diesem Zusammenhang jene Angebote gelten, die unsere Zweckverbände mit den Partnern in den Nachbarstaaten aufgebaut haben: ElbeLade-Ticket, Euro-Neiße-Ticket und EgroNet-Ticket.
Nachholbedarf besteht hingegen bezüglich einer einheitlichen Regelung zur Fahrradmitnahme im SPNV. Hier müssen wir noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Aber handeln – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen – muss der jeweils zuständige SPNV-Aufgabenträger.
Zum Grundsatz der Barrierefreiheit im ÖPNV darf ich an dieser Stelle ebenso kurz wie prägnant aussagen, dass selbiger bereits in den geltenden Förderrichtlinien fest verankert ist.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist „gut gemeint“ – aber er ist nicht „gut“. Wir haben uns in Sachsen für die konsequente Kommunalisierung des ÖPNV entschieden. Im Zusammenhang mit dem letzten Haushaltsbegleitgesetz wurde als gewissermaßen letzter größerer „Akt“ die Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung für den Ausbildungsverkehr bei der kommunalen Ebene gebündelt. Demnach würde die Befolgung der Intentionen des vorliegenden Antrags zu keiner Vereinheitlichung der Standards führen, sondern – ganz im Gegenteil – den ÖPNV erneut zersplittern. Der Antrag führt an der einen oder anderen Stelle zweifelsfrei einen Schritt nach vorn – an vielen anderen Stellen jedoch mitunter gleich mehrere Schritte zurück.
Die Staatsregierung wird sich mit ganzer Kraft weiter dafür einsetzen, dass unser kommunaler LPNV unter möglichst optimalen Rahmenbedingungen gedeihen kann. Deshalb haben wir im Kabinett Ende April eine neue LPNV-Finanzierungsverordnung verabschiedet. Bis 2014 werden auf diesem Weg unseren fünf ÖPNVZweckverbänden annähernd 2,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – eine gewaltige Summe.
Nie zuvor hatte eine sächsische ÖPNV-Finanzierungsverordnung eine so lange Laufzeit. Die Aufgabenträger erhalten damit eine unter den gegebenen Umständen maximale Planungssicherheit auf sehr hohem Niveau. Wie der ÖPNV jedoch konkret ausgestaltet wird, obliegt – so gibt es das Sächsische ÖPNV-Gesetz zwingend vor – der Gestaltungsfreiheit und Kreativität der kommunalen Aufgabenträger.
Antrag auf Aufhebung der Immunität eines Mitglieds des Sächsischen Landtags gemäß § 76 Abs. 1 GO i. V. m. der Anlage 5 zur Geschäftsordnung (Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 29. April 2009, Az. 4110E-III2-2262/047)
Drucksache 4/15429, Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten
Da diese Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht einstimmig beschlossen wurde, sind Behandlung und Entscheidung der Angelegenheit im Plenum erforderlich. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Ja, es wird das Wort gewünscht, meine Damen und Herren; aber das Präsidium hatte empfohlen, den Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Es wurden deshalb keine Redezeiten festgelegt. Ich schlage Ihnen vor, da jetzt Wortmeldungen vorliegen, als Redezeit fünf Minuten pro Redner festzulegen, um einen Redebeitrag je Abgeordneten zuzulassen. Können Sie diesem meinem Vorschlag folgen? – Gibt es Widerspruch? – Nein. Dann verfahren wir so.
Bevor ich das Wort erteile, Frau Nicolaus, möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass Beratungsgegenstand einzig die Frage ist, ob durch das Strafverfahren die Funktionsfähigkeit des Landtages beeinträchtigt wird und ob das Interesse des Landtages als oberstem Staatsorgan an der ungestörten Mitarbeit des betroffenen Abgeordneten gegenüber anderen öffentlichen Belangen, insbesondere dem Interesse an einer gleichmäßigen und gerecht ausgeübten Strafrechtspflege, überwiegt. Es darf nicht in eine Beweiswürdigung hinsichtlich des behaupteten Unrechtstatbestandes eingetreten werden. – Frau Nicolaus, nun haben Sie das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht leicht für mich, heute vor Ihnen zu stehen. In 15 Jahren Mitgliedschaft im Sächsischen Landtag habe ich in vielen Reden in diesem Haus nur zu fachpolitischen Themen gesprochen. Nie habe ich bisher in eigener Sache gesprochen, und heute würde ich lieber schweigen, wenn es nicht nur um mich ginge. Aber ich habe mich entschlossen, das Wort zu ergreifen, weil es hier einen Angriff auf das Parlament, auf die Freiheit des Mandates abzuwehren gilt, der jeden Abgeordneten, die Kolleginnen und Kollegen in den Koalitionsfraktionen ebenso wie die von der Opposition, jederzeit treffen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsanwaltschaft Zwickau möchte Ihre Genehmigung, um gegen mich Strafbefehl wegen vermeintlichen Betruges zu beantragen. Bei der Aufhebung der Immunität wird ja in der Öffentlichkeit gern übersehen, dass diese nicht nur der Würdigung der Tatvorwürfe dient, sondern die Funktionsfähigkeit des Parlamentes muss gewährleistet sein, und vor willkürlicher Strafverfolgung muss der Abgeordnete geschützt werden. Parlamentarier sind der Justiz nicht generell entzogen, aber sie dürfen nicht unter dem Vorwand strafbaren Handelns quasi schachmatt gesetzt werden.
