Caren Lay
Sitzungen
4/2
4/7
4/8
4/9
4/10
4/11
4/14
4/16
4/18
4/21
4/23
4/30
4/32
4/35
4/36
4/37
4/39
4/40
4/41
4/42
4/45
4/46
4/49
4/52
4/54
4/55
4/56
4/59
4/64
4/67
4/69
4/71
4/74
4/76
4/78
4/80
4/82
4/84
4/85
4/87
4/89
4/90
4/91
4/92
4/93
4/94
4/95
4/96
4/97
4/98
4/99
4/101
4/103
4/104
4/105
4/106
4/107
4/108
4/109
4/112
4/113
4/115
4/118
4/119
4/122
4/123
4/126
4/127
4/128
4/130
4/131
4/132
4/133
4/134
4/135
4/136
4/138
4/139
4/140
Letzte Beiträge
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 2. Untersuchungsausschuss und der sogenannte Sachsensumpf gehörten sicherlich zu den spannendsten Kapiteln in der laufenden und scheidenden Legislaturperiode.
Dabei ging es um Vorwürfe, die für einen Tatort reif waren: Korruption und Bestechlichkeit, Rotlicht und Machtmissbrauch, Sex and Crime. Das alles ist sicherlich für so manchen interessanter als Durchführungsverordnungen und Rechtsbestimmungen, insbesondere für die Journalisten.
Wir haben uns als eine der einsetzenden Fraktionen von Anfang an bemüht, die Dinge sachlich zu betrachten. Es ist gut, dass wir in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode noch einmal die Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Allerdings bietet der Abschlussbericht, den die Koalition mehrheitlich beschlossen hat, keine gute Grundlage. Das Einzige, worüber sie verlässlich Auskunft gibt, sind die Borniertheit und der Autismus der Koalition, insbesondere der CDU. Es ist mir ehrlich gesagt ein einziges Rätsel, wie man derart an der Realität der Aktenlage und der Zeugenaussagen vorbeischreiben kann.
Sie wiederholen die Märchen der Staatsregierung, als sei in den letzten zwei Jahren nichts passiert. Nehmen wir die angebliche Verfassungswidrigkeit des Einsetzungsauftrages, die von der Staatsregierung behauptet wird. Leipzig hat das klar entschieden. Sie drehen es im Abschlussbericht jedoch so, als hätte die Staatsregierung einen Teilerfolg erzielt. Allerdings haben Sie – CDU und SPD – mit uns gemeinsam gegen die Staatsregierung geklagt.
Das ist doch absurd.
Nun komme ich zum Kernpunkt dieser Märchenstunde: Sie versuchen, die Schuld auf eine verselbstständigte Referatsleiterin zu schieben.
Was ist das nur für eine billige Argumentation, möchte ich Sie fragen? Denn wenn diese Argumentation stimmen würde, dann müssen Sie sich natürlich auch Folgendes fragen lassen: Was wäre das für eine Staatsregierung, die ihre Behörde so wenig im Griff hat? Was wären das für Minister, die sich von einer einzigen Mitarbeiterin so an der Nase herumführen lassen?
Sie haben also die Wahl, Herr Minister: entweder Ihre eklatante Führungsschwäche zuzugeben oder einzugestehen, dass diese Argumentation eine einzige Hilfskrücke ist.
Dass wir als LINKE den Verfassungsschutz kritisieren, steht ja nun außer Frage. Deswegen waren wir es auch, die die entscheidende Klage geführt haben.
Aber der Untersuchungsausschuss hat es eindeutig belegt. Erstens. Es gab keine wesentlichen Unterschiede in der Arbeit des OK-Referates zu den anderen Referaten des Verfassungsschutzes. Die Arbeitsweise des Referates – auch in den entscheidenden und strittigen Ermittlungsschritten – war mit der Hausspitze abgestimmt. Ich komme also zu dem Schluss: Die These von der Verselbstständigung des OK-Referates hat sich als falsch erwiesen.
Was jedoch aus meiner Sicht stimmt – da bin ich wieder beim Beyer/Irrgang-Bericht –, das ist die Tatsache, dass die Fachaufsicht durch die Ministerien komplett versagt bzw. gar nicht erst stattgefunden hat.
Es fängt an bei der Abwesenheit von entsprechenden Rechtsvorschriften. Weiter geht es mit dem regelrechten Desinteresse beider Minister für das, was im OK-Referat passierte und ermittelt wurde. Das behaupteten sie jedenfalls in der Zeugenbefragung.
Es hat weder unter der Amtsführung von de Maizière noch unter Dr. Buttolo Einwände gegen Kritiken an der Arbeitsweise des OK-Referates gegeben. Im Gegenteil wurde die vielfach kritisierte Referatsleiterin Frau
Henneck von Dr. Buttolo für ihr besonderes Engagement mit einer Prämie ausgezeichnet. Jetzt soll sie an allem schuld sein. Das ist doch absolut unglaubwürdig, meine Damen und Herren.
Zuerst führt die Koalition bzw. damals noch die CDU die OK-Beobachtung durch den Verfassungsschutz unter großem Tamtam ein, und dann kümmert sich kein Mensch mehr darum.
Auch hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten, Herr Buttolo: Entweder ist das die Wahrheit, dann müssten Sie den Wählerinnen und Wählern allerdings erklären, warum hier im Sächsischen Landtag überhaupt Gesetze verabschiedet werden. Oder Sie und Ihr Vorgänger haben das Referat gar nicht so am langen Gängelband laufen lassen, wie Sie es in der Befragung behauptet haben. Dann müssten Sie uns allerdings erklären, was Sie wirklich wussten.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die CDU verstrickt sich in Widersprüche.
Das gilt auch und insbesondere für die sogenannte Teebeutel-These, nach der der Polizeibeamte Wehling zugleich Hinweisgeber und Zeuge gewesen sein soll. Da hat sich der inzwischen neue Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Herr Boos, zwar eine schöne Legende zusammengereimt – leider ist sie falsch.
Wer im Ausschuss nur ab und an die Ohren gespitzt hat, der weiß doch: Die Reduzierung der Akten auf den Fallkomplex Abseits III ist unzulässig. Die Akten dieses Fallkomplexes stellen lediglich einen Bruchteil der gesamten Aktenlage dar. Ohnehin lag der Schwerpunkt der Arbeit auf Abseits II Vogtland. Abseits III kam erst viel später als Ermittlungsgegenstand dazu.
Fest steht auch, dass sich Abseits III nicht auf Gemag reduzieren lässt, wobei hier auch noch unklar ist, wie viele Quellenaussagen in die Akte Gemag eigentlich eingeflossen sind.
Die Gespräche von Schlapphüten mit Polizei und Staatsanwaltschaft standen im Übrigen auch regelmäßig auf der Tagesordnung. Wehling war kein Einzelfall.
Die These, der Kern der Akten basiere im Wesentlichen auf zweimal verwendeten Aussagen der Quelle Gemag, ist schon deshalb falsch, weil mit ihm erst kurz vor dem Abschluss der Arbeit des OK-Referates überhaupt geredet worden ist.
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Die TeebeutelThese eignet sich bestenfalls für die Märchenstunde in der Kuppel der nahegelegenen Yenidze, nicht jedoch für den Abschlussbericht hier im Sächsischen Landtag.
Meine Damen und Herren! Sie werden verstehen, dass ich als Mitglied der PKK auch zu der Frage Stellung beziehen werde, ob und wie die PKK ausreichend informiert wurde. Der Abschlussbericht der Koalition stellt fest, dass die Unterrichtungspflichten des Staatsministeriums des Innern bzw. die Anforderungen an diesen – Zitat – „überspannt“ seien. Verstöße gegen Informationspflichten konnten angeblich nicht festgestellt werden.
Es dürfte den Vertretern der Koalition hoffentlich klar sein, dass sie mit dieser Darstellung nicht nur den PKKMitgliedern Hahn und Lay von den LINKEN widersprechen, sondern namentlich keinem geringeren als dem Vorsitzenden, der von der CDU gestellt wird, Gottfried Teubner, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Herrn Brangs, und im Übrigen auch dem heutigen Minister für Umwelt- und Landwirtschaft, Herrn Kupfer, ebenfalls CDU. Denn wir waren einhellig der Auffassung, dass eine entsprechende Unterrichtung der PKK nicht stattgefunden hat, dass die Unterrichtungspflichten verletzt wurden.
