Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Ausgangsfrage der Verwaltungs- und Funktionalreform angeht, dürfte deren Notwendigkeit unbestritten sein. Allerdings ist zu dem jetzt vorgelegten Entwurf im Ergebnis eines zu sagen: Man hat viel Zeit vertan. Ein so kleines Ergebnis wie das, was uns heute vorgelegt wurde, hätten wir schon wesentlich früher haben können.
Mit dem, was wir hier erhalten haben, sage ich Ihnen eines voraus: Das Thema Verwaltungsreform wird damit nicht abgeschlossen sein. Es wird nicht die Verwaltungsstrukturen geben, die 15, 20, 30 Jahre oder noch länger tragfähig sind und das erreichen, was wir alle wünschen: eine bürgernahe, effektive und vor allem kostengünstige Verwaltung.
Das zögerliche Handeln in diesem Fall wird sich in Zukunft bitter rächen, meine Damen und Herren. Der hier angekündigte finanzpolitische Befreiungsschlag ist ausgeblieben. Es bleibt stattdessen bei Halbheiten, bei geringfügigen Änderungen oder manchmal bei bloßem Etikettenschwindel, nämlich dann, wenn Regierungspräsidien fröhlich weiterbestehen und nur in Landesdirektionen umbenannt werden. In diesem Verwaltungsmodernisierungsgesetz ist rund die Hälfte der Bestimmungen mit
nichts anderem beschäftigt als mit dem Änderungsbefehl für andere Gesetze: Ersetze das Wort „Regierungspräsidium“ durch den Begriff „Landesdirektion“.
Das ist Durchwursteln, das ist Verlegenheitsgehampel, das ist der Ausdruck von Reformunfähigkeit. Die uns versprochenen Einsparziele sind nicht belegt, stattdessen stehen die Kosten fest. Die Effizienzrendite von 20 % ist, wie die Staatsregierung einräumt, aus der Luft gegriffen. Nachgewiesen ist sie erst recht nicht. Die Kosten stehen stattdessen fest. Rund 300 Millionen Euro, ist vorhin gesagt worden, stehen jetzt bereits fest und von den 4 375 Stellen, die auf die Kommunen übertragen werden, sind rund 600 bereits jetzt mit kw-Vermerken versehen. Hier ist keine große Einsparung zu erreichen. Wenn man sich den Mehrbelastungsausgleich ansieht, stellt man fest, dass nach 2017 von den 4 375 übertragenen Stellen immer noch rund 3 100 auch in Zukunft notwendig sein werden. Die Per-Saldo-Einsparung dieser Reform liegt bei rund 500 bis 600 Stellen.
Dafür wollen Sie die Hälfte aller Kreisstädte nicht mehr Kreisstadt sein lassen, dafür wollen Sie die gesamte Verwaltungsstruktur des Landes umbauen. Das lohnt nicht! Das lohnt wirklich nicht. Es ist nicht erkennbar, welches System diesen Gesetzeswerken insgesamt zugrunde liegt. Die Widersinnigkeiten sind genannt worden, Beispiel Sachsenforst. Alle angehörten Experten haben dringend davon abgeraten, dies zu tun, aber die Staatsregierung macht unbeirrt weiter.
