mit dem Reizwort „Waldschlösschenbrücke“ hat, von dem wir gesagt haben, auch das ist ein Vorgang, der eigentlich so nicht in den Sächsischen Landtag gehört. Worum geht es eigentlich, obwohl Kollege Lichdi durchaus schon eine ganze Reihe auch zutreffender Beschreibungselemente geboten hat?
Nach der Auflösung früherer Versorgungsstrukturen starteten 1993 acht Aufgabenträger im Erzgebirge den Versuch, im Rahmen des Fernwasserzweckverbandes Südsachsen eine kommunal verfasste und solidarisch organisierte Form der Trinkwasserversorgung als zukunftssichere Infrastrukturmaßnahme zu gestalten.
Die Basis dafür waren die zahlreichen Talsperren und Speicher, die als heimische Ressource im Erzgebirge existieren und die nach umfänglichen Sanierungsarbeiten einschließlich des Baues von Ringleitungen zwischen allen relevanten Speichern eine nach Menge und Qualität auch unter den Bedingungen des Klimawandels gesicherte Versorgung ermöglichen – Trinkwassertalsperren, die von der Landestalsperrenverwaltung bewirtschaftet werden. So weit, so gut.
Obwohl in der Umsetzung der genannten Zielstellung des Zweckverbandes besonders seit 1999 unter der Überschrift „Zukunftsfähige kommunale Wasserversorgung“ – ich betone das Adjektiv – nicht wenige Probleme zu lösen waren – ich benenne stichwortartig den Umgang mit den Restitutionsansprüchen der Stadt Chemnitz –, gestaltete sich bis vor wenigen Monaten die Arbeit des Regionalverbandes trotz aller Einzelprobleme, soweit man das aus der Distanz beurteilen kann, erfolgreich.
Neu auftauchende Überlegungen der großen Stadt, bei weiterer Mitgliedschaft im Verband, wie sie versichert, jedoch eigenständige Versorgungskapazitäten im Nachbarstaat Tschechien zu erschließen, haben in der Öffentlichkeit in jüngster Vergangenheit einen heftigen Meinungsstreit ausgelöst. Dessen Kernfrage lautet: Wenn ich
im Erzgebirge schon Überkapazitäten an Trinkwasser habe, warum kaufe ich dann anderswo noch welches hinzu? Ich glaube, diese beiden parlamentarischen Anträge sind als Ausdruck dieser kritischen Behandlung der Vorgänge zu verstehen, auch wenn sie sich mit unterschiedlicher Zielrichtung dem Anliegen verpflichtet sehen, Beiträge zu leisten, dass es nicht zu dem kommt, was seit rund zwei Monaten den Tenor der Leserbriefe der „Freien Presse“, die sich zu diesem Vorgang äußern, bestimmt. Der lautet nämlich: Die Zeche zahlt der Endverbraucher.
Doch zunächst grundsätzlich zu den Anträgen. Mein Vorredner hatte ja gemeint, dass seiner eine Basis wäre, um irgendetwas zu erzielen. Ich will versuchen zu begründen, dass das absolut nicht der Fall ist.
Zum Antrag Drucksache 4/8441 der GRÜNEN muss gesagt werden, dass vor allem die Ziffer 2 – Sie, Kollege Lichdi, haben uns hier heute A und B anders vorgetragen, aber das ist eine Nebenerscheinung – doch von redaktioneller Unschärfe geprägt ist. Wie kann sich eine Staatsregierung gegen das Vorhaben einer Stadt stellen, wie Sie formulieren, und es, wie Sie es fordern, verhindern? Meine Damen und Herren, Gewaltenteilung und kommunale Selbstverwaltung sollten Begriffe sein, die man auch in dieser Fraktion kennt,
selbst wenn es im Sinne der Vorsorgepflicht des Freistaates wie auch des Landtages nicht gleichgültig sein darf, was in einer Region vor sich geht. Insofern stelle ich durchaus anerkennend fest, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Ärgernis genauso erkannt hat wie wir und Veränderungen wünscht, aber dem Problem mit der dargelegten Fassung dieser Beschlussempfehlung in keiner Weise weiterhilft.
Vielen Dank, Herr Kollege Mannsfeld. – Ich möchte Sie Folgendes fragen. Haben Sie wahrgenommen, dass ich ganze zwei Seiten meines Redebeitrages darauf verwendet habe zu begründen, dass ich hier nicht eine juristische Geschichte, sondern eine politische Führungsaufgabe des Staatsministers Tillich in dem Punkt erkenne, weil mir und meiner Fraktion natürlich bekannt ist, dass es eine Gewaltenteilung in Deutschland und auch in Sachsen gibt?
Das sei Ihnen gern zugestanden. Sie haben in Ihrer Rede auch einmal von kommunaler Zuständigkeit gesprochen. Das war für mich eine Art Lichtblick, dass Sie schon wissen, wie die Dinge sind. Aber in Ihrer Beschlussempfehlung steht nichts, was das Parlament im Sinne seines Selbstverständnisses
beschließen kann. Da steht, die Staatsregierung soll sich gegen ein kommunales Vorhaben stellen und es verhindern.