Der Vorsitzende, Herr Teubner, hat das Verhalten von Herrn de Maizière gar als rechtswidrig gegeißelt und ist bis heute nicht revidiert worden. Warum auch? Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber auch die Gelegenheit nutzen, um an dieser Stelle Herrn Teubner beste Genesungswünsche auszusprechen.
Es hat weder eine Unterrichtung der PKK über den Inhalt der OK-Akten stattgefunden, noch wurden wir über die Entscheidung der Weiterbeobachtung der OK nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes informiert und konsultiert; sehr wohl aber die Innenpolitiker der Koalition an der PKK vorbei. Da sollen dann auch noch ganz nebenbei personenbezogene Daten und die wirklich brisanten Informationen aus den Akten übermittelt worden seien.
Ihre Darstellung der Ereignisse in der PKK beruht im Wesentlichen auf den Zeugenaussagen von Minister de Maizière, der aber in der zur Rede stehenden Zeit an keiner einzigen PKK-Sitzung teilgenommen hat. Die Einladungen hätte er nie erhalten. Das ist nachweislich falsch. Stattdessen interpretiert er die Protokolle der PKK, natürlich nur in den Auszügen, wie sie ihm gefallen. Die Protokolle sind dann aber offensichtlich angekommen.
Meine Damen und Herren! Ich verrate Ihnen hoffentlich kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass diese Darstellung der Ereignisse in der PKK in diesem Gremium selbst keinerlei Zustimmung erfahren hat. Kein Mitglied der PKK hat dieser Darstellung auf der letzten Sitzung seine Zustimmung gegeben, auch nicht die Mitglieder der CDU. Ich glaube, dass das, was im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses steht, in keiner Weise auch nur annähernd haltbar ist.
Die Stärkung der Rechte der parlamentarischen Kontrolle wäre die notwendige Konsequenz aus diesen Ereignissen gewesen. Ein entsprechender Gesetzentwurf der LINKEN wurde auf der letzten Plenarsitzung behandelt. Leider hat die Koalition diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung verweigert.
Meine Damen und Herren! Im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit standen zweifellos die Ereignisse im Kinderbordell „Jasmin“ und die Ermittlungen zum Klockzin-Attentat. Wir haben dazu mehrere Zeugen gehört. Das Ergebnis: Eine Ungereimtheit jagt die andere.
Warum – so steht nach wie vor im Raum – wurden die mutmaßlichen Hintermänner des Attentates bis heute geschont? Warum wurden alle anderen Beteiligten mit einer solchen Härte bestraft? Warum wurde gegen den Bordellbetreiber nicht wegen Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch ermittelt? Ja, warum hat er eine so absolut lächerliche und geringe Strafe erhalten? Welche Deals sind da im Hintergrund gelaufen? Warum hat man gegen die Freier im Kinderbordell nie systematisch ermittelt? Warum wurden diejenigen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Kunden waren, bis heute geschont?
Im Ergebnis unserer Untersuchungen hat es in all diesen Punkten mehr Fragen als Antworten gegeben. Aber ich bin nach all den Befragungen, die wir gemacht haben, auch davon überzeugt, dass diese Sache bis heute zum Himmel stinkt.
Die Zweifel an der Arbeit der zuständigen Staatsanwälte und Richter in dieser Sache, in all diesen Ermittlungen, die stattgefunden haben, und die ganzen Wiederaufnahmeverfahren, sind einfach erheblich. Dieser Vorwurf steht nach wie vor im Raum. Das muss ich an dieser Stelle ganz eindeutig sagen,
ohne dass ich damit gleichzeitig behauptet habe, was hier im Raume steht, dass das alles damit zusammenhänge, dass die entsprechenden Justizangehörigen selber Kunden in diesem Kinderbordell gewesen sein sollen. Aber Aufklärungsbedarf besteht an dieser Sache definitiv, und ich bedauere es sehr, dass wir dieses Geheimnis in unserer Arbeit nicht umfassend lüften konnten.
Meine Damen und Herren, Ihnen und insbesondere allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern, die diese Debatte verfolgen, möchte ich sagen: Die CDU trägt die politische Verantwortung dafür, dass diese Vorwürfe nicht umfassend aufgeklärt werden konnten. Das haben Sie mit Ihrer Blockadehaltung verhindert.
Damit komme ich zum letzten, für mich auch größten Geheimnis in dieser ganzen Affäre: Warum nur haben Staatsregierung und CDU die Arbeit dieses Ausschusses
eineinhalb Jahre lang blockiert, wenn doch angeblich nichts dran ist an diesen Vorwürfen, wenn doch angeblich alles nur heiße Luft ist? Warum dann die Verfahren gegen 19 Journalisten, warum die zahlreichen Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter des Landesamtes und des SMI usw.? Warum wird jeder Zeuge, der nicht die offizielle Variante der Staatsregierung erhärtet, mit Verleumdungsklagen überzogen? Warum die, wie ich finde, in Teilen auch überstrapazierten Geheimhaltungsvorschriften, wann immer es gegen die Abgeordneten ging, aber eine gewisse Laissez-faire-Haltung, wenn es darum ging, bestimmte beliebige Informationen auch an entsprechend beliebige Journalisten durchzustellen? Warum diese anderthalb Jahre Blockadehaltung gegenüber dem Untersuchungsausschuss? Das ist für mich der eigentliche Skandal.
Meine Damen und Herren von der CDU, vielleicht wollten Sie das Ansehen des Rechtsstaates und der Justiz wiederherstellen. Das Gegenteil haben Sie meiner Meinung nach erreicht. Mein Vertrauen in den sächsischen Rechtsstaat – das muss ich Ihnen leider sagen – ist in diesen ganzen Ermittlungen leider nicht gestiegen. Im Gegenteil, der Verdacht, dass eine selbsternannte Staatspartei CDU durchaus den Versuch unternimmt, mithilfe der Justiz ihre Machtinteressen durchzusetzen, hat sich durch diese Affäre eher erhärtet als entkräftet.
Wie viel schlauer wäre es in ihrem eigenen Interesse – davon bin ich überzeugt – doch gewesen, wenn Sie sich an die Spitze der Aufklärungsbemühungen gesetzt hätten! Sie wollen einfach nicht aufklären. Was haben Sie nur zu verbergen?
Der Untersuchungsausschuss zum Sachsensumpf ist Ihnen ein einziger Klotz am Bein. Schon allein das, meine Damen und Herren, sollte Grund sein, die Arbeit des Untersuchungsausschusses in der nächsten Legislaturperiode fortzusetzen. Das jedenfalls, meine Damen und Herren, kann ich all denjenigen empfehlen, die in der nächsten Legislaturperiode dem Sächsischen Landtag angehören werden.
Für mich – und damit komme ich zum Schluss – ist dies heute die letzte Rede im Sächsischen Landtag, vorläufig jedenfalls. Für die nächste Legislaturperiode des Landtages habe ich nicht wieder kandidiert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich unsere Wege noch einmal kreuzen werden.
Auch wenn es kaum ein unversöhnlicheres Thema als dieses gibt, möchte ich mich bei allen für die überwiegend gute Kooperation bedanken. Das gilt bei diesem Thema natürlich insbesondere auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, für das Ausschuss
sekretariat und an dieser Stelle auch für den Ausschussvorsitzenden Klaus Bartl.
Meine Damen und Herren, für die nächste Legislaturperiode wünsche ich Ihnen alles Gute, und für den unwahrscheinlichen Fall, dass die CDU die Regierung dann wieder anführen wird, wünsche ich Ihnen Mut und Durchhaltevermögen, Ausdauer und Zivilcourage. Das werden Sie brauchen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte kurz das Abstimmungsverhalten der Linksfraktion erklären.
