werden Sie damit überhaupt keine Verkehrsentlastung für die Bautzener Straße erreichen – das ist nämlich der Grund, weshalb die Brücke an dieser Stelle im Verkehrskonzept enthalten ist: die Bautzener Straße zu entlasten –, denn der Tunnel kommt hinter dem Regierungspräsidium und vor der Königsbrücker Straße heraus.
Das sagen Sie so einfach. Aber es gibt überhaupt keine Verkehrsentlastung und die Menschen, die auf der Bautzener Straße jetzt oft im Stau stehen, werden das dann weiterhin tun.
Insofern hören Sie einfach auf, diese Varianten zu diskutieren. Wir haben einen Planfeststellungsbeschluss, der auch vor allen Instanzen beklagt worden ist. Alle Klagen sind abgewiesen worden. Wir haben sofortiges Baurecht und wir können – das ist das Entscheidende – nicht einfach immer wieder einen neuen Bürgerentscheid durchführen. Es gibt einen Bürgerentscheid, der gilt und den es umzusetzen gilt – auch im Vertrauen und im Respekt vor den Dresdnerinnen und Dresdnern, die eine Entscheidung getroffen haben.
Gibt es seitens der Fraktionen noch allgemeinen Aussprachebedarf? – Dann kommen wir zu den Schlussworten und beginnen mit den GRÜNEN.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen haben sich viele Politiker, Bürger, Wissenschaftler und Medien zur Entscheidung des Welterbekomitees geäußert. Wir haben heute Abend hier im Landtag eine Generalprobe für die Stadtratssitzung erlebt.
Ich möchte ganz deutlich sagen: Aus meiner Sicht liegt der Ball ganz eindeutig bei der Stadt. Ich denke, alle hier Anwesenden sollten zur Kenntnis nehmen, dass niemand sich einfach über das Votum des Bürgerentscheides hinwegsetzen kann.
Der Bau der Waldschlößchenbrücke ist eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung. Es war eine Entscheidung der Landeshauptstadt Dresden, die Aufnahme des Dresdner Elbtals in die Liste des Weltkulturerbes zu beantragen. Es ist letztlich eine Entscheidung der Landeshauptstadt Dresden, wie sie mit der Entscheidung des Welterbekomitees umgeht. Dass sie sich dabei nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht setzen darf, ist selbstverständlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der GRÜNEN behauptet in ihrem Antrag, der erkennbare Konflikt zwischen kommunalen Baumaßnahmen und internationalen Verpflichtungen sei bislang nur unzureichend begleitet worden. Dieser Vorwurf ist nicht zutreffend. Die Sächsische Staatsregierung hat der Landeshauptstadt Dresden in der Vergangenheit stets die notwendige Unterstützung gewährt. Beide, die Stadt Dresden und die Sächsische Staatsregierung, haben von Anfang an darauf geachtet, dass die Planung der Waldschlößchenbrücke im Antrag deutlich zum Ausdruck kam. Für die Sächsische Staatsregierung war immer klar, dass sich der Antrag auf eine sich weiterentwickelnde Kulturlandschaft bezog, die künftige Elbquerungen und insbesondere die Waldschlößchenbrücke einbezog. Dies wurde gegenüber der UNESCO in einem den Antrag ergänzenden Schreiben vom 2. April 2004 noch einmal eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Der finnische Vertreter von ICOMOS, der für die UNESCO das Dresdner Elbtal evaluierte, wurde durch die Stadt Dresden unter anderem vom ehemaligen Landeskonservator umfassend über die Planung informiert. Frau Hermenau, nicht die Stadt Dresden hat in ihrem Antrag von fünf Kilometern gesprochen. Es war dieser finnische Vertreter von ICOMOS, der eingesetzte Hauptgutachter.
Entschuldigen Sie bitte, wir hatten das vorher nie zu Gesicht bekommen. Was sollten wir da korrigieren können?
Die Landeshauptstadt Dresden ging demnach fest davon aus, dass die Entscheidung der UNESCO im Juli 2004 und die Urkundenverleihung selbstverständlich vor dem Hintergrund der Planungen zur Waldschlößchenbrücke erfolgten. Umso überraschender waren dann die Medienberichterstattungen Ende 2005 und der Wunsch des Direktors des Welterbezentrums, Francesco Bandarin, eine Visualisierung der Einbindung der Waldschlößchenbrücke in die Elblandschaft anzuregen.
Dabei wurde auch der unberechtigte und mittlerweile verstummte Vorwurf erhoben, Ausmaß und Lage der Brücke würden sich erheblich von der Darstellung zum Zeitpunkt der Evaluierung unterscheiden. Die Stadt Dresden sagte schließlich die Verschiebung des Baubeginns und die Erstellung eines Sichtgutachtens zu. Die wichtigsten Stellungnahmen der Stadt wurden über das Sächsische Staatsministerium des Innern und das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, die Kultusministerkonferenz und das Auswärtige Amt an die UNESCO weitergeleitet.
