Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Genau das verlangen wir von Ihnen: dass Sie dazu jetzt in der Phase der Erarbeitung schon konkrete Vorschläge machen,

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

damit die Bürger nicht in ein Loch geworfen werden, wenn dann alles schon gewesen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Ich wiederhole: Die Grundfragen der Verwaltungsreform sind nicht geklärt. Sie haben bis heute nicht nachgewiesen, ob die prognostizierten Einsparungen, die berühmten 20 %, tatsächlich kommen. Da verlangen wir von Ihnen eine Rechnung.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Ach du liebe Güte!)

Zahlen, Millionen Euro möchte ich sehen, alles andere ist Schall und Rauch.

Der zweite Punkt. Die Notwendigkeit einer Kreisgebietsreform ist alles andere als nachgewiesen.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Drittens. Den Verzicht auf die Bündelung in den Sonderbehörden haben Sie gerade noch einmal wegen der Landesdirektionen begründet. Da wird es ja noch toller. Das bestätigt mich in meinem Eindruck, dass durch diesen absurden SPD-Vorstoß, dem Sie sich beugen mussten, im Grunde die gesamte Mittelebene, die gesamte Bündelungsfrage völlig ungeklärt ist und neu aufgeworfen wird. Das ist ja noch schlimmer, als ich gedacht habe.

Im Übrigen zum Schluss zu Ihrer Rechnung. Sie haben jetzt gesagt, man muss dann nur die Null verschieben oder das Komma verschieben, dann hat man das ganz leicht gerechnet. Ich gehe davon aus: nach Ihrem Papier 3 000 Stellen, nicht 3 500 Stellen, wie es in der Presse stand, jedenfalls nach Ihrer PowerPoint-Präsentation. Ich bin nach Ihren bisherigen Aussagen davon ausgegangen, dass wir nach der Reform zwölf plus drei Kreise haben werden. Das sind 15. Sie haben eben von zehn gesprochen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Damit Sie leichter rechnen können!)

Also meines Erachtens muss ich die Zahl 3 000 durch 15 teilen. Ich darf aber nicht die Zahl 3 000 durch 15 teilen, sondern ich muss diese Einsparung von 20 % beachten. Egal, ob sie jetzt im Freistaat oder in der Kommune

anfallen; das ist mir letztendlich gleich. Das weiß ich nicht. Dazu haben Sie sich noch nicht abschließend geäußert. Jedenfalls werden dauerhaft bei den Kreisen nur 3 000 minus 600 gleich 2 400, 2 400 durch 15 ankommen. Dann erhalten Sie diese Zahl 120, 130.

Es steht dann tatsächlich die Frage, ob das eine Kreisgebietsreform rechtfertigt. Es tut mir Leid, dass ich Sie mit diesen Rechnungen belästigen muss. Aber leider stellen die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen weder in ihren Papieren noch hier im Hause diese Rechnungen an.

Widerlegen Sie meine Meinung! Aber alles, was Sie uns bisher vorgelegt haben, ist dazu nicht in der Lage. Deswegen können wir auch unseren Antrag nicht für erledigt betrachten.

Ich danke besonders dir, lieber Martin, für die geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, das waren die Schlussworte. Wir kommen zur Abstimmung und beginnen mit dem Antrag der FDPFraktion in der Drucksache 4/5377. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Und die Enthaltungen? – Bei einer größeren Anzahl von Pro-Stimmen und einer Enthaltung ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 4/4852. Es ist mehrfach gewünscht worden, dass über die beiden Punkte getrennt abgestimmt wird. Dem will ich folgen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon. – Rita Henke, CDU: Wir sind in der Abstimmung!)

Sie möchten noch etwas sagen? Wir sind schon mitten in der Abstimmung. Trotzdem, bitte.

Herr Präsident! Ich wollte nur noch einmal an die punktweise Abstimmung erinnern. Wenn Sie das jetzt schon aufgerufen haben, ist das in Ordnung. Nur deshalb habe ich mich gemeldet.

In der Regel passe ich auf, Herr Hahn.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: In der Regel ich auch!)

Demzufolge hatte ich das schon aufgerufen: punktweise Abstimmung. Ich wiederhole noch einmal die Nummer der Drucksache: 4/4852, erster Anstrich, Punkt 1. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Und die Stimmenthaltungen? – Bei mehreren Stimmenthaltungen und vielen ProStimmen ist der Punkt 1 jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Der Punkt 2: Wer dem Punkt 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das Stimmverhalten ändert sich. Wer ist dagegen? – Und wer enthält sich? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Punkt 2 mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden. Damit erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Diese Drucksache ist abgelehnt und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Verantwortung für das Klima – Neubau eines Braunkohlekraftwerks in Boxberg abwenden

Drucksache 4/5526, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die einreichende Fraktion hat das Wort, danach die gewohnte Reihenfolge. – Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen, die jetzt den Saal nicht verlassen haben! Lassen Sie mich mit einem Zitat der von uns allen hoch geschätzten Staatsregierung beginnen.

