Jetzt kommen wir zu der Philosophie dieses gesamten Spiels. Es ist schon so, dass es eine Medaille mit zwei Seiten gibt. Auf der einen Seite der Medaille tummelt sich die FDP und proklamiert immer ein Wachstum, das auch alle Umwelt- und sozialen Kosten sprengt, und auf der anderen Seite tummelt sich DIE LINKE und predigt eine Verteilung, die auch alle Umwelt- und ökonomischen Kosten sprengt. Beides ist maßlos. – Sie beide bedingen sich einander übrigens. Die einen können ohne die anderen gar nicht leben. – Diese Maßlosigkeit führt dazu, dass wir ständig zulasten der nächsten Generation und zulasten der Umwelt Verteilung und Wachstum betreiben, die nicht belastbar sind
Verteilung ist die andere Seite der Medaille des unkontrollierten Wachstums. Sie wissen das. Sie sind der politische Katalysator der Sozialpolitik der SPD. Sie haben eigene Gestaltungsansprüche völlig aufgegeben. Sie behaupten von sich, sie seien DIE LINKE, und haben gemeint, das würde alles definieren. Wer aber keine eigenen wirklich substanziellen Vorschläge einer modernen Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts machen kann, der hat auch keinen Führungsanspruch, weil er keinen Gestaltungsanspruch hat. Ihr Kollege Hahn ist der Meinung, er könne MP in diesem Lande werden. Ich frage mich, wie das, wenn Sie keine eigenen originären Vorschläge im Bereich Sozialpolitik auf den Tisch legen können, begründet werden soll. Wenn Sie immer nur eine Schippe mehr drauflegen als das, was die SPD gerade vorgeschlagen hat, machen Sie sich selbst auf Dauer überflüssig.
Ich werde noch vor Eintritt in meine Rente erleben, dass Sie das sind, was eine kommunistische Partei in einem europäischen Land eben ist. Ungefähr 10 % der Wählerschaft werden vielleicht noch folgen. Aber das liegt daran, dass sie eben ratlos sind, weil Sie im 20. Jahrhundert verharren. Die Welt ist komplexer geworden und Sie preisen das nicht ein. Deswegen werden Sie von Jahr zu Jahr schriller, und Herr Lafontaine unterstützt Sie dabei.
Sie werden immer schriller, je weniger Sie recht haben und je weniger kluge Vorschläge Sie machen können. Das ist der Punkt, auf den es ankommt. Wir werden gern über konkrete Vorschläge reden. Aber eines sage ich Ihnen, nur damit sie es begreifen:
Es ist ein perfides Spiel. Sie sagen, Sie seien völlig empört, dass 500 Milliarden Euro über den Schutzschirm gehen, wobei das eine einmalige Zahlung ist und nicht alles Geld gezahlt wird. Sechsmal pro Jahr der Steuerzuschuss an die Rentenversicherer – das sind nämlich 80 Milliarden Euro pro Jahr – macht allein diese Summe aus, aber diesen Betrag zahlen wir bereits seit Jahrzehnten, Jahr für Jahr. Das heißt, Verteilung gibt es in diesem Land in Höhe eines Mehrfachen des Schutzschirms für die Banken, den ich nicht wirklich rechtfertigen will. Ich will nur die Verhältnisse mal erklären. Es ist nicht so, dass hier keine Verteilung stattfinden würde.
und mich besonders dieses Rundumschlags einer sehr weisen Frau namens Hermenau erwehren. Es geht nämlich um die Frage: Wer zahlt dieses Mal die Zeche für eine sozial gerechte Krisenbewältigung. Die Kosten der Krise, die der Staat in Form eines in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie da gewesenen Schuldenberges für Bürgschaften, staatliche Beteiligungen, Garantien, Darlehen und Konjunkturprogramme aufgenommen hat und noch wird aufnehmen müssen, müssen natürlich, Frau Hermenau, auch in den nächsten zehn bis 20 Jahren zurückgezahlt werden – so weit d’accord –, und das bei Steuereinnahmeausfällen in den nächsten drei Jahren von über 300 Milliarden Euro.
