Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

(Freya-Maria Klinger, Linksfraktion.PDS: Das ist aber keine Investition!)

Es ist schon eine Investition in die Zukunft. Es ist nur eine Frage, wie man das sieht. Schulden sind die Steuern von morgen, Frau Klinger.

Jetzt komme ich zu Frau Herrmann. Vielen Dank, Frau Herrmann, auch wenn wir in den Dingen, die Sie angesprochen haben, nicht übereinstimmen, aber endlich kamen konzeptionelle Fragen und Antworten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Bei Ihnen kamen die nicht!)

Zum Beispiel haben Sie darüber gesprochen, dass wir in Vereinen und Verbänden die Beteiligungsrechte stärken müssen.

(Freya-Maria Klinger, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Das Engagement von jungen Menschen bei Katastrophen ist immer wieder bedeutend, zum Beispiel bei der Jugendfeuerwehr, den Katastrophenschutzzügen und den Rettungsschutzzügen. Deswegen ist das für mich ein interessanter Aspekt.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich möchte jetzt zum Schluss kommen. Ich denke, dass die Debatte deutlich gemacht

hat, von wem in diesem Parlament konzeptionell gedacht wird. Die Sozialministerin hat aufgezeigt, wie sie die Jugendarbeit weiterführen möchte.

Bitte zum Ende kommen.

Die Jugendhilfe unterliegt keinem Kahlschlag, sondern wir befinden uns in der Umgestaltung. Der Anstoß ist gegeben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/5260 zur Abstimmung. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Stimmen dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Keine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre

Drucksache 4/6888, Antrag der Linksfraktion.PDS, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion.PDS, CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE, Herr Schmidt und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der Linksfraktion.PDS das Wort. Bitte, Herr Abg. Pellmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meinem eigentlichen Anliegen komme, möchte ich mir persönlich und auch namens meiner Fraktion eine wichtige Vorbemerkung gestatten. Es geht heute, und das ist in unserem Haus nicht so oft der Fall, um die Problematik der Rente. Ich bin sehr erfreut darüber, in dieser Woche vernommen zu haben, dass es demnächst eine Opferrente für in der DDR Geschädigte gibt.

(Widerspruch des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Ich sage das in aller Verantwortung, weil ich mich an diesem Pult mehrfach – Herr Hähle, selbstverständlich gemeinsam mit Ihnen – dafür eingesetzt habe. Ich bedauere allerdings, dass diese Opferrente von der Bedürftigkeit der Betroffenen abhängig gemacht wird. Vielleicht können wir das in Zukunft noch ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Zu meinem heutigen Anliegen. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, um die Frage der Anhebung des Renteneintrittsalters hat es in den vergangenen Monaten

viele heftige Diskussionen gegeben. Es war sicher kein Zufall, dass unser Ministerpräsident uns heute mit einem ausführlichen Interview zum Thema in einer überregionalen Tageszeitung bedacht hat. Allerdings, und das schicke ich voraus, bin ich sehr erstaunt darüber, dass er meint, wenn das Rentenalter demnächst auf 67 Jahre angehoben wird, so könne das nur ein Übergangsstadium sein, er könne sich vorstellen, es müsse noch viel höher sein. Das kann und wird nicht unsere Zustimmung finden, sondern unsere Gegnerschaft.

In dieser Gegnerschaft sind wir nicht allein. Sie haben es möglicherweise überlesen, denn es gibt seit Monaten Protest-Stellungnahmen von Gewerkschaften und von allen relevanten deutschen Sozialverbänden gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters. Als Bürger der Stadt Leipzig bin ich stolz darauf, dass 700 Angestellte des BMW-Werkes heute früh einen Proteststreik gegen die Rente mit 67 begonnen haben. Diese Proteste haben meine ausdrückliche Solidarität und die Solidarität meiner Fraktion.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wenn wir uns die Dinge genau anschauen, dann, sage ich Ihnen, geht es nicht nur um den Protest von Verbänden und Gewerkschaften, nein, auch Rentenexperten, wie beispielsweise Prof. Schmähl, haben sich jüngst zu Wort gemeldet. Deren Meinung steht uns wesentlich näher als das, was die Staatsregierung hier verkündet hat.

Wenn die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme auf Herrn Rürup in einem bestimmten Zusammenhang verweist, dann sage ich, wer sich einigermaßen mit den Dingen befasst: Herr Rürup ist für mich in keiner Weise ein Rentenexperte. Insofern ist sein Urteil für mich auch zweitrangig.

Lassen Sie mich zu unserer Grundkritik kommen, dem Ansinnen, den Einstieg in das Rentenalter erst mit 67 zu wählen.

