Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Da sind Sie gefragt!)

Der Aal muss flussabwärts in tiefere Gewässer schwimmen, zum Beispiel um sich zu vermehren. Das ist sein natürlicher Instinkt. Für den Aal ist das ebenfalls ein sehr abenteuerliches Unterfangen. Vielleicht gelingt es ihm, sich durch den Rechen zu schlängeln und die Rotoren der Turbinen zu überwinden, ohne dabei gehäckselt zu werden, um dann ein Stück Freiheit bis zur nächsten Anlage zu genießen.

Anfang des Jahres wurde das Muldelachsprogramm auch vom SMUL begleitet. Es bleibt abzuwarten, ob der Lachs langfristig gesehen unter diesen Voraussetzungen tatsächlich einen gesunden Bestand behält und starke Populationen hervorbringt. Angesichts des derzeit allgemein schlechten Zustandes der Wasserkraftanlagen entlang der sächsischen Fließgewässer sollte hier unbedingt gehandelt werden. Da die Betreiber der Anlagen kaum oder kein Interesse haben und die Landratsämter bei der Kontrolle eher zurückhaltend sind, sollten die sächsischen Anglerverbände verstärkt in dieser Sache mitreden dürfen.

Dementsprechend haben wir heute einen Änderungsantrag eingebracht. Die Verbände verfügen nicht nur über ein Eigeninteresse, sondern auch über genügend Sachkenntnis und Fachwissen, um in die Kontrolle der Anlagen einbezogen zu werden. Deswegen fordern wir in unserem Änderungsantrag, dass die Verbände zumindest die Möglichkeit zur Mitwirkung erhalten. Dies könnte ohne größeren Mehraufwand zu einer wesentlichen Entlastung der wahrscheinlich überlasteten Landratsämter beitragen und würde uns dem Ziel eines wirklich effektiven Fließgewässerschutzes in Sachsen wesentlich näher bringen.

Über Sinn oder Unsinn von Kleinwasserkraftanlagen, die eigentlich sehr wenig Leistung bringen und teilweise sogar illegal errichtet worden sind, brauchen wir heute nicht zu streiten. Das kann man in den Landratsämtern noch diskutieren. Die Einhaltung und Kontrolle der gesetzlichen Vorschriften wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein weiteres Problem stellt die Verpachtung der landeseigenen Fischereirechte dar. Der Punkt 5 des Antrages ist zwar zu begrüßen, geht aber nach Ansicht der NPDFraktion nicht weit genug. Wir fordern in unserem Änderungsantrag zusätzlich, dass die abzuschließenden Pachtverträge möglichst langfristig angelegt und die erbrachten Leistungen der bisherigen Pächter bei einer Ausschreibung zur Neuverpachtung entsprechend berücksichtigt werden. Nur so kann ein Vorfall, wie vorhin schon zweimal geschildert, verhindert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die jahrelange Hegearbeit der Pächter auch weiterhin in deren Hand bleibt.

Die Ausschreibung ist zu begrüßen, stellt sie doch für einige Verbände die Möglichkeit dar, in den Genuss zu kommen, Gewässer und Gewässerabschnitte zu bewirtschaften.

Ich frage an dieser Stelle nur nach dem aktuellen Stand der öffentlichen Ausschreibungen. In einer Antwort der Staatsregierung auf meine diesbezügliche Kleine Anfrage wurde am 21. April dieses Jahres mitgeteilt, dass bisher keine Pachtverträge nach der seit Februar bestehenden Verwaltungsvorschrift „Fischereirechte“ abgeschlossen wurden. Seit dieser Mitteilung der Staatsregierung sind wiederum einige Monate verstrichen. Die NPD-Fraktion möchte wissen, ob sich nun diesbezüglich etwas getan hat.

Es erscheint mir zumindest sehr rätselhaft, warum ein Jahr nach In-Kraft-Treten einer Verwaltungsvorschrift nichts oder fast gar nichts passiert ist. Vielleicht kann uns die Staatsregierung heute die ersten Fortschritte aufzeigen.

