Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

Ich kann auch nur meiner Kollegin Windisch Recht geben: Darüber, was zurzeit in China an Emissionen existiert und was dort Tag für Tag installiert wird,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ist unstrittig!)

sollten wir uns auch Gedanken machen. Ich bin der Meinung: Dann lieber saubere Energie in Sachsen erzeugen, saubere Energie selber nutzen und dafür sorgen – was wir mit unserem Klimaschutzprogramm auch tun –, dass wir Energie einsparen, dass wir weniger Energie verbrauchen, damit auch weniger Emissionen erzeugen und damit Hilfestellung geben,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS )

was wir zum Beispiel über Weltbankprojekte an vielen Stellen tun, dass das auch in Entwicklungsländern mög

lich ist, anstatt hier darüber zu diskutieren, ob wir an der einen oder anderen Stelle ein Kraftwerk bauen sollen oder nicht.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich halte diese Diskussion für falsch, ich halte sie für obsolet und ich denke, man sollte die Diskussion um Kyoto II jetzt nicht dazu nutzen, gegen den Kraftwerksneubau in Boxberg vorzugehen. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie es auch so formulieren.

(Beifall bei der CDU, der SPD, teilweise bei der FDP und bei der Staatsregierung)

Die Linksfraktion.PDS, bitte; Frau Dr. Runge.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zunächst einmal würde ich Herrn Lichdi empfehlen, vielleicht auch für die Aktuellen Debatten die Überschriften etwas präziser zu formulieren, weil diese Überschrift tatsächlich ausdeutbar ist.

Richtig ist, dass man die Klimakonferenz in Montreal zum Anlass nehmen muss und sollte – was heute geschieht –, noch einmal ernsthaft über dieses Thema im Hohen Hause zu debattieren. So habe ich die Aktuelle Debatte verstanden und insofern sehe vom Anliegen her ich überhaupt keinen Dissens, in der Ausdeutung allerdings schon.

Was hat China zum Beispiel mit Sachsen zu tun? – Natürlich eine ganze Menge,

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Deutsch-chinesische Freundschaft!)

weil China erstens – das muss man auch positiv würdigen – dem Kyoto-Protokoll beigetreten ist

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Im Gegensatz zu Amerika!)

und weil zweitens in China ein umweltpolitisches Umdenken passiert, wenn man das genau verfolgt.

Wenn wir uns stark machen im Bereich alternativer Energietechnologien, wird und kann das – Deutschland ist in vielen Bereichen technologischer Vorreiter – zu einem riesigen Exportschlager in die Schwellenländer, in die Entwicklungsländer werden.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das ist also durchaus ein wirtschaftliches Gut, das für die Zukunft tragend sein kann.

Zweitens. Wir sind uns einig: Was Klimaerwärmung, Erderwärmung angeht, ist es nicht fünf vor zwölf, sondern weit nach zwölf. Es geht nicht mehr darum, diesen Prozess umzukehren, sondern es geht lediglich noch darum, diesen Prozess zu verlangsamen.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das heißt, auch Sachsen ist Teil des globalen Dorfes: „Global denken, lokal handeln“. Verantwortliche Politiker hier vor Ort müssen also eine Doppelstrategie fahren, nämlich zum einen eine Strategie zur Reduktion der CO2Emissionen und zum anderen eine Strategie zur Anpassung an die Erderwärmung, die wir jedes Jahr besichtigen können. Nicht nur die Saison der Hurrikans war in diesem Jahr besonders stark, sondern eben auch die Elbeflut 2002, als „Jahrhundertflut“ tituliert, kann sich in kürzeren Abständen wiederholen. Darauf müssen wir eingestellt sein, weil alle Wetterexperten sagen: Die Extremwetterlagen werden zunehmen –

(Staatsminister Stanislaw Tillich: Klimatologen, nicht Wetterexperten!)

Klimatologen, aber auch Meteorologen sagen das mittlerweile –, und die so genannten 5b-Wetterlagen, die zu diesen unsäglichen Regenfällen in Mitteleuropa und in unserem Raum geführt haben, können sich jährlich wiederholen.

Das heißt also, wir müssen uns in der Wasserwirtschaft und im Talsperrenmanagement auf Hochwassersituationen einstellen. Außerdem müssen wir uns in der Land- und Forstwirtschaft und im Hochwasserschutz darauf einstellen. Auch dies wird unglaublich hohe Investitionen und Mittel binden. Deshalb ist natürlich vorbeugender Klimaschutz – so begrenzt er auch immer vor Ort möglich ist – dringend geboten, und man muss sich schon fragen, ob es zwingend ist, dass Boxberg einen neuen Block baut. Man muss natürlich auch die Frage stellen dürfen, ob so genannte CO2-freie Kraftwerke tatsächlich die Technologiestrategie sein können, die in die Zukunft führt, da sich mit der CO2-Verpressung und -lagerung neue ungeahnte Probleme auftun.

Bitte zum Schluss kommen!

Das sagen alle Experten. Kurz und gut: Wir haben in Sachsen eine ganze Menge erreicht, dies muss man auch positiv würdigen. Aber kritisch ist zu sehen – darin stimme ich Herrn Lichdi zu –, dass die Ziele – –

Frau Dr. Runge, bitte zum Ende kommen!

Ich komme zum Ende.

