Herr Pecher, Ihr Redenschreiber ist deutlich überbezahlt, ganz eindeutig! Es war Finanzminister Eichel, der sich immer geweigert hat, den Subventionsabbau wirklich voranzutreiben. Es gab dann dieses ominöse KochSteinbrück-Papier. Die Insider wissen, wovon ich spreche. Das war auch die Nagelschere im Dschungel. Wenn man nicht in der Lage ist, die Aufgabenkritik des Staates zu machen und zu überprüfen, ob man bei den jetzigen Aufgaben, von denen Sie finden, dass sie alle finanziert werden müssen, etwas abbauen muss, wird man nie genug Geld haben.
Sie haben nur drei Möglichkeiten: Sie können Steuern erhöhen. Das machen Sie gerade. Sie können neue Schulden aufnehmen. Das ist in den letzten Jahren irgendwie unmoralisch geworden, auch dank der von uns immer wieder vorgetragenen Anfeindung dieser Art und Weise des Vorgehens. Oder Sie können auch einmal eine Aufga
benkritik machen und überlegen, welche Staatsausgaben vielleicht nicht mehr zeitgemäß sind. Aber dort klemmt es dann immer, weil das eindeutig der schwierigste aller Wege ist, um es einmal klarzustellen.
Herr Patt, Sie haben noch einmal das Argument aufgegriffen, das der Ministerpräsident bereits im vergangenen Sommer in der Aktuellen Debatte zur Mehrwertsteuererhöhung bemüht hat, nämlich die Absenkung der Arbeitsentgelte. Mit der Absenkung der Lohnnebenkosten kann ich durchaus etwas anfangen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in diesem Land, keine Frage. Aber glauben Sie wirklich, dass das noch kommen wird? Rechnen Sie doch mal ein bisschen mit! Ich spreche jetzt nicht von diesen 127 Milliönchen so genannte Reichensteuer. Damit verklapsen Sie im Prinzip die ganze Bevölkerung.
Sie tun so, als würden Sie den Reichen wirklich einmal ins Portmonee greifen. In Wahrheit kommen 127 Millionen Euro herum – überlegen Sie mal! – bei einem Gesamtsteueraufkommen von über 200 Milliarden Euro im Jahr allein für den Bund.
Ich frage mich, wie man damit eigentlich argumentieren kann, um zu kaschieren, dass man drei Prozentpunkte Mehrwertsteuererhöhung vornimmt. Das ist doch keine Balance, in keiner Weise, das rechnet sich nicht. Stattdessen spricht Herr Steinbrück davon, die Unternehmensteuerreform zum 01.01.2007 durchzuführen, das heißt, die Absenkung von Unternehmensteuern, und nicht erst im Jahr 2008. Wenn das stimmt, dann wird Ihnen von den Mehreinnahmen der Mehrwertsteuererhöhung schon ein gehöriger Teil wieder flöten gehen, weil Sie nämlich die Unternehmensteuerabsenkung gegenfinanzieren müssen. Da haben Sie gar nichts für den Haushalt getan und Sie haben erst recht nichts in die Absenkung der Arbeitsentgelte gesteckt, um es einmal auf den Punkt zu bringen.
Ich halte es schon für eine gewisse Volksverdummung, so zu tun, als ob diese beiden durchaus ehrenwerten Ziele, die Lohnnebenkosten abzusenken und den Haushalt zu sanieren, wirklich damit erreicht werden, dass diese drei Prozentpunkte kommen. Ich glaube das nicht nach dem, was ich hier alles so höre. Wenn Sie sich einmal vor Augen führen, dass die Absenkung der Körperschaftsteuer, wenn Sie sie um 1 % absenken wollten, in Deutschland allein neun Milliarden Euro kosten würde, dann wissen Sie bei einem geschätzten Aufkommen von 19 Milliarden Euro für die ganzen drei Steuerpunkte ganz genau, dass Sie nicht weiterkommen.
Deswegen frage ich, worüber wir hier eigentlich sprechen. So kann es nicht gehen. Sie haben im Bund noch ein 25-Milliarden-Paket aufgelegt, bei dem ebenfalls nicht klar ist, woher das Geld kommen soll. Ich glaube, dass man so damit nicht umgehen kann. Diesen wirklich
großen Wurf, diesen große Sprung in der Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten – das ist nicht nur eine leichte Anhebung, das ist ein richtiger Sprung –, hat man nur einmal in der Politik und wenn man ihn politisch vergeigt, hat man keine Chancen mehr, die strukturellen Probleme in den Haushalten des Landes zu lösen.
Dann hat man es eben einfach nur vergeigt und das halte ich für ein Riesenproblem. – Bitte, Herr Patt.
– uns bringt die Frage des Wir und Sie vielleicht noch eine Schwierigkeit. Aber welchen Ansatz haben Sie denn, wenn Ausgaben kurzfristig eben nicht zu reduzieren sind? Wenn auf Zusatzeinnahmen verzichtet werden soll – die 6,5 Milliarden Euro reichen ja nicht, die 19 Milliarden Euro abzudecken –, dann bleibt nur noch der Weg in die Verschuldung.