Normalerweise ist die Aufhebung der Immunität eine Formalie. In meinem Fall sehe ich aber Anhaltspunkte für eine sachwidrige, politisch motivierte Strafverfolgung und für eine gesteuerte öffentliche Demontage einer Abgeordneten, also Zwecksetzungen, für die die Immunität nicht aufgehoben werden darf.
Die die Ermittlungen leitende Staatsanwältin hat schon sehr früh gegenüber meinem Verteidiger offen eingeräumt, dass sie unter dem Druck interessierter Kreise stehe, denen am Ende des Verfahrens eine Anklage und eine Verurteilung vorschwebe. Tatsächlich geschehen in Vollziehung solch offenkundiger Vorhaben und Erwartungen im bisherigen Verfahrensgang einige merkwürdige Dinge. Ich kann aufgrund der begrenzten Redezeit hier nicht alles ausführen, aber vielleicht können dazu Fragen gestellt werden. Ich denke hierbei an die Hausdurchsuchung im vergangenen Jahr, die öffentlich angekündigt wurde, was meiner Ansicht nach ein Novum war. Nach der Hausdurchsuchung hat die Staatsanwaltschaft noch eine Pressemitteilung herausgegeben.
Es war klar, dass die Schlagzeilen vorprogrammiert waren nach dem Motto: „Razzia bei Nicolaus!“ Das ist doch klar. Aber es gibt auch Mitglieder der Regierung, nicht nur der Justizminister, sondern auch andere, die mich detailliert auf die Vorwürfe angesprochen haben. Auch das Timing war sehr toll, was die Aufhebung der Immunität betraf.
Dem bösen Anschein nicht zufällig war pünktlich vor der anstehenden Nominierung das Ermittlungsergebnis da und natürlich rechtzeitig vor meinem Nominierungstermin. Als mein Verteidiger die zuständigen Oberstaatsanwältin ersuchte, seine Stellungnahmefristen so zu bemessen, dass nicht der Eindruck einer politischen Beeinflussung dieser politischen Veranstaltung entstehe, antwortet sie – man höre –: „Natürlich reden wir über die Nominierung.“ – Wer hätte das gedacht?
Ich möchte hier an dieser Stelle noch auf einen Brief des Herrn Bundestagsabgeordneten Kolbe verweisen, den er an den Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen sendete, weil nicht nur ich mich über diese Abläufe wundere, sondern auch andere. Ich hoffe, dass ich die Zeit habe, das zu verlesen. Wörtlich heißt es in diesem Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten: „Der augenblicklich diskutierte Fall Kerstin Nicolaus ist auch ein weiterer Fall der ständigen unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen im Freistaat Sachsen. In der ‚Leipziger Volkszeitung’ am 8. Juni 2009 wurde unter der Überschrift ‚Schwere Vorwürfe gegen CDU-Abgeordnete Nicolaus’
von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Zwickau gegen Kerstin Nicolaus berichtet. Zitiert wurde ein internes Papier der Staatsanwaltschaft, das der Zeitung vorliege.
Die ‚Leipziger Volkszeitung’ hat dann in der Tat die detaillierte 31-seitige geplante Anklageschrift gegen Kerstin Nicolaus ins Internet gestellt, wo sie jeder ausdrucken konnte. Ohne mich weiter zu den Anschuldigungen von Frau Nicolaus äußern zu wollen, die ich nicht abschließend beurteilen kann, muss ich jedenfalls feststellen, dass die Veröffentlichung der komplett geplanten Anklageschrift in der ‚Leipziger Volkszeitung’ einen schweren Fall von unbefugter Offenbarung von Dienstgeheimnissen nach § 353b des Strafgesetzbuches darstellt. Dies passiert leider ständig in Sachsen, wie erst jüngst bei dem Fall Karl Nolle und anderen. Die Veröffentlichung ist in allen diesen Fällen nur möglich gewesen, weil offenbar gezielt aus Polizei und Justiz Dienstgeheimnisse an die Presse weitergegeben wurden. Besonders bemerkenswert ist, dass das Durchstechen im Fall Nicolaus ausgerechnet zeitlich vor der entscheidenden CDU-Landesvorstandssitzung am gleichen Tag erfolgte, wo das Thema auf der Tagesordnung stand. Dieser im Freistaat Sachsen herrschende Zustand ist im Interesse eines Rechtstaates nicht hinnehmbar.“
Ja, ich komme zum Ende. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was auch immer Sie von mir und meiner Politik und den Vorwürfen halten mögen: Ich bitte Sie, dafür einzutreten, dass über die Zusammensetzung dieses Hauses weiterhin das Volk entscheidet und niemand anderes.