Die Ziele, die sich die Staatsregierung gestellt hat, sind sehr lasche und weiche Ziele; denn wenn wir die Ziele für 2010 bereits 2002 erreicht haben, entsteht natürlich eine große Differenz, und wir könnten uns durchaus ehrgeizigere Reduktionsziele in Sachsen stellen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die SPD-Fraktion, bitte. – Es wünscht niemand das Wort. Wird von der NPD-Fraktion noch einmal das Wort gewünscht? – Der FDP? – Auch nicht mehr. Gibt es sonst noch Redebedarf von den Fraktionen? – Herr Lichdi dann, bitte. – Es tut mir Leid, Herr Lichdi, ich bekomme gerade den Hinweis, dass Sie keine Redezeit mehr haben. Ich darf Ihnen gar nicht mehr das Wort geben; Sie sind zeitlich bereits im Minus.

(Ooch-Rufe von der CDU und der SPD)

Sie können sich gern selbst davon überzeugen. Es tut mir Leid. Dann übergebe ich Herrn Staatsminister Tillich das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Den Gefallen, dass ich überziehe, werde ich Herrn Lichdi nicht tun, damit er noch Redezeit bekommt. Aber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das Thema, über das wir heute diskutieren, ist ernst genug und es ist immer aktuell. Es hat wohl auch keine Partei einen Anspruch darauf, eine eigene Lösung für das Problem zu haben. Deshalb hat die Sächsische Staatsregierung sowohl in den vergangenen Jahren als auch in der Gegenwart viel dafür getan, sich mit den Klimafolgen auseinander zu setzen.

Sachsen war vor sechs Jahren europaweit die erste Region, in der sich eine Staatsregierung mit einem regionalen Klimafolgenmodell auseinander gesetzt hat, und es wird uns auch von der Europäischen Union bestätigt, dass wir fast immer noch die Einzigen sind.

Wir haben, Herr Lichdi, den CO2-Ausstoß allein an diesen klimaschädlichen Gasen im Freistaat Sachsen von 1990 bis 2003 halbiert. Es ist auch richtig, dass der in Sachsen hergestellte Braunkohlenstrom in den Kraftwerken der heutigen Art 40 % weniger CO2 produziert, als dies noch 1990 in den Kraftwerken der Fall war. Es ist aber auch richtig, Frau Hermenau, dass es Ihre Fraktion unter Ihrer Führung war, die im Landtagswahlkampf in Sachsen 2004 angetreten ist und die Braunkohlenverstromung nicht mehr wollte. Sie waren diejenigen, die letztendlich auch das Aus der Braunkohlenverstromung – und damit den Abbau vieler Arbeitsplätze – in Sachsen forderten.

Die GRÜNEN haben sicherlich dazugelernt und realisiert, dass es ohne Braunkohlenstrom in Sachsen nicht mehr geht. Das meine ich zumindest bei Teilen der Fraktion erkannt zu haben; denn CO2 entsteht weltweit; Energie wird lokal erzeugt, aber auch überregional verbraucht. Dies hat selbst die Europäische Union – ich glaube zumindest, vor den GRÜNEN – realisiert und deshalb auch das Instrument des Emissionshandels auf den Weg gebracht. Wenn es allein um das deutsche Klimaziel geht, Herr Lichdi, nicht insbesondere um das sächsische, ist es

richtig, wenn in Boxberg zukünftig ein neues Kraftwerk gebaut wird. Dann sollten wir die größte Dreckschleuder, die wir in Deutschland an Braunkohlenkraftwerken haben, nämlich die in Nordrhein-Westfalen, dafür abschalten. Danach wären die Energiebilanz und die CO2Bilanz wesentlich positiver, nämlich ein geringerer CO2Anteil an der erzeugten Strommenge.

Es ist richtig, höherer Energiebedarf erfordert selbstverständlich eine höhere Stromproduktion. Deutschland kann selbst nicht aus Erdöl, Erdgas oder Kernenergie Strom produzieren, da es diese importieren muss – zumindest in großen Mengen. Deshalb ist es richtig, dass der Braunkohlenstrom nach wie vor nicht nur in Deutschland, sondern auch in Sachsen eine Zukunft hat. Die Sächsische Staatsregierung hat sich seit 1990 immer wieder zur Braunkohlenverstromung bekannt. Es ist ein einheimischer Wertstoff, und es ist eine einheimische Wertschöpfung, die letztendlich hier vor Ort erfolgt, und wir können den Strom, der bei uns produziert wird, mit sächsischen Arbeitskräften herstellen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Genauso setzt die Sächsische Staatsregierung natürlich auch auf Biomasse, um damit wiederum die regionale und lokale Wertschöpfungskette zu ergänzen. Aber ich glaube, insgesamt ist es nicht das Ziel der Sächsischen Staatsregierung, immer nur von neuer Energieerzeugung zu sprechen. Wir haben uns in der Vergangenheit darüber ausgetauscht und hatten auch hier schon Gelegenheit dazu. Wir setzen auf Energiereduzierung und damit auf CO2-Reduzierung. Dies kommt auch im aktuellen Klimafolgenbericht 2005 zum Ausdruck. Wir setzen auf Reduzierung von Energie in Haushalten, in Gebäuden, in Unternehmen, und wir reden nicht immer nur von mehr Energieerzeugung; denn die Potenziale im Bereich der Energieeinsparung – dies haben unsere Fachleute im LfUG ermittelt – liegen in Sachsen bei zirka 30 %. Dies wird das Zukunftsmodell sein, mit dem wir einen Beitrag zum Klimafolgenbericht – nicht nur zu dem der nächsten Dekade – leisten wollen.

Herr Lichdi, da Sie mir netterweise immer Fragen stellen, möchte ich mit einer Frage schließen: Geben Sie mir Recht, dass Sachsen in den letzten zehn Jahren seine Umweltziele ohne die GRÜNEN erreicht hat?

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wir waren immer da!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Damit ist die Debatte beendet und der Tagesordnungspunkt wird geschlossen.

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Tagesordnungspunkt 2