Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas mit aller Deutlichkeit sagen, Herr Bartl: Ich weiß genau, wovon ich rede; ich bin selbst seit 1994 Vorsitzender der größten Garagengemeinschaft in Görlitz-Königshufen. Diese Garagengemeinschaft umfasst 750 Garagen. Auch wir standen Anfang der neunziger Jahre vor genau dieser Problematik, die in der Tat zunächst Probleme aufwarf,
und suchten nach Lösungen für Fragen, die sich im Zusammenhang mit den Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes für uns gestellt haben. Ich darf Ihnen sagen, dass wir diese Lösungen auch gefunden haben. Wir haben nämlich nicht unseren Kopf in den Sand gesteckt und unser vermeintliches Unglück bejammert, sondern sind offensiv auf die Stadt zugegangen, um mit ihr eine vertragliche Lösung zu finden, die auf der Basis der geltenden Rechtsposition und der geltenden Schutzbestimmungen einen wirklich tragfähigen Kompromiss darstellt, der unsere Interessen als Garagennutzer auf Jahre hinaus sichert. Nur so kann es funktionieren.
Zu dem, was Sie in den Raum gestellt haben, dass nämlich die kommunale Seite Kündigungen in Größenordnungen vornehmen wolle, kann ich nur aus der letzten Nummer des „Sachsenlandkuriers“ zitieren. Dort schreibt Frau Helena Musall vom Sächsischen Städte- und Gemeindetag: „Für alle Beteiligten wäre es doch besser, sie setzen sich an einen Tisch und finden eine einvernehmliche Lösung. Im Moment müssen sie im Monat maximal 30 Euro pro Pacht oder die ortsübliche Höhe der Pacht für eine Garage auf privatem Grund zahlen.“
Es wird deutlich, dass die Kommunen von den von Ihnen angesprochenen Kündigungen überhaupt keinen Gebrauch machen wollen.
Ich will Ihnen auch gerne sagen, was wir in Görlitz derzeit an Pacht bezahlen. Das ist bekanntlich meine Heimatkommune. Herr Bartl, wir zahlen aufgrund dieser neuen Rechtsvereinbarung mit der Stadt 46 Euro Pacht, und zwar im Jahr.
Nur so kann es, denke ich, funktionieren. Einer Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie Sie sie wollen, bedarf es dafür aber nicht. Dies gilt umso mehr, als von den kommunalen Spitzenverbänden glaubhaft versichert wird, dass die Kommunen in aller Regel derzeit gar nicht beabsichtigen, die bestehenden Nutzungsverhältnisse zu kündigen.
Die Absicht, nicht zu kündigen, besteht aber nur dann, wenn vernünftige eingetragene Vereine existieren, die die Ordnung und Sicherheit an diesen Standorten garantieren, sodass also am Ende nicht Müllhalden vorhanden sind, weil sich kein Nutzer um die Garagen kümmert. Diesbezüglich ist die Situation von Fall zu Fall sehr unterschiedlich.
Im Übrigen gilt nach wie vor § 57 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Das können Sie in der Broschüre des Bundesjustizministeriums nachlesen. Danach besteht das Vorkaufsrecht, wenn das Grundstück verkauft wird, nur für den ersten Verkaufsfall. Außerdem schreibt § 57 vor, dass der Nutzer auf diese Regelung bezüglich des Vorkaufsrechts ausdrücklich hinzuweisen ist.
Die Lage ist also nicht so, wie Sie sie darzustellen versuchen. Sie haben zu Recht auf die finanzielle Situation der Kommunen hingewiesen. Die Kommunen sind recht froh, dass die Garagengemeinschaften die Selbstverwaltung
übernehmen, während sie am Ende die Pacht einstreichen. Die Vereine funktionieren. Für die Vereine ist es sicherlich ein mühsames Geschäft, dafür zu sorgen, dass jeder seinen Pachtzins zahlt. Aber in funktionierenden Vereinen ist das durchaus möglich. Hier spielt die ehrenamtliche Arbeit der Vereinsmitglieder nach wie vor eine Rolle.
