Ich muss feststellen, dass Sie, Herr Buttolo, diesen öffentlichen Verrat von Quellen und damit von Dienstgeheimnissen ja auch ganz offensichtlich geduldet haben. Wenn wir Ihren Rücktritt nicht schon mehrfach gefordert hätten, dann wäre es spätestens heute so weit.
Sie lassen es zu, dass ausgerechnet die couragierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die in dieser Sache recherchiert und die bis zuletzt dafür gekämpft haben, dass es Abgabe an die Staatsanwaltschaft gibt, heute öffentlich denunziert werden. Sie lassen es zu, Herr Buttolo, dass die Quellen, die sich mutig dem Verfassungsschutz anvertraut haben, in der Öffentlichkeit zum Sündenbock gemacht werden.
Sie lassen es zu, dass der Verfassungsschutz erneut Schlagzeilen macht wie „Verfassungsschutz arbeitet illegal“ oder „Geheimdienstchaos“. Diese „Gegenoffensive“ von Koalition mit Staatsregierung ist ja wohl ein Eigentor. Kläglich gescheitert ist sie!
Minister Buttolo lässt es zu, dass der Verfassungsschutz, den er selbst kontrollieren soll – das möchte ich betonen –, zum wiederholten Male öffentlich beschädigt wird. Genau das schadet dem Ruf Sachsens.
Welche potenzielle Quelle, meine Damen und Herren, soll sich denn jetzt diesem Laden jemals wieder anvertrauen? Wer soll denn jetzt zur Staatsanwaltschaft gehen und sich bei den Ermittlungsverfahren als Zeuge bereitstellen? Welches andere Landesamt will denn mit dem sächsischen jetzt noch kooperieren? Herr Buttolo, stellen Sie sich vor die wenigen, ich betone, die wenigen couragierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verfassungsschutz – wenigstens das könnte man von Ihnen erwarten!
Meine Damen und Herren! Herr Buttolo ist uns bis heute eine Antwort darauf schuldig geblieben, wann er von den Vorwürfen zu den Vorgängen im Bereich der Organisierten Kriminalität erfahren hat. Während sein Vorgänger, Herr de Maiziere, ganz freimütig zugibt, über die Brisanz der Vorwürfe in Kenntnis gewesen zu sein, und auch ganz freimütig zugibt, dass er die PKK nicht darüber informiert hat, lässt sich Herr Buttolo vom eigenen Laden auf der Nase herumtanzen. Sie widersprechen sich in Ihren eigenen Aussagen permanent, wann Sie von den Vorwürfen erfahren haben. Das hat mein Kollege Dr. Hahn an anderer Stelle nachgewiesen.
Wie war es denn nun? Wann haben Sie vom Inhalt der Akten erfahren und warum haben Sie die PKK nicht davon informiert? Eine Antwort auf diese Frage sind Sie uns bis heute schuldig geblieben. Aber wie auch immer – in der Rechtswissenschaft kennen wir ja das Prinzip „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“. Und in Bezug auf Sie, Herr Minister Buttolo, möchte ich ergänzen: Auch Naivität schützt vor Strafe nicht.
Der Justizminister Mackenroth ist da nicht viel besser. Darauf wird mein Kollege Bartl später eingehen.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren – Sie freuen sich schon –, nur so viel: Unserer Forderung, im Verdacht der Korruption und der Begünstigung stehende Beamte vom Dienst zu suspendieren, ist nicht nachgekommen worden. Stattdessen konzentrieren Sie alle Energie darauf, das vermeintliche Leck zu finden und dienstliche Konsequenzen für diejenigen zu prüfen, die an der Aufklärung korruptiver Netzwerke gearbeitet haben. Das ist ja wohl verkehrte Welt!
Ich hätte mich gefreut, wenn der Justiz- und der Innenminister mit dem gleichen Elan ans Werk gegangen wären, wenn es darum gegangen wäre, den Geheimnisverrat von Justiz und Polizei an das Rotlichtmilieu und an kriminelle Netzwerke zu unterbinden, wie Sie es in dieser Sache getan haben.
Meine Damen und Herren! Eines steht fest: Minister Buttolo hat mit seinem unprofessionellen Vorgehen dem Ruf Sachsens geschadet und nicht der Aufklärungswille der Opposition.
Wenn Sie eine Beschädigung Sachsens und eine Beschädigung des Rufes von Sachsen abwenden wollen, dann sollten Sie sich doch an die Spitze der Aufklärung stellen, statt immer wieder den Versuch zu unternehmen, die Aufklärung zu verzögern und die Aufklärungswilligen zu denunzieren. Machen Sie die Aufklärung zur Chefsache! Darum geht es heute.
Sie lassen sich von der Opposition in der Aufklärung der Sachsenaffäre vor sich hertreiben. Selbst schuld, kann ich da nur sagen. Warum sind Sie denn nicht die Flucht nach vorn angetreten? Das wäre Führungsstärke gewesen! Herr Buttolo, ich bin persönlich davon überzeugt, dass Sie keine böse Absicht pflegen.
