Protokoll der Sitzung vom 12.12.2006

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

und unterwirft alles den Globalisierungsdiktaten von Nivellierung, Wettbewerb, Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und schließlich von Traditionsverlust und dem folgenreichen Rückzug des Staates. Ziel der etablierten Politik ist zweifelsohne die one-world-kompatible Bildungsfabrik, die serienweise Schmalspur-Akademiker für die Funktionsbedürfnisse einer globalisierten Wirtschaft produziert.

Für dieses und noch viel mehr steht der sogenannte Bologna-Prozess,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

den die europäischen Bildungsminister im Jahr 1999 in der oberitalienischen Stadt Bologna mit einer Erklärung zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraumes angestoßen haben. Als Folge dieser Gleichschaltungsbemühungen wird nun an den deutschen Hochschulen überall auf minderqualifizierende und der deutschen Hochschultradition fremde Bachelor- und Masterstudiengänge umgestellt.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Dieser von der EU diktierte Reformunsinn wird keineswegs zu den behaupteten Qualitätssteigerungen führen, weil dies mit einer europaweiten Vereinheitlichung der Studiengänge via „Modularisierung“ einfach nicht zu erreichen ist. In der Hochschulpraxis wird die Fragmentierung der Studiengänge in leicht verdauliche InfoHäppchen – auf nichts anderes läuft das Sammeln sogenannter Module hinaus – zu einem Qualitätsverlust führen. Die Studierenden werden sich auf eine pseudowissenschaftliche „Schnipseljagd“ begeben müssen, die mit dem klassischen Studium, seinen Regularien und Verlässlichkeiten nichts mehr gemein hat.

Die NPD-Fraktion hat im Herbst 2005 zur Expertenanhörung zum „Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Sächsischen Hochschulgesetzes“ Prof. Bernd Rabehl als Sachverständigen benannt. Er sagte zum eben erwähnten Aspekt: „Die europäische Universität wird dem bürokratischen Aufwand erliegen, Bausteine von Wissen zu benennen, Methoden vorzustellen, um Wissen zu reduzieren bzw. zu nivellieren, um einen Grad oder Titel zu geben. Die Massenausbildung

wird jede Qualität zerstören. Die Studenten werden zu Schülern gemacht, die einem Prüfungspensum folgen müssen, und die Dozenten sind in ihrem Spezialwissen eher Lehrer und haben mit den Professoren der Universität kaum etwas gemeinsam.“

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ganz in diesem Sinne kritisierte die „Frankfurter Allgemeine“ bereits im September 2005, dass durch die geplante Einführung des dreijährigen Bachelorstudiums die Ausbildungsqualität massiv leide. Für den Bereich der Rechtswissenschaften sehen das übrigens auch der Deutsche Anwaltsverein, der Deutsche JuristenFakultätentag und der Deutsche Hochschulverband so. Sie vertreten übereinstimmend die Auffassung, dass der künftige Bachelorstudiengang Jura schlicht und ergreifend nicht zum Beruf des Richters oder Rechtsanwalts qualifiziert. Die „Frankfurter Allgemeine“ stellte fest: „Der Bachelor ist nicht in jedem Fall berufsqualifizierend. Er ist es meistens nicht, schon gar nicht in den staatstragenden und besonders verantwortlichen Berufen. Gleichzeitig feiert die Hochschulrektorenkonferenz die Ausbreitung des Bachelor- und Masterstudiums, als sei damit ein Fortschritt für die Universitäten erzielt. Die Bolognisierung der Hochschulen führt zu einer Fixierung auf Zahlen und Statistiken, während die Qualität nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es ist ein vordergründiger Wettlauf um internationale Konkurrenz, die zum Selbstzweck wird.“

Diesem Bologna-Irrsinn sind natürlich auch die sächsischen Universitäten ausgesetzt, weil es eine internationalisierungswütige und wirtschaftshörige politische Klasse so will.

