Ich sehe in dem, was ich gelesen habe, eine Herausforderung an den freiheitlich demokratischen Rechtsstaat und seine Institutionen, deren Bewältigung zugleich eine Bewährungsprobe rechtsstaatlicher Mechanismen im Freistaat Sachsen darstellt.
Gerade deshalb war und ist es mir wie auch meinen Kolleginnen und Kollegen in der Parlamentarischen Kontrollkommission unabdingbar wichtig, dass die Beobachtungen, die das Landesamt für Verfassungsschutz zusammengetragen hat, mit den hierfür vorgesehenen rechtsstaatlichen Mitteln und Methoden zügig untersucht werden. Der Verfassungsschutz verfolgt keine Straftaten, und er erhebt keine Beweise. Das ist auch richtig so. Die Aufgabe der Strafverfolgung liegt ausschließlich bei der Staatsanwaltschaft, die mit den Mitteln und auf der Grundlage der Strafprozessordnung ermittelt und Beweise erhebt, abwägt und gegebenenfalls anklagt. Sie hat das staatliche Strafverfolgungsinteresse konsequent durchzusetzen. Dies war und ist das Anliegen der Parlamentarischen Kontrollkommission.
Ich möchte an dieser Stelle meinen Kolleginnen und Kollegen in der Parlamentarischen Kontrollkommission danken – das gilt für alle – für ihre ernsthafte, intensive und konsequente Arbeit der vergangenen Wochen, die getragen war von der Sorge um den Erhalt des Vertrauens in den Rechtsstaat und in seine Wirkungsmechanismen.
Nunmehr sind nach Auffassung der Parlamentarischen Kontrollkommission deren Forderungen nach umfassenden, vollständigen, zügigen und ohne Ansehen der Person geführten Ermittlungen umzusetzen. Ob und wie dies in den Augen der besorgten Öffentlichkeit gelingt, entscheidet darüber, wie der Rechtsstaat im Freistaat Sachsen die Bewährungsprobe besteht, vor die er gestellt ist.
Die Akten sind bereits übermittelt worden und werden weiterhin übermittelt. Bis zur endgültigen Klärung darf nichts vernichtet oder archiviert werden. Der Staatsminister des Innern hat es gerade gesagt.
Die mit der Ermittlung beauftragte Staatsanwaltschaft Dresden arbeitet an diesen Akten. Die Generalbundesanwältin prüft in ihrer Zuständigkeit auf der Grundlage des ihr übermittelten Materials, ob und inwieweit sie sich für die Behandlung zuständig sieht und die Ermittlungen an sich zieht. Ich würde eine solche Entscheidung von ihr ausdrücklich begrüßen.
Der Sächsische Staatsminister der Justiz hat der Staatsanwaltschaft Dresden öffentlich jede von ihr für die konsequente Ermittlungsarbeit für erforderlich gehaltene personelle und materielle Unterstützung zugesagt. Der Staatsminister der Justiz setzt auch damit das Anliegen der Parlamentarischen Kontrollkommission um, dass in selbstverständlicher Anwendung disziplinarrechtlicher Prinzipien alle von etwaigen Vorwürfen betroffenen Mitarbeiter von der Ermittlungstätigkeit und der Aufsicht darüber ausgeschlossen sind.
Ich begrüße ausdrücklich, dass er ebenfalls erklärt, dass die zuständigen Behörden in Anwendung der dafür geltenden strengen disziplinarrechtlichen Regelungen Disziplinarmaßnahmen prüfen und gegebenenfalls durchführen werden. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat beschlossen, dass die Akten der Generalbundesanwältin und dem Bundeskriminalamt übersandt werden. Ob die Generalbundesanwältin diese Ermittlungen an sich zieht, wissen wir derzeit nicht. Dies entscheidet sie in ihrer eigenen Zuständigkeit – ich sagte es bereits. Uns war es aber wichtig, mit diesem Beschluss zur Übersendung gerade auch außerhalb Sachsens stehenden Einrichtungen der Strafverfolgung Unterlagen zu übergeben und damit zu dokumentieren, dass wir in Sachsen eben nichts zu verbergen haben.
Deshalb ist es nur konsequent, dass der Staatsminister der Justiz zusätzlich einen fachlich in besonderer Weise qualifizierten und renommierten hochrangigen, lebenser
und zur Sicherung und Gewährleistung der Unabhängigkeit und Integrität jeglicher Ermittlungsarbeit nach Sachsen geholt hat.
Der Präsident des Landgerichtes Waldshut Eiße, kann, ohne von Weisungen abhängig oder in die Justizstrukturen eingebunden zu sein, in völliger richterlicher Unabhängigkeit beobachten, zuhören, bewerten und an jeder von ihm für erforderlich erachteten Stelle Hinweise geben.
Diese Maßnahmen halte ich für konsequent und ich sehe in ihnen den Beginn der Umsetzung der Forderungen der Parlamentarischen Kontrollkommission und damit des zuständigen Kontrollorgans in diesem Haus. Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass der Justizminister parallel diese Initiative ergriffen hat, da wir nicht wissen, ob die Generalbundesanwältin dieses Verfahren an sich zieht.