(Staatsminister Stanislaw Tillich: Ja!)

Zitat: Wir wagen ein „Experiment mit ungewissem Ausgang: Durch die gegenwärtig immer stärker in Erscheinung tretende Einflussnahme des Menschen besteht die Gefahr, dass die in den letzten zehn Jahrtausenden zu beobachtende relative Stabilität unseres Klimas innerhalb weniger Jahrzehnte durch abrupte Klimaänderungen beendet wird – mit im Einzelnen kaum absehbaren Folgen für Mensch und Natur. Die nahe Klimazukunft unseres

Planeten hängt somit in zunehmendem Maße vom Menschen selbst ab.“

Herr Staatsminister Tillich, was habe ich zitiert? – Ich habe nicht Sie persönlich, aber Ihr Amt zitiert, nämlich die Broschüre der Landesregierung „Klimawandel in Sachsen. Sachstand und Ausblick“ vom Februar 2005 – übrigens eine sehr lesenswerte, sehr gute Studie.

Dieses Zitat zeigt: Diese Staatsregierung ist sich sehr wohl bewusst, dass wir Vabanque spielen mit unserem Klima, mit der Umwelt und den Zukunftschancen künftiger Generationen. Es fehlt bei Ihnen nicht am Wissen um die Ursachen und die Folgen des vom Menschen verursachten Treibhauseffektes, es fehlt Ihnen allein an der Umsetzung und am Umsetzungswillen.

Die Broschüre der Staatsregierung verarbeitet das bis Ende 2004 vorhandene Wissen der Klimaforschung und

setzt es regional um. Mittlerweile ist die Forschung aber fast zwei Jahre weiter und die neuesten Erkenntnisse deuten in eine andere Richtung: Es wird alles noch viel schlimmer.

(Heinz Lehmann, CDU: Nein!)

Ja, Herr Lehmann, es ist so.

(Heinz Lehmann, CDU: Ich werde Ihnen das später noch erklären!)

Darauf bin ich jetzt total gespannt. – Herr Lehmann, auch Sie wissen, wie wir alle, was eine Vb-Wetterlage ist. Eine Vb-Wetterlage bescherte uns in Sachsen das Jahrhunderthochwasser im August 2002. Eine Vb-Wetterlage galt damals noch als extrem selten. Im letzten Jahr, im Sommer 2005, sind in Mitteleuropa drei Vb-Wetterlagen innerhalb von sechs Wochen aufgetreten. Zu unserem Glück ist keine dieser Wetterlagen auf dem Kamm des Erzgebirges abgeregnet. Zu unserem Glück, zum Schaden von anderen.

Die Klimaforschung ist sich darin einig: Die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen beim Wetter hat sich erhöht, und die Forschung gibt uns ein eindeutiges Ziel vor in dem Bemühen, den Klimawandel auf ein noch erträgliches Maß zu begrenzen. Dieses Ziel heißt: 450 ppm – parts per million – Kohlendioxid in der Atmosphäre. Dies ist gleichbedeutend mit einem Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 um nur, muss man sagen, zwei Grad Celsius. Ich gehe davon aus, dass in diesem Hohen Hause so viel Verantwortungsbewusstsein vorzufinden sein sollte, dass die Punkte 1 und 2 unseres Antrages eine große Mehrheit bekommen sollten.

Zu Punkt 3 unseres Antrages, dem Projekt des Neubaus in Boxberg, werden wir wohl eine Abstimmungsniederlage hinnehmen müssen, so viel ist uns klar. – Wo ist eigentlich der Staatsminister für Wirtschaft? Er ist, glaube ich, dafür zuständig, und ich bedaure sehr, dass er nicht anwesend ist. – Ich möchte jedoch die Gelegenheit nutzen, Ihnen einfach klar zu sagen: Eine vernünftige Klimapolitik kommt nicht daran vorbei, den Bau weiterer Braunkohlekraftwerke zu verhindern.

(Beifall der Abg. Astrid Günther-Schmidt und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Sie werden nun einwenden, wie Sie es des Öfteren auf unsere Anfragen getan haben, das CO2-Minderungsziel soll ja im nationalen, im europäischen Rahmen durch den Nationalen Allokationsplan, durch das TEHG, Treibhausgas-Emissionshandel-Gesetz, erreicht werden, und der Allokationsplan würde durch den Bau in Boxberg nicht gefährdet oder wäre darin eben schon enthalten. Aber das ist – Herr Staatsminister Tillich, das sollten Sie als Umweltminister wissen – noch nicht einmal die halbe Wahrheit.

Schon nach dem Stand der heutigen Forschung wissen wir, dass alle bisherigen CO2-Minderungspläne Makulatur sind angesichts des Zieles, das wir uns gesetzt haben. Das Kyoto-Ziel bringt uns keinen echten Schritt vorwärts.