Wir begrüßen die Initiative der Koalition. Doch was wir brauchen, sind nicht nur Berichte der Staatsregierung, sondern daraus resultierend benötigen wir in Sachsen klare Aufgabenstellungen für die weitere anerkennungswerte Arbeit der Verbände und für einen wirklich effektiven Fließgewässerschutz.

In diesem Sinne möchte ich für unseren Änderungsantrag werben, der den Antrag der Koalition wesentlich verbessert und letztlich auch perfektioniert.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP, bitte. Herr Dr. Martens.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP begrüßt diesen Antrag und natürlich erkennen wir auch an, welche Bedeutung der Angelsport in Sachsen für die Pflege der Gewässer, für den Umweltschutz, für den Bestandsschutz, für den Artenschutz in Fließgewässern hat, auch welche wirtschaftliche Bedeutung mit dem Angelsport in Sachsen verbunden ist.

Sachsen hat gerade für Angler ein vielfältiges Angebot an verschiedenen Gewässern zum Angeln, die sehr attraktiv sind und deren Bewirtschaftung natürlich heiß begehrt ist, wie man jetzt sieht.

Da muss ich aber anmerken, dass das, was bisher von der Koalition an inniger Zusammenarbeit zwischen Staatsregierung und den Verbänden dargestellt worden ist, noch nicht den Optimalzustand erreicht hat. Das wird man mit Fug und Recht feststellen, insbesondere was die Umsetzung der Verwaltungsvorschrift über die Verpachtung von landeseigenen Gewässern durch das Staatsministerium der Finanzen konkret anbelangt. Es gibt Fälle, in denen Anglerverbände über Jahre und Jahrzehnte hinweg die Pflege der Gewässer, den Besatz und die Bestandspflege übernommen haben und dann im Ausschreibungsverfahren nicht zum Zuge kommen, die sich nach meiner Überzeugung und meiner Kenntnis auch den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass sie nicht hinreichend transparent geführt werden, was die Entscheidungskriterien, was die Offenheit der Vergabeverfahren und der Prüfung anbelangt, und bei denen die Anglerverbände, entgegen dem hier geäußerten und bekundeten Vertrauensvorschuss, anders behandelt werden, als sie es auch nach der Verwaltungsvorschrift sollten.

Wir haben in der Richtlinie zur Verpachtung landeseigener Gewässer den grundsätzlichen Vorrang der Berufsfischerei, der allerdings in Fließgewässern keine Rolle spielt, und den nachfolgend in § 2 Abs. 2 formulierten Grundsatz, dass bei der Verpachtung insbesondere der Bewirtschaftung von Fließgewässern durch den Breitensport und durch Anglerverbände besonderes Gewicht einzuräumen ist. Das ist in der Vergangenheit nicht immer so gehandhabt worden. Ich erinnere in diesem Fall an den mir persönlich gut bekannten Vorgang der Verpachtung Zwickauer Mulde, Eibenstock Silberstraße Abschnitt 2, in dem eindeutig nicht transparent und nicht nachvollziehbar entschieden wurde, was natürlich zu erheblichen Verstimmungen führt.

Lassen Sie es mich kurz machen. Was wir hier vonseiten der FDP einfordern ist nicht nur das Formulieren von

politischen Unterstützungen für die Angler, das Aufstellen von Verwaltungsrichtlinien, sondern dass die Staatsregierung in Zukunft dafür sorgt, dass diese Verwaltungsrichtlinien, die sinnvolle Ziele enthalten, dann auch tatsächlich so umgesetzt werden, wie wir es erwarten, wie es sich die Anglerverbände wünschen und wie es nach den Bekundungen zumindest der Koalition auch der Fall sein sollte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN. Herr Abg. Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ahnte ja wirklich nicht, mit welcher mächtigen Lobby im Landtag ich mich jetzt gleich anlegen werde. Hier ist ja eine wahrlich übergroße Koalition, die die Angler unterstützen und fördern möchte, die sozusagen jetzt überall das Gute in der Tätigkeit der Angler findet. Gestatten Sie mir dennoch, dass ich ein paar kritische Worte dazu sage.

