Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Ich werde mir erlauben, Sie dann ausdrücklich darauf hinzuweisen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ich nehme das immer zur Kenntnis!)

Okay! – Daneben soll durch diesen Gesetzentwurf ebenso wie durch den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion das Polizeigesetz des Freistaates an die Grundsätze des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten großen Lauschangriff angepasst werden.

Nunmehr komme ich auf den Entwurf der FDP-Fraktion zur Änderung des Polizeigesetzes sowie den Entwurf der Fraktion der GRÜNEN zur Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben zur akustischen Wohnraumüberwachung zu sprechen. Beide Gesetzentwürfe setzen jedoch die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus meiner Sicht nicht sinnvoll um, sondern lediglich schematisch.

Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit der präventiven Wohnraumüberwachung nach der Strafprozessordnung auf der Grundlage von Artikel 13 Abs. 3 Grundgesetz. Bei den Regelungen zur präventiven Wohnraumüberwachung im Polizeigesetz sind dagegen die Vorgaben von Artikel 13 Abs. 4 Grundgesetz zu beachten. Dies berücksichtigen beide Gesetzentwürfe nicht.

Die Entwürfe werden auch deshalb den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht, weil sie im Widerspruch zum Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1996 stehen. Darin wurde gefordert, dass nicht nur die Zielpersonen bestimmt, sondern auch Regelungen darüber getroffen werden, in oder aus welchen Wohnungen die Daten erhoben werden dürfen. In beiden Entwürfen fehlt eine solche Regelung.

Bei dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion kommt hinzu, dass er die Möglichkeit zur Wohnraumüberwachung in das Vorfeld einer Gefahr verlagert und damit im Widerspruch zur Sächsischen Verfassung steht. Diese verlangt gerade das Vorliegen einer dringenden Gefahr.

Vor allem aber gehen die Entwürfe über die notwendigen Anpassungen an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hinaus. Sie bezwecken eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der derzeitigen Regelungen zur präventiven Wohnraumüberwachung. Dies hätte zur Folge, dass eine effektive Gefahrenabwehr erschwert würde. Das Bundesverfassungsgericht fordert dies nicht. Ich kann das ebenfalls nicht für richtig halten, denn solche einschränkenden Regelungen würden die polizeiliche Arbeit behindern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen damit zur Abstimmung bzw. zur Einzelberatung über die Gesetzentwürfe.

Wir behandeln als Erstes die Drucksache 4/2859. Das ist der Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN „Gesetz zur Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben zur akustischen Wohnraumüberwachung“. Dazu liegt mir ein Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/4861 vor. Herr Lichdi, möchten Sie diesen Änderungsantrag noch einmal einbringen oder ist das mit

der Diskussion erledigt? – Ist erledigt. Ich muss fragen, ob dazu noch jemand sprechen möchte. – Zum Änderungsantrag. – Herr Abg. Bandmann, bitte.

Frau Präsidentin! Wir haben mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses eine ausgezeichnete und verfassungsrechtlich saubere Rechtsgrundlage für das Landesamt für Verfassungsschutz geschaffen. Den Änderungsantrag, mit dem die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Ziel verfolgt, stattdessen den von ihr eingebrachten Gesetzentwurf zu verabschieden, lehnen wir ab. Wir sehen hierfür keine Notwendigkeit.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/4861 und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei 2 Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich komme jetzt zum Ursprungsantrag. Ich schlage Ihnen vor, dass wir artikelweise darüber abstimmen. Ich beginne mit der Überschrift. Muss ich Sie noch einmal verlesen? Sie schauen mich so skeptisch an, Herr Lichdi?

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Nein!)

Gut. – Dann lasse ich jetzt über die Überschrift abstimmen. Wer möchte seine Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? –

(Unruhe)

Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich weiß, dass das schwierig ist. Es gibt viele Änderungsanträge.

Ich rufe jetzt noch einmal den Ursprungsantrag auf:

Gesetz zur Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben zur akustischen Wohnraumüberwachung, Drucksache 4/2859. Das ist der Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN. Wir haben vorhin über den Änderungsantrag zu diesem Gesetz, den Sie selbst eingebracht haben, Herr Lichdi, abgestimmt. Dieser hätte Ihren Gesetzentwurf ergänzt. Das ist abgelehnt worden. Jetzt lasse ich noch einmal über Ihr Gesetz, das Sie eingebracht haben, abstimmen. Ist das allen verständlich?