Der größte Negativfaktor allerdings, meine Damen und Herren, ist aus Sicht der Liberalen die mangelnde Beteiligung der Bürger und die mangelnde vorherige Beteiligung des Parlaments. Die Bürgerbeteiligung wurde nicht beachtet, insbesondere nicht im Hinblick auf die Kreisgebietsstrukturen, auf die Frage, wo Kreissitze einzurichten sind. Hier hätte man sich durchaus Bürgerbefragungen – nicht Bürgerentscheide – vorstellen können. Ich kann jetzt schon sagen, dass wir uns beispielsweise im Fall Plauen dafür einsetzen werden, dass Plauen kreisfrei bleibt; denn die Notwendigkeit, Plauen die Kreisfreiheit zu entziehen, ist nicht nachgewiesen. Wir haben noch die Hoffnung, dass wir in der weiteren Gesetzesbehandlung noch etwas erreichen können. Herr Brangs – er ist jetzt nicht da –,
Sie haben gesagt, es ist wichtig, die Sorgen, Nöte und Ängste ernst zu nehmen. Das werden wir in den Anhörungen tun. Ich habe jetzt den Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur Gestaltung der Anhörungen in der Woche vom 3. bis 7. September 2007 gesehen. Dort werden wir überhaupt nichts ändern, überhaupt nichts anhören können. Beispielsweise ist für den gesamten Aufgabenbereich des SMUL die Anhörung am 04.09. von 14:00 bis
16.30 Uhr vorgesehen, denn dann beginnt die Anhörung für das komplexe Regelwerk betreffend das Sächsische Staatsministerium des Innern. Zweieinhalb Stunden Zeit für das gesamte Reformvorhaben, zweifelsfrei eine Jahrhundertreform, im Bereich des Umweltministeriums. Hier wird Parlamentsbeteiligung zur Farce. Hier könnten Sie sich eigentlich die Anhörungen sparen, es sei denn, Sie kommen dem nur nach, weil sie im Gesetz und in der Geschäftsordnung vorgeschrieben sind.
Sie als Koalition können das spaßig finden, Sie lassen die Regierung für sich arbeiten. Aber Sie sollten auch daran denken, dass sich die Bürger Abgeordnete wünschen, die möglicherweise etwas für die Bürger tun und für diese arbeiten. Spätestens da wird es für Sie auf lange Sicht arg eng.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Staatsregierung ist es nie um eine ernsthafte Verwaltungsreform mit Aufgabenkritik, einer kritischen Prüfung der Aufbau- und Ablauforganisation, um die Steigerung von Bürgernähe und Effizienz und um die Bewahrung von Demokratie gegangen, sondern allein um die Abwälzung des geplanten Personalabbaus auf die Kreisebene. Die versprochene Effizienzrendite von 25 bis 30 % der Personalkosten aufgrund einer Zusammenlegung von Behörden ist bis heute nicht untersetzt. Wir haben dies von Anfang an kritisiert. Unser erster diesbezüglicher Antrag war vom November 2005. Die Reform soll in den Kommunen nach 2011 auf Kosten der bürgernahen Verwaltungsserviceleistungen sowie der sozialen und der Umweltverwaltungen einfach durchgezogen werden. Die vorgelegten Regelungen zum sogenannten Mehrbelastungsausgleich für die übernommenen Aufgaben sehen schon jetzt die Reduzierung der Mittelzuweisungen vor. Es bleibt für mich ein Geheimnis, warum sich die Landräte auf diesen versteckten Deal zulasten der Bürgerinnen und Bürger ihrer Kreise eingelassen haben. Wahrscheinlich hat dort die pure Gier nach Aufgaben – unabhängig davon, ob man sie sinnvoll bewältigen kann – die Hand zur Zustimmung geführt.
Meine Damen und Herren, es ist doch absurd zu glauben, weil immer wieder zu Recht die mittelfristige Finanzplanung mit der Perspektive 2019 herangezogen wird, die finanzpolitischen Probleme, die dadurch zweifellos entstehen, über den Abbau der Staatsverwaltung zu lösen. Das ist einfach nicht wahr. Wir wissen alle, dass die großen Personalblöcke bei den Lehrern, bei den Hochschulen, bei den Polizeibeamten und nicht bei der allgemeinen Verwaltung liegen. Die Verwaltungsreform wird so absehbar zu einem finanziellen Misserfolg für Städte
und Landkreise werden, wenn die Rechnung mit der Effizienzrendite nicht aufgehen wird und die Kreise mit dem für die Verwaltungsreform vom Land zur Verfügung gestellten Geld nicht auskommen werden, weil sich die vorgesehenen Einsparungen nicht erreichen lassen. Die Kreise werden die finanziellen Mittel entweder aus anderen Posten des Kreishaushaltes abschöpfen müssen oder Standards herunterfahren, was sie auch ankündigen und wollen, oder schlicht auf Aufgaben verzichten. Aufgabenwegfall und die Festlegung von Mindeststandards sind nach unserer festen Überzeugung eine politische Entscheidung, die vom Landtag zu treffen ist und nicht durch den Finanzrahmen. Genau vor dieser Entscheidung hat sich die Staatsregierung gedrückt.