Das heißt für Sachsen: Wie wir nach der Steuerschätzung gehört haben, werden uns im nächsten Jahr für den Haushalt Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde Euro weniger zur Verfügung stehen, und ich habe von der Sächsischen Staatsregierung bisher noch nichts, aber auch gar nichts darüber gehört, wie sie den beschlossenen Doppelhaushalt, vor allem den Haushalt für 2010, mit 1 Milliarde Euro Mindereinnahmen bewirtschaften will. Es ist höchste Zeit, dass Sie etwas dazu sagen.
Wir wollen, DIE LINKE will, dass vermögende Spekulanten und Einkommensmillionäre, die vom Kasinokapitalismus am meisten profitiert haben, sich auch angemessen an den Kosten der Krise und damit am Schuldenabbau des Staates beteiligen.
Das geht aber nur mit einer gerechteren Steuerpolitik, und damit ist ein Umverteilungsthema als Problem aufgeworfen, bei dem es in den nächsten Jahren noch krachen wird. Die Vermögens- und Einkommensumverteilung in Deutschland und in den entwickelten Industrieländern war in den letzten zehn Jahren gigantisch. Seit 1999 bis heute haben sich quasi die Einkommensmillionäre von 365 000 auf rund 800 000 vermehrt. Das Prinzip „Verluste sozialisieren und Gewinne privatisieren“ muss endlich wieder umgekehrt werden.
Hierzu muss sich Politik ändern. Verehrter Herr Rößler, den schwarzen Peter hinsichtlich der Verursachung dieser weltweiten Krise den USA zuzuschieben ist etwas blauäugig. Ich gebe zu: Die Krise nahm ihren Ausgang in den USA, das stimmt. – Trotzdem haben alle mitgespielt, auch die Bundesrepublik Deutschland
und, Frau Hermenau, die SPD in Regierungsverantwortung unter der Schröder-Regierung hat den roten Teppich ausgerollt, um solche Finanzprodukte von Lehman Brothers in der Bundesrepublik erst zuzulassen.
Die eigentlichen Ursachen – das pfeifen die Spatzen von den Dächern, Nobelpreisträger für Ökonomie – liegen nämlich genau in diesem Umverteilungsproblem der letzten zehn und 20 Jahre, in denen die Vermögen und die Einkommen eindeutig zugunsten weniger umverteilt worden sind und die große Masse realen Einkommensverlust hinnehmen musste. Dieses herumvagabundierende freie Geldvermögen hat natürlich den Druck, den Anlagedruck für Finanzgeschäfte erhöht, hat die Nachfrage nach Finanzprodukten ausgelöst, die dann von sehr kreativen Bankern mit immer neuen Erfindungen befriedigt worden ist. Wir haben uns und Deutschland hat sich an diesem Monopoly und dem Kasino ganz klar beteiligt, ohne rechtzeitig Grenzen zu setzen. Warum hat man denn Hedgefonds und derartige Produkte ab 2003 erst hier zugelassen?
Nach Einschätzung des IWF befinden sich „Schrottpapiere“ im Wert von einer Billion Dollar in den Bilanzen der deutschen Banken. Der IWF geht davon aus, dass etwa 500 Milliarden Dollar davon abgeschrieben werden
Dieses Ausmaß der Verwerfungen kann man nicht durch kosmetische Reparaturen am Finanzmarkt allein lösen, sondern man muss das Umverteilungsproblem mittels Steuerpolitik neu auf die Tagesordnung setzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist interessant, welche Antworten die Linken darauf geben, wie man Dinge finanziert. Wenn wir im Landtag über Ausgabensteigerung reden, haben Sie nie eine Antwort. Da habe ich noch nie gehört, woher Sie das Geld nehmen wollen für die Dinge, die Sie fordern.