Nein, mit der Methode der Handmeldung wird keine Frage gestellt. – Sie haben noch das Wort, Frau Nicolaus.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte das Hohe Haus, dass das, was ich zuletzt gesagt habe, dass über die Zusammensetzung dieses Hauses weiterhin das Volk entscheiden soll und niemand anderes, berücksichtigt wird.
Herr Präsident! Wir haben allergrößte Bedenken, dass es möglich ist, dass einer Abgeordneten, die zum ersten Mal das Recht und die Möglichkeit erhält, vor Strukturen des Parlamentes zum
Vorwurf Stellung zu nehmen, respektive zum Antrag der Staatsanwaltschaft, ihre Immunität aufzuheben, eine Redezeitbegrenzung vorgegeben wird. Das hat in den achtzehneinhalb Jahren, in denen ich dem Hause angehöre, noch nie stattgefunden, wenn es um eine unmittelbare Betroffenheit eines Abgeordneten geht. Das gab es noch nie.
Die Vorgabe der Redezeit ist meines Wissens auch nicht im Präsidium behandelt worden. Ich nahm vorhin an, dass diese fünf Minuten für die Aussprache angedacht sind und nicht für die Stellungnahme der betroffenen Abgeordneten. Das kann nach meiner Auffassung nicht mit dem hohen Schutzgut der Immunität aus Artikel 54 der Sächsischen Verfassung einhergehen.
Herr Kollege Bartl, erstens ist im Präsidium das Ganze besprochen worden. Dort wurde festgestellt – es war Übereinstimmung mit allen Fraktionen, auch der Ihrigen –, dass keine Aussprache stattfindet. Das war die Beschlusslage.
Nun wussten wir durch persönliche Gespräche, dass Frau Nicolaus sprechen möchte. Demzufolge hat sie die Gelegenheit dazu bekommen. Ich habe Ihnen vorhin die Redezeit vorgetragen und gefragt, ob es Widerspruch dagegen gibt. Es gab dagegen keinen Widerspruch, auch nicht von Ihnen. Ich weiß jetzt aber nicht, ob Sie im Raum waren.
Nein, ich will den Geschäftsordnungsantrag kurz begründen. Herr Präsident, das Problem ist Folgendes: Der Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten hat während der letzten Landtagssitzung eine Sondersitzung einberufen, um zu Beginn den Antrag der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Immunität von Frau Nicolaus zu beraten. Uns ist früh bekannt gegeben worden, dass mit Schreiben des Vorsitzenden an Frau Nicolaus diese nach der Geschäftsordnung belehrt wurde, vor dem Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten zum Antrag Stellung zu nehmen. Den Mitgliedern des Ausschusses ist weiterhin bekannt gegeben worden, dass Frau Nicolaus schriftlich mitgeteilt hat, sie möchte diese Stellungnahme vor dem Ausschuss abgeben. Am gleichen Tag ist ferner mitgeteilt worden, dass ein Fax ihrer Mitarbeiter aus dem Wahlkreisbüro gekommen sei, in dem stehe, dass sie akut erkrankt sei, sich in Behandlung befinde und deshalb nicht kommen könne. Deshalb könne sie von der Möglichkeit der Stellungnahme keinen Gebrauch machen.
Das hat mit „Masche“ überhaupt nichts zu tun, Herr Prof. Schneider, sondern das ist ein Punkt, ob man es mit
Nein, Herr Kollege Bartl, es ist alles bekannt, was Sie jetzt vortragen. Es ist erst einmal alles korrekt.
Dann haben wir im Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten beantragt, die Sitzung zu unterbrechen und der Abgeordneten zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sie gesund ist, die Möglichkeit zur Stellungnahme vor dem Ausschuss zu geben. Das hat die Mehrheit der CDU abgelehnt.
Richtig, um Fragen und dergleichen mehr zu stellen. Deshalb haben wir dem Antrag nicht zugestimmt, weil wir der Meinung waren, die Abgeordnete müsse erst einmal das Recht haben, und zwar ohne Zeitbeschränkung, vor einem Gremium des Parlamentes Stellung zu nehmen. Das war der Grund, weshalb wir gesagt haben, wir stimmen jetzt nicht zu, wenn sie von diesem Anhörungsrecht Gebrauch machen will.
Jetzt erleben wir, dass die Abgeordnete, nachdem von einer Aussprache die Rede ist – was es nach meiner Auffassung nicht ist, wenn sie Stellung zu der Sache nimmt –, eine Redezeit von fünf Minuten hat und Sie sie nach circa drei Minuten darauf aufmerksam machen. Das halten wir für eine nicht sachgerechte Behandlung des Anhörungsrechts eines Abgeordneten im Zusammenhang mit dem Immunitätsausschuss.
Ich habe sie nicht darauf aufmerksam gemacht, sondern Frau Nicolaus hat den Brief bis zum Ende zitieren dürfen. Sie hat ihre Redezeit um knapp zwei Minuten überzogen. Was war eigentlich Ihr Antrag, Herr Bartl?