Ich möchte mein eigenes Abstimmungsverhalten erklären, werde es gleichwohl etwas kürzer machen. – Ich akzeptiere, dass hier zahlreiche Vorwürfe im Raum stehen, die natürlich schnellstmöglich aufgeklärt werden müssen. Die Strafverfolgung muss gewährleistet werden. Deswegen habe ich für die Aufhebung der Immunität gestimmt. Ich weiß, dass das auch andere Abgeordnete meiner Fraktion bewegt. Auch ich habe das in der Abwägung mit bedacht. Es gibt ein gewisses Unbehagen über bestimmte Dinge im Verfahren. Man kann nicht völlig ausschließen, dass sich der eine oder andere darüber gewundert hat.
Deswegen teilen wir ausdrücklich die Auffassung, dass über das Verfahren der Immunitätsaufhebung in der nächsten Legislatur des Landtages neu beraten werden muss. Das Verfahren muss so durchgeführt werden können, dass auf der einen Seite die Strafverfolgung für Abgeordnete wie für jeden Bürger und jede Bürgerin sichergestellt wird; gleichzeitig sind die Persönlichkeitsrechte der Abgeordneten zu wahren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass sich der Sächsische Landtag auf Antrag der Linken wiederholt mit der Wirtschaftskrise und ihrer Bewältigung beschäftigt; denn das ist es, was den Menschen in Sachsen derzeit die meisten Sorgen bereitet.
Zu Recht; denn seit Dezember müssen wir in Sachsen mehr als 70 000 Beschäftigte weniger beklagen und Kurzarbeit ist sprunghaft angestiegen. Allein in Sachsen sind jetzt schon 65 000 Menschen in Kurzarbeit beschäftigt. Die Krise hat den sächsischen Arbeitsmarkt erreicht, meine Damen und Herren.
Auch die finanziellen Folgen werden die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen vermutlich bald zu spüren bekommen. Deswegen wollen wir heute den Fokus auch auf die Finanzierung der Krisenfolgen legen.
Der Bundesfinanzminister will in den nächsten vier Jahren 310 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen. Woher er das Geld nehmen will, sagt er nicht. Auch in Sachsen macht Herr Unland – er ist jetzt nicht da – keine Aussage darüber, wie wir ab 2010 sinkende Steuereinnahmen gegenfinanzieren wollen.
Es ist nicht auszuschließen, dass das Schweigen darüber bis zu den Wahlen anhalten wird, um danach den Bürgerinnen und Bürgern die milliardenschwere Rechnung zu präsentieren. Denn dass die Zeche bezahlt werden muss, meine Damen und Herren, steht außer Frage.
Dabei habe ich zum Beispiel den ehemaligen Ministerpräsidenten und Finanzminister Georg Milbradt im Ohr, der zu sagen pflegte: „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.“ Wer will dem ehemaligen Ministerpräsidenten da widersprechen?
Bei mir weckt das jedenfalls Erinnerungen an den letzten Wahlbetrug der großen Koalition. Die SPD hatte vor der Wahl Mehrwertsteuererhöhungen ausgeschlossen, die CDU hatte eine Mehrwertsteuererhöhung von 2 % angekündigt. Warum im Ergebnis 3 % Mehrwertsteuererhö
hung herausgekommen sind, wird das Geheimnis der großen Koalition bleiben.
Fest steht jedoch: Erstens, es war glatter Wahlbetrug. Zweitens, abkassiert wurde vor allen Dingen bei den unteren Einkommensschichten. Der Durchschnittshaushalt mit vier Personen wird durch diese Mehrwertsteuererhöhung jährlich mit Mehrkosten von über 500 Euro belastet.
Das juckt konservative Wirtschaftsforscher und Arbeitgeberverbände natürlich wenig – im Gegenteil. Mitten in der Krise fordern sie eine Mehrwertsteuererhöhung auf sage und schreibe 25 %. Das halte ich in dieser Situation wirklich für eine Frechheit, meine Damen und Herren.
Als Linke sagen wir ganz deutlich: Mehrwertsteuererhöhungen sind der falsche Weg, denn sie belasten die Schwachen. Sie sind der falsche Weg, weil wir gerade in der Krise die Kaufkraft der Geringverdiener stärken müssen. Genau deshalb brauchen wir endlich auch einen gesetzlichen Mindestlohn und höhere Regelsätze bei Hartz IV.
Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat auch andere Vorstellungen, die Krisenpakete zu finanzieren. In den vergangenen Monaten sind Zehntausende auf die Straße gegangen. Ihr Motto war „Wir zahlen nicht für eure Krise!“.
Sehr richtig. Es ist überhaupt nicht hinnehmbar, dass jetzt diejenigen, die schon in den vergangenen Jahren unter den Folgen des Sozialabbaus gelitten haben, jetzt auch noch die Kosten für die Bewältigung der Krise zahlen müssen. Bitten wir doch diejenigen zur Kasse, die genau von dieser Politik in den letzten Jahren profitiert haben!
Denn die privaten Vermögen sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Die Zahl der Millionäre hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Mit einer fehlenden Vermögensteuer und ständig sinkenden Spitzensteuersätzen wurden sie dafür auch noch belohnt.
Ich finde, da müssen wir heran, wenn wir eine soziale Bewältigung der Krise organisieren wollen. Genau deshalb fordert DIE LINKE die Einführung einer Millionärsteuer und einer Vermögensabgabe.
Mehrwertsteuererhöhung auf der einen Seite oder Millionärsteuer einführen auf der anderen Seite, das ist die Alternative, vor der die Politik steht. Das ist die Grundsatzentscheidung, die in diesem Jahr getroffen werden muss. Wir fordern als Linke mehr Gerechtigkeit im Steuersystem. Besserverdienende, Vermögende und Konzerne müssen wieder stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Meine Kollegin Frau Dr. Runge wird im nächsten Redebeitrag noch genauer darauf eingehen.
Meine Damen und Herren insbesondere von der Koalition! Beteiligen Sie sich nicht am erneuten Wahlbetrug und sorgen Sie endlich für eine sozial gerechte Antikrisenpolitik, für eine sozial gerechte Steuerpolitik, für mehr Steuergerechtigkeit in Sachsen und in Deutschland!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich freue mich sehr, dass DIE LINKE heute zu einer solch lebendigen Debatte zur Wirtschaftspolitik beigetragen hat. Ich freue mich ausgesprochen, dass das Wahlprogramm der Linken so viel Aufmerksamkeit erfährt, auch wenn es nicht alle, Frau Hermenau, komplett gelesen haben.
An dieser Stelle sehen wir wieder: DIE LINKE wirkt! Auch im Sächsischen Landtag.
Auf den einen oder anderen Punkt möchte ich eingehen. Es ist schon recht putzig, wenn sich die CDU hier im Sächsischen Landtag hinstellt, plötzlich der Verstaatlichung der Banken oder aber einer besseren Kontrolle der Finanzmärkte das Wort redet, Herr Rößler. Wer hätte das gedacht? Das freut mich ausgesprochen. Ich kann Ihnen nur sagen: Tun Sie es doch! Sie regieren in Sachsen und im Bund. Außer Absichtserklärungen ist in dieser Frage bisher überhaupt nichts passiert.
Sie machen es sich vielleicht einfach, wenn Sie die Ursachen der Krise auf die Finanzspekulationen in den USA schieben. Ich muss sagen, Sachsen hat mit der Politik der maroden Landesbank entscheidend dazu beigetragen, dass wir jetzt auch in dieser Situation sind. Sachsen hat in diesem Finanzkasino ordentlich mitgemischt. Das ist doch die Wahrheit!
Die CDU hat der neoliberalen Politik des Sozialabbaus und der Exportorientierung doch jahrelang das Wort geredet. Deswegen tragen Sie Mitverantwortung an der Krise und deren Ausmaß, wie wir es derzeit haben.
Insbesondere auf die Dinge, die Sie, Frau Hermenau, hier gesagt haben, möchte ich noch einmal eingehen. Ich habe von Ihnen heute wirklich keine steuerpolitischen Vorschläge vernommen. Stattdessen schlagen Sie auf DIE LINKE ein. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie vielleicht zu Ihrer Politik und Ihrer Verantwortung einmal Stellung genommen hätten.
Sie waren doch dabei, als die rot-grüne Bundesregierung die falschen Weichen gestellt hat,
zum Teil in verantwortlicher Stellung! Die Zulassung der Hedge-Fonds ist unter Rot-Grün passiert.
Die Absenkung des Spitzensteuersatzes hat auch RotGrün mitzuverantworten. An Ihren Widerstand kann ich mich einfach nicht erinnern.