Will man der Überschrift des Antrages glauben, so hat der Antrag angeblich einen Bericht zur Naturschutzarbeit der Anglerverbände zum Inhalt. Tatsächlich bezwecken die Beschlusspunkte aber nur einseitig – und zwar unter dem Deckmantel des Naturschutzes – die Förderung des Angelsports. Sehen wir uns Beschlusspunkte an.

Es soll über gepachtete Gewässer berichtet werden. Gemeint ist wohl ein Bericht zu den vom Freistaat an Angler verpachteten Gewässern. Jedenfalls wäre das wohl das richtige Deutsch. Es soll über Fördermöglichkeiten für sächsische Anglerverbände berichtet werden. Es soll über die Entwicklung des Fischbestandes berichtet werden. Das wäre gut. Das interessiert uns auch. Schließlich sollen insbesondere Gewässer an regionale Anglerverbände neu verpachtet werden. Wie die Debatte gezeigt hat, ist das wohl der eigentliche Anlass dieser etwas obskuren Debatte heute.

Diese Punkte sind alle mit der Brille von Naturnutzern und nicht aus der Perspektive des Naturschutzes betrachtet. Da sind wir an einem gravierenden Punkt.

Verwunderlich ist es nämlich nicht, dass die Naturschutzarbeit der Angler, die hier von der übergroßen Koalition von der Linksfraktion bis zu der anderen Fraktion, deren Namen ich jetzt nicht nenne, so allumfassend besteht. Die Naturschutzarbeit der Angler hält sich mächtig in Grenzen. Der Fang der Fische steht eindeutig im Vordergrund. Ich möchte dabei nicht bestreiten, dass sich auch Angler an einer unberührten Natur, insbesondere an sauberen, unverbauten und fischreichen Gewässern, erfreuen und möglicherweise auch für deren Erhalt eintreten. Aber damit nutzen sie die Natur als Erholung Suchende, sie schützen sie jedoch nicht. Nicht selten wird diese sogar geschädigt. Während der Brutzeit werden geschützte Wasservögel und Bewohner des Röhrichts bei Brut und Jungenaufzucht durch nicht wenige Hobbyfischer ernsthaft gestört, Herr Pecher.

Jetzt zum entscheidenden Punkt im Hintergrund: Die beiden Anglerverbände, deren einem Herr Clemen die Ehre hat vorzusitzen, wurden 2004 vom SMUL als Umweltverbände anerkannt. Wir halten dies für einen gravierenden Missgriff. Die Anerkennung ist imageschädigend für das Ansehen der echten Umweltverbände als Anwälte der geschützten Natur. Leider müssen wir seit dieser Anerkennung zwischen echten Umweltverbänden, denen der Schutz der Natur am Herzen liegt, und Nutzerverbänden unterscheiden, die hier leider anerkannt sind, aber es nicht verdienen.

Ich möchte Ihnen drei Beispiele dazu nennen, wie es mit der Naturschutzarbeit aussieht:

Erstens die Stellungnahmenarbeit. Das Sächsische Naturschutzgesetz stellt eindeutige Anforderungen an Naturschutzarbeit. Ein wichtiger Punkt ist die Stellungnahme zu Projekten, die einen Eingriff in die Umwelt bewirken. Die Stellungnahmenarbeit, die so genannte §-29-Arbeit, ist auch der eigentliche gesetzliche Grund für die Förderung im Rahmen der LAG „Naturschutz“ nach § 60 des Sächsischen Naturschutzgesetzes. Die Anglerverbände geben aber fast überhaupt niemals eine Stellungnahme ab. Dies wurde bei der Anhörung zur Änderung des Naturschutzgesetzes deutlich. Dort berichtete es Herr Krönert vom NABU.

Nun wird man sagen, das ist ein Vertreter eines echten Umweltverbandes. Es wurde aber ausdrücklich von Herrn Kolbe, Umweltbeigeordneter eines Landkreises, bestätigt. Das wäre noch nicht das Schlimmste. Was macht aber die Verwaltung aus einer nicht abgegebenen Stellungnahme eines so genannten Umweltverbandes? Wenn die Anglerverbände keine Stellungnahme abgeben, die echten Umweltverbände aber ein Projekt ablehnen und sich andere überhaupt nicht äußern, dann wird in den Planunterlagen vermerkt, die anerkannten Umweltverbände stimmen dem Projekt mehrheitlich zu.

