Lassen Sie mich deshalb noch etwas zum Welterbetitel sagen. Was meinen Sie: Ist der Welterbetitel der UNESCO in irgendeiner Weise, auch nur ein klitzekleines bisschen, dafür verantwortlich, dass sich Dresden so positiv entwickelt hat? Ist der Welterbetitel dafür verantwortlich, dass diese Stadt in den vergangenen 17 Jahren die dynamischste Großstadt Deutschlands geworden ist? Ist der Welterbetitel dafür verantwortlich, dass Dresden mittlerweile die
geburtenstärkste Stadt Ostdeutschlands ist? Ist der Welterbetitel dafür verantwortlich, dass wir so viele interessante Industrieansiedlungen verzeichnen können?
Ich würde gern den Zwischenruf von Herrn Brangs hören. Ich habe nur einen Scheibenwischer gesehen. Sie können es gern wiederholen; ich kenne das ja.
Herr Kollege Zastrow, Sie haben soeben gesagt, was aus Ihrer Sicht im Ergebnis des Welterbetitels nicht stattgefunden hat. Wären Sie aber mal so freundlich, dem Hohen Haus mitzuteilen, welche Bedeutung ein Welterbetitel aus Ihrer Sicht, aus der Sicht der FDP-Fraktion generell hat?
Lieber Herr Dr. Hahn, ein Welterbetitel ist natürlich ganz nett. Ich nehme ihn auch ganz gern. Aber ich brauche diesen Titel nicht, um zu wissen, dass ich in einer der schönsten Städte Deutschlands lebe.
Herr Dr. Hahn, ich lehne es ab, mir von einer – hören Sie genau zu; das sage ich als Vertreter der FDP – Minderheit einreden zu lassen, dass sich das ändern würde, wenn die Brücke stünde und wir im Ergebnis dessen den Titel verlieren würden.
Wir in Dresden brauchen den Welterbetitel ganz gewiss auch nicht, um mehr Touristen in die Stadt zu locken.
Herr Dr. Hahn, ich kann einsehen, dass ein Welterbetitel eine richtig gute Sache ist, die mit Sicherheit Auswirkun
gen auf Touristenzahlen haben kann. Das betrifft zum Beispiel den Fürst-Pückler-Park. Ich bin mir auch definitiv sicher, dass eine Stadt wie Quedlinburg davon profitieren würde. Ich glaube, Herr Brangs sagte gerade, wir sollten auf die Fachleute hören. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, wie das Tourismusmarketing der Stadt Dresden aufgebaut worden ist. Ich bin im Aufsichtsrat der Dresden Werbe- und Tourismus GmbH vertreten
und meine, dass das Tourismusmarketing für Dresden sehr erfolgreich ist; wir haben neue Rekordzahlen erreicht. Lassen Sie sich von mir kurz erklären – danach wurde gefragt –, wie das möglich wurde. Dresden ist so reich an Höhepunkten, dass man klar feststellen muss, dass der Welterbetitel am Ende nur ein Detail in einem Gesamtkunstwerk ist.
Wenn Sie sehen, wie die Stadt Dresden international um Touristen wirbt, stellen Sie fest, dass die Frauenkirche an erster, das Grüne Gewölbe an zweiter und die Semperoper an dritter Stelle genannt werden. Mit diesen drei Meisterwerken sind wir in Amerika präsent; Herr Gillo, aber auch andere werden das wissen. So präsentieren wir uns auch auf allen anderen Messen.
Wenn Sie in Dresden in irgendeiner Straße ein Schild mit der Aufschrift „Willkommen im Welterbe!“ finden, dann sagen Sie es mir; ich kenne keine solche Stelle. Wir nutzen den Titel überhaupt nicht. Nehmen Sie das, was Experten entschieden haben und was für diese Stadt gut ist, bitte einfach zur Kenntnis.