Im Gegenteil! Sie waren daran beteiligt, dass wir jetzt die Unterfinanzierung des Staates und der Länder haben. Das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden.
Zum Zweiten zu Ihren Ausführungen zur Sozialpolitik. Sie bemängeln, dass wir die Sozialpolitik des letzten Jahrhunderts verfolgen würden, und alle Ihre Vorschläge, die kommen, sind im Grunde von uns abgeschrieben.
Sie, liebe Frau Hermenau, hätten in Regierungsverantwortung gemeinsam mit den Kollegen der SPD doch alle Gelegenheit gehabt, einen gesetzlichen Mindestlohn oder eine Grundsicherung einzuführen, vielleicht bei den Kindern angefangen.
Stattdessen haben Sie Hartz IV eingeführt. Das ist doch die Wahrheit! Ich habe auch noch in Erinnerung, was Sie im letzten Landtagswahlkampf in einem MDR-Interview zur Frage der Einführung der Bedarfsgemeinschaften gesagt haben. Da haben Sie dies verteidigt. Aus meiner Sicht ist das das Reaktionärste und Patriarchalischste aus dem letzten Jahrhundert, was ich mir überhaupt vorstellen kann.
Wer solch eine Position vertritt, hat aus meiner Sicht jedes Recht verwirkt, von einer sozial gerechten und zukunftsfähigen Politik zu sprechen.
Vielen Dank.
Frau Weihnert, vielleicht können Sie uns und dem Auditorium mal etwas erklären: Bei all den Gesetzentwürfen, die DIE LINKE eingebracht hat – in dieser Legislaturperiode waren es, glaube ich, 33 –, die wir monatelang in den Ausschüssen beraten haben – nennen Sie mir bitte einen einzigen Gesetzentwurf der Linken, den die Koalition sachlich geprüft und dem sie am Ende auch zugestimmt hätte. Sie erwecken hier den Eindruck, als würden Sie unserem Gesetzentwurf nur deswegen nicht zustimmen, weil nur ein Monat zur Beratung Zeit war. Geben Sie mir recht darin, dass die Koalition bisher trotz langwieriger Beratung in den Ausschüssen nicht einem einzigen Gesetzentwurf der Linken und auch keinem anderen Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen zugestimmt hat?
Nein, Herr Präsident, ich möchte gern eine sachliche Richtigstellung machen, nachdem Herr Schiemann keine Fragen zu dem entsprechenden Punkt zugelassen hat.
Können wir gegen Ende des Tagesordnungspunktes noch einmal die Gelegenheit nutzen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja nun schon das zweite Mal, dass uns die FDP dieses Thema auf die Tagesordnung des Sächsischen Landtages setzt. Zweifellos handelt es sich dabei um ein populistisches Wahlkampfmanöver, wie wir es von der FDP gewohnt sind. Allerdings muss ich sagen, Ihr Anliegen hat durchaus einen realistischen Kern.
Die Regelungen zu den Ministergehältern in Sachsen sind in höchstem Maße ungerecht.
Sie haben ja die entsprechenden Fakten an dieser Stelle noch einmal benannt. Es ist wirklich durch nichts zu rechtfertigen, dass solch eklatante Unterschiede zwischen Renten für Minister(innen) und denen, die den Bürgerinnen und Bürgern, der Mehrheit der Bevölkerung, zugemutet werden, bestehen. Diese Regelungen zeugen von einer gewissen Selbstbedienungsmentalität und von einer ungerechten Privilegierung von Politikerinnen und Politikern. Auch DIE LINKE kann mit solchen Regelungen nicht leben.
Die FDP hat recht, wenn sie feststellt, dass diese Änderungen vor zwei Jahren durch den damaligen Finanzminister Herrn Metz in der entsprechenden Debatte angekündigt wurden. Es wurde damals sogar gesagt, man könne heute nicht zustimmen, weil man ein ganzheitliches Gesamtkonzept vorlegen wolle. Was ist seitdem passiert? Eigentlich nichts! Man hat wahrscheinlich darauf gehofft, dass es niemandem auffallen wird und man sich die großzügigen Pensionsregelungen noch weiter in die Tasche stecken kann.
Die beschlossene Tarifanpassung hingegen wird auch den Ministern zugute kommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch wir als Linke feststellen, dass Nachbesserungen bei den Rentenregelungen für Ministerinnen und Minister dringend geboten sind. Als Linke sagen wir klar: Wir fordern die konsequente Gleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Politikern, mit Abgeordneten und mit Ministern.
Diesem Anliegen, meine Damen und Herren, wird der vorliegende Antrag nicht gerecht, denn das hieße Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse ohne Wenn und Aber. Die rentenpolitischen Konzepte der Linken auf der einen Seite und der FDP auf der anderen Seite liegen so weit auseinander, dass trotz der geteilten Kritik einer bestehenden Regelung unsere Vorstellungen über zukünftige sozial gerechte Regelungen sehr weit auseinandergehen.
Zustimmen können wir Ihrem Antrag schon allein deshalb nicht, weil DIE LINKE grundsätzlich gegen die Rente ab 67 ist.
Wir haben schon immer gesagt: Es ist das falsche Instrument, und es ist aus unserer Sicht die falsche Antwort auf die demografische Frage. Die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, in der alle Einkommensarten berücksichtigt werden, wäre aus unserer Sicht eine zeitgemäße Antwort. Wir fordern eine Rentenversicherung für alle, auch für Ministerinnen und Minister.
Die FDP hingegen orientiert sich bekanntermaßen an der Privatisierung sozialer Sicherungssysteme. Das wollen wir selbst Ministern nicht zumuten.
Deswegen wollen wir uns bei der Abstimmung zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten.
Manchmal – das kann ich mir nach Ihrem Beitrag nicht verkneifen – kann eine solche Regelung, nach der die Minister sehr früh die Möglichkeit haben auszuscheiden, durchaus Vorteile haben. Herr Zastrow, Sie haben bei der letzten Debatte vorgerechnet, dass der damalige Minister Tillich schon in sehr jungen Jahren – im Grunde genommen nach wenigen Monaten, jetzt seit circa zwei Jahren – Anspruch auf eine sehr üppige Rente hätte. Diesbezüglich muss man sich fragen, ob es nicht vielleicht Schaden vom Freistaat abgewendet hätte, wenn er diese üppigen Rentenansprüche in Anspruch genommen hätte. So haben wir ihn jetzt als Ministerpräsidenten. Als solcher kostet er den Steuerzahler deutlich mehr. Mir würde es gefallen, wenn Herr Tillich die üppigen Rentenansprüche ab September in Anspruch nähme und Platz für einen neuen Ministerpräsidenten André Hahn machte.
Ich darf Ihnen versichern, dass DIE LINKE in Regierungsverantwortung sicherlich auch für eine gerechte Rentenversorgung der Ministerinnen und Minister sorgen wird.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jurk, fünf Jahre lang haben wir auf Ihre Regierungserklärung gewartet. Warum so spät? Nach Ansicht der FDP-Fraktion, und wie man hört, auch der CDU, dürfte es damit Ihre letzte Regierungserklärung als Wirtschaftsminister gewesen sein,
nach unserer Ansicht zumindest das letzte Mal in dieser Koalition.
Die Erfolgsbilanz sächsischer Arbeits- und Wirtschaftspolitik kann wohl kaum der Anlass für diese Regierungserklärung gewesen sein: fast 40 000 Mal Kurzarbeit angemeldet, steigende Arbeitslosenquoten und ein prognostizierter Rückgang der Wirtschaft um 6 %, die Insolvenz zahlreicher Unternehmen in Sachsen, von denen Qimonda das bekannteste Beispiel war.
Das Ende der Talsohle ist noch nicht erreicht. Darin sind sich alle seriösen Wirtschaftswissenschaftler einig. Außer Ihnen, Herr Jurk, habe ich noch niemanden in dieser Debatte gehört, der Anzeichen für eine Entspannung finden konnte. Sie stellen sich hier hin und versuchen, die Gemüter zu beruhigen und Ängste zu moderieren. Das können wir Ihnen so nicht durchgehen lassen!
Denn was uns, erstens, unterscheidet, ist die Benennung der Ursachen für diese Krise.
