abgelehnt wurde. Der CDU-Kultusminister verhindert mit Leidenschaft, was der SPD furchtbares Leiden schafft.
Alle Ihre Erfolge sind erschreckend eindimensional. Sie glauben, Sie tun das Richtige, und Sie versuchen das auch in recht zentralistischer Manier durchzusetzen. Aber Sie verfehlen die wirklichen Herausforderungen um Meilen, und wir verlieren wertvolle Jahre.
Zwei Themen halten Sie für die wichtigsten Herausforderungen an die Politik in Sachsen, Herr Milbradt: die Schaffung von Arbeitsplätzen und die demografische Entwicklung. – Das war es; mehr kommt da nicht mehr. Das waren die Herausforderungen. Entschuldigung, aber das ist doch nur ein tapferes „Weiter so!“ der Neunzigerjahre; übrigens ohne jegliche sozialdemokratische Handschrift – um den kleinen Koalitionspartner heute noch einmal erwähnt zu haben –, ohne Mut, ohne Esprit und ohne Leidenschaft. Sie wirken wie zwangsverheiratet, wenn ich Sie beide da sitzen sehe. Sie haben keine politische Geschichte zu erzählen. Man will Ihnen nicht zuhören. Sie wecken keine Lust auf Zukunft, und Sie üben keine gesellschaftliche Führung in diesem Land aus.
Sie sind furchtbar unmodern und aus Unsicherheit oft halsstarrig. Kein Wunder, dass die jungen Leute das Weite suchen.
Ich habe auch Lob. Es ist unbestreitbar Ihre Lebensleistung – ich habe das hier oft genug gesagt –, nicht den politischen Versuchungen erlegen zu sein und dieses Land mit guten Eckdaten der öffentlichen Finanzen zu versehen. Ich teile Ihr politisches Ziel, 2019 als Bundesland finanziell auf eigenen Beinen zu stehen, ausdrücklich; und die Grünen werden eine solide Finanzpolitik auch nie kritisieren. Aber inzwischen kommen Sie mir wie Dagobert Duck vor, Herr Milbradt, der das ganze Geld nur dazu angehäuft hat, um jeden Morgen darin ein Bad zu nehmen. Wo ist Ihre politische Vision über diese Zukunft, für die sich all diese Mühen und Verzichte gelohnt hätten?
Ihr kleinster gemeinsamer Nenner in der Koalition ist eine Angelegenheit für das Mikroskop. Die zentrale Frage in Sachen Klimaschutz ist für Sachsen der Ausstieg aus der Braunkohle – und hier irrt Herr Hähle jede Woche regelmäßig erneut –: natürlich nicht sofort, sondern nach Abschreibung bestehender Anlagen, aber selbstverständlich auch nicht, indem man neue baut und damit die Branche künstlich beatmet. Das ist natürlich verkehrt.
In Ihrem Energieprogramm steht immer noch, dass Sie das Gesetz für erneuerbare Energien ablehnen. Das ist
wirklich anachronistisch, und dabei haben Sie auch keinen Schritt nach vorn gemacht. Stehen Sie sich mit Frau Merkel so schlecht, dass Sie sich nicht einmal ansatzweise über einen sächsischen Beitrag zum Klimaschutz unterhalten können? Sie haben einen Standardsatz zu den erneuerbaren Energien gebracht – das gehört heutzutage dazu, das muss man weltläufig in seiner Rede drin haben. Aber ist das denn schon energiepolitische Pflichterfüllung? Es ist die gemeinsame Lebenslüge dieser beiden Koalitionsparteien – Plisch und Plum –, dass der Verbleib in der alten Braunkohlenpolitik ohne schwerwiegende Folgen möglich sei. Das ist eine Lebenslüge, sie ist verantwortungslos. Es gibt auch keinen Energiemix in Sachsen, mindestens 80 % des Stromes kommen aus der Braunkohle.
