Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

(Kopfschütteln der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Nein, nur die Punkte. Dann beginnen wir die Abstimmung über die Drucksachennummer, die ich eben nannte, mit dem Punkt 1. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wir machen die Gegenprobe. – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und ohne Gegenstimmen ist Punkt 1 angenommen.

Ich rufe Punkt 2 auf. Wer Punkt 2 insgesamt zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Wir machen die Gegenprobe. – Keine Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? – Punkt 2 wurde einstimmig vom Hause angenommen.

Damit ist diese Drucksache angenommen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute lauter Novitäten im Hause. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5

Kostenlose Kinderbetreuung in Sachsen

Drucksache 4/5116, Antrag der Fraktion der NPD

Es ist kein Vertreter der NPD-Fraktion im Saal. Ich schlage Ihnen vor, Sie trotzdem zu fragen, ob Sie dazu sprechen möchten. Wir können abschließend über diesen Tagesordnungspunkt abstimmen. Ich frage formal die CDU-Fraktion. –

(Kopfschütteln bei der CDU-Fraktion)

Ich frage die Linksfraktion.PDS. –

(Kopfschütteln bei der Linksfraktion.PDS)

Ich frage die SPD-Fraktion. –

(Verneinung bei der SPD-Fraktion)

Ich frage die FDP-Fraktion. –

(Holger Zastrow, FDP: Nein!)

Ich frage die Fraktion der GRÜNEN. –

(Kopfschütteln bei den GRÜNEN)

Ich frage die Staatsregierung. – Kein Aussprachebedarf.

Somit stelle ich die Drucksache 4/5116 zur Abstimmung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich stelle fest, dass es keine Zustimmung gibt. Ich rufe die Gegenstimmen auf. – Ich bitte um die Stimmenthaltungen. – Eine Stimmenthaltung. Somit ist dieser Antrag bei einer Enthaltung abgelehnt worden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 6

Keine Zustimmung Sachsens zur Erhöhung der Mehrwertsteuer

Drucksache 4/4468, Antrag der Fraktion der FDP, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Herr Zastrow, Sie scharren schon mit den Hufen. Los geht’s!

(Präsidentenwechsel)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie viel ist eigentlich zwei plus null?

(Torsten Herbst, FDP: Drei!)

Richtig, zumindest wenn es nach dem Handeln und der Politik unserer aktuellen schwarz-roten Bundesregierung geht. Aber der Reihe nach. Wie war das denn im Wahlkampf zum Thema Mehrwertsteuererhöhung? Die CDU versprach ihren Wählern eine Mehrwertsteuererhöhung von 2 %. Die SPD hielt jede Mehrwertsteuererhöhung für Teufelszeug und versprach ihren Wählern eine Mehrwertsteuererhöhung von null Prozentpunkten.

Nach der Wahl sieht die Situation völlig anders aus, wobei ich bei der Beurteilung dieser Geschichte schon einen Unterschied machen möchte. Die CDU hat bereits im Wahlkampf ehrlich gesagt, was sie machen wird, und hat genau das, was sie im Wahlkampf vorausgesagt hat, auch durchgesetzt. Auch wenn ich die Mehrwertsteuererhöhung persönlich für unnötig halte, gehört der CDU an dieser Stelle für ihre Offenheit mein Respekt. Warum Sie allerdings aus zwei drei gemacht haben, müssen Sie mir in Ihrem Debattenbeitrag erklären.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Das ist in Koalitionen eben manchmal so!)

Aber, sehr geehrte Sozialdemokraten, so schnell und so dreist, wie Sie, glaube ich, hat in diesem Land noch niemals irgendjemand sein Wahlversprechen gebrochen.

(Beifall bei der FDP)

Auf meinem Platz liegen noch Ihre Wahlkampfflyer. Ich habe sie herausgekramt, sie sehen nicht schick aus, aber sie offenbaren eine ganze Menge. Ich darf sie hier leider nicht zeigen, aber es stehen so tolle Dinge drin wie – liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, bitte hören Sie sich das an – die Merkel-Steuer. So nannte man das damals und es war überall auf den Plakaten zu lesen. Ich höre Herrn Müntefering noch bei mir gegenüber im Fährgarten Johannstadt quieken, als er gesagt hat, Merkel-Steuer, ach wie schlimm. Die Merkel-Steuer wäre eine Gefahr für die Konjunkturerholung. Die Merkel-Steuer wäre ein Risiko für die Wirtschaft in Deutschland.

Liebe Kollegen von der Sozialdemokratie, Sie wollen das sicher nicht hören, aber Fakt ist aus meiner Sicht, dass sich die Sozialdemokraten ihren Bundestagswahlerfolg mit dem größten Wahlbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erschlichen haben.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)

Aber wenden wir uns in aller Ruhe – –

Ja, ohne dieses Versprechen gäbe es in Berlin aus meiner Sicht eine andere Koalitionsmehrheit. Das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden.

