Protokoll der Sitzung vom 07.12.2005

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Dass wir dagegen sind, auch nicht!)

Das war schon immer unsere Haltung.

Wenn wir über soziale Gerechtigkeit reden wollen, so stelle ich die Frage: Warum muss jemand, der seinen Meisterabschluss macht, dafür 10 000 bis 20 000 Euro hinlegen,

Lassen Sie mich mit folgender Frage beginnen: Welche Art von Hochschulen wollen wir haben? Wissenschaft, Forschung, Kultur und Kunst sind für die Gegenwart und für die Zukunft Sachsens von herausragender Bedeutung. Daraus ergibt sich ein hoher Anspruch an unsere Hochschulen. Sie sind in ganz besonderer Weise Stätten der geistigen Auseinandersetzung, der Bewahrung des gesellschaftlichen Gedächtnisses und vor allem auch des innovativen Wandels. Die Staatsregierung wird dafür Sorge tragen, dass die Hochschulen diesem Anspruch auch künftig gerecht werden können.

(Beifall bei der CDU)

während ein anderer, der an der Uni studiert, dafür keinen Pfennig bezahlt? Ich halte das für äußerst unsozial.

(Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS)

Im Übrigen wird das Geld, das nicht in Form von Studiengebühren von den Studierenden verlangt wird, von anderen aufgebracht, im Übermaß von denen, die eben keine Chance haben, einen akademischen Abschluss zu erlangen, und die ein Leben lang wesentlich weniger verdienen als diejenigen, die den Vorteil hatten, ein kostenloses Studium zu absolvieren. Auch darüber muss man nachdenken, wenn man die Frage aufwirft, was gerecht und was ungerecht ist. Man sollte Modelle entwickeln, wie man es organisieren kann, dass keiner vom Studium ausgeschlossen ist.

Wie kann das erreicht werden? Dem Staat stehen dafür grundsätzlich zwei Instrumente zur Verfügung: Erstens muss er im Rahmen seiner Möglichkeiten die Hochschulen mit den dafür angemessenen Ressourcen ausstatten; zweitens muss er für die Hochschulen rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die den Aufgaben und den Umständen entsprechen.

Gegenwärtig steht in Sachsen die Frage auf der Tagesordnung, ob das geltende Hochschulrecht den bestmöglichen Rahmen setzt und ob dieses Hochschulgesetz unsere Hochschulen für gegenwärtige und künftige Aufgaben ausreichend stark macht. Richtig ist, dass das Gesetz, als es vor sechs Jahren hier beschlossen worden ist, ein zeitgemäßes Gesetz war. Unter dem Blickwinkel der Entwicklungen der letzten Jahre zeigt sich aber, dass unsere Hochschulen aus heutiger Sicht und vor allen Dingen dann, wenn man künftige Anforderungen betrachtet, mit diesem Gesetz nicht mehr ausreichend handlungsfähig sind.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Brauchen wir Akademiker oder nicht?)

Ich bin sehr dagegen, dass wir uns hier das Denken verbieten lassen; wir werden es uns auch nicht verbieten lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Fraktion der CDU und die Linksfraktion.PDS haben noch Redezeit. Möchte noch jemand von Ihnen sprechen? – Das kann ich im Moment nicht sehen. – Frau Staatsministerin, bitte.

Was hat sich so verändert, dass es diese Feststellung rechtfertigt? Erstens ist der Bologna-Prozess in Gang gekommen; er stellt neue, zusätzliche Anforderungen an unsere Hochschulen. Um sie zu erfüllen, ist es wichtig, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Hochschulen vor allem anderen die qualitativen Zielstellungen des Bologna-Prozesses erreichen können. Einen ersten Schritt in diese Richtung tun wir diese Woche, wenn wir die kleine Hochschulgesetznovelle beschließen, die die Hochschulen in besonderer Weise für diesen Prozess handlungsfähiger machen wird.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir wussten bereits vor der Debatte, dass die Koalitionspartner hinsichtlich der Einführung von Studiengebühren unterschiedlicher Auffassung sind,

Zweitens hat sich der Wettbewerb unter den Hochschulen in den letzten Jahren entscheidend und erheblich verändert. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Exzellenzinitiative ist ein geradezu auf Wettbewerb und zusätzliche

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Na und?)