Damit komme ich wieder zu meinem Text; Ihre Frage ist beantwortet. – Ich stimme Ihnen ja an der Stelle zu, dass Sie diese politische Verantwortung des zuständigen Fachministeriums der Staatsregierung einfordern wollen.
Kollege Mannsfeld, das ist der letzte Tagesordnungspunkt. Würden Sie mir nicht doch zustimmen, dass diese Ihre Interpretation eine sehr spitzfindige ist, weil es meines Erachtens durchaus üblich ist, dass alle Fraktionen hier Anträge einbringen, die eine politische Positionierung der Staatsregierung im allgemeinen Sinne begehren?
Ich pflichte Ihnen gern bei, dass Ihre Formulierung aus Ihrer Sicht Abhilfe schaffen soll. Aber ob ich das nun als Spitzfindigkeit bezeichne oder nicht, bin ich der Meinung, eine solche Beschlussempfehlung taugt nicht für das Parlament.
Ich habe es einleitend gesagt, weil es letztlich nicht zuständig ist. Es gibt nur ein einziges Instrument, eine einzige Schiene, über die der Landtag in diesem Prozess Einfluss nehmen kann: Das ist die Ziffer 2 des Antrages der CDU.
Also der Koalitionsfraktionen. Es gibt nur ein einziges Instrument, dort einzugreifen: wenn wir nämlich das Ministerium auffordern, unserem Antrag gemäß eine Formulierung vorzulegen, wie das Sächsische Wassergesetz im § 59 ergänzt und verändert werden kann; etwa in dem Sinne, dass bestimmte Fernwasserversorgungswünsche an eine Genehmigung durch die zuständige Wasserbehörde gebunden werden.
Nur wer über diese Brücke geht, der geht im Selbstverständnis des Parlaments den richtigen Weg, nämlich über eine Gesetzesnovelle das zu tun, wozu ein Landesparlament da ist.
Diese Konsequenz, meine Damen und Herren, ist zwingend und es ist angebracht, dass man sich noch etwas gründlicher mit der Situation im Verbandsgebiet auseinandersetzt. Wobei mir gerade einfällt: Woher Sie Ihren Wasserpreis für die Stadt Chemnitz haben, Kollege Lichdi, weiß ich nicht. Die Stadtwerke Chemnitz
haben vor wenigen Wochen ihren eigenen Preis von 3,12 Euro – also wesentlich mehr, als Sie genannt haben – schon benannt. Wenn man weiß, dass sie es für 60 Cent abnehmen, kann sich jeder seinen Reim darauf machen, wie die Verhältnisse dort gestaltet sind.
Die Argumentation der Stadtwerke in der Öffentlichkeit – das muss ich so feststellen – ist hochgradig scheinheilig, wenn geäußert wird – hier verweise ich auf das Informationsblatt 1/07 der Stadtwerke und das Interview in der „Freien Presse“ vom 14. April –, man wolle mehr Wettbewerb im Wasserbezug, man wolle Liefersicherheit und Preisstabilität. So einleuchtend diese Aussage für viele Bürger klingen mag, so unredlich ist sie, weil vergessen wird – oder sollte man fast sagen: verschwiegen wird? –, dass die Kosten für eine Trinkwasserleitung von rund 36 Millionen Euro, die immer mal wieder auftauchen, natürlich auf den Endverbraucher umgelegt werden und die Investitionskosten die möglichen Gewinne eines niedrigeren Wasserentgeltes für den Bezug von Trinkwasser aus Tschechien letztlich wieder aufzehren.
Aber zugleich steigen im Verband, aus dem die Stadt versichert nicht ausscheren zu wollen, die fixen Kosten der Wasservorhaltung, an denen sich die Stadt dann, weil sie noch im Verband ist, beteiligen muss. Auch diese Kosten können nur auf den Endverbraucher umgelegt werden. Da gegebenenfalls noch der Neubau eines Wasserwerkes ins Haus steht und die Folge- und Wartungskosten einer neuen Trinkwassertrasse nicht zu vergessen sind, zahlt all das der Chemnitzer Bürger.
Aber der gravierendste Nachteil des Ausscherens der Stadtwerke aus dem solidarischen Verbund wären die Mehrkosten für alle Kommunen im Versorgungsgebiet oder, um es klar zu sagen, für alle Gemeinden im Erzgebirge, weil die um rund 12 Millionen Kubikmeter geringere Abnahme der vertraglich durch die LTV vorgehaltenen Wassermenge, vor allem aber die spezifischen Kosten für die Verteilungsanlagen und Verteilungsnetze dann auf alle Versorgungsträger im Erzgebirge umgelegt werden müssten und selbst der Landestalsperrenbetrieb jährlich Ausfälle in Millionenhöhe hätte, die die Haushaltsgesetzgeber, also bitte schön wir, letztlich nur zulasten anderer öffentlicher Belange ausgleichen könnten.