Sie machen es sich viel zu einfach, wenn Sie die Schuld an der Misere auf US-amerikanische Immobilienmakler
oder auch auf einzelne Bankmanager schieben. Das kann nur den Zweck haben, von der politischen Verantwortung für die Wirtschaftskrise abzulenken.
Eine wesentliche Ursache sehen wir in der mangelnden Binnenkaufkraft. Dass Deutschland Exportweltmeister ist, ist im Umkehrschluss nur Ausweis der schwachen Binnennachfrage. In der Krise trifft es Deutschland deshalb besonders hart. Wo soll die Binnennachfrage auch herkommen? In fast allen europäischen Ländern sind die Löhne gestiegen, nur in Deutschland herrscht seit Jahren Stagnation, ja, wir haben sogar sinkende Reallöhne.
Daran – das muss man einfach feststellen – hat auch die Regierungsbeteiligung der SPD nichts geändert. Schließlich regiert sie seit 1998 im Bund.
Das muss an dieser Stelle in Erinnerung gerufen werden. Im Gegenteil, mit der Agenda 2010 und mit Hartz IV haben Sie selbst dazu beigetragen, die Armut von Langzeitarbeitslosen zu vergrößern. Das ist schlecht für die Wirtschaft, denn das heißt auch mangelnde Binnennachfrage.
Eine weitere Ursache liegt unserer Auffassung nach in der Liberalisierung internationaler Finanzmärkte, die Sie heute, aber ab und an neuerdings auch Frau Merkel, bedauern. Dabei war Deutschland daran aktiv beteiligt. Deregulierung war eines der Kernelemente neoliberaler Wirtschaftsstrategen.
Nehmen wir zum Beispiel die Hedgefonds. Tun Sie doch nicht so, als hätte die SPD damit nichts zu tun! Sie sind doch überhaupt erst unter rot-grüner Regierungsbeteiligung zugelassen worden.
Bis heute gibt es keine wirkungsvolle Kontrolle, nur Absichtsbekundungen auf Gipfeltreffen, die dringend der Umsetzung in nationales Recht bedürfen. Alles auf die Immobilienmärkte in den USA zu schieben und so zu tun, als sei Deutschland Opfer der Krise, das greift viel zu kurz.
Es ist eben keine „importierte Rezession“, sondern eine, an der die neoliberale Politik in Deutschland einen entscheidenden Anteil hat, und ich sage es noch einmal: nicht ohne, sondern mit der SPD wohlgemerkt.
Meine Damen und Herren! Sachsen hat im Rahmen seiner zweifellos bescheidenen Möglichkeiten das Falsche getan. Bei der sächsischen Landesbank hat man versucht, im großen Finanzkasino mitzuspielen, und ist dabei freilich
auf die Nase gefallen. Deshalb sagen wir als Linke ganz klar: Es ist unglaubwürdig, zuerst an der Brandstiftung beteiligt zu sein und sich hinterher als Feuerwehr zu präsentieren.
Sie haben ja so recht: Diese Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist von Menschen gemacht. Aber nicht von denjenigen, die nach Ihren Worten die herrschenden Spielregeln durchschaut und angewendet haben, sondern von denjenigen, die diese Spielregeln gemacht und beschlossen haben. Das war Rot-Grün und das war natürlich die Politik der CDU.
Jahrelang haben Sie eine Politik mitgetragen, die den Rückzug des Staates bedeutet hat, den Rückzug aus der öffentlichen Daseinsvorsorge, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, einer regulierenden Wirtschaftspolitik und einer gerechten Steuerpolitik. Jetzt rufen Sie nach dem starken Staat. Das nimmt Ihnen nun wirklich niemand ab.
Herr Minister, wir sind uns darin einig: Die Niedriglohnstrategie ist die falsche Strategie. Nur hat Ihr ebenso uneinsichtiger wie starrsinniger Koalitionspartner, die CDU, Sie leider daran gehindert, auch in Sachsen eine Umkehr in der Lohnpolitik einzuleiten. Das Ergebnis ist, dass die Forderung nach Einführung von Mindestlöhnen sich bei Ihnen leider immer nur im Wahlprogramm wiederfindet, aber nie in der praktischen Politik.
Als Linke, meine Damen und Herren, sagen wir ganz deutlich: Weil Tariflöhne von 3,50 Euro in der Stunde entwürdigend sind, weil Niedriglöhne im Osten die Abwanderung in den Westen befördern und weil geringe Einkommen schlecht für die heimische Wirtschaft sind, brauchen wir Mindestlöhne in Sachsen.
Wir unterscheiden uns auch in der Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung in Sachsen. Von selbsttragender Wirtschaftsentwicklung sind wir doch weit entfernt. Der Abstand der ostdeutschen Länder zu den alten Ländern bleibt nach wie vor groß. Noch immer liegen die Löhne im Osten ein Drittel unter denen des Westens. Was Sie ganz verschweigen: Die Legende vom wirtschaftlichen Musterländle Sachsen ist dahin.
Im letzten Jahr war die Wirtschaftsentwicklung in Sachsen die schlechteste in ganz Ostdeutschland und sie war die zweitschlechteste in der ganzen Bundesrepublik. Das kann man doch bei der heutigen Debatte nicht verschweigen.
Womit ist denn die bessere Arbeitsmarktbilanz der letzten Jahre erkauft worden? Mit der Zunahme von Leiharbeit, mit der Zunahme von Minijobs und mit Aufstockung zu Hartz IV. Das sind alles zwar sozialversicherungspflichtige Jobs, aber es ist auch das glatte Gegenteil von dem, was zumindest wir unter guter Arbeit verstehen.
Meine Damen und Herren, kommen wir zum KommunalKombi. Das ist leider nicht die Wunderwaffe, die es sein sollte. Sehen wir uns die Zahlen einmal an: Auf 300 000 Arbeitslose kommen gerade einmal 3 000 Stellen Kommunal-Kombi. Das kann noch nicht einmal die 10 000 ABM-Stellen kompensieren, die durch die falsche Politik der Großen Koalition im Bund allein in Sachsen in diesem Jahr wegfallen werden.
Wir als Linke haben mehrfach die Ausweitung des Kommunal-Kombis auf alle sächsischen Landkreise gefordert. Sie haben es persönlich hier im Plenum abgelehnt. Gott sei Dank hat uns Herr Tiefensee in Berlin erhört. Allerdings sind zwei Jahre ungenutzt ins Land gegangen. Hätten Sie – damals schon – unsere Forderung von vornherein unterstützt, dann könnten Sie heute vielleicht eine bessere Bilanz präsentieren.
Kommen wir schließlich, meine Damen und Herren, zur Leiharbeit, die auch unter Beteiligung der SPD liberalisiert wurde. Sie muss dringend zurückgenommen werden. Kurzarbeitergeld wird nicht verhindern, dass Leiharbeitnehmer die Ersten sind, die unter den Folgen der Krise leiden müssen. Das, was wir mindestens brauchen, ist die strikte zeitliche Beschränkung. Vor allem fordern wir als Linke gleichen Lohn für gleiche Arbeit, auch für Leiharbeiter.
Wir sind der Ansicht, dass es nicht trotz, sondern gerade in der Krise öffentlich geförderter Beschäftigung bedarf. Die Menschen haben es verdient, einen Arbeitsplatz in einer Situation zu bekommen, die sie selbst nicht zu verantworten haben. Die Große Koalition im Bund sorgt sich um einen Schutzschirm für die Banken. Wir als Linke fordern einen Schutzschirm für die Menschen!
Wir wollen ein Zukunftsinvestitionsprogramm von 100 Milliarden Euro, von dem unter anderem 500 000 Arbeitsplätze für öffentlich geförderte Beschäftigung finanziert werden sollen. Wir fordern gesetzliche Mindestlöhne und die Anhebung der Regelsätze von Hartz IV. Das wird die Wirtschaft ankurbeln; denn es kommt denjenigen zugute, die ihr Geld ausgeben müssen, statt es bei den Banken zu horten.
Schließlich – auch das ist zentral – wollen wir, dass mit einer Vermögens- und Millionärssteuer diejenigen für die
Krise zahlen, die in den vergangenen Jahren von neoliberaler Politik profitiert haben.