So habe ich Sie erlebt, und das habe ich sehr lange mit Sympathie begleitet. Das möchte ich auch ganz persönlich sagen.
Wir haben uns das lange angeschaut. Aber irgendwann ist Schluss. Der Punkt ist, dass Sie Ihren Laden nicht im Griff haben. Die Beamtinnen und Beamten des Landesamtes haben Ihnen monatelang auf der Nase herumgetanzt und uns als PKK noch mit dazu. Zu keinem Zeitpunkt haben Sie die Aufklärung der Aktenaffäre zur Chefsache erklärt. Genau das werfen wir Ihnen vor.
(Frank Kupfer, CDU: Wozu brauchen Sie noch einen Untersuchungsausschuss? Es steht doch alles fest für Sie!)
Es tut mir leid, Herr Buttolo: Sie sind überfordert. Im Interesse Sachsens können wir uns einen überforderten Innenminister nicht länger leisten.
Sie hätten einen Rest von Führungsverantwortung bewiesen, wenn Sie selbst zurückgetreten wären. Da Sie das nicht tun, wäre es am Ministerpräsidenten – der offensichtlich mit Abwesenheit glänzt – gewesen, Sie zu entlassen.
Aber der beschimpft den Aufklärungswillen der Opposition als Klamauk. Er versucht, kritische Journalisten zu maßregeln und den Untersuchungsausschuss als die letzte Rache der SED darzustellen.
Meine Damen und Herren! Dieser Untersuchungsausschuss ist nicht etwa von Moskau geplant, sondern von selbstbewussten und verantwortungsvollen Parlamentariern in diesem Hause!
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sehen Sie sich doch einmal den Untersuchungsauftrag zur Landesbank an, den Sie haben passieren lassen! Sehen Sie sich die Formulierung des Themas an oder die Fragen 21 und 27. Auch hier werden Verdachtsmomente gegen die Staatsregierung geäußert. Da ist vorab von „Versäumnissen“ und von „Fehlentscheidungen“ die Rede.
Erklären Sie uns mal bitte, warum Sie diesen Untersuchungsausschuss haben passieren lassen, aber an dieser Stelle den Untersuchungsausschuss zum Sachsensumpf blockieren.
Meine Damen und Herren! Herr Bandmann! Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und Naivität schon gar nicht. Die Naivität von Herrn Buttolo ist zum Sicherheitsrisiko für Sachsen geworden. Die Missbilligung des Innenministers ist längst überfällig.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn es der Staatsregierung nicht gelingt, überfordertes Personal auszutauschen, dann ist der Landtag gefragt. Mit einer Missbilligung des Innen- und des Justizministers können wir den Weg für ein professionelles Krisenmanagement freimachen, und das scheint im Landtag deutlich besser aufgehoben als bei der Staatsregierung. Ich hoffe, auch die Koalition bekennt sich zu ihrer Verantwortung.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jetzt wird es wieder launig – nichts verschenken, Herr Hähle! – Weitere Zurufe – Glocke der Präsidentin)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Linksfraktion hier aufführt, ist weiter nichts als die Fortsetzung ihrer Vorverurteilungskampagne von gestern.
Man muss wiederholt fragen: Warum brauchen Sie einen Untersuchungsausschuss, wenn Sie schon jetzt so genau Bescheid wissen über das Vorhandensein sogenannter krimineller und korruptiver Netzwerke und darüber hinaus auch noch wissen, warum diese entstehen konnten, denn Sie sagen: durch das Agieren des Staatsministers des Innern und des Staatsministers der Justiz bei der Aufklärung.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: So etwas haben wir nicht gesagt! – Klaus Bartl, Linksfraktion: Das hat kein Mensch gesagt!)
So lautet ja Ihr Antrag. Deswegen soll die Missbilligung stattfinden, weil Sie das alles schon genau wissen; und wenn Sie es genau wissen, dann brauchen Sie keinen Untersuchungsausschuss.
Ich will aber noch einmal erklären: Ich muss dem widersprechen, was hier gesagt wird, wir wollten den Untersuchungsausschuss verzögern oder gar verhindern.
Es gab heute eine Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses, der sich auch sehr viel Zeit genommen hat und wonach es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Dinge noch ins Lot zu bringen, verfassungsrechtlich ordentlich zu formulieren und dergleichen mehr. Die Kollegen in diesem Ausschuss sind auch bereit, heute Abend und heute Nacht noch einmal zu arbeiten; wir könnten morgen diese Angelegenheit noch einmal auf die Tagesordnung setzen, es gibt einen Fahrplan, der vorsieht, dass es am 19. Juli eine Sondersitzung des Landtages gibt und dergleichen mehr. Ich frage mich: Was ist daran Verzögerungstaktik?