Jeder, der sich ein klein wenig mit den rechtsstaatlichen Verfahrensweisen befasst, weiß, dass dies auch und gerade in Zeiten hohen öffentlichen Erwartungsdruckes die Zeit benötigt, die für Gründlichkeit, Genauigkeit und Sicherheit im Urteil erforderlich ist.
Deshalb, meine Damen und Herren, besorgt und verärgert mich auch einiges, was ich in den letzten Tagen an unrealistischen Erwartungen, unbewiesenen Vorwürfen und Vorverurteilungen zur Kenntnis nehmen musste. Mein Eindruck ist, dass es manchen Leuten darauf ankommt, mit derartigen sachwidrigen Äußerungen in der Öffentlichkeit einen Druck zu erzeugen, der, wenn ihm nicht nachgegeben wird, den Eindruck einer Funktionsunfähigkeit des Rechtsstaates insgesamt erzeugen und verfestigen soll. Dies ist gerade in einer Situation wie der jetzigen fahrlässig und gefährlich, aber – so fürchte ich – nicht unbeabsichtigt. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.
Es geht manchen Leuten offenbar nicht um das, was die PKK will und fordert: um konsequente Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, sondern um die politische Ausschlachtung einer noch unklaren Sach- und Rechtslage; und es geht damit darum, vorsätzlich oder fahrlässig den Rechtsstaat und seine Wirkungsmechanismen insgesamt ins Zwielicht zu rücken und zu diskreditieren. Dagegen, meine Damen und Herren, verwahre ich mich mit meiner Fraktion ganz entschieden.
Meine Damen und Herren, als im Jahre 1989 so viele Menschen hier bei uns – und gerade in Leipzig – auf die Straße gingen, gehörte zu ihren zentralen Forderungen die Ersetzung einer Herrschaft der Willkür durch die Herrschaft des Rechtes. Sie wird durch den Rechtsstaat gewährleistet und kann nur durch diesen garantiert, erhalten,
gesichert und ausgebaut werden. Das setzt Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen und Mechanismen voraus.
Was meine Kolleginnen und Kollegen und ich in den uns vorgelegten Akten gelesen haben, ist eine Herausforderung an und eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat und seine Wirkungsmechanismen. Deshalb bekräftige ich: Wir wollen unverzüglich rechtlich einwandfreie, vollständige Aufklärung ohne Ansehen der Person – und das, meine Damen und Herren, auch im Interesse der zu Unrecht verdächtigten Personen. Wir wollen, dass sich der Rechtsstaat an dieser Herausforderung beweisen kann, weil wir der festen Überzeugung sind, dass der Rechtsstaat selbst die Dinge überzeugend in den Griff bekommt. Nur so kann und wird das Vertrauen in den Rechtsstaat dort, wo es zu schwinden droht, wieder hergestellt und dauerhaft gefestigt werden können. Wir brauchen gerade jetzt den Rechtsstaat und nicht die schrillen Töne jener, denen er in Wahrheit nichts bedeutet.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Johannes Lichdi, GRÜNE: Wen meinen Sie damit? Das müssten Sie sagen!)
Wir wollen auch hier die große Übereinstimmung, die in der PKK erzielt wurde, weiterführen. Wir haben deshalb den Antrag der Linksfraktion.PDS sehr sorgfältig und eingehend studiert und geprüft. Leider mussten wir bei einigen Passagen den Eindruck gewinnen, dass er in der vorgelegten Form ganz bewusst so abgefasst ist, dass er nicht die breite Zustimmung des Hohen Hauses finden kann.
Ihr Antrag, meine Damen und Herren, hilft aus meiner Sicht nicht wirklich weiter. Lediglich die Ziffer 3 wiederholt Kernelemente der Beschlussfassung der PKK; die anderen Ziffern aber konstatieren Dinge, die das Legalitätsprinzip oder das geltende Disziplinarrecht für Richter und Beamte ohnehin vorsehen.
Vor allem mit Ihrer Ziffer 6 erzeugen Sie einen öffentlichen Zeitdruck, der in Anbetracht der vor der Justiz stehenden Aufgaben völlig unrealistisch ist.
Wir haben deshalb einen eigenen Antrag formuliert und diesen heute eingebracht. Dieser Antrag entspricht im Wesentlichen den Intentionen der PKK, also einem einstimmigen Votum, und stellt aus meiner Sicht das Gesamtanliegen auf rechtsstaatlich sichere Füße. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
men zu lassen: Die SPD-Fraktion sieht die hier stattfindende Debatte als notwendig an und hält auch die Sondersitzung für notwendig. Mit dem Wort „notwendig“ will ich als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission natürlich nichts zur Brisanz der Akten sagen. Ich will auch jetzt nicht den Versuch machen, einen Spagat hinzulegen zwischen dem, was ich sagen darf, und dem, was ich nicht sagen darf.
