Nun werden Sie fragen: Von wem ist der Ausspruch? – Er ist schon sehr alt. Er stammt von dem griechischen Philosophen Aristoteles. Nun werden Sie sicherlich fragen: Was hat der griechische Philosoph Aristoteles mit der FDP zu tun? – Da sage ich Ihnen: Es stimmt, er hat gar nichts mit ihr zu tun. Aber ich finde, treffender kann man das Agieren der FDP zum Thema Ladenschluss hier im Landtag gar nicht bezeichnen. Der Lustgewinn muss wohl der innere Antrieb der FDP für diesen Schaufensterantrag sein.
Aber der Reihe nach. Ich sage Ihnen einmal in drei Punkten, was ich von diesem Antrag halte; zwei davon sind ernst gemeint.
Erstens. Der Antrag ist nicht mehr als der dem Ereignis angepasste Ausläufer der FDP zu den Öffnungszeiten an den Adventssonntagen.
Drittens. Der Antrag ist nicht mehr als eine auf Papier geschriebene Lachnummer, die den Realitätsverlust der FDP öffentlich machen soll.
Zu Erstens, der Antrag als umgeschriebener Weihnachtsmarkt-Antrag: Die FDP hatte bereits anlässlich der Debatte über die Öffnung an den Adventssonntagen mit ihrem damaligen Antrag gezeigt, worum es ihr eigentlich geht: Die FDP will den Klein- und Einzelhändlern mit ihren Forderungen nach völliger Freigabe der Ladenöffnungszeiten endgültig die Existenzgrundlage entziehen. Nutznießer dieser Forderungen sollen die großen Handelsketten und Verlierer die Beschäftigten im Groß- und Einzelhandel sein. Auch der heutige Versuch ist ein passendes Beispiel dafür.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da stelle ich fest: Die FDP hat nach mehr als einem Jahr parlamentarischer Arbeit die Instrumente politisch verantwortungsvollen Handelns immer noch nicht erkannt.
(Torsten Herbst, FDP: Aber die PDS! – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ja, aber schon lange! – Lachen bei der FDP)
Es scheint Methode bei den selbst ernannten Profis im Landtag zu sein, all das, was man nicht versteht, erst einmal ersatzlos streichen zu wollen.
In der Begründung zum Antrag schreibt die FDP, dass sie das Ladenschlussgesetz in der Zeit der Fußball-WM nicht nur in Leipzig, sondern in ganz Sachsen komplett aufheben will. Die Profis im Landtag wollen uns doch ernsthaft einreden, dass sie die gesamte Versorgung der sächsischen Bevölkerung und ihrer Gäste wegen der Fußball-WM gefährdet sehen. Einen belastbaren Beleg für diese Notstandsthese ist der FDP bisher in der Antragsbegründung und auch im Redebeitrag noch nicht eingefallen. Aber vielleicht fällt Ihnen im Schlusswort dazu etwas ein. Ich würde es ganz gern hören.
Dann komme ich zum zweiten Argument. Rechtlich gesehen ist der Ruf nach Berlin zur kurzfristigen Änderung des Ladenschlussgesetzes wegen der Fußball-WM nicht zu halten. Im Gegensatz zur Debatte zu den Weihnachtsöffnungszeiten wird wohl niemand hier die These ernsthaft vertreten, die Durchführung der Fußball-WM hätte in Sachsen eine tief verwurzelte Tradition. In diesem Fall ist die Ausgangslage wohl eine wesentlich andere.
Hier ist nach unserer Auffassung die Regelung in § 23 des Ladenschlussgesetzes für Leipzig und die umliegenden Landkreise vollkommen ausreichend.
Wenn die Kolleginnen und Kollegen der FDP mir das nicht glauben, dann sollten Sie es wenigstens dem Handelsverband glauben. Dieser hat das in seiner Erklärung noch einmal eindeutig dargestellt. Im Übrigen ist das nach den Gesprächen mit der Bundesregierung, nach der Abstimmung im Bundesrat geschehen. Der Handelsverband sagt also: § 23 ist völlig ausreichend.
Im Übrigen gäbe es zu dem unglücklichen Agieren der Staatsregierung – das will ich noch kurz einführen – zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses zu den Adventssonntagen eine Menge zu sagen. Ich hatte im September bereits darauf hingewiesen: Sauber wäre die Klärung der Sonderöffnung zur Weihnachtszeit im Erzgebirge nur möglich gewesen, wenn der Erlass der Staatsregierung von 1993 ortsbezogen und abschließend geändert worden wäre. Das wäre eine saubere juristische Lösung gewesen. Schauen Sie im Urteil des Verwaltungsgerichtes Chemnitz zur Aufhebung der Sonderöffnungszeiten in Chemnitz nach! Dort werden Sie diesen Ansatz, den ich Ihnen gerade erläutert habe, auch finden.