Denn es kann nicht sein, dass diejenigen die Kosten für die Krise und für die milliardenschweren Programme zahlen müssen, von denen schon in der Vergangenheit immer erwartet wurde, dass sie den Gürtel enger schnallen sollen.
Meine Damen und Herren! Ich frage heute: Wohin steuert die SPD in der Arbeitsmarktpolitik? Ihre heutigen Aussagen zur weiteren Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit irritieren mich da. Die SPD-Abg. Constanze Krehl hat auf dem Mai-Empfang des DGB in Bautzen vor wenigen Tagen das glatte Gegenteil verkündet.
Was gilt denn nun? Wir als Linke haben schon seit Jahren die Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bei gleichzeitiger Einführung von Mindestlöhnen gefordert.
Ich glaube auch, dass sehr viele Polen überhaupt kein Interesse mehr haben – das belegen auch die Statistiken –, in Sachsen nach Arbeit zu suchen. Sie gehen lieber gleich nach Baden-Württemberg oder nach Großbritannien, denn dort gibt es wenigstens guten Lohn für gute Arbeit.
Im Übrigen tun das die Polen, die in Sachsen arbeiten wollen – davon bin ich überzeugt – schon längst. Sie tun es als Scheinselbstständige oder auch in die Illegalität gezwungen. Schon allein deshalb ist es völlig absurd, so zu tun, als würde die Abschottung der Arbeitsmärkte auch nur einen Arbeitsplatz in Sachsen retten.
Meine Damen und Herren! Wir waren als Linke die erste Fraktion, die ihren Antrag zur Umsetzung des Konjunkturprogramms II in den Landtag eingebracht hat. Wir freuen uns, dass unser Vorschlag, den Kommunen mehr Geld als vom Bund vorgegeben herunterzureichen, von der Staatsregierung übernommen wurde. Sonst gibt es leider wenig Ruhmreiches zu verkünden. Ihr Mittelstandsstabilisierungsprogramm hat ein halbes Jahr nicht gegriffen, bis Sie die Rahmenbedingungen schließlich ändern mussten. Das lächerliche Ergebnis von 6,7 Millionen Euro spricht doch Bände. 375 Millionen Euro haben Sie ursprünglich angekündigt.
Sonst gibt es wenig Eigenes anzubieten. Sie haben eine schöne Hochglanzbroschüre zum Mittelstandsstabilisierungsprogramm gedruckt, das aber leider kaum eine eigene sächsische Handschrift trägt – im Wesentlichen vom Bund heruntergereichte Programme.
Meine Damen und Herren! DIE LINKE ist sich mit den Gewerkschaften darin einig, dass die bisherigen Konjunkturprogramme viel zu kurz greifen.
Genau wie ver.di und die IG Metall fordern wir ein weiteres, und zwar ein deutlich anspruchsvolleres Konjunkturprogramm III. Ohne das wird es nicht gehen.
Sie haben bei den letzten Haushaltsverhandlungen darin versagt, die Weichen für ein sächsisches Investitionsprogramm zu stellen. Wir haben als Linke ein sozialökologisches Konjunkturprogramm eingefordert. Wir wollen investieren in Bildung, Kitas, Gesundheitsbereich, in ökologische Investitionen, Forschung und Innovation. Mein Kollege Herr Zais wird im zweiten Beitrag auf die zaudernde Innovationspolitik eingehen.
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest:
Erstens. Die Wirtschaftspolitik der Koalition ist im Grunde ein Phantom. Da sich die Koalitionspartner nicht einig sind, beschränken sie sich im Wesentlichen darauf, das Marktgeschehen aus ihrer jeweiligen Perspektive zu kommentieren.
Zweitens. Es ist Ihnen nicht gelungen, eine eigenständige Arbeitsmarktpolitik in Sachsen zu etablieren.
Drittens. Die SPD kann sich nicht entscheiden zwischen Marx auf der einen und Smith auf der anderen Seite.
Man könnte auch sagen, sie fährt einen Schlingerkurs konturlos in der Mitte. Ob Karl Marx den Weg aus der Krise weist, das mag man in diesem Haus unterschiedlich bewerten. Eines steht jedoch fest: Wenn Sie Ihren Marx besser gelesen hätten, wäre Ihnen, wäre den Menschen in Sachsen der Weg in die Krise vielleicht erspart geblieben.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Ich möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben. DIE LINKE hat sich bei der Schlussabstimmung zu diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Ich möchte aber klarstellen, dass wir sehr wohl die tarifrechtliche Anpassung, die in diesem Gesetzentwurf enthalten ist, in vollem
Umfang mitgetragen und auch bei der Einzelabstimmung über den entsprechenden Artikel zugestimmt haben. Da im Gesetzentwurf allerdings andere Dinge enthalten sind bzw. Dinge, die unseren Ansprüchen an eine Dienstrechtsreform nicht genügen, mussten wir uns bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! DIE LINKE hat ihren Gesetzentwurf zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel zur Hochphase der Verfassungsschutz- und Aktenaffäre vor zwei Jahren eingebracht.
In der Parlamentarischen Kontrollkommission bestand damals Einigkeit – und das bei Vertretern der Linken, über die SPD bis hin zum Vorsitzenden, Herrn Teubner, und dem heutigen Landwirtschaftsminister, Herrn Kupfer, beide CDU – dahin gehend, dass wir festgestellt haben, dass wir als Mitglieder der PKK mehrfach nicht umfänglich informiert wurden – weder über die Weiterbeobachtung der Organisierten Kriminalität nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes noch über die Brisanz der Inhalte.
Deshalb – das möchte ich noch einmal klarstellen, da es auch öffentlich eine Rolle gespielt hat – ist es geradezu abenteuerlich, wenn der damalige Innenminister, Herr de Maizière, im Untersuchungsausschuss gesagt hat, er sei nicht eingeladen gewesen. Dazu ist zu sagen: Der Minister wird immer, zu jeder Sitzung, eingeladen. Herr Teubner als Vorsitzender, den ich jetzt nicht entdecken kann,
wird mir sicher recht geben. Selbst wenn er nicht eingeladen gewesen wäre, hätte er selbstverständlich die Initiative ergreifen können, ja, müssen angesichts der Schwere der Vorwürfe. Denn über die Vorgänge von zentraler Bedeutung muss schon bei der jetzigen Gesetzeslage zwingend unterrichtet werden, unabhängig davon, ob die Vorwürfe sich bewahrheitet haben oder nicht. Laut Aktenlage lauteten die Vorwürfe auf Kinderpornografie, Strafvereitelung im Amt, Korruption, Vorteilsnahme, Bestechlichkeit, Verrat von Dienstgeheimnissen etc.
Wir denken, dass es unabhängig davon, ob die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dies am Ende bestätigt haben, zweifellos Vorgänge von zentraler Bedeutung waren. Vor allem die Entscheidung des damaligen Ministers de Maizière zur Weiterbeobachtung der Organisierten Kriminalität wäre von zentraler Bedeutung gewesen und hätte uns in jedem Fall transparent gemacht werden müssen.
Immerhin hatte es in dieser Frage ein Hü und Hott zwischen Landesamt und SMI gegeben. Entsprechend gab es unbeantwortete Fragen der Abgeordneten, beispielsweise von mir, und die Einschätzung des Vorsitzenden Teubner, hier sei rechtswidriges Verhalten festzustellen. Die PKK hätte davon informiert werden müssen. Darin waren wir uns alle einig, und deshalb haben wir einstimmig eine Rüge an das Landesamt für Verfassungsschutz ausgesprochen und ebenso einstimmig die Ausweitung unserer Rechte eingefordert.
Wir brauchen eine Stärkung der Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission. Das sehen im Grundsatz ja offensichtlich nicht nur die Koalitionsvertreter im Gremium, sondern das sieht auch die Koalition so. Diese haben ebenfalls einen Gesetzentwurf eingebracht, der allerdings nicht die Reichweite unseres Gesetzentwurfs hat und der vor allem auch seither auf Eis liegt, aus welchen Gründen auch immer.
