Ich habe immer wieder gelesen – Frau Hermenau hat es hier auch ausgeführt –, dass man auf der Suche nach einem Kompromiss ist. Ein Kompromiss setzt aber aus meiner Sicht voraus, dass es mindestens zwei Partner gibt. Einen Partner sehe ich. Das sind jetzt die Brückengegner, die die Mehrheit im Stadtrat haben, weshalb übrigens so komische Beschlüsse in der Landeshauptstadt zustande kommen. Nur wer, meine Damen und Herren, ist auf der anderen Seite? Wen sehen Sie da? Sehen Sie die UNESCO? Woher nehmen Sie das? Bisher gibt es von der UNESCO nicht ein Signal, was sie sich denn überhaupt als Kompromiss vorstellen kann. Wir tappen völlig im Dunkeln, Herr Lichdi.
Es gibt von der UNESCO nicht eine Definition dazu, was eigentlich eine welterbetaugliche Brücke sein könnte.
Herr Lichdi, ich verstehe Sie doch nicht. Ich würde Ihre Zwischenrufe gern hören. Sie haben aber eine so glockenhelle Stimme, die verfliegt förmlich im Raum.
Für mich zählt immer noch die Aussage der deutschen UNESCO-Vertreterin, Frau Dr. Ringbeck, die auf ausdrückliche Nachfrage – Sind Sie gegen diese oder gegen eine Brücke? – im Dresdner Stadtrat gesagt hat: „Die UNESCO ist gegen eine Brücke. Wenn die Stadt eine Brücke baut, verliert sie den Weltkulturerbetitel.“ Genauso hat sie es gesagt, Herr Gerstenberg. Seien Sie ehrlich. Das ist der Fakt. Deswegen frage ich Sie: Nach welchem Kompromiss suchen Sie überhaupt? Sie wissen es übrigens auch selbst. Für Sie ist die Mär von einem angeblichen möglichen Kompromiss nichts weiter als ein Trick. Die Debatte verzögert den Baustart weiter. Und Sie wissen es ganz genau – Lars Rohwer hat es vorhin auch schon gesagt –, im Februar 2008 läuft die Bindungsfrist für den Bürgerentscheid ab. Dann reicht ein einfaches Votum des Stadtrates, um den Brückenbau endgültig zu stoppen. Genau das, meine Damen und Herren, haben Sie vor. Das Ziel ist, überhaupt keine Querung zu haben. Seien Sie doch so ehrlich und sagen Sie das den Bürgern!
Übrigens, Frau Hermenau, um näher an die Bindungsfrist heranzukommen, gibt es eine Menge Möglichkeiten. Die interessanteste ist jetzt die komische Perspektivwerkstatt, in der sich die CDU dankenswerterweise und die FDP nicht beteiligen, weil schon klar ist, woher das kommt. Was erwarten Sie eigentlich als Ergebnis außer einer Zeitverzögerung? 1997 gab es in Dresden einen sehr großen Brückenworkshop. In der kompetenten Jury waren Leute, die heute plötzlich Brückengegner sind. Man spricht, man wolle die besten Architekten der Welt holen, um am Ende einen ganz tollen Vorschlag zu bekommen. Wissen Sie, wer damals dabei war? Ich will es Ihnen
sagen: Das waren Leute wie Albert Speer, Kulka, Behnisch, Kaplan aus Dresden, Brandi und Matteo. Wir hatten damals insgesamt 56 Architekturbüros, die sich um die Brücke bemüht haben, 56 allein aus Deutschland. Wir hatten vier aus Tschechien. Wir hatten zwei aus Spanien und wir hatten einen Franzosen. Es gab flache Brückenentwürfe, es gab pompöse Brückenentwürfe, klassische, wie das Blaue Wunder, es gab supermoderne und es gab schlichte. Es gab alles, was Sie je gesehen haben. Wer Zeitung in Dresden liest, hat alle diese Entwürfe gesehen. Was in Gottes Namen soll es anderes geben? Da kommt nichts anderes heraus, als das, was wir schon hatten, meine Damen und Herren.