(Zustimmung)

Gut. – Jetzt rufe ich noch einmal die Drucksache 4/2859, Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN, auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme?

(Heiterkeit)

Sie können sehen, dass ich Hellseher bin. – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist das Gesetz mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Jetzt habe ich mich selbst durcheinander gebracht. Wir haben jetzt über die Überschrift abgestimmt. Ich rufe jetzt Artikel 1, Änderung des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes, auf. Wer gibt Artikel 1 die Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen ist dieser mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe Artikel 2, Änderung des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen, auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Niemand. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist Artikel 2 mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Artikel 3, In-Kraft-Treten, auf. Ich muss das der Ordnung halber so machen. Wer ist dafür? Ich denke, niemand.

(Heiterkeit)

Doch, eine Stimme dafür. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder gleiches Stimmverhalten. Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist Artikel 3 mehrheitlich abgelehnt worden. Eine Gesamtabstimmung ergibt sich damit nicht, weil alles abgelehnt worden ist. Ich denke, jetzt liegen wir wieder gut im Plan.

Ich rufe jetzt das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen, Drucksache 4/2884, auf. Das ist der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP. Wir stimmen über diesen Gesetzentwurf ab. Ich beginne mit der Überschrift. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und sehr wenigen Stimmen dafür ist die Überschrift mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Artikel 1 auf. Ich nehme Artikel 2 gleich mit dazu. Wer möchte zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Den Artikeln 1 und 2 wurde mehrheitlich nicht zugestimmt. Damit erübrigt sich auch die Gesamtabstimmung.

Weiter aufgerufen ist Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes, Drucksache 4/3609. Das ist der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 4/4797 ab. Wir beginnen wieder mit der Überschrift. Wer möchte der Beschlussempfehlung folgen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dagegen ist der Beschlussempfehlung zugestimmt.

Ich rufe Artikel 1 Nr. 1 auf. In der Drucksache 4/4864 gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN. Ich bitte Herrn Lichdi um Einbringung.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir wollen mit diesem Änderungsantrag erreichen, dass die Befugnis zum großen Lausch- und Spähangriff –

hiermit wird die Videoüberwachung in der Wohnung durch den Verfassungsschutz ermöglicht – nicht erteilt wird. Deswegen stellen wir das erneut zur Abstimmung.

Wer möchte sich dazu äußern? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Wir stimmen dem Antrag zu. Wir halten ihn für sachgerecht und unterstützen das Begehren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Gibt es weitere Äußerungen zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall.

Ich lasse über den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN, Drucksache 4/4864, abstimmen. Wer gibt bitte die Zustimmung? – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/4866, auf und bitte um Einbringung. Herr Abg. Bartl, bitte.

Frau Präsidentin! Im Wesentlichen deckt sich das, was wir erreichen wollen, mit dem Anliegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir machen auf folgendes Problem aufmerksam: Es gab in der Ausschusssitzung immer den Hinweis, dass der Sächsische Verfassungsgerichtshof nicht darauf erkannt hat, dass quasi die Erstreckung der Berechtigung zur Abhörung der Wohnung – akustisch oder visuell – durch den Verfassungsschutz nicht zulässig ist, weil Artikel 13 Abs. 4 dies nicht zulässt. Das ist ein Trugschluss.

Der sächsische Verfassungsgeber hatte bisher versäumt, Artikel 13 Abs. 1 bis 7 in die Sächsische Verfassung zu transformieren. Da der Sächsische Verfassungsgerichtshof die Gesetze des Freistaates Sachsen nur anhand der Landesverfassung prüfen kann, konnte er die Tatsache des Verstoßes gegen Artikel 14 Abs. 4 nicht rügen. Deshalb hat der Verfassungsgerichtshof dazu nichts sagen können.

Das heißt im Klartext, dass mitnichten ein Freibrief durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu unserer Normenkontrollklage gegeben ist und damit die Bestimmung verfassungskonform ist, wenn sie den großen Lauschangriff auf den Verfassungsschutz erstrecken. Sie durften dazu nichts sagen, weil sie das GG nicht auslegen dürfen. Deshalb meinen wir, eine verfassungskonforme Regelung geht nur so, wie von uns und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Wer möchte sich zu diesem Änderungsantrag noch äußern? – Es gibt keinen Redebedarf. Dann rufe ich den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/4866, auf und bitte

bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt ab über die Nr. 1, wie sie in der Beschlussempfehlung vorliegt. Wer die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Nr. 1 im Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt.