Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Frage bezieht sich auf die Wahlbenachrichtigung in Sorbisch. In der Gemeinde Neschwitz, im deutsch-sorbischen Siedlungsgebiet gelegen, erfolgte zu den Kommunalwahlen keine Wahlbenachrichtigung in Sorbisch.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Hat das Sächsische Innenministerium, wie ddp und MDR berichteten, mitgeteilt, dass das Landratsamt Bautzen als zuständige Rechts- und Dienstaufsichtsbehörde mögliche dienstrechtliche Sanktionen gegen den Bürgermeister aussprechen wolle?

2. Welche Haltung bezieht die Staatsregierung zur Tatsache, dass die Kommunale Informationsverarbeitung

Sachsen (KISA) am 13. März dieses Jahres der Gemeinde Neschwitz mitgeteilt hat, dass es durch "Verknüpfung von EU- und Kommunalwahlen und nachträgliche Änderung der Kommunalwahlordnung vom 19.02.2009 nicht möglich sei, Wahlscheineinträge in deutscher und sorbischer Sprache verständlich unterzubringen und zwei Varianten, darunter eine in Deutsch, übermittelte" und zieht das SMI daraus als Rechtsaufsicht der KISA Konsequenzen, und wenn ja, welche?

Herr Staatsminister Dr. Buttolo, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kosel!

Zu Frage 1: Die Pressestelle des Staatsministeriums des Innern hat auf eine entsprechende Presseanfrage darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Landratsamtes Bautzen ist, zu prüfen, ob dienstrechtliche Schritte eingeleitet werden müssen.

Zu Frage 2: Nach § 63 Abs. 2 der Sächsischen Kommunalordnung ist es zwingend vorgeschrieben, dass die Wahlbenachrichtigung und der Wahlscheinantrag im sorbischen Siedlungsgebiet zweisprachig, deutsch und sorbisch, zu versenden sind. Für die Europawahl gibt es hingegen nur einen deutschen Text. Wenn dadurch eine gemeinsame Wahlbenachrichtigungskarte, wie sie § 7 Abs. 2 der Kommunalwahlordnung als Regel vorsieht, aus praktischen Gründen nicht machbar ist, sind für die Europa- und Kommunalwahl getrennte Wahlbenachrichtigungskarten zu verwenden.

In einer Stellungnahme hat KISA berichtet, dass sich von den 15 in dieser Angelegenheit angeschriebenen Gemeinden entsprechend der Rechtslage 14 für den Versand getrennter Wahlbenachrichtigungskarten entschieden haben. Lediglich die Gemeinde Neschwitz hat – auch als erfüllende Gemeinde für Puschwitz – eine gemeinsame einsprachige Benachrichtigungskarte gewählt. Zugleich erklärte KISA, man bedaure, dass in dem vorliegenden Einzelfall die Gemeinde Neschwitz zu dem Schluss gekommen sei, der Versand der Wahlbenachrichtigungskarte ausschließlich in deutscher Sprache sei eine tatsächliche Option gewesen.

Als kommunaler Zweckverband untersteht KISA der Rechtsaufsicht durch das Staatsministerium des Innern. Im Rahmen der Rechtsaufsicht wacht der Staat nur über die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die auf eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch KISA hinweisen, sodass kein Anlass besteht, Rechtsaufsicht auszuüben.

Haben Sie noch Nachfragen, Herr Kosel?

Danke, Herr Staatsminister.

Zu Frage Nr. 2 bittet Frau Weihnert um schriftliche Beantwortung; Herr Petzold zu Frage Nr. 5 und Herr Morlok zu Nr. 6 ebenfalls. Ich bitte nun Frau Herrmann, die Frage Nr. 17 zu stellen, bitte.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Es geht um die Demenzdiagnosen in Sachsen.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie viele Personen sind seit 2003 in welche psychiatrischen Kliniken in Sachsen wegen zugrunde liegender demenzieller Erkrankungen aufgenommen worden (bitte auflisten nach Jahr und Klinik)?