(Caren Lay, Linksfraktion: Was erzählen Sie da für einen Unsinn! – Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)
Ich war heute auch sehr überrascht bei dem Thema Feuerwehr. Da haben wir nicht nur über eine Förderung von 80 % gesprochen, sondern da haben Sie gesagt, wir müssten zu 100 % fördern. Also müssen wir jetzt immer zu 100 % übergehen, und irgendwann werden Sie auch mal Fördermittel in Höhe von 110 % fordern. In diese Richtung bewegen wir uns.
Gehen wir jetzt mal zu dem Thema Millionäre über. Es klingt immer sehr nett, wenn man sagt: Die Millionäre, die müsste man mal zur Kasse bitten und die mögen das mal bitte bezahlen. – Was vollkommen richtig ist: dass jemand, der starke Schultern hat, sich mehr am sozialen Ausgleich beteiligt als jemand, der nicht so starke Schultern hat. Das ist der Sinn und Zweck unseres Steuersystems, das wir haben. Deswegen bezahlt ein Millionär eben besonders viele Steuern, was vollkommen in Ordnung ist. Übrigens haben diejenigen, die viel besessen haben, zum Beispiel Aktien – ich habe keine Aktien –, im Durchschnitt 38 % verloren. Also, wenn Sie im vorigen Jahr 10 Millionen Euro besaßen, dann haben Sie jetzt noch 6 Millionen. Das ist die Konsequenz, die auch vollkommen legitim ist.
So. Nun sagt Herr Weckesser, den Sie ja leider sozusagen aus der Partei herausgedrängt haben, so viele Millionäre, wie Sie besteuern wollen, gibt es gar nicht.
Frau Runge, meine liebe Kollegin, wenn Sie dann diese eine Milliarde Euro, die Sie als Mindereinnahmen im Freistaat Sachsen ausgemacht haben, auf die Millionäre umlegen – wenn wir sagen, wir haben 300 Vermögens- oder Einkommensmillionäre im Freistaat Sachsen –, dann kann man einmal ausrechnen, wie viel das ist. Also müsste man sagen: Jeder müsste 3 Millionen Euro im Jahr beisteuern.
Kommen wir einmal zum Thema Mehrwertsteuer, die schon angesprochen wurde – weil es natürlich auch ein interessantes Thema ist. Was war denn bei den Linken? Die CDU hat 2005 gesagt: Wir bekommen den Haushalt nicht dicht, deswegen müssen wir die Mehrwertsteuer erhöhen. Das haben wir vor dem Wahlkampf gesagt, weil uns Ehrlichkeit das Wichtigste ist. Dafür haben wir Prügel von unserem heutigen Koalitionspartner bekommen; es sei nicht nachgetragen. Aber ich habe auch nicht gehört, dass uns DIE LINKE dafür gelobt hat oder dass sie mal einen Vorschlag gemacht hätte, wie sie ihre Versprechungen, die sie tagtäglich aufstellt, finanzieren will. Das haben Sie damals nicht gemacht, und das machen Sie heute nicht. Insofern sollten Sie sich dort mit Ratschlägen immer sehr zurückhalten.
Frau Lay, was Sie richtig angesprochen haben, ist, dass die Neuverschuldung dazu führt, dass das unsere Kinder bezahlen müssen. Nur habe ich noch so ein wenig im Ohr, was Kollege Hahn, Ihr Fraktionsvorsitzender, gestern gesagt hat: Da hat er kräftig gegen die Schuldenbremse gewettert, weil wir als Union gesagt haben, es kann nicht sein, dass wir ständig – auf Bundesebene – nur Schulden, Schulden, Schulden machen. Dabei könnten Sie sich einmal ein wenig mit Ihrem Kollegen abstimmen und ihn darauf hinweisen, dass uns die Verschuldungspolitik nicht weiterbringt. Es ist ja eines der Grundprinzipien der Linken, auf Staatsverschuldung zu setzen und zu schauen, wie man sie hochtreiben kann, weil Sie nämlich nicht bereit sind, darüber nachzudenken, Einnahmen und Ausgaben in Gleichklang zu bringen, was eigentlich Ihre Aufgabe ist, was die Aufgabe eines jeden Parlamentes ist.