Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Diese bemerkenswerte Erkenntnis stammt von keinem Geringeren als dem bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf, Mitglied der CSU. Er hat sie anlässlich der Präsentation eines werksneuen BMW mit Wasserstoffantrieb für den alltäglichen Einsatz in der Bayerischen Staatsregierung gesprochen. Nun, der bayerische Regierungschef, der Umwelt- und der Wirtschaftsminister reisten symbolträchtig in den nagelneuen WasserstoffBMWs an. Der Rest des Kabinetts und der dazugehörige Beamtentross kamen ganz traditionell in CO2-intensiven Benzingefährten, um auf der Zugspitze das Klima zu schützen.

Ich glaube, wir können das in Sachsen besser, und damit beschäftigt sich unser Antrag. Gegenwärtig ist es allerdings noch so, dass der sächsische Regierungschef mit einem Fahrzeug anrollt, das mit der CO2-Intensität nah an die Fahrzeuge der sogenannten Gumball-Rallye herankommt, von der Sachsen zum Glück verschont worden ist.

Ein VW „Phaeton“ hat bei einem Durchschnittsverbrauch von 11,4 Liter Diesel einen CO2-Ausstoß von 302 Gramm pro Kilometer. Das Fahrzeug hat noch nicht einmal einen Dieselrußfilter. Ich glaube, ich würde es dem Ministerpräsidenten, wenn er anwesend wäre, jetzt entgegenschleudern: Mit einem solchen Auto sollten Sie in Sachsen nicht mehr fahren!

Etwas besser sieht es bei der restlichen Ministerriege aus. Immerhin haben die Audi A8 einen Dieselrußfilter. Mit dem CO2-Ausstoß liegen sie kurz unter der 300er-Marke. Das ist auch nicht gerade berühmt. Der Wirtschaftsminister fährt ein Modell mit einem durchschnittlichen Kraft

stoffverbrauch von 8,5 Liter Diesel und einem CO2Ausstoß von 226 Gramm pro Kilometer. Er ist mit diesem Fahrzeug innerhalb der Staatsregierung immerhin noch Vorbild. Ein Vorbild für die Menschen im Land sind Sie damit allerdings noch lange nicht. Die Leute fragen sich doch: Warum soll ausgerechnet ich mich umweltfreundlicher verhalten, wenn sich unsere Regierung dennoch das Recht herausnimmt, weiterhin die Luft und das Klima zu verpesten?

Wir haben großen Bedarf in Sachsen, wo gerade die Kohlendioxidemissionen im Individualverkehr noch weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Es bedarf deutlicher und konsequenter Anstrengungen aller, von diesem hohen Verschmutzungsniveau herunterzukommen.

Wir haben vorige Woche im dritten Bericht des IPCC ins Stammbuch geschrieben bekommen, dass wir jetzt handeln müssen, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels mildern zu können. Es ist im Grunde genommen zweitrangig, ob wir nun acht oder 13 Jahre Zeit haben, um zu handeln. Die Botschaft lautet doch: Wir müssen es jetzt tun. Das Weiterwirtschaften ist ein Selbstmordprogramm. Wir brauchen ein ganzes Bündel von Maßnahmen – viele dieser notwendigen Maßnahmen sind zu realisieren –, ohne dass man dabei auf wesentliche Standards verzichten müsste.

Die Effekte einer schrittweisen Reduzierung der Emissionen bei Kraftfahrzeugen im Verantwortungsbereich der Staatsregierung auf zunächst 140 Gramm pro Kilometer CO2 und später auf 120 Gramm pro Kilometer sind nicht zu unterschätzen. Es geht nicht nur um die eben angesprochenen Dienstfahrzeuge der Minister, sondern um die mehr als 2 800 Fahrzeuge im nachgeordneten Bereich.

Um es noch einmal in Zahlen auszudrücken: Die Staatsregierung und die Behörden des Freistaates verfügten im Jahr 2006 über 2 867 Dienstfahrzeuge, davon 65 direkt in den Ministerien. Von den Fahrzeugen in den Ministerien sind 43 dieselbetrieben und nur 25 % davon verfügen über einen Partikelfilter. Der Gesamtdurchschnittsverbrauch all dieser Fahrzeuge liegt bei 9,43 Litern. Dies ist zumindest der Stand von 2005, den wir aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage kennen. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 220 bis 240 Gramm pro Kilometer.