2. Wie viele Plätze hält das Sächsische Krankenhaus Großschweidnitz für Personen mit Demenzdiagnosen seit 2003 vor (bitte nach Jahren auflisten)?

Frau Staatsministerin, wenn es sehr viele Angaben sind, können Sie mir es auch schriftlich geben und jetzt nur eine Kurzfassung abliefern, falls es eine lange Liste werden sollte.

(Staatsministerin Christine Clauß: Entweder – oder?)

Sie hat gesagt: entweder – oder.

Das habe ich nicht gehört. Na gut, dann wird es nicht so lang.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Abg. Herrmann! Zur 1. Frage nehme ich wie folgt Stellung:

Die im Rahmen der Krankenhausstatistik von den Statistischen Landesämtern erhobenen Diagnosedaten lassen lediglich Aussagen zu den Fallzahlen nach der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, also ICD-10, zu. Wir haben für die Antwort folgende Diagnosegruppen berücksichtigt: F 00 Demenz bei Alzheimerkrankheit, F 01 Vaskuläre Demenz, F 02 Demenz bei andernorts klassifizierten Krankheiten, F 03 nicht näher bezeichnete Demenz und G 30 Alzheimerkrankheit.

Diesen Diagnosegruppen lassen sich folgende Fallzahlen zuordnen: 2003: 2 825, 2004: 2 875, 2005: 3 004, 2006: 3 072 und 2007: 3 246. Diese Fallzahlen beziehen sich auf alle in sächsischen Krankenhäusern behandelten Fälle. Eine gesonderte Auswertung der Fallzahlen nach psychiatrischen Kliniken war innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens nicht möglich.

Zur 2. Frage: Das sächsische Krankenhaus Großschweidnitz hält seit 2003 konstant 51 stationäre Betten und 15 tageklinische Plätze in der Gerontopsychiatrie vor. Diese Betten und Plätze sind überwiegend mit Patienten mit demenziellen Erkrankungen belegt.

Haben Sie noch Nachfragen?

Können Sie mir das vielleicht schriftlich geben? Ich habe es jetzt nicht mitgeschrieben.

Das mache ich gern.

Danke.

Herr Kosel, bitte; Frage Nr. 16.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht um die Zerstörung christlicher und sorbischer Symbole. Vor fast einem Jahr wurden im Siedlungsgebiet der katholischen Sorben christliche und sorbische Symbole zerstört bzw. beschädigt. Die Aufklärung der Straftaten ist bisher offensichtlich noch nicht erfolgt.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie ist der Stand der Ermittlung in diesen die Gefühle der betroffenen Bürgerinnen und Bürger verletzenden Strafsachen?

2. Entspricht es den Tatsachen, dass die zur Aufklärung oben genannter Straftaten gebildete Sonderkommission ersatzlos aufgelöst wurde?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kosel, als Innenminister, aber auch persönlich gehen mir die empörenden Kreuzschändungen und Diebstähle sehr nahe. Daher habe ich mich in dieser Angelegenheit bereits mehrfach mit dem Landespolizeipräsidenten, aber auch mit Vertretern der Domowina ausgetauscht.

Nach den mir vorliegenden Zahlen hat die sächsische Polizei in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt 27 sorbenfeindliche Straftaten registriert. Davon entfielen 13 auf das Jahr 2007 und 14 auf 2008. Im Einzelnen handelte es sich dabei um drei Volksverhetzungen, zwei Körperverletzungen, zwei Beleidigungen und eine Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Mit sieben bzw. zwölf Fällen bildeten Sachbeschädigungen und Diebstähle von christlichen bzw. sorbischen Symbolen den Hauptteil der Straftaten. In diesem Jahr sind der sächsischen Polizei bislang fünf sorbenfeindliche Straftaten bekannt geworden. Hierbei handelt es sich um vier Sachbeschädigungen und eine Störung der Totenruhe.

Leider haben Sie recht, wenn Sie feststellen, dass bislang in keinem Fall der oben genannten Sachbeschädigungen und Diebstähle ein Täter ermittelt werden konnte. Die Tatorte liegen in der Regel abseits von Wohngebieten, sodass sich die Entdeckung und damit die Aufklärung der Taten naturgemäß schwierig darstellen.

Angesichts der besonderen Bedeutung der Delikte hat die zuständige Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. So wurde bereits frühzeitig die Kriminalpolizei mit den Ermittlungen beauftragt. In der Kriminalaußenstelle Bautzen wurde ein fachkundiger Beamter speziell für diese Fälle eingesetzt. Die örtlichen Polizeireviere haben ihre Streifentätigkeit in den Schwerpunktbereichen verstärkt. Weiterhin hatte die zuständige Polizeidirektion eine aus anderem Anlass gebildete Ermittlungsgruppe damit beauftragt, den Verfahrenskomplex Zerstörte Kruzifixe auf Zusammenhänge mit ähnlich gelagerten Sachverhalten im Direktionsbereich zu untersuchen.

Die Ermittlungsgruppe hat ihre Arbeit zwischenzeitlich abgeschlossen und im Ergebnis keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Übereinstimmung festgestellt. Seit Jahresbeginn sind für die Ermittlung die neu eingerichteten Kriminaldienste in Bautzen und in Kamenz zuständig. Außerdem hat die Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien eine intensive Öffentlichkeitsarbeit in die Wege geleitet. Ferner haben die örtlichen Polizeidienststellen zahlreiche Gespräche mit Bürgermeistern, mit Vertretern der Gemeinden und mit Bürgerinnen und Bürgern geführt. Ich selbst habe im vorigen Jahr die Domowina in Bautzen besucht und dabei meine persönliche Verbundenheit mit den Sorben zum Ausdruck gebracht.

Aus meiner Sicht haben diese Maßnahmen zur Sensibilisierung und zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung im sorbischen Gebiet beigetragen. So konnten an zwei Tatorten Spuren von DNA-Material gesichert werden, die zur Ermittlung der Täter führen könnten. In zwei weiteren Fällen haben die Ermittler nach einem Hinweis aus der Bevölkerung einen beschädigten Korpus sowie ein gesuchtes Gedenkkreuz sicherstellen und zurückgeben können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung ist sich ihrer Verantwortung für den Schutz der christlichen Symbole und der kulturellen Werte der Sorben vor verletzenden Angriffen sehr wohl bewusst und wird ihr auch gerecht. Wir haben die notwendigen und richtigen Schritte eingeleitet, um die Zerstörungen aufzuklären und zukünftig weitere Beschädigungen zurückzudrängen. Die sächsische Polizei leistet dazu ihren Beitrag und wird das mit allen zu Gebote stehenden präventiven und repressiven Mitteln auch in Zukunft tun.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich habe zwei Nachfragen, wenn Sie gestatten.

Ja.

Erstens. Wann hat diese Sonderkommission, die mit der Ermittlung im Zusammenhang mit der Kreuzschändung mit beauftragt wurde, ihre Tätigkeit eingestellt?

Das würde ich Ihnen nachreichen. Ich habe derzeit nur die

Informationen, wie ich sie vorhin genannt habe. Ich kann es Ihnen gern nachliefern.

Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Es war keine Ermittlungsgruppe ausschließlich dafür, sondern sie wurde eingesetzt, um zu überprüfen, ob ähnlich gelagerte Sachverhalte im Direktionsbereich in einer Verknüpfung stehen.

Das ist mir bekannt. – Zweitens. Wir haben gestern Nacht den Bericht zur Lage des sorbischen Volkes erörtert. Dort befindet sich auf Seite 65 die Aussage, dass die Ermittlungen mit diesen Kreuzschändungen, aber auch mit anderen antisorbischen Straftaten fortgesetzt werden. Welche konkrete Struktur innerhalb der Polizei führt diese Ermittlungen fort?

Ich hatte es bereits gesagt: Die neu eingerichteten Kriminaldienste von Bautzen und Kamenz sind damit beauftragt.