Aber eines ist mir wichtig, und ich glaube, dass es auch jedem hier im Haus so geht: Wir müssen alles daransetzen, dass die öffentlich kursierenden Spekulationen und die Gerüchte – teilweise sind es ja mehr als Gerüchte – um Geflechte von Organisierter Kriminalität in Sachsen rückhaltlos aufgeklärt werden, um damit auch den Zuspruch für Politik, für Verwaltung, Polizei und Justiz und das Vertrauen in diese Institutionen zurückzugewinnen.
Klar ist natürlich, wenn jeden Tag eine neue Meldung durch die Gazetten geistert, dass die Menschen in Sachsen zu Recht fragen: Was ist eigentlich los mit der Politik? Was ist in der Justiz passiert? Insofern müssen wir alle gemeinsam alles daransetzen, dass wir zu einer Aufklärung kommen.
Denn eines ist leider Gottes auch wahr: Eine solche Vielzahl von Spekulationen bietet immer einen guten Nährboden für Enthüllungsjournalisten oder Verschwörungstheoretiker. Davon haben wir den einen oder anderen auch hier im Parlament. Insofern hat sich die Parlamentarische Kontrollkommission bewusst dafür entschieden, dass das zur Aufklärung nötige Aktenmaterial des Verfassungsschutzes – damit meine ich das ganze Material und nicht einen beliebigen Extrakt – so schnell wie möglich den Strafverfolgungsbehörden übermittelt wird.
Wichtig ist, dass möglichst alles auf den Tisch der Staatsanwaltschaft kommt. Danach beginnt eigentlich erst die schwierige Aufgabe. Aufgabe der Staatsanwaltschaft dürfte es nämlich sein, den Erkenntnisstand des Verfassungsschutzes auf strafrechtlich relevante Vorgänge zu untersuchen und vor allem prozessuale Verwertbarkeiten herzustellen. Wichtig ist deshalb auch, dass die Staatsanwaltschaften zügig eigene Ermittlungen einleiten und vor allem auch die bisherigen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes kritisch hinterfragen und mit eigenen Erkenntnissen anreichern.
Ich will aber keinen Zweifel an der Aufklärungsarbeit der Justiz aufkommen lassen. Die PKK hat sich deshalb einstimmig entschlossen, eine Empfehlung abzugeben. Das ist mehrfach gesagt worden. In dieser Empfehlung haben wir bewusst Wert darauf gelegt, dass auch die Generalbundesanwältin und das Bundeskriminalamt in das Verfahren eingebunden werden sollten und dass man das prüft.
Insofern glaube ich, dass es Sinn macht, darüber nachzudenken, ob der jetzt eingeschlagene Weg, nämlich die
Ebenso sehe ich es, wenn es um die Frage des Untersuchungsausschusses geht. Auch dazu ist es nach meiner Auffassung noch zu früh. Ich habe allerdings Verständnis dafür, dass man ernsthaft über eine solche Forderung nachdenkt.
Ausstattung der Ermittlungseinheiten und auch die Amtshilfe eines Landesgerichtspräsidenten, ausreicht, um den Sumpf trockenzulegen. Das werden wir nämlich erst an den Ergebnissen sehen. Erst wenn der Justizminister uns diese Ergebnisse vorlegen kann, hat er, denke ich, zu Recht gehandelt. Wenn die Ermittlungserfolge das rechtfertigen, ist der Weg, der eingeschlagen wurde, richtig gewesen; denn der Justizminister und seine Ermittlungsspitzen müssen allein beurteilen, was notwendig ist, um eine unabhängige und sachdienliche Ermittlungstätigkeit sicherstellen zu können.
Ein Punkt ist mir wichtig, und ich denke, auch nach dem, was der Innenminister hier gesagt hat, muss es in aller Deutlichkeit gesagt werden: Im Gegensatz zum Innenminister – zumindest scheinbar ist mir dieser Gegensatz aufgefallen – ist es mir ganz wichtig, dass ich dem Datenschutzbeauftragten des Landes, Herrn Andreas Schurig, für seine Arbeit Dank sagen möchte. Aus meiner Sicht wird es auf jeden Fall entscheidend darauf ankommen, dass die Justiz nicht nur das Material des Verfassungsschutzes auswertet, sondern unabhängig davon auch eigene Ermittlungsmaßnahmen tätigt. Sollte das nicht so sein, wäre klar, dass die Justiz nur so weit vorankommen könnte, wie ihr der Verfassungsschutz auf Weisung auch des Innenministers einen Teil oder die Gänze des Materials überlässt. Das ist natürlich inakzeptabel.
Und zwar möchte ich ihm danken, weil jedem, der sich in den letzten Tagen mit diesem Thema beschäftigt hat, eigentlich klar sein muss: Ohne seine Kontrolltätigkeit ist doch zu vermuten, dass die Parlamentarische Kontrollkommission niemals von wichtigen Vorgängen unterrichtet worden wäre. (Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)
Insofern ist es richtig, dass sich an diesem Zusammenspiel und an dem gesamten weiteren Verfahren alle beteiligen müssen, nämlich die sächsische Justiz und das Innenministerium, und natürlich wird sich an dieser Stelle auch der Verfassungsschutz einer Bewährungsprobe unterziehen müssen.