Da wir aber mit großer Wahrscheinlichkeit im nächsten Jahr, Herr Minister, im Rahmen der Föderalismusdebatte wieder über diese Problematik im Landtag sprechen werden, will ich mir heute weitere Argumente dazu sparen.
Dass die FDP – jetzt komme ich wieder zu Ihnen – davon nichts versteht, sollte aber den Landtag nicht daran hindern, sich trotzdem um die Probleme des Einzelhandels in Sachsen zu kümmern.
Damit komme ich zum dritten Punkt der Auseinandersetzung mit dem FDP-Antrag. Dieser läuft bei mir unter der Rubrik „Vom Realitätsverlust zur Lachnummer verkommen“. Wenn man sich den Sinn des vorgelegten FDPAntrages einmal ganz praktisch vor Augen hält, wird deutlich, wovor die Liberalen die Fußballfans aus aller Welt schützen wollen: vor geschlossenen Läden und Supermärkten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stellen wir uns einmal ganz kurz vor, das Endspiel der Fußball-WM, Deutschland gegen Brasilien, wäre 1 : 0 für unsere Mannschaft zu Ende gegangen.
Völlig entnervte brasilianische Fans fahren nach dem Spiel aus Frust bis nach Sachsen und wollen sich durch den Aufkauf aller deutschen Fanartikel in den dank der FDP-Initiative offenen Kaufhäusern für die Niederlage rächen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will es gar nicht bis zu Ende denken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Während man bei Ersterem, also beim Spielergebnis, noch hoffen kann, denke ich, Letzteres wird wohl nicht eintreten. Aber nicht nur deswegen, sondern vor allem, weil der Antrag der FDP nur die Fortsetzung der Weihnachtsdebatte ist und es aus rechtlicher Sicht zur Ladenöffnung und zur FußballWM keinen Handlungsbedarf gibt, lehnen wir den Antrag ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal muss man Herrn Morlok unterstellen – und das freut mich, weil er einen gewissen Esprit in diesen Kreis bringt –, dass er das Lachen nicht verlernt hat und in seinen Reden immer Humor mitbringt; denn man könnte mit der Weihnachtszeit auch Ihren Antrag verbinden.
Es gibt ein schönes Lied: „Alle Jahre wieder“, man könnte auch sagen: alle Wochen wieder das Thema Ladenschluss im Landtag. Sie haben selbst gesagt, dass Sie es gern einbringen, da Sie glauben, dass es aus Ihrer Sicht auch wirtschaftspolitisch der richtige Ansatz ist. Deshalb ist mir klar, dass Sie – nach Videotheken und den Waschstraßen – jetzt den Versuch machen wollen, die
Fußballweltmeisterschaft, die in der Tat ja auch wirklich nur in Leipzig stattfindet, zum Anlass zu nehmen, das Thema Deregulierung von Ladenöffnungszeiten wieder auf die Tagesordnung zu nehmen; denn das ist das Einzige, was dahinter steckt.
Deshalb möchte ich Ihnen genau erläutern, worin der Unterschied zwischen der Diskussion, die wir beim letzten Mal mit den Weihnachtsmärkten hatten, und Ihrem jetzigen Antrag zur Fußballweltmeisterschaft besteht. Wir haben bei der Diskussion zu den Weihnachtsmärkten fraktionsübergreifend hier miteinander versucht, die Brücke zu schlagen, indem wir gesagt haben: Diese traditionellen Werte, diese historisch einmalige Situation des Erzgebirges, auch die Frage des Tourismus, haben für uns eine solch hohe Bedeutung – gerade auch im Weihnachtsland Sachsen –, dass wir das SMWA aufgefordert haben, zu prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, dass es zu Öffnungen kommt.