und zwar mit der aus unserer Sicht guten Folge, dass es in Sachsen wie im Übrigen in allen neuen Bundesländern keine Studiengebühren geben wird.

finanzielle Mittel angelegter bundesdeutscher Wettbewerb aller Hochschulen. In einigen Bundesländern werden Hochschulgebühren eingeführt, in anderen nicht; darüber haben wir gerade eine Debatte geführt. Wir werden in den einzelnen deutschen Ländern immer weiter auseinander dividierende, unterschiedliche Hochschulgesetze haben. Das wird mit der wegfallenden Zuständigkeit des Bundes für zentrale Hochschulfragen verstärkt; darin wird wahrscheinlich das gesamte Hochschulrahmengesetz eingeschlossen sein.

Bei den Studienanfängerzahlen wird es völlig unterschiedliche Entwicklungen geben. In den alten Bundesländern wird es bis zum Jahre 2015 erheblich mehr Studentinnen und Studenten geben; wir in den neuen Bundesländern müssen uns bemühen, dass wir bei den geburtenschwachen Jahrgängen so viele junge Menschen wie möglich überzeugen können, ein Studium hier in Sachsen aufzunehmen.

Außerdem wird die internationale Konkurrenz um die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu führen, dass dieser Wettbewerb unter den Hochschulen weiter zunimmt. Um in dieser Konkurrenz bestehen zu können, brauchen die sächsischen Hochschulen den nötigen Bewegungsspielraum, um richtig handeln und ihre Ressourcen noch zielgenauer einsetzen zu können.

Drittens haben zum Beispiel die öffentlich heftig diskutierten Ergebnisse der Pisa-Studien dazu geführt – das ist gut so –, dass in Deutschland die Aufmerksamkeit stärker auf das Thema Bildung und vor allem Qualität von Bildung gelenkt worden ist. Die Einsicht ist gewachsen, dass die Bundesrepublik in ihrer jetzigen sozialstaatlichen Konstitution geradezu existenziell von quantitativ und qualitativ hohen Leistungen in Bildung und Forschung abhängt.

Als Reaktion auf die veränderten Bedingungen fordern die Hochschulen – aber nicht nur sie, es sind auch die Wissenschaftsorganisationen wie zum Beispiel der Wissenschaftsrat und Organisationen der Wirtschaft – mehr Autonomie für die Hochschulen.

Worum geht es dabei? Es geht nicht darum, dass sich der Staat aus der Verantwortung für die Hochschulen zurückziehen soll. Diese Verantwortung nimmt angesichts der wachsenden Bedeutung für Bildung, für Forschung und für Weiterbildung eher noch zu. Es geht um eine Neuordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Hochschulen, also um die Art und Weise, wie der Staat seiner Verantwortung für die Hochschulen nachkommt, und um das Maß der Verantwortung, die die Hochschulen zukünftig für sich selbst tragen sollen. Weil das – bedenkt man die veränderten Umstände – auch Sinn macht, haben wir in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dieses Verhältnis durch eine Novellierung des sächsischen Hochschulrechts neu und besser als bisher zu regeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn also ein neues Hochschulgesetz das Ziel hat, unsere Hochschulen unter den sich verändernden Bedingungen stark zu machen und ihnen mehr Verantwortung zu übertragen, dann

war es für mich selbstverständlich, die Hochschulen frühzeitig – das heißt in Sachsen: erstmals bereits in den Entstehungsprozess eines Gesetzes – einzubeziehen. Insofern sind Ihre Ausführungen, Frau Werner, die Sie hier gemacht haben, schlichtweg falsch.

Die Landeshochschulkonferenz hat deshalb auf meine Bitte hin eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die uns in den Etappen bei der Entstehung des Gesetzes, beginnend von der Zielstellung bis hin zu den ersten Formulierungen für den Gesetzentwurf, begleitet hat. Parallel dazu hatte ich und werde ich Gespräche mit der Studentenvertretung führen. Dass es jetzt in der Phase der Konkretisierung dieses Gesetzesvorhabens zu erkennbar verschiedenen Standpunkten und Auffassungen kommt, ist völlig normal. Dass diese auch in einer öffentlichen Diskussion ausgetragen werden, ist ebenso normal. Sie zeigen gerade das Spannungsfeld der Interessen, das es verantwortungsvoll zu betrachten gilt.