Im Übrigen hat man sich damals – das sage ich in die linke Bastion hinein –, wenn ich richtig gelesen habe, genau für diesen Brückenentwurf entschlossen, weil man gesagt hat, man wolle einen Kontrast gegen das Barock der Stadt setzen. Wie das aussieht, haben Sie letzte Woche alle in den Lokalzeitungen gesehen, wenn Sie gelesen haben, was man für einen Betonklotz auf den Neumarkt direkt vor die Frauenkirche als wiederaufgebautes Gewandhaus setzen will. Ich bin nicht sicher, dass irgendeine Jury irgendetwas Besseres zustande bringt. Es wird nichts anderes als Zeitverzögerung.
Trotzdem sage ich Ihnen, wir sollten auf die UNESCO zugehen, und zwar selbstbewusst, indem wir sagen, wir bauen die Brücke und behalten den Weltkulturerbetitel. Das kann man vielleicht auch anders erreichen. Wir haben den Vorschlag gemacht, über Ausgleichsmaßnahmen nachzudenken, indem wir uns verpflichten, dass das schöne, leider ruinöse Schloss Übigau oder das Lingnerschloss saniert werden oder, was ich besonders interessant finde, wir uns darum kümmern, dass der Fernsehturm, der übrigens auch im Weltkulturerbegebiet liegt, saniert und wiedereröffnet wird. Das scheint mir bei der Suche nach einem Kompromiss mit der UNESCO der realistischere Weg zu sein, meine Damen und Herren.
Zum Schluss, Herr Brangs: Die Frage, wie wir mit dem Bürgerentscheid umgehen, stellt sich gar nicht. Ich verstehe Sie nicht. Ein Bürgerentscheid ist ein Bürgerentscheid. Die Bürger haben entschieden. Es gibt nichts Größeres. Ich finde es bedenklich, wenn Sie das infrage stellen. Ich finde es bedenklich, dass Sie dafür gar die Deutungshoheit haben wollen. Bürgerentscheid ist Bürgerentscheid und damit basta. Dabei bleibt es.
Die Bürger Dresdens haben abgestimmt. Ich selbst habe lange über meine eigene Entscheidung nachgedacht. Wir haben sogar ein Abstimmungsbüchlein in allen Briefkästen und den demokratischsten Prozess in Sachsen bisher überhaupt gehabt. So viele wie nie zuvor sind zur Wahl gegangen. Wir haben das größte Maß an Aufklärung erlebt und jeder Bürger hat sich Gedanken gemacht, was
auf ihn zukommt. Die Dresdner haben sich mit einer großen Mehrheit für den Bau der Brücke ausgesprochen. Das Ergebnis dieses Bürgerentscheides ist für uns als FDP – ich behaupte, das gilt auch für die Kollegen der CDU – absolut heilig. Deshalb lehnen wir den Antrag der GRÜNEN heute ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen hier genau aus zwei Gründen. Der erste Grund ist, dass es hier in diesem Lande einen Ministerpräsidenten gibt, der wie folgt zitiert wird: „Der Verlust des Welterbetitels ist verkraftbar.“ Dazu sage ich ganz klar: Hier irrt Herr Milbradt. Ich sage noch deutlicher: Er verletzt mit dieser Aussage aus meiner Sicht seinen Amtseid.
Der zweite Grund, weshalb wir hier diese Debatte zum wiederholten Male führen müssen, ist, dass der Freistaat Sachsen, vertreten durch das Regierungspräsidium Dresden, vertreten durch seinen Sprecher, Herrn Felber, in unmittelbarer Verbindung mit der Staatskanzlei – so ist sicher anzunehmen – bis Montag dieser Woche die Ersatzvornahme angedroht hat, die nur durch die Entscheidung der Vergabekammer bisher aufgehalten worden ist. Das sind die zwei Gründe.
Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP! Ich gehe auf die CDU ein. Ich glaube, Herr Rohwer, Sie haben bis heute nicht erkannt – Sie verweigern sich dieser Erkenntnis –, welchen großen Schritt die Stadtratsmehrheit vor zwei Wochen gegangen ist.
„Wir gehen gegen unsere verkehrspolitischen und stadtbaupolitischen Überzeugungen vor und reichen Ihnen zu diesem Kompromiss die Hand.“
Ich sage Ihnen ganz klar als Grüner: Das ist für uns ein sehr großer Schritt. Das ist ein sehr großer Schritt. Wir tun
diesen Schritt, weil wir uns diesem Dilemma, das objektiv vorhanden ist, stellen. Wir wollen das Welterbe erhalten und sehen auch die Bindungswirkung des Bürgerentscheides. Der Unterschied zwischen uns ist der, dass wir uns seit Vilnius bemüht haben, das Dilemma in einem einvernehmlichen Prozess aufzulösen.
