Es gab heute eine Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses, der sich auch sehr viel Zeit genommen hat und wonach es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Dinge noch ins Lot zu bringen, verfassungsrechtlich ordentlich zu formulieren und dergleichen mehr. Die Kollegen in diesem Ausschuss sind auch bereit, heute Abend und heute Nacht noch einmal zu arbeiten; wir könnten morgen diese Angelegenheit noch einmal auf die Tagesordnung setzen, es gibt einen Fahrplan, der vorsieht, dass es am 19. Juli eine Sondersitzung des Landtages gibt und dergleichen mehr. Ich frage mich: Was ist daran Verzögerungstaktik?
Aber ich will noch einmal darauf hinweisen: Schon während der von der PDS beantragten Sondersitzung am 5. Juni 2007 zum Thema „Rückhaltlose Aufklärung der persönlichen Verstrickungen von Politikern, Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, Polizei, Verwaltung und anderer Behörden in kriminelle Netzwerke einschließlich der Ursachen und Gründe für das Versagen elementarer rechtsstaatlicher
Kontrollmechanismen und die Verantwortung der Staatsregierung hierfür“ haben Sie ja schon alles gewusst. Während dieser Debatte damals haben sowohl der Innenminister als auch der Justizminister darauf hingewiesen, dass die Aufklärung längst läuft, dass sie aber nur mit rechtsstaatlichen Mitteln erfolgen kann, dass sie demzufolge von der Staatsanwaltschaft, der Polizei und den Gerichten zu leisten ist
und dass man dazu wegen der erforderlichen Sorgfalt und Gründlichkeit etwas Zeit braucht. Das hat der Justizminister deutlich gesagt – Zeit, die Sie und Ihresgleichen natürlich trefflich genutzt haben, um die Pferde weiter scheu zu machen und das Aufregungspotenzial zu verstärken.
Mit gespielter Entrüstung beklagen Sie die angeblich schlimmen Zustände auch heute wieder: Korruption, Amtsmissbrauch, Immobiliendeals und Rotlichtaktivitäten. Das sind für Sie die Tatsachen, und die ersten Ergebnisse der Aufklärungsarbeit, die nun vorliegen, gefallen Ihnen nicht – logisch. Das sind Ergebnisse, die das Gebäude aus Gerüchten, übler Nachrede, Generalverdächtigungen und gezielter Indiskretion zumindest wesentlich erschüttern.
(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Unsäglich! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wer hat das Gebäude gebaut? Wir nicht!)
Sie werden schnell ausfällig, und da können andere dann natürlich auch nicht ruhig bleiben. Ich bemühe mich ja immer und ich habe so einen Charakter, dass es mir weitgehend gelingt. Aber es ist wirklich schwierig, mit Ihnen umgehen zu müssen.
Nun will ich mal erklären, dass die Staatsanwaltschaft Dresden gesagt hat, dass zu den Vorwürfen um mafiose Strukturen in Leipzig bisher nahezu keine belastbaren
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wenn sie kein Material bekommen! – Klaus Bartl, Linksfraktion: Es ist unglaublich! – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die Akten sind doch geschwärzt! – Starke Unruhe)
Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass Zwischenrufe zugelassen sind, aber es fällt auch mir schwer, wirklich alle gut zu verstehen. Es wäre gut, wenn jemand, der eine Zwischenfrage hat, ans Mikrofon geht.
Meine Frage – ich weiß nicht, wie gut Sie informiert sind –: Ist Ihnen denn aus allem, was Sie bisher aus Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Informationsquellen entnehmen konnten – das ist ja offensichtlich viel, bis hin zu Anwälten etc. –, nicht bekannt geworden, dass der Teil, um den es geht, bei dem der von Ihnen gestern mit Klarnamen benannte Polizist mitgewirkt haben soll, etwa 5 % des Themas ausmacht und dass demzufolge 95 % nach wie vor von anderer Quelle sein müssen und Sie demzufolge nur Nebelkerzen werfen?
– Ich dachte, dass Sie nur über 5 % Bescheid wissen. Ich habe noch gar nichts dazu gesagt. Ich habe nur sagen wollen, bisher seien 19 Aktenbände übermittelt worden – das ist vielleicht noch nicht sehr viel –; der Mangel an belastbaren Indizien wird von der Staatsanwaltschaft darin gesehen, dass eben die Vorwürfe überwiegend auf Angaben einer einzigen Auskunftsperson fußen. So stand es in der Zeitung.
Sie berufen sich auch auf Zeitungsberichte. Und dass ich gestern einen Klarnamen gesagt habe, das beruht eindeutig auf der „Süddeutschen Zeitung“ vom 29. Juni 2007. Von dort stammt der Klarname, und dieser Polizist hat offenbar selbst ein langes Gespräch mit dieser Journalistin geführt und hat ihr alle seine Beschwernisse in die Feder diktiert, und wir haben daraus unsere Schlussfolgerungen ziehen können. Ich brauche überhaupt keine geheimen Dokumente dazu, sondern es ist wirklich öffentlich gemacht worden – und zwar etwas, das Ihnen nicht passt, und dann stimmt selbst das, was in den Zeitungen steht, auf die Sie immer Bezug nehmen, eben nicht mehr. Es gibt bei Ihnen zweierlei Wahrheiten.
Aber es wird ja noch viel dubioser: Heute taucht im Internet ein Interview von Peter Mühlbauer mit dem Buchautor Jürgen Roth auf. Roth regt sich darin auf, dass immer wieder Teile der geheimen Verfassungsschutzakten unter interpool.tv veröffentlicht werden. Und auf die Frage nach der Herkunft der Dokumente antwortet Roth: „Wenn man davon ausgeht, dass interpool.tv die richtigen Unterlagen hat, dann sind das zehn bis zwölf Seiten, die ich einem Abgeordneten der Linkspartei vertraulich übergeben habe,
damit er politisch etwas bewirkt. Und die habe ich gekennzeichnet. So gesehen ist das relativ einfach“ sagt Herr Roth. Es ist in der Tat relativ einfach. Die Spur könnte von Chemnitz nach Leipzig führen. Klarnamenbekanntgaben will ich mir ersparen.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, jetzt haben Sie ein Problem, ein regelrechtes Dilemma. Entweder ist Herr Roth völlig unglaubwürdig, dann dürfen Sie ihm seine angeblichen Entdeckungen auch nicht glauben, oder er ist glaubwürdig, dann verdichten sich die Hinweise, dass Sie eine Affäre bekämpfen und aufklären wollen, die Sie zumindest zum Teil selbst verursachen.
(Beifall bei der CDU – Gelächter und Protest bei der Linksfraktion – Caren Lay, Linksfraktion: Sie haben das gleiche Problem!)
Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Wäre das so, dann hätten Sie eine Missbilligung des Parlaments verdient.