Eine moderne Wirtschaftspolitik begreift, dass die Leitmärkte der Zukunft grün sind, und Sachsens wirtschaftliche Chancen – dabei sprechen wir auch über Arbeitsplätze von Dauer – liegen in einer Marktführerschaft bei energie- und materialsparenden Produkten und Produktionsverfahren und bei Technologien zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Das ist es, darum geht es. Wenn Sie über 80 % der Energie aus Sachsen nur aus Braunkohle machen, dann machen Sie es falsch. Wir wollen in Sachsen einen Energiecluster haben, und Sie sollten sich eigentlich bewegen und dies vorantreiben. Ihre veraltete Förderpolitik musste Ihnen die Europäische Kommission vor wenigen Wochen quasi mit Gewalt austreiben, und Sie haben dann etwas mehr in die Investitionen in Forschung und Entwicklung stecken müssen – auf Antreiben der Europäischen Kommission.
Das hätten Sie alles einfacher haben können. Bereits im letzten Jahr haben wir dies hier vorgeschlagen. Das wäre ganz mühelos möglich gewesen. Aber nein, stur ist stur, und unter diesem Gesichtspunkt ist in der Koalition ja offensichtlich auch zusammengewachsen, was zusammengehört.
Herr Milbradt, Sie thematisieren immer wieder die demografische Entwicklung, um Ihren eigenen Truppenteilen – so nehme ich es wahr – auf die harte Tour beizubringen, dass die fetten, sorglosen Jahre vorbei sind und die Alleinherrschaft ihrem Ende nah ist. Das ist für die CDU in Sachsen auch dringend geboten und sicherlich löblich. Aber dann hört es auf. Unter demografischen Gesichtspunkten ist vor allem eines festzustellen: Ein konservatives Frauen- und Familienbild führt nicht zu mehr Geburten – sondern im Gegenteil. Fahren Sie doch nach Spanien und Italien, das sind in der Mehrheit keine gottlosen Gesellen, und was haben sie da? Die niedrigsten Geburtenraten. Was würde auch die schönste Geburtenförderpolitik nützen, wenn die potenziellen Mütter überhaupt nicht in Sachsen bleiben wollen, weil es ihnen hier nicht gefällt? Wenn junge Frauen abwandern, weil sie besser qualifiziert und flexibler als die Männer sind, dann
Sie können natürlich noch eine weiße Gardine davorhängen, wenn Sie das machen wollen, aber Sie verpassen unsere Zukunft. Die altmodische Hoffnung auf den Klapperstorch – die Biologie ist da weiter als Ihr Bild – wird die Lage nicht entspannen. Vielmehr ist eine moderne Politik gefordert. Vielleicht muss es ja unser aller Schicksal sein, Herr Milbradt, dass die sächsische Union nicht die modernste Union in Deutschland ist.
Friedbert Pflüger aus Berlin ist gegen die Wiederbelebungsversuche bei der Atomkraft, Ole von Beust hat für einen normalisierten Umgang mit Homosexualität in Hamburg gesorgt, Klaus Töpfer hat die Relevanz der Klimafrage erkannt,
Armin Laschert in NRW versteht etwas von Migrationspolitik, Ursula von der Leyen gibt Frauen endlich eine Chance, Beruf und Familie zu vereinen, Annette Schavan setzt in der Forschungspolitik zum Teil interessante Schwerpunkte. Und wo sind die sächsischen Größen der Union?
sie will die Homosexualität quasi als Besessenheit austreiben, sie ignoriert kollektiv die Umwelt- und die Klimafrage, sie versagt eklatant bei dem Thema Zuwanderung, sie hält zwar viele Kitas vor, vernachlässigt aber das erste Jahr aus ideologischen Gründen,
obwohl ein Drittel der Unternehmer und Selbstständigen in diesem Land Frauen sind, die ihre Firmen nicht ein Jahr im Stich lassen könnten, und sie konzentriert ihre Energieforschung auf – wir hatten es schon – die Braunkohle.
Für ein modernes und zukunftorientiertes Sachsen brauchen wir einen neuen Politikstil und neue Prioritäten. Sachsen braucht qualifizierte Jobs für qualifizierte Frauen. Das ist ein freies Land. Frauen können wählen, wo sie leben und wo sie arbeiten. Sie können frei entscheiden, wann sie Mutter werden und mit wem sie die Kinder großziehen. Ihre Ignoranz ändert daran nichts, aber Sie verlieren dieses Potenzial für dieses Land.
