Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

Nicht nur, weil ich Schütze bin, habe ich diesen Vergleich gewählt. Ich kann die Aufregung nicht verstehen. Ich finde es, gelinde gesagt, Herr Lichdi, eine Unverschämtheit, wenn Sie in so genannte echte und unechte Umweltverbände differenzieren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das kann nicht wahr sein! Sie diffamieren damit die Arbeit von Tausenden Anglern, die in ihrer Freizeit Erhebliches für den Umweltschutz tun.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Zum Thema Kormorane. Ich möchte einmal Ihre Fraktion hören, wenn wir über das Thema Wiederansiedlung von ausgestorbenen Fischarten reden müssen, die durch von Ihnen so genannte geschützte, vom Aussterben bedrohte Tierarten, wie Kormorane, ausgerottet wurden. Es ist eine Tatsache, dass Kormorane einen erheblichen Schaden an Fischbeständen und an Fischarten verursachen. Befassen Sie sich bitte einmal mit der Materie.

(Heinz Eggert, CDU: Herr Lichdi hat eine Stadtwohnung! – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU und der NPD)

Meine Damen und Herren! Das Angeln, der Tierschutz und der Naturschutz – passt das alles zusammen? Widerspricht sich das nicht? Kurze Antwort: Es widerspricht sich nicht. Nein. Die Angler im Freistaat sind zum größten Teil in den beiden großen Verbänden VDSF und DAV organisiert. Es gibt daneben viele kleinere Vereine, die in keinem Verband sind. Diese wirken vorwiegend auf regionaler Ebene und haben meist Gewässer von den Gemeinden, wie Dorfteich oder Waldsee, gepachtet, um sie zu bewirtschaften. Bewirtschaften ist im Sinne von Hegen und Pflegen gemeint. Was alle Angler eint, sind die Voraussetzungen. Man darf nämlich nicht einfach die Angel ins Wasser halten und Fische fangen, was im Übrigen gar nicht so einfach ist. Da spreche ich auch aus Erfahrung.

Grundlage für die Erlaubnis ist der Erwerb eines Fischereischeines, der längstens für fünf Jahre ausgestellt wird. Um diesen zu erhalten, absolvieren die Petrijünger einen umfangreichen Lehrgang und legen eine theoretische und praktische Prüfung ab. Der Lehrgang behandelt neben der allgemeinen und der speziellen Fischkunde die Gerätekunde, die Gewässerkunde und das Fischereirecht. Fragen, Herr Lichdi, des Umwelt- und Naturschutzes sowie des Artenschutzes werden dabei ausführlich behandelt. Sie haben einen sehr hohen Stellenwert in diesen Lehrgängen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Fischerei in Sachsen und in Deutschland verfolgt das Ziel, welches § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes festschreibt. Danach sind Natur und Landschaft so zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, dass die Leistungsfä

higkeit des Naturhaushaltes, die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft nachhaltig gesichert sind.

Die Praxis zeigt, dass sich die Angler dieser Verantwortung für die Schöpfung sehr wohl bewusst sind. Zehntausende Stunden ehrenamtlicher gemeinnütziger Arbeit im Naturschutz werden jährlich in Sachsen durch die Angler erbracht. Aufgaben sind die Hege der Fischbestände und die Pflege der Gewässer. Zu den Hegemaßnahmen gehören neben Schutzmaßnahmen ein ausgewogenes Fischen und der Fischbesatz. Das Ziel der Hege ist es, einen der Größe und Beschaffenheit des Gewässers angepassten artenreichen heimischen Fischbestand aufzubauen und zu erhalten. Der größte Teil der Fläche des Freistaates Sachsen ist Kulturlandschaft. Das heißt, sie bedarf der menschlichen Hege und Pflege. Im vorletzten Tagesordnungspunkt „Königsbrücker Heide“ haben wir darüber auch schon gesprochen.

Es ist selbstverständlich, dass besonderer Wert auf das Verhalten der Angelfischer am Gewässer gelegt wird. Ich weiß, dass die Anglerverbände sehr darauf achten. Dazu gehört die ordnungsgemäße Ausübung des Uferbetretungsrechtes. Der Angler soll Rücksicht auf die ihm anvertraute Umgebung nehmen und die Tier- und Pflanzenwelt schonend behandeln. Verfehlungen werden selbstverständlich geahndet. Ich verhehle nicht, dass es auch unter den Anglern schwarze Schafe gibt. Das stört keinen so sehr wie die Verantwortungsträger in den Anglerverbänden.