Wenn wir ehrlich sind, wussten wir aber damals bereits, dass wir damit dem Wirtschaftsministerium eine sehr hohe Bürde auferlegt haben, da uns allen die Grenzen klar waren. Das Ergebnis ist gerade von meinem Kollegen Tischendorf geschildert worden; das heißt, das Risiko, das mit solch einer Handlung behaftet war, können wir jetzt spüren. Was wir damals jedoch nicht wollten, ist eine permanente Debatte über die Liberalisierung des Ladenschlusses, da diese in der Tat kommt, wenn das Thema auf uns als Ländersache übertragen wird. Dann können wir gern über die Vor- und Nachteile streiten. Wundern Sie sich nicht, dass ich Ihnen an dieser Stelle erneut vorwerfen werde, dass all die Zusagen des Einzelhändlerverbandes, des Mittelstandes nichts nützen werden. Viele neue Arbeitsplätze sollten entstehen, als 1996 das Ladenschlussgesetz schon einmal novelliert worden ist und die Ladenöffnungszeiten verlängert worden sind. Das ist alles nicht eingetroffen. Es hat nicht zu mehr Arbeitsplätzen geführt, es hat nicht zu mehr Umsatz geführt. Der Umsatz ist eingebrochen, die Verkaufsflächen sind größer geworden. Die Arbeitslosigkeit im Handel ist immens, die Zahl der Minijobs hat zugenommen, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird im Einzelhandel abgebaut. Das sind die Tatsachen!
(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion.PDS – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Zu mehr Ausbeutung hat es geführt!)
Zurück zum Thema Leipzig! Meine Kollegin Schmidt sagte es bereits: Wenn man sich Leipzig genau anschaut, bezieht sich das auf fünf Spiele, davon sind drei Mittwochsspiele, diese werden um 17:30 Uhr angepfiffen. Außerdem wird es zwei Sonntagsspiele geben, die um 20:15 Uhr angepfiffen werden.
Herr Morlok – oder die gesamte Fraktion –, erklären Sie mir doch einmal, wie Sie darauf kommen, dass, wenn es in Leipzig dazu kommt, dass wir an zwei Sonntagen das
Problem haben – denn alles andere wird sich regeln lassen, wie uns die Stadt Leipzig attestierte – und wissen, dass es in einem Bundesgesetz wie dem Ladenschlussgesetz die Möglichkeit gibt, an vier Sonntagen zu öffnen. Glauben Sie, dass es in Plauen, Görlitz, Eibau oder Seifhennersdorf ein Problem gibt? Reisen die Menschen, die in Leipzig im Fußballstadion sind, danach quer durch Sachsen und müssen versorgt werden? Oder wie kommen Sie darauf, dass, wenn in Leipzig ein Großereignis stattfindet, Plauen oder andere Städte damit etwas zu tun hätten? Das müssten Sie mir wirklich einmal erklären, ich bin noch nicht darauf gekommen. Aber Sie werden sicher in Ihrem Schlusswort gleich noch einmal darauf eingehen.
Der § 14 des geltenden bundesweiten Ladenschlussgesetzes, den ich eben zitiert habe, lässt genau diese Möglichkeiten zu, und die Stadtverwaltung wird darauf reagieren, dessen bin ich sicher. Sie wird eine Lösung schaffen, die im Interesse der Stadt Leipzig richtig und sinnhaft ist.
Ich möchte aber auch, damit dies noch einmal deutlich wird, auf die von Ihnen angesprochene Initiative im Bundesrat eingehen, denn darin gibt es aus meiner Sicht ein sehr gutes Zitat des Vertreters des Freistaates Sachsen – in diesem Fall war es Staatsminister Mackenroth, der in dieser Bundesratssitzung Folgendes sagte: „Der Freistaat Sachsen hebt dabei hervor, dass die Sonntage und die staatlich anerkannten Feiertage, die unter den besonderen verfassungsrechtlichen Schutz des Grundgesetzes gestellt sind, als Tage der Arbeitsruhe auch während dieser Zeit geschützt und von den erweiterten Ladenöffnungszeiten ausgenommen bleiben sollen.“
Sehr gut, das können wir als SPD-Fraktion nur unterstützen, und ich denke, dass meine Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion dies an dieser Stelle auch können. Das heißt also: Wenn wir uns über das Thema Ladenschluss verständigen wollen, wenn wir darüber nachdenken wollen, ob es tatsächlich eine Angelegenheit des Bundes bleibt oder zukünftig eine Angelegenheit des Landes sein soll, so können wir dies gern tun. Dann sprechen wir darüber, welche Regelungen wir für die Arbeitnehmerrechte dort haben wollen. Wir sprechen aber genauso darüber, welche Regelungen wir für unlauteren Wettbewerb haben wollen. Sie hatten sich beim letzten Mal, als ich das vorgetragen habe, darüber echauffiert: wie man denn von Wettbewerbsbeschränkung reden konnte?!
In der Tat bin ich der Auffassung, man muss auch über Wettbewerbsbeschränkungen reden, wenn sie unlauteren Wettbewerb zur Folge haben. Insofern können wir all das miteinander diskutieren, wenn wir soweit sind.