Das bislang in den Übergangsbestimmungen – konkret im Artikel 118 – enthaltene Institut der Abgeordnetenanklage und der Ministeranklage soll modifiziert werden. Es soll hier die Regelung aufgenommen werden in den Artikel 43a – also direkt im Abschnitt „Der Landtag“ –, und zwar in modernisierter Form. War es bislang nach Artikel 118 nur möglich, gegen einen Abgeordneten Anklage zu erheben, der vor seiner Wahl in den Landtag „gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“ bzw. für das Amt für Nationale Sicherheit oder das MfS tätig war, und ihn mit einer Abgeordnetenanklage zu überziehen, wollen wir jetzt eine Regelung, die es ermöglicht, Abgeordnetenanklage zu erheben, wenn sich der dringende Verdacht ergibt, dass „1. ein Mitglied des Landtages seine Stellung als Mitglied des Landtages missbraucht hat, um sich oder anderen in gewinnsüchtiger Absicht Vorteile zu verschaffen“, und wenn der dringende Verdacht besteht, dass „2. ein Mitglied des Landtages vor oder nach seiner Wahl gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“.
Eine letzte Regelung, die neu aufgenommen werden soll, betrifft die so genannte Inkompatibilität zwischen Landtagsmandat und Ministeramt. Diese einzuführen erscheint uns höchste Zeit, nachdem am 19. September die Gefahr bestand, dass die sächsischen Wählerinnen und Wähler das gesamte bisherige CDU-Kabinett in voller Stärke und Schönheit als Abgeordnetengruppe in die CDU-Fraktion des 4. Sächsischen Landtages wählen könnten. Bekanntlich hatten alle Minister der bisherigen CDU-Regierung für den 4. Sächsischen Landtag kandidiert, eine Staatssekretärin mit Hund noch dazu.
Ja. – Wie viele Minister dieser Landtag als Abgeordnete in seinen Reihen haben wird, die dann als Legislative die exekutive Tätigkeit kontrollieren sollen, wissen wir erst morgen. Wir meinen also, es ist Handlungsbedarf in diesen Punkten gegeben, und wir bitten um eine offene Debatte.
Herr Bartl, es ist das dritte Mal, dass ich Sie bitte. Sonst muss ich einfach abschalten und das mache ich ungern.
gilt das, was ich vorhin schon zur Entscheidung des Präsidiums gesagt hatte. Ich schlage Ihnen die folgenden Überweisungen vor: Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend –, Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien; Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend; Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr; Haushaltsund Finanzausschuss.
Gibt es Ergänzungen? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt über die Überweisungen abstimmen. Wer möchte zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe eine Stimmenthaltung. Damit sind die Überweisungen beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
1. Lesung des Entwurfs Elftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Sächsischen Landtages (Abgeordnetengesetz)
Es liegt auch hier keine Empfehlung des Präsidiums zur allgemeinen Aussprache vor. Daher bitte ich jetzt die Einreicherin, die PDS-Fraktion, das Wort zu nehmen Herr Dr. Hahn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Diäten, also die Frage der Abgeordnetenbezüge, beschäftigt den Landtag in regelmäßigen Abständen, und meistens sind es keine erfreulichen Debatten, zumal die mediale Begleitung leider häufig auch wenig differenziert ist. Die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen stellen mit Recht hohe Erwartungen an die von ihnen gewählten Volksvertreter, also an uns alle. Ich glaube, es besteht auch kein Streit darüber, dass die Tätigkeit eines Mitglieds des Landtages, die in der Regel 40 Stunden in der Woche deutlich übersteigt, so angemessen vergütet werden muss, dass die Unabhängigkeit der Parlamentarier gesichert ist.
An der Frage, was angemessen ist, scheiden sich jedoch die Geister. Diese Frage hat auch im zurückliegenden Wahlkampf eine gewisse Rolle gespielt. Ich meine allerdings, mit bloßen Parolen wie „Diäten runter!“ wird man der Thematik nach unserer festen Überzeugung nicht gerecht.
(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Grüne)
Meine Damen und Herren, nicht die derzeitige Grundentschädigung ist das Problem. Denn diese bewegt sich etwa auf dem Niveau eines Schulleiters und das kann mit Sicherheit nicht als überzogen angesehen werden. Der eigentliche Knackpunkt sind andere Zuwendungen an Abgeordnete. Das fängt an bei den steuerfreien Pau
schalen für Fahrtkosten und die Arbeit im Wahlkreis. Das geht weiter mit verschiedenen geldwerten Leistungen, die Parlamentarier erhalten, und endet nicht zuletzt bei Übergangsgeldern und insbesondere der durchaus üppigen Altersversorgung ehemaliger Abgeordneter.