Die Arbeit der sächsischen Anglervereine für den Natur- und Umweltschutz ist in meiner Fraktion unbestritten und sehr anerkannt. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich für das Wirken der Angler. Ich bekenne mich auch zu diesem Hobby Angeln, nicht nur weil es Entspannung bringt, sondern weil ich durch meine Arbeit im Verein einen praktischen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz am Gewässer leisten kann.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Herr Dr. Hahn von der Linksfraktion.PDS, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir ja Leid, Herrn Kollegen Lichdi enttäuschen zu müssen. Auch ich bin leidenschaftlicher Angler

(Zurufe von und Heiterkeit bei der CDU)

und verstehe, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, demzufolge vermutlich mehr von Fischen als von Fröschen. Insofern muss ich sagen – aber das mit allem Ernst –, dass ich die massive Kritik, die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gekommen ist,

bezüglich der Anglerverbände für völlig überzogen halte. Ich denke, es wird im Gegensatz zu dem, was hier behauptet worden ist, in den Anglerverbänden sehr viel für Umwelt- und Naturschutz getan.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Robert Clemen, CDU)

Daher schließen wir uns dem Dank, meine Damen und Herren, den Kollegen aus anderen Fraktionen für die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen geäußert haben, ausdrücklich an.

Allerdings möchte ich gern zwei, drei Punkte gerade rücken oder ergänzen zu dem, was hier bereits gesagt worden ist.

Sie, Herr Clemen, haben gesagt, dass es früher bei den Anglern und beim Angelsport eine einfache Nutzung der Ressourcen gegeben habe, heute dagegen stünden Naturschutz und Pflege der Anlagen im Mittelpunkt. Ich möchte dagegenhalten, dass Pflege der Anlagen und Naturschutz auch zu DDR-Zeiten von vielen Anglern praktiziert worden sind. Wir sollten dann auch bei der Wahrheit bleiben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber selbstverständlich.

Bitte, Herr Clemen.

Herr Hahn, geben Sie mir Recht, dass der DAV zu DDR-Zeiten zum DTSB gehörte und damit eindeutig den Sportverbänden zugeordnet war, was heute nicht mehr der Fall ist?

Also, Herr Kollege Clemen, wissen Sie, wem welcher Verband zugeordnet war, sagt doch überhaupt nichts aus über die Arbeit, die er geleistet hat. Es gibt heute innerhalb des Landessportbundes auch sehr exotische Sportarten – darüber brauchen wir nicht zu diskutieren – und trotzdem wird dort eine engagierte Arbeit geleistet. Ich finde, das sollte nicht der Maßstab sein, wenn wir hier über die Arbeit der Angler zu DDR-Zeiten sprechen. Sie wissen so gut wie ich, Herr Clemen, dass die Bedingungen für die Angler und die Möglichkeiten, etwas für den Natur- und Umweltschutz zu tun, zu DDR-Zeiten ungleich schwerer waren, als sie es heute sind. Trotzdem wurde eine ganze Menge getan.

Ich füge aber hinzu – und jetzt werden Sie gleich nicht mehr einverstanden sein, Herr Clemen –: Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der CDU, vor 15 Jahren mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln versucht haben, den Deutschen Anglerverband zu verdrängen, um den westdeutschen Verband Deutscher Sportfischer auch im Osten zu etablieren. Zum Glück ist Ihnen das nicht gelungen. Der DAV existiert immer noch und ist auch in

Sachsen weiterhin eine starke Kraft. Ich denke, das ist auch gut so.

Auf Herrn Pecher möchte ich nur noch in einem Punkt eingehen. Er hat gesagt, der Angelsport sei auch ein Faktor für den Tourismus. Da gebe ich ihm ausdrücklich Recht. Das ist in der Tat so. Ich war in diesem Sommer in Irland. Wenn man sich dort oder beispielsweise in Norwegen die Angelmöglichkeiten ansieht, muss man einfach feststellen, dass die Ausübung des Angelsports dort wesentlich leichter, wesentlich unbürokratischer ist als in Deutschland. Wir haben hier das Problem der unterschiedlichen Eigentums- und Pachtverhältnisse, wir haben unterschiedliche Lizenzen, Gebühren und Angelkarten. Es ist deutlich schwerer als in anderen Ländern. Insofern sind wir hier vielleicht auch für Touristen, in- wie ausländische, in diesem Punkt nicht unbedingt attraktiv.

Ich halte es auch nicht für besonders anglerfreundlich – das möchte ich hinzufügen –, dass jemand, der zu DDR-Zeiten 20 Jahre im DAV gearbeitet und geangelt hat, ehrenamtlich im Verein tätig war, dies aber nach der Wendezeit aus beruflichen Gründen nicht mehr ausüben konnte und jetzt vielleicht in Rente geht und wieder angeln möchte und zu DDR-Zeiten alle Qualifikationen erworben hat, die es gab, also alle Tests gemacht hat, sich heute mit 60 oder 65 Jahren noch einmal auf die Schulbank setzen soll und einen Fischereischein machen muss, obwohl er wirklich viele Jahre nachgewiesen hat, dass er in diesem Bereich aktiv tätig war. Ich finde, hier sollte man nach flexibleren, unbürokratischen Lösungen suchen. Hier könnte man, glaube ich, noch einiges verbessern.