Kollege Zastrow, Sie haben gerade gesagt, der Welterbetitel sei ganz nett und man könne sich mit ihm schmücken oder
auch nicht. Haben Sie eigentlich einmal einen Blick in die UNESCO-Welterbekonvention geworfen und wahrgenommen, dass die Aufnahme in die Welterbeliste eine Verpflichtung gegenüber der gesamten Menschheit ist?
Das ist es mit Sicherheit. Ich fand die Bewerbung um diesen Titel nicht glücklich. Sie wissen auch, dass wir beide, so glaube ich, damals noch gar nicht dabei waren. Ich weiß, dass die GRÜNEN stark dafür geworben haben; wir haben uns nicht daran beteiligt, weil wir schon damals die Probleme gesehen haben. Es ist ein Unterschied, ob der Weltkulturerbetitel für den Kölner Dom, also ein Einzelbauwerk, verliehen wird, oder für eine sich entwickelnde Landschaft wie das Dresdner Elbtal. Die Probleme haben wir jetzt; sie sind nicht einfach zu lösen. Ob man den Titel will, muss man sich überlegen, weshalb wir auch zur Vorsicht bei den Überlegungen zur Montan-Region im Erzgebirge raten. Meine Botschaft lautet: Euch kann dasselbe passieren. Überlegt euch gut, ob ihr das macht. Nicht alles bringt etwas.
Wer vom Welterbetitel spricht, muss auch hinzufügen: Die Leute denken immer, dafür gebe es Geld. Wir bekommen keinen Cent dafür. Das ist eine Geschichte, die uns nur Geld kostet. Die Stadt Dresden kostet die Einrichtung eines entsprechenden Büros 90 000 Euro.
Herr Dr. Gerstenberg, wenn man mit diesem Titel etwas erreichen will, dann muss man ihn vor sich hertragen und damit überall in der Welt werben. Das wird Dresden nicht machen. Dafür hat diese Stadt kein Geld. Das ist das Inkonsequente. Deswegen sage ich: Der Titel ist für uns in Dresden ganz gewiss nicht überlebenswichtig. Es wäre schön, wenn wir ihn hätten. Aber wir brauchen ihn nicht unbedingt.
Ich will Ihnen noch eines sagen – da werden Sie wieder aufschreien –: Dresden ist ohne diesen Titel all das geworden, was es ist. Erst war die Stadt, dann kam die UNESCO. Danach ging es mit den Problemen erst los.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Dresdnerinnen und Dresdner von einigen Parteien – auch hier im Sächsischen Landtag – keine Belehrung darüber benötigen, was gut für die Stadt ist und was schön ist.
Ich erinnere nur an die letzte große Umfrage zur Waldschlösschenbrücke in der „Sächsischen Zeitung“ vom 14. April 2007, die in allen Details repräsentativ das Meinungsbild abgefragt hat. Trotz der Mediendominanz, die die Brückengegner jetzt schon viele Monate in dieser Stadt haben, haben sich immer noch 56 % für einen sofortigen Bau der Brücke ausgesprochen. 37 % waren dagegen.
Gestatten Sie mir einen Hinweis: Bei der Zustimmung derer, die in Dresden geboren sind, beträgt die Zustimmung sogar 65 %, bei denen, die erst nach der Wende nach Dresden gekommen sind, sind es erstaunlich wenig,
Ich habe immer wieder gelesen – Frau Hermenau hat es hier auch ausgeführt –, dass man auf der Suche nach einem Kompromiss ist. Ein Kompromiss setzt aber aus meiner Sicht voraus, dass es mindestens zwei Partner gibt. Einen Partner sehe ich. Das sind jetzt die Brückengegner, die die Mehrheit im Stadtrat haben, weshalb übrigens so komische Beschlüsse in der Landeshauptstadt zustande kommen. Nur wer, meine Damen und Herren, ist auf der anderen Seite? Wen sehen Sie da? Sehen Sie die UNESCO? Woher nehmen Sie das? Bisher gibt es von der UNESCO nicht ein Signal, was sie sich denn überhaupt als Kompromiss vorstellen kann. Wir tappen völlig im Dunkeln, Herr Lichdi.