Dieser Gesetzentwurf ist grundsätzlich nicht demokratietauglich. Die Fragen der Demokratie haben für Sie überhaupt keine Rolle gespielt. Das sieht man beispielsweise am Zuschnitt der Kreise. Die Kreistage sollen jetzt wieder etwas größer werden, aber in der nächsten Legislaturperiode wieder abgebaut werden. Man sieht es bei der Frage des Weisungsrechts. Das Weisungsrecht soll unbeschränkt bleiben. Sie fügen jetzt einen Gummiparagrafen in die Landkreisordnung ein. Es wird von „Zweckmäßigkeitserwägungen“ geschwafelt, wenn sie zur „gleichmäßigen Durchführung der Aufgaben erforderlich“ sind. Das ist ein Gummiparagraf zur Begründung, auf den man sich im Einzelfall nicht wird berufen können. Nein, diese Reform ist alles andere als durchdacht.
Ich greife nur das Beispiel der Umweltverwaltung heraus. Nach den Plänen der Staatsregierung sollen 387 Vollzeitäquivalente übertragen werden. Wenn Sie das mit der Effizienzrendite ernst nehmen, die Sie mit der Herunterfahrung des Mehrbelastungsausgleichs durchsetzen wollen, sollen bei den Kreisen dauerhaft ganze 273 Stellen übrig bleiben. Wenn wir diese auf die 13 neuen Strukturen in die einzelnen Sachbereiche verteilen, heißt das zu Deutsch, dass dauerhaft in den neuen Kreisen acht ganze Stellen im Immissionsschutz, sechs ganze Stellen beim Wasserrecht und jeweils drei bis vier Stellen für Naturschutz, Bodenschutz und Altlasten zur Verfügung stehen werden.
Meine Damen und Herren, jeder, der nur entfernt etwas von Umweltverwaltung und den komplexen Problemen versteht, der etwas von der Komplexität von Genehmigungsverfahren –übrigens auch für Wirtschaftsansiedlungen – versteht, der wird sofort erkennen, dass das nicht aufgehen kann. Die Folge wird nicht nur sein, dass die Umweltverwaltung, die anerkanntermaßen in Sachsen einen guten Ruf genießt, zerschlagen wird; die Folge wird auch sein, dass wir bei Ansiedlungen und Änderungsgenehmigungen im Immissionsschutzrecht weniger handlungsfähig sein werden. Ich weiß nicht, was die Staatsregierung dort reitet, diese erfolgreiche Verwaltung zu zerschlagen. Ich hoffe, dass im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch eine Wende erreichbar sein wird.
Meine Damen und Herren, das war die Runde der Fraktionen und die Einbringung. Die Staatsregierung verzichtet auf einen weiteren Redebeitrag, obwohl sie Zeit dafür hätte. Wir kommen zu den Überweisungsvorschlägen.
Das Präsidium schlägt Ihnen vor, die Entwürfe – erstens – Gesetz zur Neuordnung der sächsischen Verwaltung und – zweitens – Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze – an den Innenausschuss – federführend –, den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend, den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, den Haushalts- und Finanzausschuss, den Ausschuss für Schule und Sport, den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft und den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer diesem Vorschlag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer folgt diesem Vorschlag nicht? – Wer enthält sich? – Damit sind die Überweisungen einstimmig beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist für heute abgearbeitet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Glücksspielwesen ist in Deutschland wegen seiner großen Gefahren seit jeher unter besonderer staatlicher Aufsicht in Form des Monopols. Dazu vielleicht ein Blick in die Historie.
In Sachsen reicht die Glücksspieltradition 300 Jahre zurück. Seit dieser Zeit gibt es die Sächsische Landeslotterie. August der Starke hat auf seinen Reisen durch Europa, besonders nach Italien, auch das Lotteriewesen kennengelernt und per Dekret die erste kurfürstliche sächsische Landeslotterie geschaffen. Er hat auch erkannt, dass sich mit der Regulierung des Spielbedürfnisses zugleich die Staatsfinanzen aufbessern lassen. Später erwuchs daraus der bis heute geltende gesellschaftliche
Konsens, daraus insbesondere gemeinnützige Zwecke zu bedienen und damit die Einnahmen der Allgemeinheit zuzuführen.