Sie haben sich diesem Prozess von Anfang an verweigert. Sie wissen ganz genau, dass es die drei Fraktionen im Dresdner Stadtrat schon im Juli 2006 waren, die mehrmals angeboten haben, erneut einen Bürgerentscheid durchzuführen. Wir haben Ihnen sogar freigestellt, die Frage zu wählen. Sie sind darauf nicht eingegangen. Sie haben das mit großer Geste wie auch jetzt lachend aus der letzten Bank von sich gewiesen. Sie haben ja das „Recht auf Ihrer Seite“. Jetzt ist kluges politisches Handeln gefordert. Dazu waren Sie bisher leider nicht in der Lage. Meine Damen und Herren, ich bedauere das sehr und hoffe immer noch, dass Sie sich eines Besseren besinnen werden.
Um auch dieses dumme Argument endgültig wegzuräumen – ich habe es mehrfach in der Öffentlichkeit gesagt, ich habe es der Presse gesagt, ich habe es hier an dieser Stelle gesagt, ich habe es öffentlich im Dresdner Stadtrat gesagt:
Wir und meine Person – hören Sie gut zu, darauf können Sie mich festnageln – und meine Fraktion im Dresdner Stadtrat als auch hier im Landtag stehen nicht dafür zur Verfügung, einfach die Bindefrist des Bürgerentscheids am 28.02.2008 ablaufen zu lassen und dann etwas anderes zu entscheiden. Wir brauchen die Zeit, um eine einvernehmliche Lösung mit uns und Dresden, mit Dresden und dem Land sowie der UNESCO zu finden. Diese Lösung, wie sie auch aussehen mag, muss aus meiner tiefsten Überzeugung den Bürgerinnen und Bürgern in einem erneuten Bürgerentscheid, sei es vor dem Februar 2008 oder weit weg im Sommer 2008, wiederum vorgelegt werden.
Ich sage Ihnen, Herr Rohwer und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie mögen hier noch so laut lachen, Sie mögen sich noch so sicher sein und das OVG-Urteil und den angeblichen Bürgerwillen von 2005 in der Hand führen,
aber ich sage Ihnen ganz klar: Ich sehe den nächsten Wahlen sowohl im Land als auch in Dresden mit Ruhe entgegen, wenn Sie diesen fatalen Kurs nicht endlich aufgeben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wieder einmal beschäftigt sich der Sächsische Landtag mit der Waldschlösschenbrücke. In Vertretung meines Kollegen Dr. Buttolo darf ich für die Staatsregierung zu den beiden Anträgen kurz Folgendes sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Ihres Antrages hätte es nicht bedurft. Er zeigt, dass Sie nicht verstanden haben, von welchen drei Grundsätzen sich der Freistaat in dieser Sache leiten lässt. Erstens: Wir wollen den Weltkulturerbetitel erhalten. Zweitens: Der Freistaat hat sich aus rechtlichen Gründen und aus Achtung vor den Demokratiegrundsätzen schützend vor den nicht nur angeblichen, Herr Lichdi, Bürgerwillen zu stellen
und drittens dafür Sorge zu tragen, dass der Bürgerwille respektiert und nicht unterlaufen wird. Die Bürgerschaft der Stadt Dresden hat sich in einem basisdemokratischen Verfahren am 27. Februar 2005 mit großer Mehrheit für den Bau der Brücke entschieden. Diese Entscheidung der Dresdner Bürgerinnen und Bürger bindet die Organe der Stadt Dresden, und diese Entscheidung ist und bleibt Grundlage und Maßstab für das Handeln der Staatsregierung. Wenn der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden Beschlüsse fasst, die diesem Bürgerentscheid zuwider laufen, dann ist es auch die Aufgabe der Rechtsaufsicht, diese Beschlüsse zu beanstanden und rechtmäßiges Verhalten der Landeshauptstadt und ihrer Organe einzufordern. Genau das und nichts anderes hat die Staatsregierung getan. All diejenigen, die standhaft geblieben sind und sich wieder und wieder für die Umsetzung des Bürgerentscheids einsetzen und sich dabei vielfacher öffentlicher Kritik, auch Schmähkritik aussetzen, werden nun durch die Gerichtsentscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes und des Verfassungsgerichtshofes, wie ich finde durchaus eindrucksvoll, bestätigt.