Meine Damen und Herren! Da meine Zeit – leider – verrinnt, kann ich Sie wirklich nur bitten, sich diesen Antrag unideologisch durchzulesen, ihn sauber zu bedenken und vielleicht doch eine Zustimmung zu erwägen. Dies gilt auch für die Herren von der FDP.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU – Johannes Lichdi, GRÜNE: Sie haben nicht aufgepasst!)

Die CDUFraktion, bitte; Herr Prof. Mannsfeld.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweifellos verursacht das Verkehrswesen einen beachtlichen Anteil am Gesamtausstoß von Kohlendioxid, sodass diesem Sektor besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich wirksamer Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen zukommt. Der Verkehr ist nach den Haushalten mit rund 30 % der größte Endenergieverbraucher, und der verkehrsbezogene CO2-Anteil beläuft sich auf reichlich 20 % – mit steigender Tendenz.

Dieser Zusammenhang wurde jedoch in Sachsen durchaus frühzeitig erkannt und in den grundsätzlichen Festlegungen für das staatliche Handeln verankert, so bereits in der Präambel für den Fachlichen Entwicklungsplan Verkehr von 1999 und erst recht im Klimaschutzprogramm von 2001, das hierzu detaillierte Handlungsziele und Einzelmaßnahmen enthält. Ich zitiere beispielhaft aus dem Klimaschutzprogramm. Auf Seite 95 bei den Grundsätzen für die umweltfreundliche Beschaffung im Fahrzeugwesen lesen wir – Zitat –: „Bei der Beschaffung von Kraftfahrzeugen soll die Vorbildfunktion künftig durch folgende Maßnahmen wahrgenommen werden: Erstens die ausschließliche Beschaffung besonders emissionsarmer Pkw nach der Euro-4-ID-4-, die vorrangige Beschaffung von Kfz mit einer maximalen CO2-Emission von 120 Gramm CO2 pro Kilometer und die Beschaffung besonders emissionsarmer Kfz mit alternativen Antrieben in geeigneten Einsatzbereichen, wie Gasfahrzeuge, Brennstoffzellen-Kfz und andere.“ Ich ergänze kommentierend: In Bezug auf den CO2-Ausstoß im Jahre 2001 zu formulieren, dass man sich an der Norm 120 Gramm pro Kilometer orientiert, ist schon bemerkenswert; denn es ist eine Zielstellung, die in Europa erst ab 2010 verbindlich werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber ich mag das Plenum – schon gar nicht zu dieser Uhrzeit – mit weiteren Festlegungen und Verbindlichkeiten aus den bereits vor sechs Jahren beschlossenen Programmen – einschließlich des etwas jüngeren Energieprogramms – langweilen, möchte jedoch darauf hinweisen, dass im aktionistischen Herangehen an aktuelle Umweltfragen durch die einbringende Fraktion – dies beschränkt sich nach meinen Erfahrungen nicht nur auf das Thema Klimaschutz – ständig neue, sektorale Forderungen entstehen, die, wenn man sich einmal die Mühe gemacht hätte, den Bestand an verbindlichen Zielstellungen zur Kenntnis zu nehmen, völlig überflüssig sind und eigentlich nur davon zeugen, dass man die Realitäten im Land – und im Landtag – überhaupt nicht kennt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ihre Kritik an der Dienstwagenflotte der Minister, Herr Kollege Lichdi, ist im Grunde genommen für mich nicht nachvollziehbar. Sie schreiben in Ihrem Antrag, es gehe um die Neuanschaffung. Sie haben also offensichtlich gar nicht erkannt, dass, wenn wir als Parlament die Haushaltsmittel zur Verfügung stellen würden, für alle neue Fahrzeuge anschaffen müssten. Es kann also nicht darum

