Ich zitiere zum Schluss Walter Hirche – übrigens Mitglied der FDP, damit keine Missverständnisse aufkommen –, Stellvertretender Ministerpräsident Niedersachsens und Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission, mit 100 % der Stimmen – also auch meiner – wiedergewählt: „Mit der Auszeichnung als Welterbe stellen die Vertragsstaaten ihr Erbe in den universellen Kontext der Geschichte der gesamten Menschheit. Sie verzichten damit auf eine lediglich nationale Inanspruchnahme dieser wichtigen Güter. In diesem partiellen Souveränitätsverzicht liegt der kulturpolitische Kern der Welterbeidee.“
In Köln hat die FDP bis zum Ende dagegen gestimmt. Den Stadtrat hat das nicht gekümmert. Er hat trotzdem sehr vernünftig entschieden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Buttolo! Selbstverständlich kann sich niemand über den Dresdner Bürgerentscheid so ohne Weiteres hinwegsetzen – weder der Landtag noch der Stadtrat, schon gar nicht die Regierung oder die Fraktionen.
Ihr Regierungspräsidium hat heute auf die Konsequenzen hingewiesen, die drohen würden, unternähme jemand den Versuch, sich darüber einfach hinwegzusetzen.
Wir haben Ihnen aber etwas anderes vorgeschlagen. Wir sind der Überzeugung, dass es richtig ist, diesen Weg zu beschreiten. Denn niemand außer den Bürgern selbst kann bei dem Bürgerentscheid Hand anlegen und eine neue Entscheidung treffen. Das ist eine absolut demokratische und souveräne Entscheidung, die gefällt werden könnte.
Natürlich wird der Stadtrat, verehrter Herr Innenminister, morgen Beschlüsse fassen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ob sie jedermann gefallen werden, ist heute noch nicht zu sagen. Aber ich hoffe sehr, dass es in der Gemeinschaft des Dresdner Stadtrates ein anderes Verständnis hinsichtlich des Welterbes, das uns hier in der Stadt in die Hand gelegt worden ist, geben wird.
Welterbestätten sind natürlich alle für sich genommen Sonderfälle. Das betrifft nicht nur Dresden. Für jeden dieser Sonderfälle gilt aber die UN-Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes auf der Welt, die die Bundesrepublik Deutschland in voller Souveränität und freiwillig unterschrieben hat. Deshalb muss ich Ihnen, Herr Zastrow und Herr Rohwer, noch einmal verdeutlichen, dass niemand auf der Welt der Stadt Dresden den Welterbetitel aufgezwungen hat.
Man hat sich darum beworben. Man hat dafür Geld investiert. Man hat Aufwand getrieben. Als es dann endlich geglückt war, haben sich alle darüber gefreut. Aber Sie stellen sich jetzt hierhin und wollen darauf pfeifen. Dazu muss ich sagen, dass das an Arroganz und Überheblichkeit nicht zu überbieten ist.
Sie treten dadurch mit Ihren Füßen auf der Geschichte dieser Stadt herum. Ich halte das für unerträglich.
Nun finden nicht nur Herr Biedenkopf, sondern auch andere, die heute hier gesprochen haben, Dresden auch ohne den Titel schön. Man kann an der Elbe spazieren gehen, ohne ständig an den Titel zu denken. Das mag schon sein.
Aber, meine Damen und Herren, Herr Zastrow hat sich hier in unüberbietbarer Weise darüber ausgelassen, dass der Titel der Stadt angeblich nichts brächte. Reden wir doch einmal darüber, was Dresden verliert: Es verliert nicht nur den Welterbetitel, sondern auch an Image, an Ansehen in der Welt, an Glaubwürdigkeit.
Die Fachwelt in Kunst und Kultur wird jahrzehntelang darüber diskutieren und diesen einmaligen Vorgang, diese Ignoranz auswerten.
Ich denke, wenn wir noch einen Schritt in die Richtung der Herren Rohwer und Zastrow gehen, werden wir aus der Blamage nicht mehr herauskommen und sie wird uns ewig anhängen.
Ich möchte noch einen inhaltlichen Aspekt benennen. Die UNESCO-Welterbestätten werden nicht als solche benannt, weil es dadurch gute Vermarktungschancen gibt. Das ist nicht der Fall. Dies soll lediglich ein Begleiteffekt sein. Insofern sind Tourismusexperten und Marketingleute, die Sie hier erwähnt haben, nicht die richtigen Ansprechpartner. Denn die Stätten, die von der UNESCO in die Welterbeliste aufgenommen werden, erhalten einen ganz anderen, besonderen Status, der die Verantwortlichen zum Erhalt und Schutz der Welterbestätten verpflichtet.
Aus diesen Gründen haben wir heute diesen Antrag auf die Tagesordnung gestellt. Denn wir halten es für wichtig, dass sich das Hohe Haus mit der Staatsregierung darüber auseinander setzt, wie wir eine vernünftige und verantwortbare Welterbepolitik gestalten können.
Ich möchte ein kurzes Fazit ziehen: Diese Debatte hat mir gezeigt, dass es Ihnen von der CDU weder um die Brücke noch um den Welterbestatus geht. Es geht um ein politisches Kalkül und um die Frage, wer gewinnt. Man merkt es Ihnen an der Nasenspitze an, Herr Rohwer, wie unerträglich es Ihnen ist, dass in der Stadt Dresden andere Mehrheitsverhältnisse als hier im Landtag herrschen. Ich will Ihnen auf den Weg geben, dass Sie das eigentlich nicht zu wurmen braucht. Denn wir haben Ihnen heute ein Angebot zum Dialog unterbreitet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen der beiden Anträge. Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN, Drucksache 4/5864.
Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen? –
Bei keinen Enthaltungen und einer größeren Anzahl von Pro-Stimmen ist er mit Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zum Antrag der Linksfraktion.PDS mit der Drucksache 4/4117. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen? – Bei Enthaltungen und Pro-Stimmen ist dieser Antrag ebenfalls abgelehnt worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war die 55. Sitzung. Wir sehen uns morgen Früh um 10:00 Uhr wieder. Genießen Sie die letzten Sekunden der Temperatur dieses Raumes. Morgen Früh haben Sie dieses Vergnügen wieder.