Wir als PDS-Fraktion meinen: Alle diese Bezüge gehören auf den Prüfstand. Ich will an dieser Stelle nur einige Fragen aufwerfen.
Warum werden zum Beispiel die Aufwendungen für Fahrtkosten und Wahlkreisarbeit nicht nach den tatsächlichen Ausgaben erstattet, also zum Beispiel quartalsweise abgerechnet, so dass der Abgeordnete, der sich mehr engagiert und mehr ausgibt, auch mehr erstattet bekommt? Zur Kostendämpfung könnte man den Betrag nach oben deckeln.
Ich frage weiter: Warum bekommen Abgeordnete, die gar kein formales Wahlkreis- oder Bürgerbüro betreiben – und dies gab es in den letzten Jahren mehrfach bis hinein in die Staatsregierung –, die gleiche Summe ausgezahlt wie jene, die ein entsprechendes Büro angemietet haben und vielleicht sogar noch zuschießen müssen?
Warum erhalten Abgeordnete, die in Dresden wohnen, die gleiche Fahrtkostenpauschale wie jene, die in der Lausitz oder im Vogtland beheimatet sind, obwohl die tatsächlichen Kosten deutlich differieren?
Warum, frage ich weiter, können nicht alle Mitglieder dieses Landtages, wie die Bürgerinnen und Bürger auch, in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung einzahlen und dadurch entsprechende Ansprüche erwerben?
Wie kann es schließlich sein, meine Damen und Herren, dass ein Abgeordneter im Landtag nach zwei Wahlperioden bereits Anwartschaft auf eine so hohe Altersversor
Das, meine Damen und Herren, sorgt verständlicherweise für Unmut bei den Bürgern, die wir hier vertreten. Das sind die wirklichen Fragen, die wir gemeinsam beantworten müssen.
Bereits vor mehr als 18 Monaten hatte die PDS-Fraktion dazu einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der damals leider abgelehnt wurde. Jetzt reichen wir diesen Entwurf mit geringfügigen Korrekturen erneut ein, weil er unserer Ansicht nach nichts an Aktualität verloren hat. Es geht heute – ich füge hinzu: zum Glück – nicht um eine Erhöhung der Diäten, sondern wir haben zu Beginn der Wahlperiode die Chance, bei der Abgeordnetenvergütung neue Wege zu beschreiten.
Dazu unterbreiten wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen konkreten und aus unserer Sicht schnell umsetzbaren Vorschlag.
Es wäre im Übrigen unredlich – auch das will ich sagen –, den Eindruck zu erwecken, dass Bezüge von Parlamentariern nie angehoben werden dürfen. Bei vielen Berufsgruppen im Land, nicht zuletzt im öffentlichen Dienst, gibt es regelmäßig derartige Anpassungen, ohne dass es darüber größere öffentliche Diskussionen gäbe. Allerdings – und das gehört ebenfalls zur Wahrheit – arbeiten immer mehr Menschen auch hier in Sachsen in Beschäftigungsverhältnissen, die nicht der tariflichen Bindung unterliegen, mithin nicht von den Verhandlungserfolgen der Gewerkschaft profitieren können. Nicht wenige Menschen müssen sogar sinkende Reallöhne in Kauf nehmen, und von den zahlreichen Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern, die nach dem Willen der SPD-geführten Bundesregierung noch weiter geschröpft werden sollen, will ich einmal ganz absehen. Hartz IV und die 1-Euro-Jobs sind nur zwei von vielen Stichworten.
Natürlich steigen die Ausgaben des alltäglichen Lebens auch für die Abgeordneten. Natürlich sind sie von den hohen Benzinpreisen betroffen und auch von wachsenden Betriebskosten zum Beispiel für ihre Büros. Und natürlich gibt es nie einen richtigen Zeitpunkt für eine Erhöhung oder Anpassung der Abgeordnetenbezüge.
In jedem Fall – und das ist unser Hauptpunkt – muss jedoch das Gesamtgefüge der Abgeordnetenentschädigung stimmen. Davon kann gegenwärtig keine Rede sein.