Damit ist im Grunde die eigentliche Aufgabe der echten Umweltschützer ad absurdum geführt. Warum brauchen wir denn die Beteiligungs- und Klagerechte der Umweltverbände? Das deutsche Recht baut auf der Geltendmachung eigener Rechte auf, eine Popularklage gibt es nicht. Naturgüter haben nach der Rechtsordnung keine Eigenrechte und keine Klagerechte. Daher brauchen die Naturgüter unabhängige Institutionen, die deren Interessenlagen wahrnehmen. Dies sind die dem Umweltschutz verpflichteten Verbände und nicht die Umweltnutzerverbände.

Beispiel zwei ist der Abschuss von Kormoranen. Es waren die sächsischen Anglerverbände, die sich in diesem Jahr intensiv um die Freigabe des Abschusses zur Vergrämung von Kormoranen bemühten. Im Februar fand im SMUL eine Beratung zum Thema statt. Ergebnis dieser Beratung war, dass das SMUL dem Abschuss zur Vergrämung an Fließgewässern zum Schutz der heimischen Tierwelt, wie es heißt, zugestimmt hat. Nach diesem Erlass wird ein Töten von besonders geschützten Tierarten mit staatlicher Zustimmung ermöglicht. Wir verstehen nicht, dass sich ein anerkannter Naturschutzverband,

nämlich die Angler, für das Töten geschützter Tiere einsetzt, nur weil man die einheimische Tierwelt nach einem längst überwunden geglaubten Muster nach alten Klischees in „gute“ und „böse“ Tiere unterteilt, weil man die einen angeln und essen möchte und die anderen eben nicht.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Jetzt hören Sie mir doch zu!

Ich hätte ja noch Verständnis, wenn die sächsischen Binnenfischer sich beschwert hätten, weil bei denen immerhin das Einkommen dranhängt, aber bei den Anglern geht es nur um die Freizeitbeschäftigung, und da wird dem Abschuss stattgegeben.

Beispiel drei ist die finanzielle Aushöhlung. Die inflationäre Anerkennung der Nutzerverbände hat für die echten Umweltverbände gravierende finanzielle Auswirkungen. Die werden nämlich ausgetrocknet. Wenn die im Landeshaushalt bereitgestellte Summe statt unter sechs unter acht Verbänden aufzuteilen ist, dann fällt weniger für die echten Verbände ab. Nun ist diese Summe auch noch im Doppelhaushalt 2005/2006 gekürzt worden. Dabei ist es nicht geblieben; die weiteren Haushaltskürzungen, die das SMUL zu erbringen hat, gehen auch über diesen Titel.

(Widerspruch bei der CDU)

Ich weiß, das gefällt Ihnen überhaupt nicht, aber das zeigt, wie gut es ist, dass es hier eine GRÜNE-Fraktion gibt, die diese Punkte anspricht. Herr Hähle, ich kann Sie leider nicht verstehen, stellen Sie doch einmal eine Zwischenfrage.

Was Sie mit Ihrer Politik betreiben, ist die bewusste, schleichende Aushöhlung des Ansehens und des besonderen gesetzlichen Status der echten Umweltverbände und die finanzielle Austrocknung der echten Naturschutzverbände.

(Zuruf von der CDU)

Wie heißt es so schön lateinisch, ich kann es nur auf Deutsch: Getroffene Hunde …

Wir wollen die Arbeit der echten Naturschutzverbände ganz bewusst fördern und erhalten. Daher lehnen wir diesen Antrag ab.

Vielen Dank für Ihre geteilte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Möchte sich noch jemand von den Fraktionen zu dem Thema äußern? – Herr Abg. Kupfer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin überhaupt nicht verwundert über das, was ich von meinem Vorredner gehört habe. Die Reaktion meines Vorredners zeigt, dass wir als Koalition mit diesem Antrag voll ins Schwarze getroffen haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)