Seit Jahrhunderten besteht das Spielangebot im Wesentlichen durch den Staat. Bismarck hat mit Rechtsgesetzgebung in den Jahren 1872/73 zwischenzeitlich versucht, deutsche Spielbanken zu verbieten. In den folgenden 60 Jahren war Spielen nur im Ausland möglich. Spielkapital ging entweder nach Monte Carlo oder bereits in staatsillegale Spiele.
Das staatliche Glücksspielmonopol hat sich über die Jahrhunderte bewährt. Es gibt kein besseres System, um das vom Glücksspiel ausgehende Gefahrenpotenzial und die damit verbundene Suchtgefahr einzudämmen. Dazu gehört auch eine wirksame Kanalisierung des Spieltriebes, denn der Mensch liebt das Spiel. Ein Stück Homo ludens steckt in jedem. Daher wird der Zufallstreffer, der über Gewinn oder Verlust entscheidet, seit alters her vom Staat reguliert und kontrolliert. Ansonsten bringt er den Spieler, wie die Historie gezeigt hat, in die Illegalität, und das mit all seinen negativen Begleiterscheinungen.
Gestatten Sie mir, an den Lotteriestaatsvertrag zu erinnern. Mit dem Lotteriestaatsvertrag von 2004 haben die Länder das staatliche Glücksspielmonopol ausdrücklich manifestiert, die ordentlichen Rahmenbedingungen für die Veranstaltungen von Glücksspielen und im Wesentlichen zur Zulassung von Lotterien wurden neu geordnet und länderübergreifend vereinheitlicht, und damit bestand erstmals bundesweit eine einheitliche Regelung für das aus historischen Gründen in diesem Bereich äußerst zersplitterte Länderrecht.
Der Sächsische Landtag hat in der vergangenen Legislatur, und zwar im Mai 2004, das geltende Gesetz zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland beschlossen. Damit konnte am 1. Juli 2004 dieser Lotteriestaatsvertrag in Kraft treten.
Insbesondere mit der Einführung des Internet versuchen hier verstärkt Dritte, dieses Monopol zu umgehen und veranstalten illegal Glücksspiele in Deutschland. Damit lässt sich Geld, sehr viel Geld verdienen.
So wurde in einem Musterverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht versucht, sich bestätigen zu lassen, dass das staatliche Glücksspiel, speziell das Sportwettenmonopol, mit der in Artikel 12 Grundgesetz garantierten Berufsfreiheit unvereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht hat, wie bekannt, daraufhin am 28. März 2006 das staatliche Monopol, insbesondere die Gefährlichkeit des Suchtspiels betonend, dem Grunde nach bestätigt. Lediglich folgte der Auftrag an den Gesetzgeber, das Glücksspielmonopol stärker an der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht auszurichten und das Recht der Sportwetten bis zum 31.12.2007 neu zu regulieren.
Das Bundesverfassungsgericht hat auch festgehalten, dass mithilfe auf Suchtbekämpfung ausgerichteten Wettmonopols Suchtgefahren effektiver beherrscht werden können
Bei einer bundesweiten Konkurrenz privater Wettunternehmen entsteht eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten und damit eine Zunahme von problematischem und suchtbeeinflussendem Verhalten.
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich mit dem Beschluss vom 13.12.2006 ausdrücklich für die Beibehaltung des staatlichen Monopols nicht nur für Sportwetten, sondern auch für Lotterien entschieden. Ab 01.01.2008 soll der jetzige Lotteriestaatsvertrag durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag ersetzt und durch das Gesetz zum Glücksspielstaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Staatsregierung liegt Ihnen vor. Die Staatsregierung ist im Übrigen die erste Landesregierung, die einen derartigen Gesetzentwurf vorlegt.
Aus dem Strafgesetzbuch ergibt sich auch unmittelbar das Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten. Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthält ein umfassendes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, und das heißt, sowohl jede Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele als auch die Veranstaltung von Glücksspielen durch den Freistaat selbst bedürfen der Erlaubnis. Er enthält außerdem Regelungen für die Veranstaltung, die Durchführung und gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen sowie ergänzende Regelungen zur Sicherstellung von Spielbanken und Sperrregelungen.