Nachdem bekannt wurde, dass sich die Situation durch einen deutlich veränderten Beschlussvorschlag für das Welterbekomitee verschärft hatte, wandte sich der sächsische Ministerpräsident schriftlich an die Bundesregierung und warb für die Position der Stadt Dresden. Ich selbst habe mich noch am 6. Juli in einem Schreiben an den Ständigen Vertreter der Bundesrepublik bei der UNESCO gewandt und um Unterstützung der Landeshauptstadt gebeten. Frau Hermenau, es waren halt zwei, die auf dem Rücken lagen und mit den Beinen gebaumelt haben – um in Ihrer Sprache zu bleiben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung bedauert, dass die Situation durch den Eintrag des Dresdner Elbtals in die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten eskaliert ist. Ich verstehe aber nicht, was die Antragstellerinnen eigentlich von der Sächsischen Staatsregierung erwarten.
Nach meinem Kenntnisstand hat die Stadt über alle für die Entscheidung der UNESCO wesentlichen Aspekte der Brücke vorab informiert. Weil das so ist, konnte die UNESCO dem Antrag zustimmen oder sie konnte ihn ablehnen. Sie hat ihm zugestimmt. Meine Damen und Herren! Ich verstehe nicht, wo hier ein Verstoß gegen Völkerrecht durch Förderung einer mit Bürgerentscheid beschlossenen Brücke liegen soll.
Die Staatsregierung sieht sich nicht in der Rolle eines Moderators zwischen der Landeshauptstadt Dresden und der UNESCO.
Auch der Vergleich mit Köln hinkt. Mit dem Dresdner Elbtal liegt ein einmaliger Sonderfall vor. In Köln wurde eine Planung als Gefährdung eingestuft, die lange nach dem Erlangen des Welterbestatus vorgelegt wurde. Im Dresdner Elbtal war die abgeschlossene Planung Bestand
Meine Damen und Herren! Die Entscheidung des Welterbekomitees weist über den Einzelfall weit hinaus. Es ist bekannt, dass die Sächsische Staatsregierung die Montanregion im Jahre 1998 für die Aufnahme in die Liste der Welterbestätten angemeldet hat. Über den Antrag dürfte frühestens 2011 entschieden werden. Neben der Montanregion haben auch Görlitz, die Thomas-Kirche und die Bachstätte Leipzig sowie die Umgebindelandschaft ein Interesse an der Aufnahme in die Liste der Welterbestätten bekundet.
Die UNESCO ist im Begriff, die Kriterien für die Aufnahme als Weltkulturerbe an weitaus strengeren Maßstäben auszurichten. Ein zentraler Punkt der in der UNESCO geführten Grundsatzdebatte ist die Ansicht, dass der Begriff des außergewöhnlich universellen Wertes einer Welterbestätte bisher zu großzügig interpretiert worden sei. Auswirkungen auf deutsche Nominierungen sind zu erwarten. Insofern ist der Antrag des Freistaates für das Jahr 2011 in besonderer Weise im Hinblick auf die Kriterien der UNESCO zu prüfen.
Als Voraussetzung einer sächsischen Antragstellung sind sowohl die Erfolgsaussichten als auch die Unwägbarkeiten des Antrages und die Folgen abzuschätzen. Erst danach kann verantwortungsbewusst entschieden werden. Auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahre 2001 und von Gesprächen zwischen allen Beteiligten entwirft die Region Erzgebirge ein Design für ein Pilotprojekt, mit dem Erfolgsaussichten eines Antrages eingeschätzt werden können. Hierzu soll zunächst eine Projektgruppe einberufen werden. Gegebenenfalls könne auch ein Gutachten zur Folgeabschätzung des Welterbestatus in Auftrag gegeben werden. Für den Fall, dass die Ergebnisse nicht für die Montanregion Erzgebirge sprechen sollten, wird ein Rankingverfahren, in dem dann weitere Projekte aufgenommen werden, durchgeführt.
Für den künftigen Umgang mit Welterbeanträgen sind die bisherigen Erfahrungen mit dem Dresdner Elbtal von großer Bedeutung. Interessenten für den Titel Welterbe sollten sich stärker als bislang vor Augen führen, dass mit der Aufnahme in die Liste der Welterbestätten nicht nur ein erhöhter Bekanntheitsgrad, sondern auch erhebliche Verpflichtungen und, wie hier deutlich wird, unvorhersehbare Einschränkungen verbunden sein können.
Danke schön. – Meine Damen und Herren! Erhebt sich Widerspruch, dass wir zu den Schlussworten kommen? – Frau Hermenau, bitte für die GRÜNEN.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Die Generalprobe einer Stadtratssitzung kann ich hier nicht erkennen, denn ich bin nicht im Dresdner Stadtrat. Aber ich bin sehr wohl ad personam, nicht in Vertretung einer Partei oder Institution, Mitglied der deutschen UNESCO-Kommission.
