Sehr geehrte Frau Präsidentin! Auch ich mache es kurz. Der Gesetzentwurf der Linksfraktion setzt das schon vielfach angesprochene Urteil ohne Zusätze um. Wir werden dem zustimmen. Es gibt aus rechtlicher Sicht keinerlei Gründe – anders, als von der CDU und leider auch von der SPD wiederholt ausgeführt –, dem nicht zuzustimmen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es nicht zuzumuten, die jeweils aktuelle Verfassungsrechtsprechung nachzulesen, um herauszufinden, welche Vorschriften das Gericht für nichtig erklärt hat. Das wäre mit dem Grundsatz der Rechtsklarheit schlechterdings nicht vereinbar.
Die doch etwas seltsamen Einlassungen von Ihnen, Herr Seidel und Herr Bräunig, kann ich nur als koalitionstaktische Räson interpretieren; mit Juristerei hatten sie nichts zu tun. Ich bin gespannt, ob der Herr Justizminister in dieser Debatte das Wort ergreift und dazu Ausführungen macht, ob er nicht das Rechtsstaatsprinzip tangiert sieht, wenn wir sehenden Auges das Gesetz so lassen. In der Sache nämlich geht es um die Verletzung des passiven Wahlrechts, also des Rechts, gewählt zu werden. Das ist – vielleicht ist es hilfreich, darauf hinzuweisen – ein tragender Grundsatz der Demokratie. Damit sollten wir sorgfältig umgehen.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich bin gespannt, ob die Staatsregierung das Wort ergreift.
Dieser Frage schließe ich mich an. – Für die Staatsregierung spricht Herr Staatsminister Dr. Buttolo.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Auffassung der Linksfraktion.PDS dürfe eine vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig und nichtig erklärte gesetzliche Vorschrift zwar nicht mehr angewandt werden; es sei jedoch geboten, solche Gesetzesbestimmungen auch formell aus dem jeweiligen Gesetz zu streichen. Der Gesetzesantrag der Linksfraktion.PDS wurde zuletzt in der Sitzung des Innenausschusses am 2. März 2006 beraten, fand jedoch keine Mehrheit.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bindet gemäß § 14 des Verfassungsgerichtshofgesetzes alle Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte. Sie hat Gesetzeskraft. Ihre Entscheidungsformel ist durch den Staatsminister der Justiz am 5. Dezember 2005 im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht worden. Es besteht daher keine Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anwendbarkeit der für nichtig erklärten Normen. Der von der Linksfraktion.PDS vorgelegte Gesetzentwurf hat daher nur deklaratorische Wirkung; ihm kommt keine gesetzesbegründende Wirkung zu.
Im Übrigen ist er zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Die nächste reguläre Landtagswahl wird im Jahre 2009 stattfinden.
Zuvor wird ohnehin eine Änderung des Sächsischen Wahlgesetzes, zumindest hinsichtlich der Wahlkreiseinteilung, notwendig.
Statt das Gesetz innerhalb kurzer Zeit wiederholt zu ändern, ist es angezeigt, alle erforderlichen Änderungen in einem Gesetzeswerk zusammenzufassen, und dies hat noch Zeit.
Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Herr Abg. Bartl, danach Herr Abg. Bandmann; bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es überrascht uns, dass wir eine solche Debatte in der Fastenzeit führen; in der Faschingszeit hätte ich sie nachvollziehen können. Nebenbei bemerkt: Wir liegen in einer Kontinuität. Seit 15 Jahren sitze ich in diesem Hause. Wir hatten einmal einen sehr mutigen Innenminister – Herr Eggert, ich schaue Sie an –, als es genauso wie heute hieß: Was von der PDS kommt, stimmt nicht. Deshalb ändern wir entsprechend dem Änderungsantrag die Bauordnung nicht. – Herr Eggert ging nach vorn und sagte: Auch wenn man mit denen sonst nichts machen kann, aber wenn wir die Vorschrift nicht so ändern, wie die es wollen, dann stürzt der Bau trotzdem ein, weil eine tragende Mauer herausgerissen werden soll.
Es ist Ausdruck von Schizophrenie, wenn einfach gesagt wird: Was uns nicht passt, weil es von der PDS kommt, bleibt im Gesetz. Dann liest der Bürger eben noch zwei Jahre einen § 15 Nr. 3, der überhaupt nicht mehr existiert.
Dass argumentiert wird, es gebe keinen Bedarf, das Gesetz zu ändern, damit der Bürger auch das Richtige liest, begreift kein Mensch, der nicht Politiker ist. Das können nur Politiker mit der ihnen eigenen mentalen, meinethalben auch genetischen Prägung begreifen.
Herr Kollege Bartl, ich muss die Frage in zwei Teilen stellen. Erster Teil: Betrachten Sie mich als Politiker?
Die Antwort ist schwer. Es gibt Politiker, die bei der Wahl ihren Verstand nicht ablegen. Andere bearbeiten ein Thema allein mit dem Parteibuch.
Damit haben Sie den zweiten Teil meiner Frage schon beantwortet. Ich wollte Sie fragen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich nicht verstehe, was hier passiert.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, so einfach machen wir es Ihnen nicht. Der Grundsatz der Normenklarheit ist ein tragender. Es hat seinen guten Grund, weshalb der Herr Innenminister und nicht der Herr Staatsminister der Justiz an das Pult getreten ist. Sie hätten nämlich Ihren Staatsminister in eine fatale Lage gebracht: Wie hätte er es begründen sollen?
Herr Bräunig, Sie sollten aufpassen, dass Sie sich nicht irgendwann den Arm auskugeln. Ich kann mir vorstellen, wie schwer das in einer Koalition sein mag. Aber wenn jemand so schwer von hinten durch die Brust ins Auge erklärt, dass er eigentlich etwas will, aber nicht darf, dann ist das eine fatale Konstellation. Da bleibe ich lieber in einer gediegenen Minderheit, das heißt Opposition, als mich viereinhalb Jahre lang so zu schinden.
Frau Präsidentin! Der Redner, den wir soeben gehört haben, hat verdeutlicht, dass für ihn die Fastenzeit offensichtlich noch nicht angebrochen ist und dass sich die PDS nach wie vor in der Karnevalszeit befindet.
Ich bin deswegen an das Pult getreten, um der NPD eines deutlich zu sagen: Die Forderung einer Partei, die in diesem Landtag mehrfach neofaschistische Ziele vertreten hat, dass Marko Schiemann als rechtspolitischer Sprecher zurücktreten solle, wird von uns mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen.
Ich frage die Fraktionen, ob es noch weiteren Redebedarf gibt. – Da das nicht der Fall ist, meine Damen und Herren, kommen wir zur Einzelberatung.
Zuvor frage ich den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Schowtka, ob er noch ums Wort bittet. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. – Es gibt dagegen keinen Widerspruch. Also verfahren wir so.
Ich rufe auf: Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahlen zum Sächsischen Landtag in der Drucksache 4/3549, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS. Wir stimmen ab über diesen Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS, zunächst über die Überschrift.
Wer der Überschrift seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Stimmen dafür ist dennoch die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich rufe auf den Artikel 1, Änderung des Gesetzes über die Wahlen zum Sächsischen Landtag. Wer diesem Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl Dafür-Stimmen ist Artikel 1 dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.