Das wissen Sie besser, Herr Patt. Ihnen ist ganz klar, dass es nicht um die Neuverschuldung geht, wenn die GRÜNEN zu Finanzen sprechen. Vielmehr geht es darum, dass Sie erstens eine große Mehreinnahme – sowohl in diesem Jahr als auch, wenn man etwas Schwund mitrechnet, im nächsten Jahr – nach der Steuerschätzung haben werden. Heute sind die Zahlen bekannt geworden. Man hat für 2006 die Summe von 8,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen genannt. Das wäre fast ein Prozentpunkt. Ich weiß, dass es vorgezogene Käufe gibt. Wenn wir den Schwund und auch die Schwarzarbeit abziehen, sind wir immer noch bei vier bis fünf Milliarden Euro im nächsten Jahr, die von dieser Erhöhung bleiben würden. Das muss man rechnen.
Sie haben das Reverse-Charge-Verfahren beim Mehrwertsteueranteil bzw. bei der Mehrwertsteuererhebung, beim Betrug um Mehrwertsteuer. Damit soll versucht werden, für Deutschland pro Jahr mindestens wieder 3,5 Milliarden Euro mehr herauszuholen, also diese Steuern einzutreiben.
Wir haben hier verschiedene Ideen produziert, zum Beispiel die Frage des Zertifikatehandels. Sie sind nicht darauf eingegangen. Das kann ja sein, aber Vorschläge haben wir gemacht. Sie haben die Falsche gefragt. Da
hätten Sie Herrn Zastrow fragen müssen. Er hat immer gesagt, dass er die Debatte nicht führen will. Aber Vorschläge, was man anstelle der Mehrwertsteuererhöhung machen könnte, haben die GRÜNEN nun wahrlich genug geliefert. Das kann nicht der Punkt sein.
Ich glaube, die Staatsregierung – das hat sie auch in ihrer Antwort auf die Frage der FDP geschrieben – hat folgenden interessanten Punkt aufgemacht: „Auch Sachsen wird von der Konsolidierung anderer öffentlicher Haushalte mittelfristig profitieren, weil das Risiko, für eine übermäßige Verschuldung unter Umständen in Mithaftung genommen zu werden, hierdurch sinkt.“ – Das ist wirklich interessant, denn eigentlich heißt das: Sachsen macht die ganze Sache mit, damit ihm der Solidarpakt nicht weggenommen wird. – Das kann man auch ehrlich so sagen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drei Prozentpunkte Mehrwertsteuererhöhung, das hat es in Deutschland noch nie gegeben. Nach der Einführung der Mehrwertsteuer haben wir immer Erhöhungen von einem Prozentpunkt gehabt, jetzt leisten wir uns drei und tun alle so, als ob die drei Prozentpunkte unproblematisch wären und das alles so weggesteckt werden könnte.
Ich denke, hier machen wir uns etwas vor. Die Effekte, die mein Fraktionsvorsitzender, Holger Zastrow, beschrieben hat, gerade für Unternehmen in Sachsen, werden eintreten. Diese werden uns als ostdeutsches Bundesland viel härter treffen als die westdeutschen Länder. Deswegen ist es ein Gebot, dass wir als Freistaat Sachsen im Bundesrat gegen die Mehrwertsteuererhöhung stimmen.
Frau Simon, wenn Sie auf der Bundesebene schon einmal in Regierungsverantwortung gewesen wären, dann wüssten Sie auch, was im Februar im Bundesrat beschlossen wurde, nämlich nicht der entsprechende Gesetzentwurf, sondern die Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung. Diese ist sehr wohl im Februar beschlossen worden, aber nicht der Gesetzentwurf. Der Gesetzentwurf, um den es geht, steht auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung vom 16. Juni. Deswegen ist es sehr sinnvoll und sehr wichtig, dass wir genau heute und hier diese Debatte führen und auch entsprechend entscheiden.
Herr Pecher, dass die CDU nach dem Regierungswechsel in Berlin von der desaströsen Haushaltslage auf der Bundesebene überrascht war, das kann ich irgendwo noch nachvollziehen,
Dass Sie nach sieben Jahren Regierungszeit von der Lage des eigenen, von Ihrem Minister mitgetragenen Haushalts überrascht waren, überrascht mich schon sehr stark.
Von daher ist es umso überraschender, wie Sie Ihre Aussagen im Wahlkampf so kurzfristig nach der Wahl geändert haben. Denn Sie können sich nicht damit herausreden, dass Sie es nicht gewusst haben. Sie haben die Wählerinnen und Wähler schlicht und ergreifend getäuscht
und das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Wir haben auch gemerkt, wie Sie gerade in Ihrem Redebeitrag herumzueiern versucht haben.
Es ist schon noch ein Stückchen. – Ich bin vollkommen bei Ihnen, wenn Sie „Aufgabenkritik“ sagen. Genau, Aufgabenkritik! Wir können nicht irgendwo mit dem Rasenmäher herumsparen und hier ein Milliönchen und dort ein Milliönchen einsparen. Dann werden wir nicht weiterkommen, sondern wir müssen hergehen und eine Aufgabenkritik üben. Das ist aber auch eine Gesellschaftskritik, was der Staat überhaupt noch zu leisten hat und was er nicht mehr zu leisten hat. Das ist der Punkt, um den wir uns momentan herummogeln; denn diese Mehrwertsteuererhöhung führt dazu, dass wir uns der Diskussion in diesem Lande, die dringend notwendig wäre, nicht stellen und alles wieder auf die Zukunft verschieben. Deswegen ist es wichtig, dass heute das Signal ausgeht: Sachsen macht nicht mit!
Wünscht noch eine Fraktion in der Diskussion zu sprechen? – Wenn das nicht der Fall ist, frage ich die Staatregierung: Gibt es Redebedarf? – Bitte, Herr Minister Flath.