Ich habe bereits im Jahre 2000 darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht uns auferlegt, dass die Parlamentarier als einzige Berufsgruppe in diesem Land über ihre Bezüge selbst entscheiden müssen. Dass das nicht nur eine Lust, sondern zuweilen auch eine Last ist, wissen wohl alle in diesem Haus. Ich habe damals, also vor fast fünf Jahren, auch deutlich gemacht, dass ich die Hauptschwierigkeit darin sehe, dass es nach wie vor keinen Maßstab dafür gibt, mit welcher Tätigkeit oder Berufsgruppe man die Arbeit eines Abgeordneten vergleichen und damit bezüglich seiner Entlohnung einstufen kann. Vielleicht könnte eine diesbezügliche Festlegung und die damit verbundene Anbindung an eine bestimmte Tarifstruktur die für alle Seiten leidige Diäten
debatte ein für allemal beenden. Denn dann gäbe es wie bei einem Schulleiter, wie bei einem Abteilungsleiter im Ministerium, wie bei einem Bürgermeister oder einem Landrat oder auch dem Präsidenten des Rechnungshofes in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen vertretbare Anpassungen der Bezüge und nicht wie bisher bei uns nach mehreren Nullrunden dann so drastische Sprünge, dass auch die öffentliche Diskussion dementsprechend geführt wird.
Es gab in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe konkreter Vorschläge, zum Beispiel die Ankopplung der Abgeordnetenbezüge an die Gehälter der Richter am Landgericht. Das wäre ein Vorschlag, dem man folgen könnte. Es gäbe die Möglichkeit, die Entwicklung der Abgeordnetenbezüge daran zu binden. Dann wäre nur noch die Umsetzung im Landtag vorzunehmen. Das ist leider in der Praxis gescheitert, und zwar insbesondere an der CDU-Mehrheitsfraktion, die sich zu einer solchen klaren Festlegung nicht durchringen konnte.
Nun gibt es einen neuen Landtag in veränderter Zusammensetzung. Durch diese neue Zusammensetzung gibt es die Chance, bei der Diätendiskussion zu anderen Ergebnissen zu kommen, zu einem echten Neuanfang und zu einem Resultat, das dann auch von der Öffentlichkeit akzeptiert wird.
Wir als PDS wollen uns konstruktiv an der Debatte beteiligen und haben den Ihnen vorliegenden Entwurf in den Landtag eingebracht. Kernpunkt dieses Entwurfes ist die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, die dann einen möglichst verbindlichen Vorschlag zur künftigen Regelung der Abgeordnetenbezüge erarbeiten und dem Landtag vorlegen soll. Dadurch könnte unserer Meinung nach auch dem immer wiederkehrenden Vorwurf der Selbstbedienungsmentalität wirksam begegnet werden.
Nach den Vorstellungen der PDS sollen in dieser Diätenkommission Vertreter des Landesrechnungshofes, der Gewerkschaften, des Bundes der Steuerzahler, des Arbeitslosenverbandes, des Landeswohlfahrtsverbandes, der Landespressekonferenz, des Statistischen Landesamtes sowie von Unternehmerverbänden angehören.
Die Kommission soll durch den Präsidenten im Einvernehmen mit dem Präsidium des Landtages berufen werden und alle zwei Jahre einen entsprechenden Bericht zur Entwicklung der Abgeordnetenbezüge vorlegen.
Im Falle der Annahme unseres Gesetzestextes würde dies bedeuten, dass es bis Ende 2006 definitiv keine Erhöhung für die Abgeordneten geben würde. Wir schlagen also mit diesem Entwurf zugleich eine zweijährige Nullrunde bei den Diäten vor.
Ich will abschließend noch einmal Folgendes betonen: Die von uns angestrebte unabhängige Kommission soll nicht nur Empfehlungen hinsichtlich der so genannten Grundentschädigung erarbeiten; aus Sicht der PDS gehören die von mir bereits genannten Abgeordnetenbezüge grundsätzlich auf den Prüfstand. Wir wollen eine grundlegende Reform des derzeitig geltenden Abgeordnetengesetzes.
Unser Antrag bietet einen ebenso vernünftigen wie vertretbaren Ausweg aus der für alle Seiten zunehmend quälenden Debatte. Lassen Sie uns in der Diätenfrage zumindest einen Teil der Kompetenzen an ein wirklich unabhängiges Beratergremium abgeben! Wir würden dadurch nichts wirklich verlieren, sondern könnten im Zweifel eher an Akzeptanz gewinnen. Lassen Sie es uns einfach mal versuchen! Danke schön.
Ihnen vor, die Überweisung vorzunehmen in den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend –, den Haushalts- und Finanzausschuss und den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend. Gibt es Ergänzungen? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Wer zustimmen kann, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dem dennoch mehrheitlich zugestimmt.
Meine Damen und Herren! Ich schließe jetzt diesen Tagesordnungspunkt und rufe noch einmal den Tagesordnungspunkt 6 auf.