Wir haben hier vor einem Jahr über unseren Antrag debattiert, mehr Frauen an die Unis zu bekommen. Ich wurde auf die Haushaltsberatungen vertröstet; passiert ist nichts Nennenswertes. Geben Sie endlich Rahmenbedingungen für zukunftsfähige Arbeitsplätze für Frauen vor! Das konservative Familienbild der sächsischen Union kann Frauen nur abschrecken, hier Kinder zu bekommen.
Solange die Hauptlast immer noch bei den Frauen liegt und nur diese die beruflichen Nachteile in Kauf nehmen müssen, wird sich bei der Besetzung von Führungspositionen wenig ändern. Betriebs-Kitas müssen unterstützt werden. Sachsen braucht offene Türen für offene Geister. Zuwanderung kann natürlich nicht nur eine Eliteauffrischung werden, das ist klar. Aber bei einer aktiven Zuwanderungspolitik kann man schon eigene Schwerpunkte setzen, das ist statthaft. Sie können ja erst mal klein anfangen und zur binnendeutschen Migration nach Sachsen einladen. Im Moment ist es eher so, dass binationale Paare in den Westen ziehen, weil sie sich hier einfach nicht wohlfühlen. Welche Verschwendung an Menschen mit Träumen, Mut und Potenzialen!
Sie müssen die Diskriminierung aktiv bekämpfen, nicht abwiegeln und so tun, als gäbe es sie nicht. Sachsen braucht – und da bin ich wieder bei Ihnen, meine Herren – ermutigende Vorbilder in der Politik. Ich wünsche mir von einer modernen sächsischen Regierung einen Sozialminister und eine Wirtschaftsministerin, ich wünsche mir engagierte Männerbeauftragte in Problemregionen und ich wünsche mir Regierungsmitglieder, deren Vorfahren nicht aus Deutschland stammen und denen man das auch ansehen darf,
und ich wünsche mir eine CO2-sparende Dienstwagenflotte und einen MP auf dem Fahrrad, wenigstens wenn das Wetter gut ist.
Herr Ministerpräsident, Sie haben die aktuelle Affäre in Sachsen angesprochen, die wir vorgestern hier behandelt haben. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir unterstützen Sie natürlich dabei, wenn es darum geht, dass wir aufklären wollen. Aber wollen das auch Ihre Minister? Die Bedrohungsszenarien des Herrn Buttolo hat Herr Zastrow hier zur Genüge angesprochen. Sie haben vorgestern die Chance verpasst, aufzuklären. Der Antrag der Koalition, der beschlossen worden ist, wird dem Ehrgeiz, den Sie hier verbal formuliert haben, in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)
Deswegen wird unsere Fraktion wahrscheinlich dem Untersuchungsausschuss zustimmen. Anders bekommen wir die Sache hier nicht demokratisch geregelt. Geben Sie doch endlich Ihren Dresdner Zentralismus – den demokratischen haben wir nun Gott sei Dank hinter uns gelassen – auf und schaffen Sie, mal zur Kreisreform gesagt, bitte keine neuen Landkreisfürsten!
Ermöglichen Sie doch Vielfalt in politischen Lösungen, fordern Sie sogar ausdrücklich dazu auf. Lassen Sie zuversichtliche Menschen ihre Potenziale ausleben, anstatt diese Menschen zu vergraulen.
Herr Landtagspräsident Iltgen hat in der Rede zur Verfassung davon gesprochen, das Quorum für Volksentscheide zu senken. Wir nennen Ihnen eine konkrete Zahl: 5 %. Das wäre ein angemessenes Quorum an Wahlberechtigten, um einen Volksentscheid einzuleiten. Das sollte auch für kommunale Bürgerentscheide gelten. Ein entsprechender Gesetzentwurf der GRÜNE-Fraktion liegt dazu vor. Machen Sie doch endlich mal Nägel mit Köpfen, anstatt sich immer nur gegenseitig zu genügen.
Danke. – Meine Damen und Herren! Als Nächster spricht der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Thomas Jurk.