gehen, nur zu kritisieren, was vorhanden ist. Sie sollten auch wissen, dass es bundesrechtliche Vorgaben gibt, wie die Fahrzeuge von Ministerpräsidenten aus Sicherheitsgründen beschaffen sein müssen und aus diesem Grunde stärkere Motorenleistungen und entsprechend mehr Ausstoß haben. Also, auch solche Hinweise bzw. Versuche, die Vorbildwirkung des Ministerpräsidenten an dieser Stelle einzuschränken, führen nicht weiter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Sinn hätte ein Antrag gemacht, der auf der Basis der umfangreichen Festlegungen und Selbstverpflichtungen die Staatsregierung nach dem Stand der Dinge und nach der Umsetzung der bereits beschlossenen und festgelegten Regelungen fragt, um eventuell aus der Antwort, wenn Defizite erkennbar geworden wären, neue Anstrengungen abzuleiten. Aber im Sinne der Drucksache 4/8599 sollen wir jetzt, im Mai 2007, etwas beschließen, was längst Praxis ist und in der Praxis mehr oder weniger umfänglich und erfolgreich realisiert wird.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Eben!)

Bei solchen substanzlosen Anträgen können Sie nicht auf die Unterstützung der CDU-Fraktion hoffen.

(Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion.PDS; Frau Dr. Runge, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel: Die Klimadebatte und die EUVorgaben für die Reduktion von CO2-Emissionen für Autos machen Druck auf die Autoindustrie, und das ist gut so. Bisher hat sich die EU-Kommission auf keine verbindliche Definition zum Flottenverbrauch festgelegt.

Die Schwierigkeiten beginnen bereits damit, dass nicht definiert ist, was unter Autoflotte zu verstehen ist. Unter Autoflotte können die Modelle einer Marke, die Modelle eines Konzerns, die Modelle eines Segmentes oder die angebotenen, produzierten oder verkauften Fahrzeuge verstanden werden.

Wir können uns im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Antrag der GRÜNEN definitorisch darauf einigen, dass wir unter Dienstwagenflotte diejenigen Autos verstehen, mit denen Bedienstete der Staatsregierung, ihrer nachgeordneten Behörden und des Landtages chauffiert werden. Diese sollen nach einer Pressemeldung von Herrn Lichdi immerhin 2 867 Fahrzeuge zählen. Bisher ist vonseiten der EU-Kommission lediglich klar, dass der CO2-Ausstoß von Neuwagen ab 2012 den Wert von 130 Gramm pro Kilometer nicht übersteigen soll. Die Umsetzung dieser Zielvorgaben hat nun in Deutschland eine muntere Diskussion über die besten Instrumente ausgelöst.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Ist Ihnen bekannt, dass ich diese Zahl, 2 867 Dienstkraftfahrzeuge, einer Kleinen Anfrage Ihres Fraktionskollegen Hilker mit der Drucksachennummer 4/7553, ausgegeben am 8. Februar 2007, entnommen habe?

Ja, das ist mir bekannt.

Schön.

Die Bundesregierung favorisiert die Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf den CO2-Ausstoß. Zugleich wird die Abschaffung der Kfz-Steuer durch eine gleichzeitige Erhöhung der Mineralölsteuer diskutiert, oder die Autobranche sollte, wie vom Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer vorgeschlagen, in den CO2-Emissionshandel einbezogen werden. Alles, was über der Obergrenze von 130 Gramm CO2 pro Kilometer liegt, müsste dann beim Kauf des Autos extra bezahlt werden.

Wenn solche Autos auf dem Markt sind oder auf den Markt kommen, ist es für die öffentlichen und staatlichen Institutionen geradezu moralisch zwingend, bei der Nutzung von umweltfreundlicheren Autos mit Vorbildwirkung voranzugehen. Insofern würde ein heutiger Beschluss im Landtag die Staatsregierung und ihre nachgeordneten Behörden politisch und moralisch auffordern, in den nächsten Jahren sukzessive umweltfreundlichere Dienstfahrzeuge anzuschaffen.

Ob wir im Rahmen des Selbstbefassungsrechtes des Landtages über die Anschaffung umweltfreundlicherer Autos für den Landtag entscheiden können, würde ich bezweifeln. Deshalb bitte ich Sie, Herr Lichdi, diesen Antrag bezüglich des Dienstwagenfuhrparks noch einmal in das Landtagspräsidium einzubringen.