Selbst als die Aktenaffäre schon bundesweit Wellen schlug, wurde gegenüber der PKK nicht mit offenen Karten gespielt. So peu á peu erfuhren wir lange, nachdem öffentlich diskutiert wurde, von der Existenz weiterer Unterlagen, weiterer Vorwürfe. Unter den gegenwärtigen Bedingungen muss ich feststellen, dass dieses Gremium mehr oder weniger einen Alibicharakter hat. Nicht umsonst ist die Debatte bundesweit in Gang gekommen, und es wird bundesweit über eine Ausweitung der Rechte der Kontrollgremien auch im Parlament diskutiert.
Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion hat als erste Fraktion einen Gesetzentwurf zu diesem Thema erarbeitet. Wir fordern im Einzelnen eine deutliche Stärkung von Minderheitenrechten. Es kann nicht angehen, dass in der Zeit vor der Verfassungsschutzaffäre uns die meiste Zeit geraubt wurde, indem wir als Oppositionsvertreter jedes Mal darum kämpfen mussten, dass unserem Auskunftsersuchen entsprochen wird. Viel zu oft haben dann Landesamt und Innenministerium den Eindruck erweckt, als würde es quasi von ihrem Goodwill abhängen, welche Informationen uns gegeben werden können und welche sie uns vorenthalten – diese ganzen langen Debatten darüber, was berichtet werden muss, und auch das juristische Geplänkel darüber, ob ein Auskunftsanspruch jedem einzelnen Mitglied zusteht oder nur der Mehrheit des Gremiums.
Es kann nicht sein, dass sich die Abgeordneten mit den Mitarbeitern von Landesamt und Innenministerium hier
permanent um ihre Rechte streiten müssen. Deswegen legt unser Gesetzentwurf ganz klar fest, dass das Recht auf Auskunft jedem einzelnen Mitglied des parlamentarischen Gremiums zustehen muss.
Das Auskunftsrecht der PKK wird in unserem Gesetzentwurf klar definiert. Alles, worüber dem SMI berichtet wird, muss auch der PKK berichtet werden. Damit könnten die Abgeordneten endlich auf gleicher Augenhöhe mit dem SMI agieren. Wenn wir eine solche gesetzliche Regelung gehabt hätten, dann hätten wir uns vielleicht auch viele Debatten in den letzten Monaten, ja, Jahren ersparen können.
Bei der Ausweitung der Minderheitenrechte muss es aber nicht nur um Unterrichtung gehen. Es muss auch um das Recht auf Akteneinsicht gehen, auf Einsicht in Dateien und Unterlagen, was wir uneingeschränkt sicherstellen wollen. Es darf zukünftig nicht von einer mehr oder weniger zufälligen Prüfung des Datenschutzbeauftragten oder vom Gutdünken des Verfassungsschutzes abhängen.
Meine Damen und Herren! Wir haben im Laufe der Arbeit des Untersuchungsausschusses bereits erfahren, dass es zum Teil erhebliche Unterschiede der Einschätzung der Sachverhalte im Landesamt für Verfassungsschutz gibt. Es gibt dann auch Vorwürfe, dass einzelne Mitarbeiter der Auffassung waren, dass ihr Vorgehen von der Hausspitze nicht geteilt wurde und dass Dinge auch der PKK hätten vorenthalten werden sollen. Für solche Fälle wollen wir jedem Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz ermöglichen, sich mit Eingaben an die Kontrollkommission zu wenden, und das auch ohne die Zustimmung der Führungsspitze des Hauses. Das ist sicherlich eine bessere Variante als der Geheimnisverrat an Enthüllungsjournalisten.
Dass wir im Gremium komplett auf uns allein gestellt waren, ohne Mitarbeiter, ohne Juristen und technische Ausstattung, ist natürlich ein enormes Ungleichgewicht gegenüber der Behörde, die wir kontrollieren sollen, ein Ungleichgewicht, das wir uns hier im Landtag nie gefallen lassen würden. Deswegen legt unser Gesetzentwurf das Recht fest, einen Sachverständigen mit einer Untersuchung zu beauftragen. Ich möchte allerdings an diesem Punkt klarstellen, dass unsere Lesart nicht diejenige des Paul-Irrgang-Berichtes ist, in dem es so dargestellt wird, es sei jetzt der mangelnde juristische Sachverstand der PKK-Mitglieder, der sozusagen zu einer Fehleinschätzung gekommen sei. Das ist eine Begründung, die wir hier entschieden ablehnen. Im Gegenteil. Wir denken aber, dass ein Sachverständiger zur Unterstützung der Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission gerade in solchen komplexen Fällen notwendig gewesen wäre.
Immer dann, wenn die PKK oder – ich betone es ausdrücklich – auch einzelne Mitglieder das Bedürfnis haben, den Landtag oder die Öffentlichkeit über bestimmte Vorgänge zu informieren, muss ein solches Recht auch
eingeräumt werden. Gegenwärtig ist es leider so, dass dieses Recht nur der Gesamtheit der PKK zusteht, nicht der Minderheit. Als Opposition können wir uns bislang nur dann zu Wort melden, wenn es die Mehrheit der PKK auch so sieht. Im Endeffekt konterkariert das den Kontrollauftrag und damit auch unsere Minderheitenrechte.
Quellenschutz und Dienstgeheimnisse müssen natürlich auch in einem solchen Verfahren ausdrücklich gewahrt bleiben. Das ist gar keine Frage. Aber ein solches Unterrichtungsrecht kann sich sowohl auf Meinungsverschiedenheiten mit dem Verfassungsschutz als auch dem SMI beziehen. Es muss sich insbesondere auch auf Vorgänge beziehen, wenn die PKK-Mitglieder der Ansicht sind, dass der Unterrichtungsanspruch ihnen gegenüber verweigert wurde. Wäre eine solche Regelung bereits jetzt verankert, meine Damen und Herren, hätten Sie sicherlich sehr viel häufiger etwas von der PKK erfahren.
Eine weitere Kernforderung besteht darin, dass die Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft zu unterrichten, auch den Mitgliedern der PKK zustehen muss, natürlich immer dann, wenn das Landesamt selbst seiner Abgabepflicht nicht nachkommt. Auch diese Vorwürfe haben in der Diskussion um den Verfassungsschutz und die Aktenaffäre eine wichtige Rolle gespielt.
Meine Damen und Herren! Wir dürfen bei dieser Diskussion nicht vergessen, dass es neben der PKK auch andere Gremien gibt, die kontrollieren sollen, was im Geheimen passiert. Da gibt es die G-10-Kommission und das Parlamentarische Kontrollgremium. Deswegen wollen wir auch für diese Gremien eine bessere technische Ausstattung, die Stärkung von Minderheitenrechten und aus der Erfahrung der PKK auch die stärkere Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten.
Meine Damen und Herren! Das Kontrollgremiengesetz des Bundes und die Verfassungsschutzgesetze der meisten anderen Bundesländer räumen den Kontrollgremien bereits jetzt deutlich stärkere Rechte ein. Ich habe es erwähnt, nichtsdestotrotz oder darüber hinaus gibt es auch auf Bundesebene jetzt eine Diskussion zur Ausweitung der Rechte der Kontrollgremien auf Bundesebene. Das sollte uns auch in Sachsen zu denken geben. Das signalisiert aus unserer Sicht noch einmal ganz eindeutig den Nachbesserungsbedarf, der hier in Sachsen besteht.
Lassen Sie uns also diesen Beispielen folgen, damit wir Skandale wie den vergangenen besser aufklären oder, besser noch, in Zukunft verhindern können. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich meiner Vorrednerin, Frau Hermenau, in vielem anschließen. Dieser Antrag auf Sondersitzung liegt seit vielen Tagen vor. DIE LINKE und GRÜNE haben gemeinsam diese Initiative ergriffen. Sie ist aus der Mitte des Parlaments, aus der Opposition heraus, entstanden. Deswegen denke ich, dass wir jetzt in die Tagesordnung einsteigen sollten, damit die Fraktionen, die diesen Antrag eingebracht haben, ihn jetzt auch begründen können.
Auszeiten kann die Koalition vor einer Abstimmung beantragen. So ist es in unserer Geschäftsordnung geregelt. Ich denke, dass wir in diese wichtige Debatte sofort einsteigen müssen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir jetzt zum ersten Mal in diesem Hohen Hause den Ministerpräsidenten zu diesem wichtigen Thema gehört haben. Ich freue mich auch überaus, dass er die europäische Bedeutung von Qimonda betont hat. Diese Erkenntnis scheint mir reichlich spät zu kommen – aber immerhin.