Dieser Prozess ist noch nicht völlig abgeschlossen. Dennoch möchte ich heute aus meiner Sicht einige Grundsatzüberlegungen darstellen, um auch hier in der Debatte geäußerte Behauptungen richtig zu stellen.

Eine zentrale Fragestellung ist: Welche Aufgaben soll der Staat im Hochschulbereich in jedem Fall erfüllen? Oder anders herum gefragt: Wie weit soll die Selbstverantwortung der Hochschulen reichen?

Es geht dabei im Kern darum, eine vernünftige Balance zwischen der Erweiterung der Selbstverantwortung der Hochschulen auf der einen und der Sicherung der Gesamtverantwortung des Staates auf der anderen Seite zu organisieren. Um dabei ein neues stabiles Gleichgewicht zu schaffen, kann und sollte sich der Staat aus der Detailsteuerung der Hochschulen weitestgehend zurückziehen.

Auf der anderen Seite sollte das Satzungsrecht, mit dem jede Hochschule auf ihre besonderen Verhältnisse und Zielstellungen angepasste Lösungen schaffen kann, ausgedehnt werden. Bei Aufgaben jedoch, die das gesamtstaatliche Interesse unmittelbar berühren, wie zum Beispiel die Sicherung der landesweit abgestimmten Fächer, der Studienplanung und der Qualitätssicherung, muss sich der Staat ein adäquates Eingriffsrecht vorbehalten.

Eine weitere, sicherlich am meisten kontrovers diskutierte zentrale Frage ist: Welche Gremien und Leitungsstrukturen braucht eine Hochschule, die mehr eigene Verantwortung trägt?

Außer Frage steht für mich dabei, dass es bei der so genannten Gruppenuniversität bleiben soll. Ohne die Einbeziehung legitimierter Vertreter der einzelnen Hochschulgruppen, die an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden und somit Mitverantwortung für ihre Hochschule tragen, kann eine Hochschule nicht erfolgreich geführt werden.

Staatliche Hochschulen sind Bildungs- und Forschungsinstitutionen und schon wegen ihres besonderen Auftrages keine Wirtschaftsunternehmen. Das bedeutet aber eben

nicht – das hat es im Übrigen nie bedeutet –, dass alle bei allem gleichberechtigt mitentscheiden können. Die Mitentscheidungsrechte müssen ihre Grundlage aus der fachlichen Verantwortung und aus der sachlichen Betroffenheit ableiten. Wenn der Staat Zuständigkeiten und Kompetenzen in die Verantwortung der Hochschulen überträgt, so bedeutet dies auch, dass Konflikte, die bisher zwischen Vertretern der Hochschulen und dem Ministerium ausgetragen werden, zukünftig in der Hochschule selbst gelöst werden müssen. Dazu brauchen wir eine Leitungs- und Gremienstruktur, die geeignet ist, berechtigte Gruppeninteressen einzubeziehen, die aber auch geeignet ist, im Interesse der gesamten Hochschule Entscheidungen zu treffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sich der Referentenentwurf des neuen Hochschulgesetzes noch in der Erarbeitungsphase befindet, verzichte ich darauf, im Rahmen dieser Debatte auf Einzelheiten einzugehen. Ich lade Sie aber jetzt schon ein, wenn im Frühjahr das neue Hochschulgesetz hier in den Sächsischen Landtag eingebracht wird, sich an den Debatten zu beteiligen. Es wird dann ausreichend Zeit sein, weitere Vorschläge, bessere Vorschläge für dieses Gesetz einzubringen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Bevor ich frage, wer dazu noch Stellung nehmen möchte, muss ich etwas nachholen. Ich hatte vorhin übersehen, dass die FDPFraktion auch noch Redezeit hat.

Die Linksfraktion.PDS meldet Redebedarf an. Dann werden wir weitersehen. Prof. Porsch, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist zuallererst der Beitrag von Herrn Hähle, der mich noch einmal hier ans Pult bringt.

Herr Hähle, das war blamabel, was Sie hier abgelassen haben.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Gruselig!)

Sie haben die Studentenschaft beschrieben wie eine Versammlung von karriere- und geldgeilen jungen Leuten,

(Widerspruch bei der CDU)

die sich dann noch ihr Studium bezahlen lassen wollen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Wir sind in einem anderen Film!)

Sie haben nichts gesagt über die gesellschaftliche Notwendigkeit, Hochschulabsolventen auszubilden, Studium zu organisieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)