Natürlich müssen Dienstfahrzeuge bestimmten Sicherheitsstandards und auch bestimmten Standards, was die Arbeitsmöglichkeiten im Dienstfahrzeug angeht, entsprechen. Das ist doch völlig klar. Ich kann Ihnen dazu mitteilen, dass bereits jetzt vom Autoclub Deutschland eine ganze Liste von Automarken angeboten wird, die hinsichtlich des CO2-Ausstoßes viel günstiger sind und auch bestimmte Sicherheitsstandards und andere Voraussetzungen für Dienstfahrzeuge erfüllen. Diese Liste, die da veröffentlicht worden ist, sollten die Gremien in den Ministerien und auch in der Landtagsverwaltung einfach einmal durchschauen und überlegen, wie wir sukzessive bei den Dienstfahrzeugen, wenn sie erneuert werden müssen, auf diese umweltfreundlicheren Fahrzeuge umsteigen können.

Ihrem Anliegen, Herr Lichdi, kann meine Fraktion zustimmen, allerdings wie gesagt, mit Ausnahme dieses zweiten Punktes. Das sollte besser noch einmal im Landtagspräsidium diskutiert werden.

Ich freue mich natürlich, dass die CDU-Fraktion bereits solche verbindlichen Umweltstandards für die Staatsregierung in ihren Vorschriften festgehalten hat. Insofern ist jetzt tatsächlich nicht die bestehende Autoflotte zu kritisieren, sondern es geht darum, wie in den nächsten Jahren die vorhandene Dienstwagenflotte sukzessive durch die modernsten Autos, die auf dem Markt sind, abgelöst werden kann.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Es sieht zumindest so aus.

Bitte, ja.

Herr Prof. Mannsfeld, wollen Sie eine stellen? – Gut.

Ich habe nur eine Frage. Vielleicht können wir das klären. Es handelt sich nicht um irgendwelche Programme der CDU, sondern um das Klimaschutzprogramm des Freistaates Sachsen, das das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft herausgegeben hat. Das ist keine Veranstaltung einer Fraktion. Stimmen wir darin überein?

Darin stimmen wir völlig überein.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Viele, viele Jahre!)

Die SPD-Fraktion. Herr Abg. Gerlach, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Klima wandelt sich und wir sind die Verursacher. Das kann man entweder a) anerkennen, dann hat das irgendwelche Konsequenzen, oder man kann es b) ignorieren, das wird aber kaum noch gemacht, ich denke, auch nicht im Sächsischen Landtag.

Bleiben wir also bei a), wir erkennen es an. Darauf gibt es dann mehrere Reaktionsweisen. Erstens könnte es sein, dass man sagt: Ja, in den USA, in China, in Australien und wo auch immer werden viele schlimme Dinge gemacht. Wenn wir das mit uns vergleichen, sind wir eigentlich sehr kleine Lichtchen und brauchen eigentlich nicht sehr viel zu tun. Am besten ist es, wir machen überhaupt nichts!

Das Zweite wäre, dass man sagt: Trotzdem müssen wir selbst etwas dazu tun, und dabei erwartet man von uns Politikern eine Vorbildrolle.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Richtig!)

Ein Kollege von mir hat nicht ganz ohne Schmunzeln gesagt, ich solle doch einfach hier vor den Landtag treten und sagen: Ich fahre seit zwei Jahren ein Hybridauto, macht mich zum Minister und dann stimmt die Statistik! – Ganz so einfach ist es wahrscheinlich nicht.

Es gibt eine Menge Argumente gegen diesen Antrag, der uns vorliegt. Meine Fraktion steht dem Antrag ja so ablehnend nicht gegenüber. Wir denken aber, dass Sie an manchen Stellen einfach überzogen haben. Ich erwähne bei Punkt 1, dass Sie diese Vorgaben auch gleich auf alle Fahrzeuge externer Dienstleister ausweiten wollen. Also, wenn hier irgendein Möbelauto ankommt und in irgendein Ministerium einen Schreibtisch bringt, dürfte das nicht passieren, wenn das betreffende Auto die Grenzwerte nicht einhält.