Das andere Problem, mit dem sächsische Hochschulen zu kämpfen haben, ist die sogenannte Exzellenzinitiative mit ihrer Auslobung von Eliteuniversitäten und der finanziellen de-facto-Trockenlegung aller anderen Universitäten. Zur vordergründigen Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit werden bis zum Jahr 2011 Fördermittel in Höhe von 1,9 Milliarden Euro an handverlesene Universitäten vergeben. Das Gros der Professoren und der Studenten wird von diesen Geldern im Elitewettbewerb sowieso nichts haben, weil damit nur einige wenige Siegeruniversitäten als Dienstleistungsunternehmen für die wirtschaftsnahe Wissenschaftsproduktion hochgepäppelt werden.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die Stärke der deutschen Universitätslandschaft war bislang ihre Vielfalt an Volluniversitäten mit hochwertiger Forschung und Lehre, und das in allen Teilen Deutschlands. Zukünftig wird es aber eine zweigeteilte Universitätslandschaft geben, einerseits bestgeförderte Eliteuniversitäten als Leuchttürme der Spitzenforschung und andererseits chronisch unterfinanzierte Restuniversitäten mit einem fast forschungsfreien bloßen Lehrbetrieb.

Michael Hartmann, seines Zeichens Soziologe an der TU Darmstadt, erklärte dazu: „ In zehn Jahren werden wir 25 forschende Universitäten haben. Die restlichen 75 Universitäten werden im Kern nur noch ausbilden. Das werden bessere Fachhochschulen sein, wo Studenten massenhaft durch ihre verschulten Bachelorstudiengänge gejagt werden. Dadurch wird insgesamt das Leistungsniveau der Universitäten auch in der Forschung sinken.“

Man sieht: Egal ob Bologna-Prozess oder Exzellenzinitiative, die EU- und globalisierungshörigen Blockparteien reformieren die deutschen Hochschulen in Grund und Boden und zerstören den deutschen Bildungs- und Wissenschaftsstandort, anstatt ihn zu stärken.

Besonders bedenklich findet die NPD am Exzellenzwettbewerb die strukturelle Benachteiligung mitteldeutscher Universitäten mit allen Gefahren einer weiteren Abwanderung potenzieller Leistungsträger. Gerade die mitteldeutschen Universitäten werden beim Kampf um die Fördermillionen das Nachsehen haben, weil sie im Gegensatz zu den westdeutschen Universitäten nur 16 Jahre Zeit hatten für eine Profilbildung, wie sie nun mit dem Exzellenzprädikat belohnt werden soll.

Von der ersten Ausschüttungsrunde des Exzellenzwettbewerbs bekommt Mitteldeutschland einschließlich der Hauptstadt Berlin magere 3 % aller Fördergelder, während die Universitäten im Süden und im Südwesten die finanziellen Gewinner sind. Man sieht überdeutlich, wie die deutsche Hochschullandschaft umgepflügt wird und Mitteldeutschland hochschulpolitisches Brachland zu werden droht. Dies steht im klaren Widerspruch zum grundgesetzlichen Auftrag, für gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland zu sorgen. Der medienbegleitete Konkurrenzstreit um die Fördergelder hat für die Hochschulpolitiker der Altparteien den angenehmen Nebeneffekt, dass er den Blick auf die eigentliche Not der finanziell unterversorgten deutschen Hochschulen verstellt und von schlichten Tatbeständen wie überfüllten Hörsälen, schlecht ausgestatteten Bibliotheken und maroden Gebäuden ablenkt.

Deshalb hat die NPD-Fraktion zwei Änderungsanträge zur deutlich besseren Finanzausstattung der Universität Leipzig und der TU Dresden zwecks Anschaffung von Geschäftsbedarf, Geräten und Ausstattungsgegenständen eingebracht. Gedeckt werden soll die Mittelaufstockung für die beiden Universitäten durch die Streichung der Zuwendungen für die sogenannten landesfinanzierten Forschungseinrichtungen. Konkret denken wir an das Hannah-Arendt-Institut und an das Simon-DubnowInstitut für jüdische Geschichte und Kultur.