Das Erste: Ja, es handelt sich, ob Sie es wollen oder nicht, um Rentenraub, denn viele von denen, die länger arbeiten sollen, werden auch in 20 Jahren keine Arbeit haben oder sie werden dann körperlich nicht in der Lage sein. Insofern ist es lediglich ein Angriff auf die Rente selbst.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das Zweite; das wird immer vergessen: Wenn Sie von der Koalition, die Sie das ja ganz offensichtlich auch wollen, ernst nehmen – die Gewerkschaften haben es ausgerechnet –, dass alle bis 67 arbeiten sollen, dann brauchten Sie zwei bis drei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze. Dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Ganze auch gegen junge Menschen gerichtet, wenn wir nicht genügend Arbeitsplätze haben und die Älteren länger arbeiten sollen. Dann ist automatisch gegeben, dass Jüngere keine Arbeit finden. Das sollten Sie bitte bedenken.

Zum Dritten: Ja, ich denke, es ist auch deutlich zu sagen, wir haben gegenwärtig in Deutschland Gott sei Dank noch keine Altersarmut als Massenerscheinung. Dafür – da bin ich dankbar, auch wenn Sie das nicht erwartet haben – ist das, was vor 50 Jahren im Deutschen Bundestag an neuer Rentengesetzgebung beschlossen wurde, maßgebend gewesen, und Sie wollen es jetzt Schritt für Schritt aushöhlen. Viele werden den sogenannten Eckrentner mit 45 Arbeitsjahren eben nicht mehr darstellen. Die Berechnung, die uns die Staatsregierung gegeben hat, ist ja bekannt – sie wird aber in zehn oder 15 Jahren bereits Makulatur sein. Dann greifen gerade die in Ostdeutschland unterbrochenen Erwerbsbiografien.

Zum Vierten: Das, was man hier vorhat, ist behindertenfeindlich. Da können Sie durchatmen, ich auch als Schwerbehinderter. Das ist behindertenfeindlich, einfach deshalb, weil Sie behinderten Menschen, die wesentlich weniger in der Lage sind, sich auf dem sogenannten Arbeitsmarkt gleichberechtigt zu bewegen, das Eintrittsalter hochsetzen. Wenn ich die letzten fünf Jahre nehme, heben Sie es um fünf Jahre an. Ursprünglich konnten Schwerbehinderte ohne Abzug mit 60 Jahren in Rente gehen, jetzt mit 63, künftig mit 65. Wenn sie dann doch wegen Invalidisierung eher gehen, bekommen sie für die spätere Altersrente einen Abschlag. Das können wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Zum Fünften: Die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre ist frauenfeindlich, denn Frauen haben weniger

Chancen. Wir wissen das. Sie haben oftmals auch die am meisten unterbrochene Erwerbsbiografie. Deswegen handelt es sich faktisch um einen weiteren Abzug bei ihren Rentenansprüchen.

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Reform ist nötig. Das haben wir immer betont und immer gesagt. Allerdings meinen wir nicht diese Reform. Wenn Sie das – wie es Herr Rohwer in seinem Beitrag vorhin getan hat – immer wieder mit dem sogenannten demografischen Wandel begründen – –

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Sogenannten?)

Sogenannt heißt, Herr Hähle, dass wir aufpassen müssen, dass dies nicht langsam zu einem Schimpfwort wird, denn selbstverständlich wird sich die Altersstruktur unserer Gesellschaft – das weiß ich auch – gravierend verändern. Aber das gibt uns noch lange nicht das Recht, allen Sozialabbau mit dem demografischen Wandel als Totschlagargument zu bedienen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das findet Tag für Tag statt, auch hier wieder. Wenn Sie sich das Interview Ihres Ministerpräsidenten genau anschauen, springt das geradezu ins Auge.

Ich meine, Umsteuern heißt – das ergibt sich im Übrigen auch aus der Geschichte der deutschen Rente –, wir müssen zu einer gerechteren Verteilung des Produktivitätsfortschritts und des Produktivitätsgewinns kommen. Das ist es! Dann können wir auch künftig allen eine sichere Rente garantieren. Aber wenn Sie der Auffassung sind, dass Veränderungen nur bei den künftigen gesetzlichen Rentnern vorzunehmen sind, aber die oberen Zehntausend ungeschoren bleiben sollen, dann wird es natürlich nicht gelingen. Wir müssen also umsteuern. Das heißt im Einzelnen, dass wir eben auch bei der Rente schrittweise eine Bürgerversicherung brauchen.

Ich wiederhole eine These, die ich hier schon vor einiger Zeit dargestellt habe. Meinen Sie nicht, dass wir von einem Tag auf den anderen die Bürgerversicherung hier einführen können? Das weiß ich auch. Wir sind als Linksfraktion nicht dafür, dass erworbene Ansprüche von Beamten oder anderen null und nichtig sind. Es muss eine lange Übergangsphase geben. Aber wir müssen endlich damit beginnen, anstatt einseitig das Rentenalter auf 67 Jahre anzuheben; denn das ist genau der falsche Weg.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die CDUFraktion, bitte. Herr Abg. Jähnichen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die PDS hat erneut einen Antrag zum Thema eingebracht,

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion.PDS: Wenn Sie es nicht machen!)

obwohl sie weiß, dass dies kein landespolitisches Thema ist. Offensichtlich ist Ihre ansonsten so hochgelobte