Meine Damen und Herren! Auch wenn ich auf die Uhr schaue, will ich hier keine Einzelheiten weiter erörtern, obwohl das Thema noch viel hergeben würde, sondern als Resümee feststellen, dass es Grenzen für marktwirtschaftliche Spielräume geben sollte, vor allem wenn sie zulasten des Bürgers gehen.
Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag, der – wie angedeutet – in der Ziffer 2 ein wirksames Instrument eröffnet, um sowohl in dem konkreten Fall als auch bei anderen theoretisch im Land denkbaren Fehlentwicklungen vorbeugend zu wirken und letztlich damit – und vielleicht tun wir Ihnen einen Gefallen, Kollege Lichdi, aus Ihrem Begründungsanteil zu formulieren – einen Sperrschieber zum Einsatz zu bringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Wasser ist unverzichtbar, wenn Menschen in Würde leben wollen.“ So formulierten die Vereinten Nationen 2002 das Menschenrecht auf Wasser. Es muss für jeden Menschen verfügbar, bezahlbar und qualitativ einwandfrei sein.
Um diese Ziele geht es in den beiden vorliegenden Anträgen. Die beste Voraussetzung, diese Ziele zu erreichen, ist eine ortsnahe Wasserversorgung, denn ihre kleinräumige und dezentrale Struktur gewährleistet eine hohe Trinkwasserqualität und Versorgungssicherheit.
Im Sächsischen Wassergesetz wird dem Rechnung getragen. Danach ist der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken. Allerdings ist eine Fernwasserversorgung dann möglich, wenn einer ortsnahen Versorgung überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen. Das sind unter anderem Mangel an Wasservorkommen, aber auch unvertretbar hohe Kosten für die Nutzung oder wenn die Natur und der Wasserhaushalt beeinträchtigt werden.
Überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit liegen auch vor, wenn die Fernwasserversorgung Teil eines gebietsübergreifenden Verbundes ist. Einen solchen Verbund hat der Fernwasserzweckverband Südsachsen aufgebaut. Dieser ist also gesetzlich legitimiert.
Mit den hohen Kosten kommen wir zu einem entscheidenden Punkt der Debatte. Die neun Wasserwerke des Fernwasserzweckverbandes Südsachsen erhalten aus zwölf Talsperren des Freistaates Sachsen Rohwasser, welches sie aufbereiten und an Regionalversorger sowie die Stadt Chemnitz liefern. Dabei liegt der Rohwasserpreis seit 1998 stabil bei circa 20 Cent. Deutschlandweit ist das mit der teuerste Rohwasserpreis und ein Grund für die Stadtwerke Chemnitz, laut über Alternativen nachzudenken. Obwohl hier sicherlich unterschiedliche Interessen der Beteiligten eine Rolle spielen, geht es doch unter dem Strich allen um die bereits genannten Ziele bei der Trinkwasserversorgung.
Der Antrag der GRÜNEN fordert nun, dass sich die Staatsregierung gegen das Vorhaben der Stadtwerke stellt, Wasser aus der Republik Tschechien zu beziehen. Diese Forderung ist so leider nicht zielführend, weil es Sache
der kommunalen Gebietskörperschaften oder ihrer Zusammenschlüsse ist, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung darüber zu entscheiden.
Zur Rechtfertigung des Chemnitzer Vorhabens wird unter anderem der hohe Rohwasserpreis angeführt, der dann angeblich den Preis für Trinkwasser in die Höhe treibt. Auch die Versorgungssicherheit wird ins Feld geführt. Diese Argumentation geht aber an der Realität vorbei. Tatsächlich ist der Trinkwasserpreis gestiegen, ohne dass der Rohwasserpreis erhöht wurde. Der Rohwasserpreis macht insgesamt weniger als 10 % des Endpreises aus. Trotzdem muss der Freistaat alles tun, um auch zukünftig unter den sich verändernden Rahmenbedingungen, das heißt vor dem Hintergrund des Klimawandels sowie des demografischen Wandels und damit verbundener sinkender Abnahmemengen, den Rohwasserpreis stabil zu halten.
Meine Damen und Herren! Wenn es um eine konkurrenzfähige sächsische Wasserversorgung geht, müssen alle an einem Strang ziehen. Der bestehende Fernwasserverbund ist hierfür eine gute Basis. Ein Ausscheren Einzelner infolge billigerer Angebote gefährdet nicht nur die Solidargemeinschaft, sondern öffnet privaten Wasserversorgern Tür und Tor. Das schafft eher mehr denn weniger Abhängigkeit und ist auf eine private Gewinnmaximierung ausgerichtet. Den Nachteil haben letztendlich die Verbraucher.
Die Trinkwasserversorgung ist eine kommunale Aufgabe der Daseinsvorsorge und muss aus unserer Sicht in kommunaler Hand bleiben.