(Zuruf von den GRÜNEN: Pfui!)

Für das Haushaltsjahr 2007 ergäbe sich hier ein Einsparvolumen von 2,19 Millionen Euro und für 2008 ein Einsparvolumen von 2,25 Millionen Euro. Der NPDFraktion will es partout nicht einleuchten, warum die Universitäten selbst bei den nötigsten Anschaffungen für Geschäftsbedarf, Geräte und Ausstattungsgegenstände

den Sparstift ansetzen müssen und gleichzeitig Einrichtungen mit Sonderforschungsinteressen großzügig finanziert werden. Insbesondere für die Finanzierung des Simon-Dubnow-Institutes für jüdische Geschichte und Kultur kann wirklich kein Allgemeininteresse geltend gemacht werden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Woher wissen Sie das?)

Die sächsischen Steuerzahler und Studenten haben überhaupt nichts davon, dass sich das Dubnow-Institut, wie es in einer Selbstdarstellung heißt, der Erforschung jüdischer Lebenswelten in Mittel-, Ostmittel- und Südosteuropa in der Zeit vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges widmet.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist auch deutsche Kultur!)

Herr Porsch, Sie können gleich noch etwas sagen.

Für die Finanzierung solcher Forschungsbegehrlichkeiten wird sich ja wohl der eine oder andere private Geldgeber aus jüdischen Kreisen finden lassen. Der Institutsdirektor Dan Diner könnte ja in dieser Sache auch einmal bei Steven Spielberg vorstellig werden.

Wie bereits ausgeführt, lehnt die NPD die Exzellenzinitiative wegen der Benachteiligung der mitteldeutschen Universitäten ab. Da nun aber auch die sächsischen Universitäten an diesem Wettbewerb teilnehmen, sollte die Politik im Freistaat alles daran setzen, ihren Hochschulen den Rücken zu stärken.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Auf dem Teilerfolg der TU Dresden, die ein Forschungscluster und eine Graduiertenschule bewilligt bekam, sollte sich die sächsische Politik nicht ausruhen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Was heißt Cluster auf Deutsch?)

Um den Verbleib von Spitzenkompetenzen in Sachsen sicherzustellen, will die NPD-Fraktion für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 jeweils 1,5 Millionen Euro Sonderzuschüsse für solche Fachbereiche und Institute haben, deren Universitäten Bewerbungen im Rahmen der Exzellenzinitiative eingereicht haben, sich aber nicht durchsetzen konnten. Für förderungswürdig halten wir das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, das Zentrum für höhere Studien der Universität Leipzig, die Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Chemnitz sowie das „Exzellenzzentrum Energie“ an der TU Bergakademie Freiberg.

Sorgen wir dafür, dass Sachsen trotz widriger Gesamtbedingungen als attraktives Hochschulland gestärkt wird, damit Arbeit und Hoffnung zurückkehren und sich junge Sachsen nicht mehr gezwungen sehen, ihrer Heimat aus ökonomischen Gründen den Rücken zu kehren!

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Dr. Schmalfuß, bitte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: So viele Fremdwörter wieder! – Jürgen Gansel, NPD: Sie können ja alle Begriffe ersetzen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltspolitik ist eine Frage der politischen Schwerpunktsetzung. Wenn ich mir den Einzelplan 12 genau ansehe, stelle ich fest, dass bei der Staatsregierung Wissenschaft, Hochschule und Kultur nicht auf der Prioritätenliste stehen.

Ohne Zweifel ist das Ministerium für Wissenschaft und Kunst eines der zentralen Ressorts, die über die Zukunft unseres Landes entscheiden. Die Qualität und das Angebot unserer Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen sind entscheidend für die Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit des Freistaates Sachsen. Nur durch viele gut ausgebildete Nachwuchskräfte bleibt Sachsen als Wirtschafts- und Forschungsstandort attraktiv.

Die vordringlichste Zielsetzung muss deshalb sein, Studenten hier im Freistaat Sachsen eine bestmögliche Ausbildung zu bieten. Nur durch Qualität können die sächsischen Hochschulen im bundesweiten und internationalen Wettbewerb bestehen.

Die absehbaren Schwankungen in den Abiturientenzahlen, die unterschiedliche Ausgestaltung von Studiengebühren sowie mehr Transparenz durch nationale und internationale Hochschulrankings und nicht zuletzt durch die Exzellenzinitiative sind Indikatoren dafür, dass der bundesweite und internationale Wettbewerb zwischen den Hochschulstandorten gerade erst an Fahrt gewinnt.

Die Gefahr, dabei schnell ins Hintertreffen zu geraten, ist für den Freistaat Sachsen groß. Deshalb müssen wir den sächsischen Universitäten und Fachhochschulen die besten Ausgangsbedingungen einräumen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Neben einer soliden Grundfinanzierung brauchen unsere Hochschulen vor allen Dingen größere Gestaltungsspielräume für Qualitätsverbesserungen und weitere Profilbildungen. Dazu müssen sie aus ihrem bürokratischen Korsett befreit werden. Aus diesem Grund darf das neue und lang angekündigte Hochschulgesetz nicht länger durch schwarz-rotes Machtgeplänkel blockiert werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, legen Sie Ihre Eitelkeiten beiseite, schaffen Sie ein zukunftsfähiges Hochschulgesetz und machen Sie damit unsere Hochschulen fit für den Wettbewerb! Diese Zielsetzung findet sich in den von der Staatsregierung aufgestellten Haushaltszahlen leider nicht wieder. Durch massive Sparmaßnahmen, die sich vor allem in drastischen Personalkürzungen ausdrücken, werden Sachsens Universitäten

und Fachhochschulen in ihrem Gestaltungsspielraum weiter eingeschränkt.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsentwurf macht die Anstrengungen der Hochschulen zur Umstrukturierung, zur Qualitätssteigerung und zur weiteren Profilbildung zunichte. Die Hochschulpolitik dieser Staatsregierung bietet keine Grundlage für eine Qualitätsoffensive. Sie bietet keine Grundlage dafür, die Attraktivität des Hochschulstandortes Sachsen langfristig zu verbessern und akademischen Nachwuchs aus dem In- und Ausland nach Sachsen zu holen. Sie bedeutet bestenfalls Stillstand.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Selbst einer so gefragten und effizienten Bildungseinrichtung wie der Berufsakademie Sachsen fehlen nach wie vor die finanziellen Mittel, um ausreichend Dozenten einzustellen. Dabei stellt die Berufsakademie Sachsen eine wichtige Säule der sächsischen Hochschullandschaft dar. Redner der Koalition haben das ausgeführt. Zudem ist die Berufsakademie Sachsen mit kurzen Studienzeiten von nur drei Jahren und hohen Vermittlungsquoten der Absolventen eine sehr effiziente Einrichtung.

In den kommenden Jahren wird der Bedarf der Wirtschaft an BA-Absolventen sogar noch steigen. Anstatt dieses erfolgreiche Ausbildungsmodell zu fördern, weigert sich die Staatsregierung, den BA-Standorten ausreichend finanzielle Mittel für weitere Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen. Mit der durch den Änderungsantrag der FDPFraktion neu veranschlagten Summe können die freien Dozentenstellen besetzt und die Qualität der Ausbildung an der Berufsakademie Sachsen nachhaltig gesichert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hatte bereits in der Aktuellen Debatte am 13. Oktober 2006 die Personalkürzungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hier im Landtag thematisiert. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Stellenkürzungen willkürlich von der Staatsregierung veranschlagt wurden, dass sie unnötig sind und langfristig den Erhalt unserer Kunst- und Kulturschätze gefährden.