Ich hoffe nur, Sie haben das nicht deswegen betont, um am Ende die Verantwortung auf Europa abzuschieben.
Wenn wir uns die überregionalen Medien anschauen, dann muss ich einfach feststellen, Herr Tillich, dass Sie offensichtlich wenig erfolgreich darin waren, die Bedeutung des Standortes Qimonda zu kommunizieren.
In den überregionalen Medien reden alle von Opel; nur sehr wenige sprechen von Qimonda. Dazu kann ich nur sagen: Das war keine gute Lobbyarbeit für Qimonda, keine gute Lobbyarbeit für Sachsen und auch keine gute Lobbyarbeit für den Osten.
Wenn Sie wiederholt nach einem starken Investor rufen oder, jetzt, nach einem starken Insolvenzverwalter, dann kann ich nur sagen: Was wir in dieser schwierigen Phase vor allen Dingen gebraucht hätten, das wäre ein starker Ministerpräsident gewesen, und den kann ich in diesem Verfahren einfach nicht erkennen.
Außer der Vielzahl der Möglichkeiten und wirklich salbungsvollen Worte habe ich auch heute von Ihnen nichts Konkretes gehört. Das ist sicherlich nicht das, was heute angemessen wäre.
Meine Damen und Herren! Bei aller überregionalen Bedeutung geht es an dieser Stelle auch um den Standort Dresden und um den Erhalt von Arbeitsplätzen in Dresden. Hier stelle ich fest, dass auch die Verantwortungsträger der Stadt nicht viel besser waren. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Dresden hat jetzt endlich verkündet, Qimonda müsse gerettet werden. Ich werte das einmal positiv, als Zustimmung zu unserem Antrag. Ich hätte aber erwartet, dass Frau Orosz von der CDU oder auch der Dresdner Wirtschaftsbürgermeister Hilbert von der FDP heute auf der Demo ganz vorne, in der ersten Reihe, zu sehen gewesen wären. Wo waren sie heute, wo waren sie in den letzten Wochen, um die Beschäftigten zu unterstützen?
Herr Jurk – das erkenne ich durchaus an – war gemeinsam mit den Abgeordneten der Linken da. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal würdigen. Jetzt, bei der anstehenden Abstimmung, geht es aber auch darum, an der richtigen Stelle die Hand zu heben.
Meine Damen und Herren! Wenn wir einen Blick auf die Homepage der Stadt Dresden werfen, dann lesen wir dort viele Dinge, die voller Stolz verkündet werden: Von 1 200 Firmen mit mehr als 43 000 Mitarbeitern im Bereich Mikroelektronik ist die Rede. Qimonda wird als einer der ganz Großen bezeichnet. 12 Milliarden Euro seien in Dresden allein in der Mikroelektronik investiert worden. „Silicon Saxony“ wird gepriesen.
Meine Damen und Herren! Deswegen müsste Einigkeit bestehen. Es geht jetzt um Tausende von Arbeitsplätzen, und es geht um Milliarden investierter Euro. Wir dürfen
nicht dabei zusehen, wie alle diese Dinge in den Sand gesetzt werden.
Ich muss auch ganz klar sagen: Wenn das politische Führungspersonal an dieser Stelle versagt und nichts zur Entscheidung anzubieten hat – selbstverständlich sind dann wir als Parlamentarier gefragt.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich an die Abgeordneten appellieren, die in Dresden oder im Dresdner Umland leben oder hier ihre Wahlkreisbüros haben: Kommen wenigstens Sie Ihrer Verantwortung für diesen Standort und auch für die Arbeitsplätze, die zur Rede stehen, nach und stimmen Sie gemeinsam mit Linken und Grünen für die Zukunft dieses Standortes.
Herr Zastrow, Sie sind ja auch aus Dresden. Sie wurden nicht müde, von der „staatsbürgerlichen Verantwortung“ zu schwadronieren, als es um die Bürgschaften für die Landesbank ging. Die „Stunde der Patrioten“ hätte geschlagen, hörte man Sie da raunen. Dann muss ich mich einfach fragen: Wo ist denn jetzt Ihre staatsbürgerliche Verantwortung, wenn es darum geht, die Beschäftigten von Qimonda zu retten? Gerade bei diesem Tagesordnungspunkt erwarten das natürlich die Menschen, vor allem die Dresdnerinnen und Dresdner, und rechnen mit Ihrer Stimme.
Oder nehmen wir den Abg. Rohwer. Sie sind immerhin Vorsitzender der Dresdner CDU und Dresdner Landtagsabgeordneter. Auch Ihr Engagement für diesen Standort und für Ihre Stadt kann ich an dieser Stelle einfach nicht erkennen. Frau de Haas, Herr Grapatin – viele weitere könnte man hier ansprechen.
Zu guter Letzt möchte ich auf Sie eingehen, Herr Dulig und Herr Brangs, nicht nur weil Ihre Wahlkreise gleich in der Nähe sind, sondern auch, weil Sie zum Teil durchaus Positionen vertreten haben, denen wir inhaltlich zustimmen können. Aber ich muss mich schon fragen: Wenn Sie kritisieren, dass wir hier einen Antrag gestellt hätten, obwohl hier nicht entschieden werde, dann frage ich Sie: Wo bitte schön dann, wenn nicht hier, wird darüber entschieden? Wo ist denn der Änderungsantrag, von dem Sie heute gesprochen haben, Herr Brangs? Es raunte schon durch die Gänge, dass einer käme. Bis jetzt liegt er nicht vor. Wo ist denn hier das entschiedene Handeln der Koalition? Sie hätten heute durchaus die Möglichkeit gehabt, dem Parlament einen eigenen Beschlussvorschlag vorzulegen. Dieser Verantwortung sind Sie bislang nicht nachgekommen.
Meine Damen und Herren! Es ist heute schon mehrfach zitiert worden: „Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht.“ – Das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Qimonda am Dresdner Werk plakatiert. Sie haben heute hier die Möglichkeit, jedem dieser ganz konkreten Menschen wieder eine Perspektive zu geben.
Noch etwas anderes war heute Morgen auf einem Plakat zu lesen: „Verantwortung tragen heißt Entscheidungen treffen“. Sie werden jetzt die Möglichkeit haben, Ent
scheidungen zu treffen. Ich bitte Sie nachher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Redeschwall des Herrn Apfel ist bisweilen schwer verständlich. Wenn ich ihn allerdings richtig verstanden habe, hat Herr Apfel in seinem Redebeitrag zum einen Frau Gesine Schwan mit einem Holocaustleugner verglichen
und er hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, auch gesagt, dass ihm eher „die Hand abfaulen“ würde, als sie zur Bundespräsidentin zu wählen.
Meine Damen und Herren! Wenn sich das bewahrheiten sollte, hielte ich das mal wieder für einen Skandal ersten Ranges und ich möchte ganz höflich darum bitten, dass das Wortprotokoll daraufhin überprüft wird, ob diese Aussagen tatsächlich zutreffen. Wenn das so ist, müssten sie mit einer entsprechenden Maßnahme quittiert werden.
Frau Präsidentin! Unabhängig von der völlig berechtigten Ordnungsmaßnahme denke ich, dass dieser Beitrag von Herrn Gansel verbal nicht unwidersprochen hier im Raum stehengelassen werden kann.
Das war wieder einmal ein Ausdruck des Geschichtsrevisionismus der NPD.
Ich schäme mich dafür, dass Sie diesen Beitrag hier gehalten haben. Und ich schäme mich dafür auch gegenüber unseren polnischen Nachbarn.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eine Frage zum Thema „Fehlende Umsetzung des Landtagsbeschlusses zur Vermeidung von ausbeuterischer Kinderarbeit“.
Der Sächsische Landtag hat am 14. Dezember 2007, also vor einer ganzen Weile, einstimmig einen Antrag angenommen, der die „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im öffentlichen Beschaffungswesen“ (Drucksache 4/10699) zum Gegenstand hatte.
Erstens. Aus welchen Gründen ist dieser Antrag durch die Staatsregierung immer noch nicht umgesetzt worden?