Ich habe zwei Jahre die Kölner Debatten mitverfolgen können, in allen Details, mit allen Pro und Kontras. Was ich gehört habe, waren die gleichen, halbstarken kommunalpolitischen Töne, die hier durchgedrungen sind. Aber die Landesregierung in NRW hat ganz anders gesprochen als Sie gerade; ganz anders! Die Landesregierung in NRW hat sich gekümmert. Dort gab es erst ein grünes Ministerium, dann ist es ein schwarzes geworden. Sie haben sich gekümmert und haben daran gearbeitet. Das Auswärtige Amt – mit dem Sie auch weiter arbeiten müssen, Sachsen ist keine Insel – ist maßlos verstimmt über die Halsstarrigkeit, die ihm aus Dresden und Sachsen entgegendröhnt.
Sie müssen – so sehe ich das, Herr Buttolo – das ausputzen, was andere vor Ihnen verbrochen haben. Was Sie tun sollen, haben Sie gefragt? Das habe ich Ihnen gesagt: Sie sollen den Beschluss von Vilnius ernst nehmen. Sie als Staat – und Sie sind hier der Staat als Staatsregierung, weil das Auswärtige Amt zwar der Vertragspartner für die Bundesrepublik Deutschland ist, aber Sie hier vor Ort ausführen – sind gefordert, die Bauprojekte zu stoppen und die Diskussion mit allen Beteiligten aufzunehmen, um alternative Lösungen zu finden. Das ist ein ganz klarer Handlungsauftrag. Da kann man sich nicht wegducken.
Welcher Zacken – mal bildlich gesprochen – bräche Ihnen denn aus der kurfürstlichen Krone, wenn Sie eine mit der UNESCO verträgliche Verkehrslösung zu erreichen versuchten?
Ich sage es Ihnen ganz offen – Herr Weckesser, das geht auch an Sie: Die GRÜNEN in Dresden haben sich das lange durch den Kopf gehen lassen und diskutiert. Wir würden einen neuen Bürgerentscheid unterstützen. Das ist in Ordnung. Wir würden es auch akzeptieren, wenn es eine mit der UNESCO vereinbarte verträgliche Verkehrslösung gibt – seien es zwei kleine Brücken, sei es ein Tunnel. Ich habe keine Ahnung, was bei solch einer Verhandlungslösung herauskommt. Man kann dabei eine kleine Brücke für Herrn Zastrow berücksichtigen, wenn das irgendwie möglich ist. Verstehen Sie? Das wäre nicht das Problem.
Ich zitiere Herrn Dirk Birgel von der „DNN“ vom 12.07.06: „Der Kardinalfehler war, die Kritik der UNESCO aussitzen zu wollen.“ Das gilt natürlich auch ab morgen, Herr Buttolo. Das galt nicht nur für die Vergangenheit.
Nach dem morgigen Stadtratsbeschluss – je nachdem, wie er ausfallen wird, das weiß ich nicht – hat die Staatsregierung vielleicht – falls der Baubeginn nicht beschlossen
wird – die Möglichkeit, staatsmännisch tätig zu werden. Dann hören Sie doch einmal auf Herrn Güttler, auf Herrn Emmerlich, Herrn Zimmermann, Herrn Hoppe oder eben Herrn Birgel. Bisher ist das nämlich Ihr bürgerliches Wählerklientel in Dresden. Ich würde darauf achten, wenn die etwas zu sagen haben.
Herr Hoppe hat es heute sehr plastisch ausgedrückt, es sei ihm gegönnt: „Man kann doch nicht das alles mit dem Hintern umstoßen und kaputtmachen, nur einer Brücke wegen, die nicht in die Landschaft passt.“ Gesünder kann man es nicht erklären.
Der Dresdner Appell der letzten Woche hat davon gesprochen, dass Sie in dieser heiklen Konstellation beide, Stadtebene und Landesebene, besondere politische Reife beweisen sollen. Das Kuratorium UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal – auch nicht gerade ein GRÜNEN-Verein – hat deutlich gemacht, dass es sehr wohl eine Verantwortung der Staatsregierung sieht.
Ich habe einmal nachgelesen, wie die Neuaufnahme des Dresdner Elbtals im Komitee erfolgte. Da steht in der „UNESCO Heute“ vom Februar 2004: „34 weitere Kultur- und Naturerbestätten wurden in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen, darunter drei aus Deutschland. Hoch gelobt und auf einer bewegenden Welle der Zustimmung passierte der Antrag ‚Dresdner Elbtal’ das Komitee.“ Wie müssen die sich geärgert und ausgenutzt gefühlt haben, als sie die tuckernden Bagger zum Baubeginn gehört haben und als sie mitbekamen, dass die Anmeldung fehlerhaft war?
Die Frage, ob die Stadtverwaltung wissentlich getäuscht hat oder nicht, wird man hier nicht klären können. Wichtig ist, dass die Leute im Komitee und in Paris davon ausgehen, dass es so ist. Das ist der entscheidende Punkt.