(Widerspruch des Abg. Mario Pecher, SPD)

Aber wenden wir uns, Herr Pecher, noch einmal den Auswirkungen der Steuererhöhung für Sachsen zu. Ich

frage Sie ganz ehrlich, weil ich viel Lob über die Mehrwertsteuer höre, worin die Vorteile für unser Heimatland liegen sollen. Glauben Sie wirklich, dass eine höhere Mehrwertsteuer dazu führen wird, dass die Menschen in den Jahren 2007, 2008 oder auch später genauso viel konsumieren wollen und können wie in diesem Jahr? Glauben Sie wirklich, dass Unternehmen, die vor allem auf Binnennachfrage angewiesen sind, also sächsische kleine Dienstleister, wie der Friseur, den Herr Brangs heute Früh angesprochen hat, das Hotel- und Gastronomiegewerbe, der Einzelhandel die Erhöhung der Mehrwertsteuer einfach so wegstecken können und brav höhere Steuern zahlen werden? Ich, meine Damen und Herren, glaube das nicht.

Den Unternehmen wird nichts anderes übrig bleiben, als die Preise zu erhöhen oder die Gewinne zu schmelzen. Wenn wir uns in Sachsen umschauen, dann sehen wir Unterschiede im Vergleich zu den alten Bundesländern. Wir sehen zum Beispiel, dass die Umsatzrendite nach Steuern für unsere sächsischen Unternehmen im Schnitt gerade mal bei 1,8 % liegt. Das ist sowieso schon ganz unten, wenn ich das Deutschland-Ranking betrachte. In den meisten westdeutschen Bundesländern liegt diese Umsatzrendite deutlich über 2 %. Wenn ich diese Zahlen nenne, werden Sie wissen, wie hart unsere Unternehmen in Sachsen 3 % Mehrwertsteuererhöhung treffen wird. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, meine Damen und Herren, wird die sächsische Wirtschaft weit schmerzlicher treffen als beispielsweise westdeutsche Unternehmen.

Ministerpräsident Milbradt hatte in der Mehrwertsteuerdebatte im letzten Juli an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die exportierende Wirtschaft nicht von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen sein wird. Das ist richtig, aber im Gegensatz zum Bundesdurchschnitt, der exportorientierte Unternehmen mit einer Quote von 41 % ausweist, beträgt die Exportquote in Sachsen eben nur 31 %. Auch an dieser Stelle muss man sagen, dass die sächsischen Unternehmen ganz gewiss nicht zu den Gewinnern der Mehrwertsteuererhöhung gehören werden. Wenn ich mir in Sachsen die lange gemeinsame Grenze zu Polen und Tschechien ansehe mit einer, wie wir alle wissen, besonders harten Konkurrenz und besonders harten Wettbewerbssituation im grenznahen Bereich, dann glaube ich ganz fest, dass diese Mehrwertsteuererhöhung für viele Unternehmen, insbesondere Dienstleister in dieser Region, eine existenzgefährdende Wirkung haben wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im nächsten Jahr statt mit höheren Steuereinnahmen damit rechnen müssen, dass die Verbraucher sich in ihrem Konsum zurückhalten, dass die Unternehmensgewinne zurückgehen und ein Risiko für bestehende Arbeitsplätze erwächst. Wenn es so kommt, wie ich vermute, dann ist der Traum von höheren Steuereinnahmen für unseren Staat ganz schnell ausgeträumt, meine Damen und Herren. Sachsen gehört zu den Bundesländern, die wenig positive Effekte

aus der Mehrwertsteuererhöhung ziehen werden, dafür aber besonders unangenehme Begleiterscheinungen in Kauf nehmen müssen.

Es gab einen SPD-Flyer aus der Bundestagswahl. Jetzt ist die ganze Regierungsbank hier verwaist, außer Herrn Flath. Sie haben ihn nicht unterschrieben; Herr Jurk hat ihn unterschrieben. Da steht zum Beispiel drin: Die Union wird mit der Mehrwertsteuererhöhung besonders Familien und Rentner belasten. – Richtig! Aber nicht nur die, auch Studenten, Arbeitslose. Überhaupt sind Leute mit einem geringen Einkommen oder solche, die gar kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen haben, überproportional von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen.

Diese Menschen werden von der ohnehin sehr mauen Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht profitieren, sondern einzig und allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer in ihrem Portmonee spüren.

Zum Beweis: Wir haben in Sachsen eine Arbeitslosenquote von 19 %, im Bundesdurchschnitt sind wir bei 12 %. Der Anteil der Rentner in Sachsen beträgt über 22 %, im Bundesdurchschnitt sind es 19 %. Wenn Sie sich nur einmal den Anteil der Haushalte anschauen, die über ein Nettoeinkommen von unter 900 Euro verfügen, haben wir hier in Sachsen 19 %, im Bundesdurchschnitt gerade einmal 8 %. Es sind die Geringverdiener, es sind die, die am unteren Ende unserer Gesellschaft leben, die überproportional hart und völlig ungerecht – ich nehme dieses SPD-Wort hier gern in den Mund – von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. René Fröhlich, Linksfraktion.PDS)

Ich will auch mit einer Mär aufräumen. In vielen Diskussionen, die ich verfolge, wird immer wieder gesagt, dass es genau diese Bevölkerungsgruppen sind, die natürlich davon profitieren, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz nicht erhöht wird. Das ist aus meiner Sicht eine sehr mutige Annahme, denn sie stimmt nicht.