Ich will es ganz deutlich sagen, Herr Bartl: Sie spielen mit Ihrem Antrag einmal mehr bewusst mit den Ängsten der Betroffenen auf beiden Seiten und Sie versuchen, Panik in einem Bereich unseres täglichen Lebens zu verbreiten, in dem hierfür wirklich kein Anlass besteht. Das Wichtigste, was im Grunde genommen diese Garagenstandorte schützt, ist der Umstand, dass der jetzige Garageneigentümer die Möglichkeit hat, bei Veränderung seiner Lebensbedingungen diese Garage wieder zu verkaufen, wobei der Käufer zu Recht davon ausgehen kann, dass er eben nicht auf allen Kosten sitzen bleibt.
Im Hinblick auf einen eventuellen Abriss haben wir in unseren Verträgen vereinbart, dass wir eine jährliche Rücklage für einen eventuellen Abriss bilden. Damit können wir ansparen. Praktisch spart jeder Garageneigentümer pro Jahr einen gewissen Anteil an, sodass die Garagen handelbar bleiben. Wenn aber durch Ihren Antrag in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass diese Garagen möglicherweise gefährdet sind, hat das zur Folge, dass ein eventueller Interessent sagt: Um Gottes willen, Finger weg! Ich bleibe auf dem Rest dieser Problematik sitzen und die Garage verliert ihren Marktwert! – Das ist die Problematik.
Dort, wo wie bei uns Garagengemeinschaften ordentlich verwaltet werden, gibt es beispielsweise nachts auch einen Wachdienst und eine ordentliche Beleuchtung. Dies dient auch der inneren Sicherheit. Die Kommune hat diese Garagen damals im komplexen Wohnungsbau erworben. Die Leute wissen, dass in solchen Komplexen, in denen man sich verantwortungsvoll um diese Dinge kümmert, damit auch ein Rechtsschutz verbunden ist.
Ich bitte Sie also, die Irreführung der sächsischen Bevölkerung zu unterlassen. Sie sollten Ihren Antrag einfach zurückziehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eines voranstellen: Herr Bartl, dass Sie einem Abgeordneten dieses Hauses empfohlen haben, mit seinem Friseur über den Einigungsvertrag zu sprechen, fand ich persönlich etwas unangemessen.
Wir haben von Ihnen die Position der Linksfraktion vernommen. Sie haben auch schön die Hintergründe erläutert, wie es in der DDR zuging. Herr Bandmann hat uns aus der eigenen Praxis berichtet, allerdings nach der Vereinigung. Um die Position meiner Fraktion deutlich zu machen, muss ich doch noch einmal auf die Rechtslage zu
Ich muss dazu Folgendes sagen: Ich bin zwar in der DDR aufgewachsen, habe auch ein Kraftfahrzeug besessen, allerdings war das ein Moped, aber ich war damals einfach noch zu jung, als dass ich mir eine Garage hätte bauen können, sodass ich das gesamte Thema etwas emotionsfreier angehen kann als meine Vorredner, ohne die Wichtigkeit des Themas infrage zu stellen. Es handelt sich also um ein rein rechtspolitisches Thema, und so will ich es auch behandeln.
Meine Damen und Herren, mit der deutschen Wiedervereinigung war – ganz klar! – eine Fülle von schwierigen rechtlichen Einzelfragen zu klären. Der Gesetzgeber sah sich damals vor die Aufgabe gestellt, die in der ehemaligen DDR vorgefundenen Nutzungsverhältnisse im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern zu erhalten, aber gleichzeitig auch eine Anpassung an das gültige Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland vorzunehmen. Die Schwierigkeit bestand dabei nicht nur darin, die Rechtsordnung langfristig zu vereinheitlichen, sondern auch darin, gleichzeitig zwischen den Beteiligten Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herzustellen bzw. zu erhalten.
Nun war es so, dass nach dem Recht der DDR die Nutzer von Garagen das Gebäudeeigentum erlangen konnten, ohne Eigentümer des Grundstücks zu sein. Diese besondere Ordnung des Bodenrechts in der DDR war mit den Vorschriften des bürgerlichen Rechts der nunmehr wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar. Daher war zwischen den gegensätzlichen legitimen Interessen der Nutzer und der jeweiligen Grundstückseigentümer ein sachgerechter Ausgleich zu treffen. Man hat dann im Rahmen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes die bisherigen Nutzungsverhältnisse in Miet- und Pachtverträge umgewandelt.
Mit diesem Übergangsrecht hat der Bundesgesetzgeber den Versuch unternommen, einen gerechten Ausgleich herbeizuführen. Hätte er das nicht getan, wäre es zu einer faktischen Enteignung entweder der Garagennutzer oder der Grundstückseigentümer gekommen. Der gerechte Ausgleich ist hier versucht worden.
Es ist natürlich anzuerkennen, dass die Errichtung und die Unterhaltung der Garagen in der DDR gerade unter den Bedingungen der Mangelwirtschaft – das konnten wir ja Ihren Redebeiträgen entnehmen – eine erhebliche Leistung derjenigen war, die diese Garagen gebaut haben. Schützenswert war auch ihr Vertrauen auf eine faktische Unkündbarkeit dieser Nutzungsverhältnisse, wobei diesen durchaus legitimen Interessen gleichfalls die zu berücksichtigenden Interessen der Grundstückseigentümer gegenüberstanden, die ihr Grundstück natürlich über kurz oder lang selbst nutzen wollten.
Nun hat der Gesetzgeber diesen Interessenkonflikt gelöst – und aus meiner Sicht, aus der Sicht meiner Fraktion in der einzig möglichen Weise –, indem sehr weit reichende Kündigungsschutzrechte eingebaut wurden, indem eine
Begrenzung der Nutzungsentgelte und eine differenzierte Regelung über die Entschädigung bei Vertragsbeendigung getroffen wurden.
Diese Lösung des Bundesgesetzgebers ist im Jahre 1999 vom Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen für verfassungsgemäß erachtet worden. Lediglich in Einzelpunkten sah das Gericht Nachbesserungsbedarf zugunsten der besonderen Belange der Nutzer der Garagen. Diese höchstrichterlichen Vorgaben sind mit Änderungsgesetz im Juni 2002 in Kraft getreten, sodass nunmehr, zum heutigen Zeitpunkt, aus unserer Sicht ein vollkommen zweifelsfrei verfassungskonformer Rechtszustand vorliegt, der sicherlich nicht jeden zufrieden stellen kann – das ist ganz klar –, der aber letztlich doch einen gerechten Ausgleich bildet.
Deshalb sehen wir keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Das heißt natürlich nicht, dass sich im jeweiligen Einzelfall die Eigentümer der Grundstücke, in der Mehrheit Kommunen, und die heutigen Nutzer nicht jenseits der Gesetzeslage einigen und eine Verständigung suchen sollten. Dass es gütliche Einigungen geben kann oder auch schon gibt, zeigen langfristige Nutzungsverträge, die zwischen Kommunen und Garagennutzern landauf, landab geschlossen wurden und auch dieser Tage geschlossen werden.
Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer e. V. hat eine Broschüre für die Betroffenen herausgegeben – ich darf diese Broschüre jetzt nicht zeigen – und rät darin zu genau diesen Schritten, nämlich sich gütlich mit den Grundstückseigentümern zu einigen, Vereine zu gründen, um die eigene Rechtsposition zu stärken. Das ist der Weg, der aus unserer Sicht gegangen werden muss.
Persönlich bin ich der Meinung, dass 16 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit gesetzgeberisch auch mal Schluss sein muss mit Übergangsregelungen. Wir werden deshalb Ihre gesetzgeberische Initiative nicht mittragen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Jahr 1990 haben sich die beiden deutschen Regierungen im Einigungsvertrag dazu bekannt, bei der Lösung anstehender Vermögensfragen einen sozialverträglichen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen zu schaffen. Rechtssicherheit, Rechtseindeutigkeit und das Recht auf Eigentum wurden dabei als Grundsätze für die Lösung von Vermögensfragen festgeschrieben.
Mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz hat der Staat zwar Rechtssicherheit und klare Regelungen geschaffen, ein sozialverträglicher Interessenausgleich wurde damit jedoch wirklich nicht erreicht. Die Bundesrepublik hat
sich als Rechtsnachfolger der DDR mit diesem Gesetz schlicht und ergreifend ihrer Verantwortung entzogen, einen sozialverträglichen Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten herbeizuführen.
Erst jetzt beginnt das Schuldrechtsanpassungsgesetz seine volle Wirkung zu entfalten, nämlich eine neue, entschädigungslose, kalte Enteignung von Eigentum. Diese Art von Politik hat der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker in anderem Zusammenhang einmal sehr treffend charakterisiert – Zitat: „Wir beschließen etwas, stellen das in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die Meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter, Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Das ist die Wirkung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Hätten die Menschen schon damals, als dieses Gesetz verabschiedet wurde, begriffen, welche Folgen es für die Einzelnen haben würde, hätte es schon früher zu erheblichem Widerstand geführt. Jetzt, da einige Jahre vergangen sind, ist der Widerstand schwächer, die Betroffenen sind älter, und Stück für Stück wird es nun zu neuerlichen Enteignungen kommen, zuerst von Garagen und dann von Wochenendhäusern und Wohneigentum.
In dem vorliegenden Antrag hat die Linksfraktion zwar das entstehende Unrecht dargestellt, die vorgeschlagenen Lösungsansätze sind jedoch nicht alle zielführend. Auch aus Sicht der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag bedarf es dringend einer Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes, aber dann mit dem Ziel, den Staat dafür in die Pflicht zu nehmen, geschichtsbedingtes Unrecht durch Entschädigung auszugleichen. Zu diesem Zweck hat unsere Fraktion einen Änderungsantrag erarbeitet, den ich hiermit einbringe.
Eine finanzielle Entschädigung für den Verlust von Eigentum, welches unter anderen politischen Rahmenbedingungen redlich erworben wurde, muss nach unserer Auffassung durch den Staat, also durch die Gemeinschaft, erfolgen. Gleiches gilt für mögliche Abbruchkosten, da es den Betroffenen nicht zugemutet werden kann, ihr verlorenes Eigentum auch noch auf eigene Kosten abzureißen. Bedenken Sie doch bitte, meine Damen und Herren, dass es sich bei den Betroffenen zu einem Gutteil um Kleinrentner, Sozialhilfe- oder Hartz-IV-Empfänger handelt.
Eine Entschädigung zum Zeitwert, wie von der Linksfraktion vorgeschlagen wird, würde dazu führen, dass Menschen für ihre Garage mit ein paar Groschen abgespeist würden, weil die meisten Gebäude schon vor 20, 30 oder mehr Jahren errichtet wurden. Die Entschädigung der Gebäude muss deshalb selbstverständlich zum Wiederbeschaffungswert erfolgen, damit die Betroffenen auch in der Lage sind, wieder ein vergleichbares Eigentum zu erwerben.
Bezüglich der Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, sind entsprechende Gesetzesverankerungen vorzunehmen, um dort ein neues Unrecht gar nicht erst entstehen zu lassen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, zur wirklichen Schaffung von Gerechtigkeit und Rechtsfrieden in unserem Staat unserem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. Mindestens 200 000 betroffene Garagenbesitzer in Sachsen und zirka eine Million in Mitteldeutschland dürfen auf keinen Fall finanzielle Belastungen für eine politische Fehlentscheidung tragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fand es schon toll, Herr Kollege Bartl, wie Sie das hier gemacht haben und vom Bruch völkerrechtlich bindender Verträge, des Einigungsvertrages, den Bogen geschlagen haben zu einer unmittelbar bevorstehenden Enteignung von Hunderttausenden von Garagenbesitzern. Das ist schon beachtliche Zauberkunst, was Sie da machen, jedenfalls aus juristischer Sicht. Allerdings kommt es mir so vor, als hätten Sie jetzt Ihre Assistentin auf offener Bühne zersägt und die Klappe fällt und es sitzen zwei Kaninchen drin.
Wenn man weiß, wie das Ganze aufgebaut wird, dann kommt man auch relativ schnell hinter den Zaubertrick, den Sie hier veranstaltet haben. Er besteht nämlich darin, dass Sie nicht präzise trennen zwischen dem gesonderten Gebäudeeigentum, das nach DDR-Recht entstanden ist, bei der so genannten Wohnnutzung nach den §§ 286 bis 294 Zivilgesetzbuch, und der Nutzung von Freizeitbauten, Garagen und Ähnlichem im Rahmen von Nutzungsverhältnissen nach den §§ 312 bis 315 ZGB.