Abschließend wünsche ich mir, dass den Lobesworten der Koalitionsfraktionen und vielleicht auch noch der Staatsregierung dann auch konkrete Taten folgen, indem die sächsischen Anglerverbände auch in Zukunft unterstützt werden und der Freistaat seinen Verpflichtungen hierbei in vollem Umfang gerecht wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird weiterhin von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Herr Minister Tillich.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Arbeit der Anglerverbände im Freistaat Sachsen verdient Dank und Anerkennung. Sie sind anerkannte Naturschutzverbände und erfüllen ehrenamtliche Aufgaben, die im öffentlichen Interesse stehen, wobei ihre Arbeit aber oft nicht wahrgenommen wird. Daher möchte ich ausdrücklich den Antrag der regierungstragenden Fraktionen unterstützen, der die engagierte Tätigkeit der sächsischen Anglerverbände für den Naturschutz in den Mittelpunkt der parlamentarischen Öffentlichkeit rückt.

Meine Damen und Herren, ich wünschte mir bei dieser Debatte etwas mehr Respekt vor der ehrenamtlichen Leistung, die die sächsischen Anglerverbände im Freistaat Sachsen erbringen.

(Beifall bei der CDU und der Linksfraktion.PDS)

Unsere Landesanglerverbände, ob der Anglerverband Sachsen e. V. oder der Landesverband Sächsischer Angler e. V., leisten mit ihren Mitgliedern eine hervorragende Unterstützung zur Verbesserung des Gewässerzustandes und zum Erhalt der sächsischen Fischbestände. Beide Verbände bewirtschaften insgesamt 13 000 Hektar Gewässerfläche. Das entspricht einem Drittel der fischereirechtlich genutzten Gewässerfläche im Freistaat Sachsen. Diese Arbeit achte ich sehr.

Wenn Sie, Herr Lichdi, dies schlicht und einfach als Freizeitvergnügen hinstellen, dann ist es, glaube ich, eine Würdigung wert, was dieses Freizeitvergnügen in der Tat bedeutet: nämlich freiwillige Arbeitsstunden, die unsere Angler neben ihrem eigentlichen Hobby bei der Gewässerpflege und bei der Fischpflege erbringen. Diese freiwilligen Leistungen summieren sich, Herr Lichdi und meine Damen und Herren, die Sie den Leistungen der Anglerverbände kritisch gegenüberstehen, auf rund 200 000 Stunden im Jahr. Dies ist ein unbezahlbarer Beitrag für die Pflege unserer Gewässer und den Naturschutz. Durch die Uferreinhaltung oder durch Müllbeseitigung an Gewässern unterstützen die Angler auch die Arbeit unserer Landestalsperrenverwaltung.

Mit der grundsätzlichen Verbesserung der Wasser- und Gewässerqualität hat sich auch der Fischbestand weiter entwickelt. Dies wäre ohne den Einsatz der Anglervereine nicht möglich gewesen. Die Anzahl der gefährdeten Arten ist zurückgegangen. Fischarten, die hier vor zehn Jahren noch als ausgestorben galten, wie Lachs, Meerforelle oder Flussneunauge, sind wieder nach Sachsen zurückgekehrt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Und die schmecken!)

Andere Arten konnten sich so gut vermehren, dass sich ihre Bestände stabilisiert haben. In Kürze erscheint dazu auch die Broschüre „Atlas der Fische Sachsens“ der Sächsischen Anstalt für Landwirtschaft mit detaillierten Informationen zu einzelnen Fischarten.

Meine Damen und Herren, die Sächsische Staatsregierung würdigt das Engagement der Anglerverbände für den Naturschutz. Wir unterstützen die Arbeit der Verbände in vielfältiger Art und Weise. Das tun wir, auch wenn es von Ihnen, Herr Hahn, vielleicht noch ausführlicher gewünscht wird. Die Anglerverbände erhalten für ihre Arbeit Mittel aus der Fischereiabgabe zur Koordination der Hegemaßnahmen in den Verbandsgewässern. Außerdem unterstützt der Freistaat Sachsen den Bau von fünf Fischaufstiegsanlagen sowie Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung bzw. zur Herstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer, von deren Verbesserung auch der Angler profitiert.

Über den vom Freistaat Sachsen kofinanzierten Europäischen Fonds FIAF können Projekte an Fließgewässern zum Schutz und Erhalt aquatischer Ressourcen finanziert werden. Wir als Sächsische Staatsregierung setzen uns dafür ein, dass das auch in der neuen Förderperiode ab 2007 möglich sein wird.

Doch nicht nur finanziell unterstützen wir die Arbeit der Anglerverbände. Die Verbände erhalten von der Sächsischen Staatsregierung die Möglichkeit, ihren Sachverstand bei aktuellen fischereiwirtschaftlichen Fragen, wie der Kormoranvergrämung oder bei Gewässerausbaumaßnahmen, einzubringen. Auch als Mitglieder des Sächsischen Fischereiverbandes können die Verbände ihre Interessen einbringen.

Außerdem setzt sich die Sächsische Staatsregierung dafür ein, die Verpachtung der landeseigenen Fischereirechte möglichst an regionale Anglerverbände vorzunehmen. Viele der bestehenden Verträge über Fischereirechte in fließenden Gewässern sind bereits mit regionalen Verbänden abgeschlossen.